Gabriela Mistral

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Gabriela Mistral

Gabriela Mistral , Pseudonym fur Lucila Godoy Alcayaga (* 7. April 1889 in Vicuna , Chile ; † 10. Januar 1957 in Hempstead , New York ), war eine chilenische Dichterin und Diplomatin . Im Jahr 1945 wurde sie mit dem Nobelpreis fur Literatur ausgezeichnet.

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Gabriela Mistral wurde als Lucila Godoy Alcayaga in einem Dorf in den Anden in eine baskisch-autochthone Familie hineingeboren. Ihr Vater war Lehrer und verließ die Familie, als Gabriela drei Jahre alt war. Bereits mit sechzehn fing Gabriela an, als Hilfslehrerin zu arbeiten, um ihre Familie finanziell zu unterstutzen. Bald begann sie zu schreiben. Ihre ersten Texte wurden 1905 in den Zeitungen La Voz de Elqui und Diario Radical de Coquimbo veroffentlicht. Die Wahl ihres Pseudonyms hat sie so erklart: ?Als Kind hatte ich eine tiefe Andacht zum Erzengel Gabriel und von ihm legte ich mir den Namen zu. Mistral ? das ist der Name des heftigen Mittelmeerwindes. Denn ich werde immer und ungewohnlich stark von den Elementen angezogen, uberhaupt von allen Kraften der Natur.“ [1]

1909 nahm sich ihr Geliebter Romelio Ureta das Leben, nachdem eine Unterschlagung, die er begangen hatte, ans Licht gekommen war. Sie verarbeitete dieses Erlebnis in ihrem Werk. 1914 gewann sie fur Sonetos de la Muerte den Chilenischen Literaturpreis, wodurch sie in ganz Lateinamerika bekannt wurde.

Gabriela Mistral arbeitete von 1906 bis 1922 als Lehrerin. Im Jahr nach Uretas Tod bestand sie ihr Lehrerinnenexamen. Ihre Berufstatigkeit fuhrte sie nach La Serena , Barrancas , Traiguen , Antofagasta , Los Andes , Punta Arenas , Temuco und Santiago . 1921 wurde sie Schuldirektorin an einer der renommiertesten Schulen fur hohere Tochter in Santiago de Chile . 1922 erschien ihr zweiter Gedichtband, Desolacion (Trostlosigkeit). Wie viele ihrer Schriften handelt auch dieser von Liebe, Tod und Hoffnung.

Zwischen 1922 und 1934 lebte Gabriela Mistral vorwiegend im Ausland. Sie wurde vom mexikanischen Bildungsminister Jose Vasconcelos nach Mexiko eingeladen, um an der dortigen Schulreform mitzuwirken. Im Kontext dieses Aufenthaltes kompilierte sie das Schulbuch Lecturas para mujeres . [2] Anschließend ging sie in die USA und nach Europa. 1930 war sie Gastprofessorin am Barnard College der Columbia University in New York City und am Vassar College in Poughkeepsie . Viele ihrer Reisen fuhrten sie durch Lateinamerika und pragten ihr literarisches Werk.

1933 trat sie in den chilenischen diplomatischen Dienst ein und ubernahm die Leitung des Konsulats in Madrid . Im selben Jahr adoptierte sie ihren Neffen Juan Miguel. In den folgenden Jahren vertrat sie Chile in Brasilien, Spanien, Portugal und den USA. Wahrend des Zweiten Weltkrieges hielt sie sich im brasilianischen Petropolis auf, wo sie das Ehepaar Lotte und Stefan Zweig kennenlernte, mit dem sie bald eine enge Freundschaft verband. 1942 nahmen sich die Zweigs das Leben, im Jahr darauf Mistrals Adoptivsohn. 1943 wurde sie als Ehrenmitglied in die American Academy of Arts and Letters gewahlt. [3]

In ihren letzten Lebensjahren zwang ihr Gesundheitszustand (sie litt an Krebs) Gabriela Mistral, sich aus der Offentlichkeit zuruckzuziehen. 1954 kehrte sie noch einmal nach Chile zuruck, wo man ihr einen begeisterten Empfang bereitete. Am 10. Januar 1957 starb sie in ihrem Haus in New York an den Folgen ihrer Krebserkrankung.

1979 wurde ihr zu Ehren der interamerikanische Gabriela-Mistral-Preis fur Kultur gestiftet. Bisherige Preistrager waren unter anderem der peruanische Poet Antonio Cisneros und der britische Rocksanger Sting .

2009 benannte die chilenische Prasidentin Michelle Bachelet das fruhere Hauptquartier der Pinochet -Regierung in Centro Cultural Gabriela Mistral um. Der Neubau des Kulturzentrums nach einem Brand im Jahre 2006 wurde Ende 2010 seiner Bestimmung ubergeben.

Werke (Auswahl) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Buste von Gabriela Mistral in Stuttgart-Haigst

Mistrals Werk ist durchdrungen von einer tiefen Traurigkeit. Obwohl sie selbst keine leiblichen Kinder hatte, taucht die Sehnsucht nach Mutterschaft in vielen ihrer Gedichte auf. Auch war sie eine glaubige Katholikin, wurde allerdings von der chilenischen Literaturkritik in ubertriebener Weise als ?Heilige“ dargestellt. Sie sympathisierte mit den Regeln des heiligen Franziskus , konnte sich jedoch nie dazu durchringen, selbst einem Orden beizutreten.

Ebenso wurde Mistrals Schaffen durch Indien beeinflusst: ?Wahrend Tagore die schlummernde Musik in mir erweckte, brachte mich ein anderer Inder, Sri Aurobindo, zur Religion. Er eroffnete meiner religiosen Konsekration den Weg. In der Tat, meine Schuld an Indien ist groß, teils um Tagore, teils um Sri Aurobindos willen.“ Zusammen mit Pearl S. Buck schlug sie Sri Aurobindo dann 1950 auch fur den Literatur-Nobelpreis vor.

In zahlreichen Prosaschriften und Gedichten wendet sich Mistral der Natur und Kultur Lateinamerikas zu. Obwohl sie den Nobelpreis fur ihre Lyrik erhielt, verfasste sie auch ein großes Prosawerk, das aus vielen cronicas besteht. Mistral erschuf hierbei eine eigene Prosaform, die sogenannten ?recados“ (deutsch: Botschaften).

  • Cartas de amor y desamor . Bello, Barcelona 1999, ISBN 84-89691-67-3
  • Desolacion. Poemas . Bello, Barcelona 2001, ISBN 84-95407-22-1 (enthalt auch Ternura )
  • Epistolario , 1957
  • Escritos politicos . Fondo de Cultura Economca, Mexiko-Stadt 1994, ISBN 956-7083-24-X
  • Lagar . Edicion Bello, Santiago de Chile 1994, ISBN 956-13-1187-9
  • Lecturas para mujeres . Editorial Porrua, Mexiko-Stadt 1988, ISBN 968-432-537-1
  • Liebesgedichte und andere Lyrik . Lamuv-Verlag, Gottingen 1994, ISBN 3-88977-364-8
  • Motive des Topfertons. Lyrik . Reclam, Leipzig 1989, ISBN 3-379-00401-4
  • Poemas de la madre , 1950
  • Recados. Contando a Chile , 1957
  • Rondo del astro . Espasa Calpe, Santiago de Chile 2000, ISBN 84-239-9019-2
  • Sonetos de la muerte. Poemas . Editorial Porrua, Mexiko-Stadt 1988
  • Spurst Du meine Zartlichkeit . Verlag die Waage, Zurich 1981, ISBN 3-85966-014-4 (der Prosatext aus Desolacion )
  • Albert Theile (Hrsg. und Ubersetzer): Gabriela Mistral: Gedichte. Unter Mitwirkung von Heinz Muller und Gisela Pape. Luchterhand Verlag, 1958.
  • Tala. Poemas . Catedra, Madrid 2001, ISBN 84-376-1943-2
  • Wenn Du mich anblickst, werd' ich schon. Gedichte . Piper, Munchen 1991, ISBN 3-492-11158-0

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Hans Rheinfelder : Gabriela Mistral. Motive ihrer Lyrik (= Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Klasse , Jahrgang 1955, Heft 8), Munchen 1955
  • Gertraude Wilhelm (Hrsg.): Die Literaturpreistrager. Ein Panorama der Weltliteratur im 20. Jahrhundert , Econ, Dusseldorf 1983, ISBN 3-612-10017-3
  • Ana Pizarro: Gabriela Mistral. El proyecto de Lucila. LOM Ediciones, 2005.
  • Susanne Klengel: " Gabriela Mistral (1945) ." In: Claudia Olk und Susanne Zepp (Hrsg.): Nobelpreistragerinnen. 14 Schriftstellerinnen im Portrat, De Gruyter, S. 87?107.
  • Marilia Johnk: Poetik des Kolibris. Lateinamerikanische Reiseprosa bei Gabriela Mistral, Mario de Andrade und Henri Michaux , transcript, 2021
  • Irene Ferchl : Du sollst dein Werk wie dein Kind hervorbringen, mit dem Blut aus tausend Tagen , in Charlotte Kerner : Nicht nur Madame Curie. Frauen, die den Nobelpreis bekamen . Belz Verlag, Weinheim 1999, ISBN 3-407-80862-3
  • Satoko Tamura: Sonetos de la muerte de Gabriela Mistral . Gredos, Madrid 1998, ISBN 84-249-1881-9
  • Karin Hopfe: Muttersprache, fremde Sprache. Zur Poetik Gabriela Mistrals . In: Claudius Armbruster, Karin Hopfe (Hrsg.): Horizont-Verschiebungen. Interkulturelles Verstehen und Heterogenitat in der Romania. Gunter Narr, Tubingen 1998, S. 437?448
  • Licia Fiol-Matta: A Queer Mother For The Nation: The State And Gabriela Mistral , University of Minnesota Press, 2002, ISBN 0-8166-3964-7 :
  • Christoph Nebgen: Gabriela Mistral (1889?1957). Eine kosmopolitische Pilgerin . In: Wolfgang Vogl , Sebastian Walser (Hrsg.): Geistliche Frauen des 20. Jahrhunderts. Neu- und Wiederentdeckungen (=  Theologie des geistlichen Lebens . Nr.   1 ). LIT, Berlin / Munster 2020, ISBN 978-3-643-13949-8 , S.   110?127 .

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Gabriela Mistral  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Zitiert nach der Zeitung ?El Mercurio“, Santiago de Chile, vom 6. September 1954 bei Hans Rheinfelder: Gabriela Mistral. Motive ihrer Lyrik , Munchen 1955, S. 9.
  2. Lecturas para mujeres , auf memoriachilena.gob.cl
  3. Honorary Members: Gabriela Mistral. American Academy of Arts and Letters, abgerufen am 16. Marz 2019 .