Hussiten

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Jan Hus auf der Kanzel, Jenaer Kodex

Unter dem Begriff Hussiten (tschechisch: Husite oder Kali?nici ), auch Bethlehemiten genannt, werden verschiedene reformatorische beziehungsweise revolutionare Bewegungen im Bohmen des 15. Jahrhunderts zusammengefasst, die sich ab 1415 nach der Verbrennung des Theologen und Reformators Jan Hus herausbildeten. Die Hussiten wurden von den meisten bohmischen Adeligen unterstutzt und richteten sich hauptsachlich gegen die bohmischen Konige, die damals gleichzeitig das Amt des romisch-deutschen Kaisers bekleideten, und gegen die romisch-katholische Kirche . Infolge der Auseinandersetzungen kam es in den Jahren 1419?1434 zu den Hussitenkriegen .

Der Sammelbegriff ?Hussiten“ umfasst eine heterogen zusammengesetzte Bewegung vorwiegend in Bohmen, deren Anhanger ein breites Sozialprofil aufwiesen (von Teilen des bohmischen Hochadels bis zum Kleinadel, von der niederen Geistlichkeit uber stadtische Unter- und Mittelschichten bis hin zur Bauernschaft). Sie gingen unter dem Druck von außen (antihussitische Kreuzzuge) zeitweilig Koalitionen ein. Das einigende Band bildete der in den Vier Prager Artikeln (?ty?i artikuly pra?ske) als Minimalprogramm enthaltene Forderungskatalog. [1]

Der traditionelle Utraquismus war seit 1436 durch Basler Kompaktaten in Bohmen und Mahren rechtlich anerkannt. Die hussitischen Utraquisten bildeten eine große Mehrheit (etwa 85 %) aller Christen in Bohmen und Mahren. 1458 bis 1471 regierte in Bohmen mit Georg von Podiebrad der erste nichtkatholische Konig Mitteleuropas. 1468 gerieten Mahren, Schlesien und die Lausitzen unter die Herrschaft des ungarischen Konigs Matthias Corvinus , der die Vorherrschaft des Katholizismus wiederherstellen wollte. 1485 wurden die Basler Kompaktaten im Kuttenberger Religionsfrieden durch bohmische Stande bestatigt. Nach dem Tod Corvinus 1490 wurden die Nebenlander Bohmens wieder unter Vladislav II. vereinigt. Die Vladislavsche Landesordnung von 1500 fuhrte keine Rechtbeschrankungen fur die Hussiten ein. Der bohmische Landtag von 1512 hat diese Vereinbarung auf ?ewige Zeiten“ verlangert.

1575 entstand im Auftrag der nichtkatholischen Lander der Bohmischen Krone die durch hussitische Neuutraquisten und Lutheraner verfasste Confessio Bohemica . Die Bildung einer Landeskirche gelang nicht, doch erlangten die protestantischen Glaubensrichtungen mit dem Majestatsbrief von 1609 ihre Anerkennung als erlaubte Konfessionen. 1620 nach der Schlacht am Weißen Berge wurde die große Mehrheit der Hussiten schließlich mit Gewalt zum Katholizismus zuruckgefuhrt, vertrieben oder fluchtete in die verbliebenen protestantischen Lander.

Entstehung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Name Hussiten geht auf den tschechischen Theologen und Reformator Jan Hus (ca. 1370?1415) zuruck. Dieser beanstandete den Reichtum der romisch-katholischen Kirche , ihre Sittenlosigkeit und den Ablasshandel , bei dem gegen Zahlung eines Geldbetrages die Vergebung der Sunden versprochen wurde. Als einzige verbindliche Quelle in Glaubensfragen ließ Hus die Bibel gelten. Ferner erkannte er das Primat des Papstes nicht an und folgte damit John Wyclif und den Waldensern . Auf der Leipziger Disputation 1519 wurden Martin Luther von Johannes Eck vom Konstanzer Konzil verurteilte Satze des Hus vorgelegt, und Luther erklarte, einige davon seien christlich und evangelisch. Fur Eck war Luther damit als hussitischer Ketzer uberfuhrt; Luther sah in der Folge Hus als seinen Vorlaufer an (Kirchenverstandnis, Laienkelch).

Verbrennung des Jan Hus, Gemalde von Il Sassetta , 1423?1426
Verbrennung des Jan Hus, Detail eines Altarflugels, Wenzelskirche in Roudniky, heute Hussiten-Museum Tabor, 1486

Jan Hus reiste zum Konstanzer Konzil (ab 1414), wobei Konig Sigismund ihm Freies Geleit von und nach Prag und wahrend seines Aufenthaltes in Konstanz zugesichert hatte. Trotzdem wurde er inhaftiert. Auch nach strengen Verhoren und Gefangenschaften weigerte er sich, seine Lehre zu widerrufen. Am 6. Juli 1415 wurde Jan Hus auf dem Bruhl in Konstanz zusammen mit seinen Schriften auf einem Scheiterhaufen verbrannt und die Asche in den Rhein gestreut.

Der Konstanzer Schuldspruch gegen Jan Hus wurde in Bohmen nicht anerkannt. 452 bohmische und mahrische Adlige sandten im September 1415 einen Protestbrief, die sogenannte Protestatio Bohemorum [2] an das Konstanzer Konzil ( Kostnitzer Konzil ) [3] und schlossen sich in einem Bundnis zusammen. Auch in der Bevolkerung loste die Verbrennung heftige Proteste aus, in deren Folge eine bohmische Freiheitsbewegung entstand, die wesentliche Ziele von Jan Hus ubernahm. Man war sich einig, die freie Predigt des Wortes Gottes schutzen zu wollen und Verordnungen der Bischofe und des Papstes nur insoweit anzuerkennen, als sie in Einklang mit der Heiligen Schrift standen. Da die freie Religionsausubung eingeschrankt war, trafen sich die Anhanger von Jan Hus ab Ostern 1419 und 1420 an abgeschiedenen Orten, etwa auf Bergen, wie dem Beranek bei Mlada Vo?ice , dem Bzi, Bradlo, Olivetska hora und Oreb zu Wallfahrten unter freiem Himmel. Hohepunkt der pout? na hory bildete die Große Versammlung, die am 22. Juli 1419 mit der Abschlusspredigt vor 42.000 Anhangern auf dem Burkovak bei Nem?jice endete, der danach in Anlehnung an den biblischen Weltenberg Tabor den Namen Tabor erhielt.

Aufstand gegen Unterdruckungsmaßnahmen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach der Verbrennung von Jan Hus 1415 versuchte der bohmische Konig Wenzel die emporten hussitischen Anhanger von Kirchen- und Staatsamtern auszuschließen. Dies fuhrte zu einem Aufstand. Dabei kam es am 30. Juli 1419 zum ersten Prager Fenstersturz , bei dem Hussiten in Prag das Neustadter Rathaus sturmten und einige Ratsherrn aus dem Fenster warfen. Konig Wenzel starb am 16. August. Seinen Bruder Sigismund wollten die Hussiten nicht als Konig anerkennen, da er das seinerzeit Jan Hus versprochene sichere Geleit nicht eingehalten hatte; er galt geradezu als dessen Morder. In den Tagen nach dem Tode Wenzels unterwarfen hussitische Volksmassen in Prag Kirchen und Kloster gewaltsam der Kelchkommunion oder zerstorten und verbrannten sie. Die Unruhen dauerten mehrere Wochen.

Im Marz 1420 erließ Papst Martin V. die sogenannte Kreuzzugs bulle . Aus dem Aufstand entwickelte sich ein Krieg.

Vier Prager Artikel [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Christus spendet die Eucharistie in beiderlei Gestalt, Teynkirche um 1470

1420 wurden die Vier Prager Artikel verfasst, welche folgende Forderungen enthielten:

  1. die Freiheit fur die Predigt
  2. die Freiheit fur den Kelch
  3. die Freiheit von sakularer Kirchenherrschaft
  4. die Freiheit von ungerechter weltlicher Herrschaft

Diese Forderungen wurden im Wesentlichen von dem Flugel der Kalixtiner als die wichtigsten erachtet. Die radikaleren Taboriten forderten außerdem die Abschaffung vieler kirchlicher Einrichtungen und Gebrauche.

Kalixtiner und Taboriten [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Denkmal fur Jan ?i?ka in Tabor

Die Hussitische Bewegung bestand aus zwei Gruppierungen: Die Kalixtiner (von lat. calix Kelch, siehe Hussitenkelch ) grundeten in Sudbohmen die nach dem Berg Tabor benannte Siedlung Tabor und rekrutierten sich zum großten Teil aus der mittellosen Stadt- und Landbevolkerung. Die Taboriten wollten das Reich Gottes mit Waffengewalt errichten und wandten sich damit auch gegen die bestehende weltliche Ordnung mit Feudalismus und Monarchie .

Im Fruhjahr 1421 vertrieben die ?neuen Obrigkeiten“ Tabors ( Jan ?i?ka , Nikolaus von Pelgrims , Johannes von Ji?in ) den radikalen Kern der Taboriten um Martin Huska aus der Stadt. Jan ?i?ka spurte sie in den Dorfern, in denen sie Zuflucht gesucht hatten, auf und ließ sie ausrotten. Den in Tabor und Prag popularen Martin Huska selbst ließen die (adligen) Calixtiner und ?i?ka vom (katholischen) Prager Erzbischof Konrad von Vechta foltern und im Sommer 1421 auf dem Scheiterhaufen verbrennen.

Nach der Ausloschung der Anhanger Huskas verleumdete Jan ?i?ka diese als angeblich systematisch Unzucht treibende ? Adamiten “ sowie als ? Pikarden “. Diese Benennung leitete sich ab von evangelischen Fluchtlingen aus der Picardie , deren ? Haresie “ sie angeblich ubernommen hatten.

?i?ka selbst wurde postum als ein Anfuhrer der zwischen Taboriten und Calixtinern verorteten ? Orebiten “ (bzw. Bezug nehmend auf ?i?kas Tod ? Orphaniten “, lat. ?Waisen, Verwaiste“) dargestellt. Das Motiv dieser Deutung war, ?i?ka von den zunachst insgesamt radikalen Taboriten nachtraglich abzugrenzen und ihn damit wenigstens teilweise fur die sich in der Tradition der Calixtiner wahnenden adligen und burgerlichen tschechischen National(ist)en zu vereinnahmen. Allerdings ist die Existenz der Orebiten nicht sicher belegt, zumal ?i?ka von Tabor aus gewirkt hat.

Die Hussitenkriege [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Dezember 1419 erlitt eine koniglich-katholische Einheit in der Nahe von Pilsen in der Schlacht bei Nekmi? eine erste Niederlage gegen ein kleines hussitisches Kontingent, eine zweite Niederlage erlitten die katholischen Truppen im Marz 1420 in Sudbohmen bei Sudom?? . Katholische Truppen unter dem spateren Kaiser Sigismund zogen zwar im Juni 1420 auf der Prager Burg , dem Hradschin ein. Der Versuch, ganz Prag zu erobern, wurde aber am 14. Juli in der Schlacht am Prager St. Veitsberg von Hussitentruppen unter Jan ?i?ka zuruckgeschlagen. Im Herbst 1420 scheiterte die Eroberung der anderen Prager Burg, des Vy?ehrad . ?i?ka fuhrte ein straffes Regiment, das unter anderem zum Tod und zur Vertreibung vieler Deutscher aus Bohmen fuhrte. Die Juden stellte er vor die Alternative, sich taufen zu lassen oder hingerichtet zu werden, so etwa in Komotau . [4]

Auch der zweite Feldzug gegen die Hussiten 1421 scheiterte. Der Sieg Friedrichs von Meißen uber die Hussiten in der Schlacht bei Brux im August blieb ohne nachhaltige Wirkung. Wenig spater, im September, raumte ein Kreuzheer beim nahegelegenen Saaz das Land in wilder Flucht, nachdem sich die Hussiten naherten.

Der dritte Feldzug endete im Januar 1422 mit zwei weiteren Niederlagen der koniglich-katholischen Heere bei Kuttenberg und Deutschbrod . Im Fruhjahr 1423 brachen schwere Differenzen innerhalb der verschiedenen hussitischen Stromungen auf. In der Schlacht bei Horschitz im April 1423 setzten sich die radikalen Taboriten unter Jan ?i?ka gegen die Prager ( Utraquisten ) durch. Im Juni kam es in Konopischt zu einem zeitweiligen Ausgleich zwischen den verschiedenen Parteien. Nachdem im Oktober 1423 Friedensverhandlungen der Utraquisten in Prag mit Sigismund gescheitert waren, brach der innerhussitische Gegensatz wieder auf.

Im Juni 1424 behielt ?i?ka in der Schlacht bei Maleschau erneut die Oberhand gegen die Prager Utraquisten. Der Schwerpunkt der Kampfe verlagerte sich nun nach Mahren. Wahrend der Schwiegersohn Sigmunds Herzog Albrecht im Juli von Suden her versuchte, das Land in die Hand zu bekommen, begann von Westen her ein verheerender hussitischer Angriff. Habsburgisch bzw. katholisch gesinnte Stadte wurden eingenommen und dem Erdboden gleichgemacht.

Andreas Prokop; Abbildung aus dem 17. Jahrhundert

Nach dem Tode ?i?kas am 11. Oktober 1424 wahrend der Belagerung der Burg Pribislau ubernahm Andreas Prokop die Fuhrung der Hussiten. Auch unter Prokops Kommando blieben die Hussiten siegreich.

Im Jahre 1425 stießen die Hussiten erstmals nach Schlesien vor, doch ansonsten beschrankten sich die Kampfe, die von beiden Seiten mit großer Grausamkeit gefuhrt wurden, bis Herbst 1425 noch weitgehend auf mahrisch-bohmisches Gebiet. Im November 1425 drangen hussitische Heere erstmals nach Niederosterreich vor, um Herzog Albrecht, der in Mahren mit wechselndem Erfolg operierte, abzulenken, um die Belastung des eigenen Landes zu verringern und um Beute zu machen. Zahlreiche Kloster und Stadte wurden geplundert.

Der vierte Feldzug 1427 endete fur die katholischen Truppen mit einer schweren Niederlage bei Tachau (Mies) in Westbohmen am 4. August.

Schon ab 1428 gingen die Hussiten unter Andreas Prokop zum Angriff auf katholische Bastionen uber. Der Kriegszug des Jahres 1428 verheerte Niederosterreich und Teile Schlesiens, 1429 folgte ein neuerlicher Vorstoß nach Niederosterreich und in die Lausitz. Am 25. Juli 1429 kam es in Plauen zum Bundnis zwischen den Wettinern und den Hohenzollern gegen die Hussiten. Doch schon drei Monate spater wurde Altendresden von den Hussiten niedergebrannt, wenige Monate spater folgte ein Angriff der Hussiten die Elbe abwarts wahrscheinlich bis in die Gegend von Torgau und dann westwarts in Richtung Leipzig , durch das Vogtland nach Oberfranken . Die Stadt Loßnitz wurde 1429/30 vergeblich von einem Hussitentrupp belagert.

Der Hussitenzug des Jahres 1430 betraf außerdem Schlesien, der des Jahres 1431 Teile Ungarns (westliche Slowakei ).

Auch ein Beschluss zur Bekampfung der Hussiten auf dem Reichstag zu Nurnberg im Jahre 1431 konnte das Kriegsgluck nicht wenden. Der funfte Kreuzzug unter Kardinal Giuliano Cesarini endete am 14. August 1431 mit einer blamablen Niederlage bei Taus . Sigmund suchte daraufhin nach einer Verhandlungslosung.

Wahrenddessen folgten 1432/34 die weitraumigsten Operationen der Hussiten, die im Osten nach Oberschlesien und in die westliche Slowakei fuhrten, in Richtung Norden in die Lausitz , nach Niederschlesien , uber die Neumark in das Danziger Gebiet des Deutschordensstaats sowie nach Polen . Ein kleinerer Vorstoß im April 1432 betraf erneut Brandenburg (u. a. Frankfurt (Oder) , Bernau , Strausberg ).

Da den kaiserlichen und papstlichen Truppen bis auf kleinere Gefechte der Sieg gegen die Hussiten verwehrt blieb, wurde zwischen 1431 und 1433 mit ihnen verhandelt. Zwar hatte Kurfurst Friedrich II. von Sachsen am 23. August 1432 schon einen Sonderfrieden mit den Hussiten auf zwei Jahre geschlossen, doch erst 1436 endeten die Kriegshandlungen uberall.

Auf dem Basler Konzil wurden den Hussiten mit den Prager Kompaktaten einige Zugestandnisse gewahrt. Auf das Konzil wurde seitens der Bohmen unter Prokop durch die Belagerung der katholischen und reichstreuen Stadt Pilsen ab Mitte 1433 Druck ausgeubt. Die Obere Pfalz war dabei wiederum stark gefahrdet und wie schon ofter von Raubzugen der Hussiten bedroht. Am 21. September 1433 wurde ein Teilkontingent des hussitischen Belagerungsheeres, das zum Fouragieren in die Obere Pfalz eingedrungen war, von dem wesentlich kleineren Heer des Pfalzgrafen Johann von Pfalz-Neumarkt , der ?Hussitengeißel“, bei Hiltersried vernichtend geschlagen.

Wahrend des Konzils von Basel kehrte der weniger radikale Flugel der Utraquisten beziehungsweise Calixtiner wieder in den Schoß der katholischen Kirche zuruck und verbundete sich sogar mit den kaiserlichen Truppen gegen die radikaleren Taboriten . Diese wurden schließlich im Verbund mit katholischen Herren und Stadten am 30. Mai 1434 in der Schlacht von Lipan ( tschechisch Lipany ) nach einem taktischen Fehler Prokops vernichtend geschlagen. Nur eine kleine Abordnung unter Jan Roha? z Dube rettete sich auf dessen Burg Sion bei Kuttenberg, bis auch diese 1437 erobert und Roha? in Prag hingerichtet wurde.

Als letztes Gefecht der Hussitenkriege gilt die Schlacht bei Brux am 23. September 1434, wobei die inzwischen mit den Polen verbundeten Hussiten eine schwere Niederlage gegen Kaiser Sigismund, Friedrich II. und Heinrich von Schwarzburg erlitten.

Zahlreiche der kriegsgeubten und gefurchteten Hussitenkrieger verdingten sich nach Ende der eigentlichen Kriegshandlungen weiterhin als Soldner zum Teil in katholischen Diensten, so z. B. in der Soester Fehde .

Auswirkungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Folgen der Hussitenkriege fur die betroffenen Territorien waren gravierend: Das wirtschaftliche Leben in den Grenzregionen kam zum Erliegen, die Herzogtumer hatten Steuer- und Ernteausfalle zu verkraften und die kostspieligen Verteidigungsmaßnahmen und Feldzuge zu finanzieren. 1422 flossen etwa 21 % aller Ausgaben Niederbayern-Straubings in den Kampf gegen die Hussiten. [5]

Nachwirkungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Karte der Konfessionen in Mitteleuropa 1618, in Rottonen die protestantischen und in Blautonen die katholischen Konfessionen

Die Bewegung des Hussitismus konnte sich letztlich nicht durchsetzen. Die aus Bohmen vertriebenen Katholiken forderten nach dem Ende der Kampfe die Ruckgabe ihres Eigentums , die ihnen 1436 verwehrt wurde. Die wenigen religiosen Zugestandnisse der katholischen Kirche an die Hussiten wurden durch Papst Pius II. am 31. Marz 1462 wieder zuruckgenommen.

Die zeitweilig gegebenen Zugestandnisse waren aber dennoch ein Anstoß fur die Bildung eines tschechischen Nationalbewusstseins . Georg von Podiebrad , 1458 bis 1471 Konig von Bohmen, verfolgte zwar die verbliebenen Radikalen, kam aber selbst zu keiner Einigung mit dem Papsttum. Er scheiterte letztlich an einer Ubermacht, war aber doch der erste nicht-katholische Konig Mitteleuropas seit der Christianisierung.

Auch sein katholischer Nachfolger Konig Vladislav II. (1471?1516) musste 1485 auf dem Landtag zu Kuttenberg im Kuttenberger Religionsfrieden die Kompaktaten bestatigen. Der Reichstag von 1512 verlieh den Hussiten gar die gleichen Rechte wie den Katholiken.

Im Laufe des 16. Jahrhunderts naherten sich die Utraquisten den Lutheranern an. Eine eigene Richtung verfolgten in dieser Zeit eher die Bohmischen Bruder .

Nach der Niederlage der bohmischen Stande im Jahre 1620 in der Schlacht am Weißen Berge wurden die bohmischen Lander schließlich mit Gewalt zum Katholizismus zuruckgefuhrt, die gefluchteten Utraquisten gingen in den lutherischen oder reformierten Kirchen auf.

Historische Bewertung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die wissenschaftliche Diskussion uber das Wesen und die Triebkrafte der Hussitenbewegung ist unter Historikern nach wie vor nicht abgeschlossen. Schon Zeitgenossen werteten das Geschehen aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln. Neben die zunachst vordergrundigen religiosen Ursachen traten mit fortschreitendem zeitlichem Abstand zum Tod von Jan Hus zunehmend gleichberechtigt soziale und nationale Aspekte. Allerdings war die Hussitenbewegung sicher keine reine tschechische Nationalerhebung; schließlich gab es sowohl in Bohmen als auch im ubrigen Reichsgebiet eine ganze Anzahl ?deutscher“ Hussiten. [6] Außerdem fand die Rebellion auch in Bohmen eine entschiedene Opposition, welche letztlich in Lipan den entscheidenden Anteil an der Niederlage der Taboriten hatte.

Heutige Kirchen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die 1918 gegrundete Evangelische Kirche der Bohmischen Bruder entstand durch die Vereinigung der evangelisch-lutherischen und der evangelisch-reformierten Kirche in Tschechien. Sie sieht sich auch in der Nachfolge der hussitischen Utraquisten und der tschechischen Bruderunitat. [7]

Die 1920 gegrundete Tschechoslowakische Hussitische Kirche beruft sich auf die Hussiten und ist ? als Abspaltung von der katholischen Kirche ? mit der Anglikanischen Kirche vergleichbar. Sie wird auch als neuhussitisch bezeichnet.

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Hussiten  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Hussiten  ? Quellen und Volltexte

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Hussiten In: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im ostlichen Europa 2013
  2. Thomas Krzenck: Protestbrief des bohmischen und mahrischen Adels an das Konzil, in dem die Absender am 2. September 1415 gegen die Verbrennung des Jan Hus protestieren Faksimile lat. Text, Transkription und Auflistung der Unterzeichner
  3. Pavel B. K?rka: How Constantia became Kostnice (and vice versa). In: Bohemian Reformation and Religious Practice. Band 6. Prag 2007, S. 265?274 ( brrp.org [PDF; 379 kB]).
  4. Michael Toch: Spatmittelalterliche Rahmenbedingungen judischer Existenz: Die Verfolgungen . In: Sabine Hodl, Peter Rauscher, Barbara Staudinger (Hrsg.): Hofjuden und Landjuden. Judisches Leben in der Fruhen Neuzeit . Philo, Wien 2004, ISBN 3-8257-0352-5 , S. 19?64, hier S. 37.
  5. Michaela Bleicher: Hussitenkriege
  6. Ferdinand Seibt: Deutschland und die Tschechen. Geschichte einer Nachbarschaft in der Mitte Europas ; Piper-Verlag 1993. Franti?ek ?mahel: Die Hussitische Revolution , 3 Bande; MGH-Schriften 43/I?III; Hannover, 2002.
  7. Uber uns. Evangelische Kirche der Bohmischen Bruder, abgerufen am 7. Juli 2013 .