Als
Habsburgermonarchie
oder
Habsburgerreich
(auch
Habsburger, Habsburgische
oder
osterreichische Monarchie
oder
Donaumonarchie
) bezeichnet die
Geschichtswissenschaft
die Herrschaftsgebiete, die das
Haus Habsburg
(seit 1736
Habsburg-Lothringen
) vom ausgehenden
Mittelalter
bis 1918 großenteils in
Personalunion
regierte.
Das
Reich
war ein ausgedehnter Landerkomplex und politisch eine so genannte
composite monarchy
, eine zusammengesetzte
Monarchie
. Im Gegensatz zum modernen, zentral gelenkten
Nationalstaat
bestand sie aus unterschiedlichen, prinzipiell voneinander unabhangigen Territorien, die nur durch das gemeinsame monarchische Oberhaupt miteinander verbunden waren. Seit der
Pragmatischen Sanktion
von 1713 war dieses gemeinsame Oberhaupt aber institutionalisiert und rechtlich verbindlich festgelegt. Ein einheitliches Staatswesen im modernen Sinn wurde hingegen erst durch die
Oktroyierte Marzverfassung
von 1849 begrundet, aber bereits 1867 im
Osterreichisch-Ungarischen Ausgleich
wieder aufgelost. Die Herausbildung der Habsburgermonarchie begann Ende des 13. Jahrhunderts, nachdem 1273
Rudolf I.
als erster Vertreter seiner Dynastie zum
Romisch deutschen Konig
gewahlt wurde und er 1278 mit dem
Herzogtum Osterreich
eine bedeutende
Hausmacht
gewinnen konnte. Das Herrschaftsgebiet, das seine Nachkommen in den kommenden Jahrhunderten, sowohl durch Erbschaft als auch durch Eroberungen zusammenbrachten, bestand im Kern aus den
habsburgischen Erblanden
, den
Landern der bohmischen
und der
ungarischen Krone
, einem Großteil der ehemals
burgundischen Niederlande
und Teilen Italiens wie den Herzogtumern
Mailand
und
Toskana
. Im 16. und 17. Jahrhundert, seit der Herrschaft
Karls V.
, waren auch das
Konigreich Spanien
mitsamt seinem
Kolonialreich
und dem
Konigreich Neapel
sowie zeitweilig auch
Portugal
und seine
Uberseebesitzungen
Bestandteile des Habsburgerreichs. Diese wurden jedoch nach Karls Abdankung und der Aufspaltung der Dynastie in eine
osterreichische
und eine
spanische Linie
allein von letzterer regiert. Man spricht fur diese Zeit von der osterreichischen und der spanischen Habsburgermonarchie. Nicht zum Habsburgerreich zahlen die
reichsunmittelbaren
Territorien des
Heiligen Romischen Reichs
, uber welche die Habsburger in ihrer Funktion als
Kaiser
nur eine indirekte Oberherrschaft ausubten. Nicht zum Habsburgerreich zahlte auch das sogenannte
Reichsgut
, das den (Wahl-)Konigen bzw. Kaisern des Heiligen Romischen Reiches in dieser Eigenschaft zustand und nicht vererblich war.
Wie das spanische, war auch das im ostlichen
Mitteleuropa
gelegene habsburgische Landerkonglomerat im Wesentlichen durch eine gegluckte Heiratspolitik entstanden, wurde aber seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert durch Eroberungen auf Kosten des
Osmanischen Reichs
wesentlich erweitert. Seit
Ferdinand I.
, einem Bruder Karls V., wurde es von der osterreichischen und seit
Ferdinand II.
von der innerosterreichischen Linie der
Dynastie
regiert. Diese tragt seit der Heirat
Maria Theresias
, der Tochter des letzten mannlichen Thronerben, mit dem Herzog von Lothringen und spateren Kaiser
Franz Stephan
den Namen Habsburg-Lothringen.
Der letzte romisch-deutsche Kaiser,
Franz II.
, schuf 1804, als die
Kronung
Napoleon Bonapartes
zum
Kaiser der Franzosen
und das Ende des Heiligen Romischen Reiches absehbar waren, aus eigener Machtvollkommenheit die
osterreichische Kaiserwurde
. Das daraus entstandene
Kaisertum Osterreich
regierte er fortan als Franz I., wahrend er das Reich am 6. August 1806 fur aufgelost erklarte. Aus dem Kaisertum Osterreich entstand nach dem so genannten
Ausgleich
von 1867 in Form einer Doppelmonarchie die
osterreichisch-ungarische Monarchie
.
Franz Joseph I.
regierte den aus dem
osterreichischen
und dem nunmehr gleichberechtigten
ungarischen Reichsteil
bestehenden
Vielvolkerstaat
in
Realunion
als Kaiser und Konig. Daher leitet sich fur diese Zeit auch die Bezeichnung
k. u. k. Monarchie
ab.
Nach der Niederlage Osterreich-Ungarns und der mit ihm verbundeten
Mittelmachte
im
Ersten Weltkrieg
loste Franz Josephs Nachfolger, Kaiser
Karl I.
am 31. Oktober 1918 die Realunion auf. Die meisten nichtdeutschen und nichtmagyarischen Volker nutzten die absehbare Niederlage der
k.u.k. Armee
dazu, neue, unabhangige Staaten zu bilden. Kaiser Karl verzichtete am 11. November 1918 auf die Teilhabe an den Regierungsgeschaften. Am Folgetag, dem 12. November 1918, wurde in
Deutschosterreich
die
Republik
ausgerufen. Damit fand die uber 640-jahrige Herrschaft des Hauses Habsburg ihr Ende.
[1]
Karl unternahm 1921 zwei vergebliche Versuche, die Herrschaft im nominell
wiederhergestellten Konigreich Ungarn
zuruckzuerlangen. Auf Drangen der Siegermachte und der
Kleinen Entente
verabschiedete das Parlament in Budapest daraufhin im November 1921 das Dethronisationsgesetz, das dem Haus Habsburg-Lothringen auch die ungarische Krone endgultig entzog.
Die Wurzeln der Habsburgermonarchie datieren in die Jahre 1276?1278, als
Rudolf IV. Graf von Habsburg
, der 1273 als Rudolf I.
romisch-deutscher Konig
geworden war, sein Haus mit den Herzogtumern Karnten und Krain und dann auch mit den Herzogtumern Osterreich und Steiermark belehnte und damit nach dem Intermezzo mit
Ottokar II. P?emysl
von Bohmen das Erbe der
Babenberger
antrat. Seit diesem Datum regierten die
Habsburger
mit nur kurzen kriegerischen Unterbrechungen ihre
Hausmacht
in
Zentraleuropa
.
Seit
Rudolf I.
(als Graf der VI., als Konig I.) 1307 waren Habsburger (mit Unterbrechungen)
Konige
in
Bohmen
, seit
Albrecht
(als Graf der V., als Romischer Konig II.) 1437
Konige
in
Ungarn
. Ununterbrochen regierten sie diese Lander seit
Ferdinand I.
1526/27. Seit dieser Zeit gehorte die habsburgische
Monarchie
? deren Westen Teil des
Heiligen Romischen Reiches
war, wahrend der Osten außerhalb des Reiches lag ? zu den Großmachten Europas.
Mit
Maximilian I.
,
dem letzten Ritter
, bildete sich mit seiner Hochzeit und seinem Amtsantritt als
Herzog von Burgund
1477 das
Haus Osterreich-Burgund
, ab dieser Zeit etwa spricht man von der Habsburgermonarchie im eigentlichen Sinne. Auf dem Hohepunkt der Ausdehnung ihrer
dynastischen
Besitzungen und Regentschaften teilte sich die habsburgische Universalmonarchie 1556 mit der Abdankung
Karls V.
, der als deutscher Kaiser und Konig in
Spanien
ein Weltreich beherrscht hatte,
in dem die Sonne nicht untergeht
, in eine osterreichische und eine spanische Linie. Letztere wird auch ?Haus Osterreich“ oder
Casa de Austria
genannt, ihr
Weltreich
, die spanische Habsburgermonarchie, ist aber nicht Gegenstand dieses Artikels.
Ein ?Geburtsdatum“ der (osterreichischen) Habsburgermonarchie kann auch mit dem
Wormser Teilungsvertrag
vom 28. April 1521 bzw. dem folgenden
Brusseler Vertrag
vom 7. Februar 1522 gegeben werden,
[3]
in dem die Ubergabe der osterreichischen Lande von Karl V. an seinen Bruder Ferdinand I. geregelt wurde. Allerdings gab es noch 1550 den am Widerstand der deutschen
Kurfursten
und an der hinhaltenden Politik seines Bruders gescheiterten Versuch Karls V., seinen Sohn
Philipp
, den spateren spanischen Konig, zum
Konig von Deutschland
wahlen zu lassen und das Universalreich auf diese Weise beisammenzuhalten. Die getrennte Erbfolge der spanischen und osterreichischen Linie (Hausordnung vom 25. Februar 1554) kann man daher als das entscheidende Datum der Trennung der beiden Linien betrachten, wobei die gegenseitigen vorrangigen Erbanspruche im Falle des Erloschens einer Linie dennoch erhalten blieben.
Die spanische Linie starb im November 1700 aus.
Frankreich
, der große Widersacher der Habsburger dieser Ara (siehe
habsburgisch-franzosischer Gegensatz
), konnte im
Spanischen Erbfolgekrieg
eine neuerliche habsburgische ?Einkreisung“ verhindern, und die
Bourbonen
ubernahmen die spanische Krone. Die Habsburger konnten nur außerspanische Gebiete des Erbes ihrer spanischen Verwandten, vor allem die
Osterreichischen Niederlande
und das
Konigreich Neapel
, fur die osterreichische Linie erhalten.
1740 starben die osterreichischen Habsburger im
Mannesstamm
aus. Auf Grund der zuvor in jeweils allen habsburgischen Territorien und Landern erlassenen
Pragmatischen Sanktion
ubernahm
Maria Theresia
jeweils als Konigin, Erzherzogin usw. die sonst nur Mannern vorbehaltenen Herrscherrechte und grundete mit ihrem Gatten das nachfolgende Herrscherhaus
Habsburg-Lothringen
. Der Kaiser des
Heiligen Romischen Reichs
indes wurde von den
Kurfursten
gewahlt und sein (nicht erbliches) Amt konnte aufgrund Reichsrechts nur von einem Mann ausgeubt werden, weshalb sich Maria Theresia nicht als geeignete Kandidatin qualifizierte. Die Pragmatische Sanktion wurde zwar im
Osterreichischen Erbfolgekrieg
angefochten, die Monarchie ging aus dem Krieg aber nunmehr international anerkannt, wenngleich territorial geschmalert hervor. Maria Theresias Sohn, der Reformer
Joseph II.
, strebte danach, die Habsburgermonarchie zu einem einheitlichen
Staat
mit deutscher Amtssprache zu entwickeln, scheiterte damit aber vor allem in Ungarn. Dennoch war laut
Ernst Trost
?Deutsch das
Esperanto
der Donaulander“.
[4]
Durch die 1804 wahrend der
Koalitionskriege
erfolgte Konstituierung der dem Haus Habsburg-Lothringen unmittelbar untertanen Lander als
Kaisertum Osterreich
? eine Reaktion auf die Selbstkronung
Napoleons I.
wenige Monate zuvor ? wurde die Habsburgermonarchie, schon seit Maria Theresia zentral von
Wien
aus verwaltet, auch offiziell zum selbststandigen Staat. Das Heilige Romische Reich wurde 1806 fur nicht mehr bestehend erklart.
Das Kaisertum Osterreich blieb bis zum
Ausgleich zwischen Osterreich und Ungarn
von 1867, der
Osterreich-Ungarn
als
Doppelmonarchie
, als Realunion der zwei Staaten definierte, ein einheitlicher Staat. Einheitlich blieben in der Folge bis 1918 obligatorisch der Monarch, die Außenpolitik, Heer und Kriegsmarine sowie fakultativ vereinbarte Wirtschaftsstandards wie die gemeinsame Gulden-, dann Kronenwahrung.
Aufgrund ihrer Große, ihrer Bevolkerungszahl und des Geltungsanspruchs ihrer Dynastie war die Habsburgermonarchie einer der wichtigsten Staaten Europas
(der
Pentarchie
)
. In wechselnden Allianzen kampfte sie in den meisten europaischen Kriegen mit. Als sich im 19. Jahrhundert der
Nationalismus
als machtige Staatsidee in Europa etablierte, verlor Osterreich-Ungarn als Gesamtstaat sukzessive Einfluss und hatte auf Grund seiner Multinationalitat als
Vielvolkerstaat
immer großere Probleme in der Innenpolitik beider Teilstaaten. Sie fuhrten am Ende des verlorenen
Ersten Weltkriegs
zur Auflosung der Habsburgermonarchie.
Die Habsburgermonarchie unterschied sich grundlegend von anderen Herrschaftsgebieten und Gesellschaften Europas. Westeuropaische Historiker stuften die Monarchie als
politische Anomalie
ein, deren strukturelle Schwache dazu fuhrte, dass sie sich
standig in einem Zustand der Krise und des drohenden Verfalls
befand.
[5]
Der Verlauf der Geschichte der Habsburgermonarchie wurde im Wesentlichen durch funf Merkmale bestimmt:
- Einflusse der
Geopolitik
und die Diplomatie des
Gleichgewichts der Krafte
;
- die Unterschiedlichkeit und Individualitat der habsburgischen Lander;
- die Identifikation der Habsburger-Dynastie mit dem Heiligen Romischen Reich;
- die Abhangigkeit, Konsens zwischen ihrer inlandischen Elite und auslandischen assoziierten Machten erreichen zu mussen;
- die Rolle der Monarchen selbst, Kontinuitat und Sicherheit ihrer Herrschaftsgebiete zu gewahrleisten.
Monarchien wie
Großbritannien
,
Frankreich
oder
Spanien
konnten ihre Lander (zumindest vorubergehend) zu
Nationalstaaten
entwickeln, die auf eine gewisse Kontinuitat als geografische Einheit zuruckgefuhrt werden konnten; eine Einheit, die einen grundlegenden Grad an okonomischer, kultureller und sprachlicher Homogenitat forderte. Die
separatistischen
Bewegungen seit dem 19. Jahrhundert in
Belgien
(1830 Abspaltung von den
Vereinigten Niederlanden
),
Norwegen
(1905 Trennung von Schweden),
Irland
(Abspaltung des Großteils von Großbritannien),
Schottland
(
Unabhangigkeitsreferendum 2014
gescheitert), im
Baskenland
und in
Katalonien
(Unabhangigkeitsreferendum angekundigt) zeigen, dass solche Entwicklungen nicht endgultig sein mussen. Im Kontrast dazu verfolgten die Habsburger eine auf Erweiterung angelegte Heirats- und Erbschaftspolitik, um unter ihrer Herrschaft auch vollig unterschiedliche Lander zu versammeln.
Die Monarchie war bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts in hohem Maße dezentral organisiert. Jedes einzelne Konigreich, Herzogtum, Furstentum, jede Grafschaft, die unter Habsburgs Herrschaft gelangte, behielt die eigene Landesregierung, die fast unabhangig von Wien operierte. Die
Stande
des Landes hatten die Macht und das Recht, uber die Forderungen des Landesfursten zu verhandeln. Die Interessen der Stande und der Adeligen erhielten oft Vorrang vor denen des Landesfursten; andernfalls musste er die fur ihn positive Entscheidung oft mit Kompromissen, Privilegien oder anderen Zugestandnissen erkaufen.
Im Gegensatz zu vielen anderen Monarchien im fruhneuzeitlichen Europa versuchten die habsburgischen Herrscher zumeist, mit Adel und
Klerus
Konsens herzustellen, oft zu Lasten der
Burger
in den Stadten und der Untertanen der landlichen Grundherrschaften, die beinahe vollig aus der Landespolitik ausgeschlossen waren.
Ferdinand I.
richtete wahrend seiner Regierung (1521?1564) verschiedene
Staatsorgane
ein, um die Leitung der Monarchie zu verbessern:
Unter Ferdinands Nachfolgern wurden diese Behorden kaum modernisiert:
- Ferdinand II.
gliederte 1620 die
osterreichische Hofkanzlei
aus der
Reichshofkanzlei
aus. Neben der Verwaltung
Nieder-
,
Ober-
und
Innerosterreichs
war sie auch ausfuhrendes Organ des Geheimen Rates.
- Seit
Leopold I.
tagte der Geheime Rat fast nur noch in Kommissionen (
Konferenzen
), nachdem dieser durch kaiserliche
Patronage
zu viele Mitglieder bekommen hatte:
[6]
- Die
Geheime Konferenz
wurde 1669 als engerer Ausschuss des Geheimen Rats errichtet, nachdem dieser durch kaiserliche
Patronage
zu viele Mitglieder bekommen hatte. Es dauerte allerdings nicht lange, bis auch die
Geheime Konferenz
mit den gleichen Problemen zu tun hatte wie vorher der Geheime Rat.
- Die
deputatio in mensi
, bestehend aus den Leitern der osterreichischen und der bohmischen Hofkanzlei, der Hofkammer und des Hofkriegsrats, war seit 1698 zustandig fur die Beratung der Finanzierung der
Kaiserlichen Armee
.
- Weitere Kommissionen befassten sich mit Reichsangelegenheiten und auswartigen Beziehungen.
- Die
Finanzkonferenz
wurde 1717 von
Karl VI.
zur Aufsicht uber die Finanzen eingerichtet.
- Der 1711 aus den spanischen
Consejos
gebildete
Consejo de Espana
[7]
[8]
wurde von
Karl VI.
gegrundet, um ihn bei der (letztlich vergeblichen) Durchsetzung seiner spanischen Herrschaftsanspruche zu beraten. 1736 wurde er aufgeteilt:
Unter Karls Erbin
Maria Theresia
und ihren Nachfolgern wurde das Behordenwesen grundlich reformiert. Die meisten
Reformen
blieben aber auf die osterreichischen Erblande einschließlich der Lander der Bohmischen Krone beschrankt und umfassten Ungarn nicht:
- Die
Staatskanzlei
wurde 1742 errichtet, um die
auslandische Politik der Habsburgermonarchie
festzulegen. Der Geheime Rat und die Konferenzen wurden abgeschafft.
- Das
Generalkriegskommissariat
, 1746 errichtet, erhielt die Kontrolle uber die militarische Nachschubversorgung und hatte in der Praxis mehr Autoritat uber Kriegsangelegenheiten als der
Hofkriegsrat
jemals gehabt hatte.
- Das
directorium in publicis et cameralibus
(1749 errichtet) war ein ubergreifendes
Organ
der Erblande. Entstanden aus der Zusammenlegung von bohmischer und osterreichischer Hofkanzlei, bildete es mit Ausnahme der ungarischen Lander unter verschiedenen Namen und ofter wechselnden Kompetenzen bis 1848 die oberste Zentralstelle der politischen Verwaltung. Zu den Agenden gehorten unter anderen auch Angelegenheiten der Landwirtschaft, des Sanitatswesens, des Handels und Gewerbes, des Steuer- und Abgabenwesens, der Justizbehorden, der Gesetzgebung, des Burgermilitars und Ahnliches.
[9]
- Die
Oberste Justizstelle
fungierte im Erzherzogtum und Bohmen, spater auch in den anderen Erblanden (außer Ungarn) als oberster Gerichtshof.
[10]
- Der
Niederlandische
und der
Italienische Rat
wurden 1757 als Departement de Pays-Bas bzw. Dipartimento d´Italia der
Staatskanzlei
eingegliedert
[11]
[8]
.
- Der
Staatsrat
, 1760 errichtet, war oberstes Beratungsorgan der Monarchin, die bei Bedarf selbst den Vorsitz fuhrte.
- Die
Studienkommission
, 1760 errichtet, bekam die Befugnis, den obligatorischen Schulunterricht innerhalb der Erblande zu verbreiten.
Die eigentlichen
Stammlande
der Habsburger, wie sie seit dem mutmaßlichen Grunder der
Habsburg
,
Radbot
Graf im Klettgau
, im 11. Jahrhundert historisch fassbar sind, sind Besitzungen in der heutigen
Schweiz
und im
Elsass
. Schon
Rudolf von Habsburg
, der erste habsburgische deutsche Konig, herrschte uber Gebiete zwischen
Vogesen
,
Schwarzwald
und
Vierwaldstattersee
. Zu diesen Besitzungen kam, als die Habsburger die
Babenberger
beerbten, der heute
osterreichische
Raum.
[12]
Wesentlichen Anteil hatten die Habsburger bei den fruhen Stadtgrundungen und am Aufbau von
Baden
,
Bremgarten
,
Brugg
,
Konigsfelden
,
Laufenburg
,
Sursee
sowie
Waldshut
. Diese Stadte fuhren zum Teil noch heute das Habsburger Lowenwappen.
Um 1385 gehorten zu den wichtigsten Besitzungen der Stammlande die Landgrafschaften, Herrschaften und Vogteien
Sundgau
,
Breisgau
,
Rheinfelden
,
Kyburg
,
Thurgau
,
Nellenburg
,
Baden
,
Lenzburg
,
Willisau
,
Rothenburg
,
Wolhusen
,
Rapperswil
,
Gaster
,
Glarus
,
Feldkirch
, und
Freiburg im Uechtland
.
[13]
In dieser Zeit gingen die Stammlande an die
Alte Eidgenossenschaft
verlustig, die Reste werden unter dem Territorium
Vorderosterreich
zusammengefasst. Von den Stammlanden hielten sich nur
Laufenburg
und Rheinfelden bis 1802,
Tarasp
bis 1807,
[12]
und in Reminiszenz die Titel
Gefursteter Graf von Habsburg
und
Kyburg
im
Großen Titel des Kaisers
bis 1918.
Spater, als diese Besitzungen im Westen weitgehend verloren waren und der Begriff
Erblande
sich auf die ungarischen Lander und bohmischen
Kronlander
ausgedehnt hatte, fasste man unter
Stammlande
die noch aus der Babenbergerzeit ubernommenen und in den fruhen Jahren der Dynastie erworbenen Herrschaften, das ?alte“
Erzherzogtum Osterreich
(als Titel) und seine herzoglichen, graflichen und sonstigen
Nebenlander
, zusammen.
Mit dem Begriff
Habsburgische Erblande
werden die von den
Habsburgern
beherrschten Territorien bezeichnet, in denen das Haus Osterreich den erblichen Fursten stellte und die schon langere Zeit im Besitz der Dynastie waren. Der Inhalt dieses Begriffs hat sich mit der Zeit gewandelt. Er diente auch als Abgrenzung fur die familiare
Hausmacht
innerhalb des
Heiligen Romischen Reiches
, als dessen
Konig
oder
Kaiser
ab 1273 mehrmals und ab 1438 in fast durchgehender Folge Habsburger Fursten gewahlt wurden.
[14]
Die Habsburgischen Erblande umfassten damals bereits große Gebiete des deutschen Sprachraumes, teilweise auf Gebieten der heutigen
Schweiz
,
Deutschlands
,
Frankreichs
und
Osterreichs
sowie im heutigen
Ungarn
,
Italien
,
Slowenien
und
Kroatien
.
Nach Aufhebung der standischen Verfassung im
Konigreich Bohmen
(
Verneuerte Landesordnung
1627) wurde dieses wie seine Nebenlander
Mahren
und
Schlesien
ebenso als erblich erklart, wie dies nach der
Pragmatischen Sanktion
von 1713 auch mit dem
Konigreich Ungarn
geschah, womit sich die Habsburgermonarchie in einem fruhen staatlichen Sinne als Einheit ausbildete. Obwohl die Bevolkerung der ursprunglichen Erblande großteils aus
Deutschen
bestand und die Habsburger diese Gebiete fur Jahrhunderte regierten, entstand neben der deutschen Identitat ab der zweiten Halfte des 18. Jahrhunderts innerhalb eines gemeinsamen Deutschlands sukzessive auch ein verstarktes, dynastisch orientiertes
Osterreichbewusstsein
. Die
Landtage
hatten ein großes Maß an Autonomie gegenuber den habsburgischen Herrschern, die sich zuallererst als deutschosterreichische Fursten sahen.
Das Bestreben, auch das Konigreich Ungarn (also die ungarische Krone und ihre Nebenlander) als Erblande anzusehen ? immerhin hatten die Habsburger den Großteil des Landes von den Osmanen (zuruck-)erobert ? wurde mit dem
Ausgleich von 1867
hinfallig (dass
Franz Joseph und Elisabeth nochmals formell in Budapest zum ungarischen Konigspaar gekront wurden
, war eine Demonstration des Abgangs von dieser Staatstheorie).
Die von
Maximilian I.
durch Heirat mit der Herzogin
Maria von Burgund
und deren Tod 1482 zum Haus Habsburg gekommenen
burgundischen
Territorien (Besitzungen im Rheingebiet, vor allem die
Niederlande
) wurden indes nie zu den Habsburgischen Erblanden gerechnet und kamen an die
spanischen Habsburger
. Auch nach 1715, als aus den
Spanischen Niederlanden
nach dem Ubergang an den osterreichischen Zweig des Hauses Habsburg die
Osterreichischen Niederlande
wurden, wurden sie nie zu den Habsburgischen Erblanden gerechnet. Fur die spater in die Monarchie eingegliederten Territorien, z. B.
Galizien
,
Bukowina
und
Dalmatien
, wurde der Begriff ebenfalls nicht verwendet.
Erzherzogtum Osterreich und seine Nebenlander und Gebiete
[
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Im 15. Jahrhundert gehorten
Niederosterreich
(heutiges
Niederosterreich
,
Oberosterreich
),
Innerosterreich
(heutiges
Steiermark
und
Karnten
, historisches
Krain
, um 1500 zahlte man auch die
Grafschaft Gorz
zu den Erblanden),
Oberosterreich
(historisches
Tirol
und heutiges
Vorarlberg
) sowie
Vorderosterreich
(ehem.
Vorlande
, verbliebene Stammlande und neuerworbene Besitzungen in der heutigen Schweiz, Bayern, Baden) dazu.
[15]
- Spalte
Anmerkung
sortiert nach dem Zeitpunkt der Erwerbung
Land
|
Hauptstadt
|
Ethnien
|
Religion
|
Anmerkungen
|
Wappen
(1)
|
Erzherzogtum Osterreich unter der Enns
|
Wien
|
Deutsche
|
romisch-
katholisch
,
Lutheraner
|
Historisches Kernland und Namensgeber der Habsburgermonarchie. Um 976 als
bairisches
Grenzland entstanden, 996 als
Ostarrichi
erwahnt, 1156
babenbergisches
Herzogtum; 1278 an
Rudolf I.
, 1282 Belehnung von
Albrecht V./I.
und
Rudolf II.
, dann
Osterreich ob und unter der Enns
genannt, Trennung kurzfristig 1458?1463 in zwei Herzogtumer, 1783/84 Osterreich ob der Enns endgultig abgetrennt, seither etwa das heutige Bundesland
Niederosterreich
|
|
Herzogtum Steyer (Steiermark)
|
Steyr
, ab 12 Jh.
Graz
|
Deutsche
,
Slowenen
|
romisch-
katholisch
,
Lutheraner
|
Karantanische Mark
, ab 1122
Steyrmark
, 1180 Herzogtum
Steyer
; 1278 Lehen an
Rudolf I.
(als Kaiser), 1282 Belehnung von
Albrecht V./I.
und
Rudolf II.
, 1564?1619 Teil von
Innerosterreich
; Raum des heutigen Bundeslands
Steiermark
und bis Ende Oktober 1918 der seither zu Slowenien gehorenden
Untersteiermark
|
|
Herzogtum Karnten
|
Klagenfurt
|
Deutsche
,
Slowenen
|
romisch-
katholisch
,
Lutheraner
|
Baierische Grenzmark
seit dem 8. Jh., 976 Herzogtum (Raum
St. Polten
?
Verona
?
Istrien
), wechselnde Herzoge und Gebietsabtrennungen
1276?1286 an
Rudolf I.
, dann Grafen von Gorz (
Meinhardiner
), 1335 Belehnung
Albrechts II.
, 1564?1619 Teil von
Innerosterreich
, 1809?1814 an
Kaiserreich Frankreich
; 1918
Kanaltal
an Italien,
Mießtal
an Slowenien
|
|
Herzogtum Krain
|
Laibach
|
Slowenen
,
Deutsche
|
romisch-
katholisch
,
Lutheraner
|
1040 als
Markgrafschaft Krain
von Karnten abgetrennt (etwa heutiges ostliches
Slowenien
), 1276?1286 an
Rudolf I.
, dann Grafen von Gorz (
Meinhardiner
), 1335 Belehnung
Leopold I.
, 1364 Herzogtum, 1564?1619 Teil von
Innerosterreich
, 1809?1814 an Kaiserreich Frankreich
|
|
Stadt Triest mit ihrem Gebiet
[16]
|
Triest
|
Italiener
,
Slowenen
,
Deutsche
|
romisch-
katholisch
|
romisch (
Aquileia
), 774 frankisch, bei der
Mark Friaul
, 12. Jh. unabhangige Herrschaft, 1382 Unterschutzstellung (
Leopold III.
) auf Wunsch der Stadt, 1564?1619 Teil von
Innerosterreich
, 1805?1806 und 1809?1813 an Kaiserreich Frankreich (
Illyrische Provinzen
), 1814?1849 beim osterr.
Kgr. Illyrien
, dann Teil der
Kustenlande
, 1867 Kronland; 1919 an
Italien
|
|
(Gefurstete) Grafschaft Tirol
(und Vorlande/Vorarlberg)
|
Meran
, ab Anfang 15. Jh.
Innsbruck
|
Deutsche
,
Italiener
|
romisch-
katholisch
|
schon im 7. Jh. bairische Grafschaften, geeint im 12./13. Jh.: heutiges
Land Tirol
ohne
Osttirol
(bei
Gft. Gorz
),
Sudtirol
,
Trentino
(
Hzgt. Trient
1207)
1363 an Habsburg (
Rudolf der Stifter
), 1446 als
Tirol und die Vorlande
(Landesteil
Oberosterreich
, Mitverwaltung der vorderosterreichischen Lande, gehen bis 1807 weitgehend verlustig), 1493 gefurstet, 1400er?1496 (
Altere Tiroler Linie
) und 1620er?1665 (
Jungere Tiroler Linie
) von Zweiglinien regiert, 1805 an Bayern, 1809?1814 an Kr. Frankreich, ab 1814/15
Gefurstete Grafschaft Tirol und Vorarlberg
, 1861 dieses abgetrennt, 1918 Deutsch-
Sudtirol
und
Trentino
an
Italien
|
|
Osterreichische Vorlande
|
Ensisheim
, ab 1648
Freiburg im Breisgau
|
Deutsche
|
romisch-
katholisch
|
Verwaltungsbezeichnung der alten Stammlande seit dem 10. Jh., dessen zerstreute Lander im Lauf der Jahrhunderte bis auf
Vorarlberg
verlustig gehen; ab 1446 mit Tirol als
Tirol und die Vorlande
; 1564?1619 (
Altere Tiroler Linie
) und 1623?1665 (
Jungere Tiroler Linie
) von Zweiglinien regiert; die anderen Territorien spater
Vorderosterreich
genannt, 1805 an die Kurfurstentumer
Baden
und
Wurttemberg
verloren, beim
Wiener Kongress
1814/15 aufgegeben.
|
(1)
|
(Gefurstete) Grafschaft Gorz
(und Gradisca)
|
Gorz
|
Italiener
,
Slowenen
,
Deutsche
|
romisch-
katholisch
|
im 12. Jh. als Grafschaft (
Meinhardiner
), Gebiete im Raum Sudtirol-Karnten-Adria, 1365 gefurstet, Teile schon 1364, 1374, 1460 an Habsburg, 1500 endgultig an
Maximilian I.
vererbt, 1504 gefurstet, 1564?1619 Teil von
Innerosterreich
. 1747 zur
Gefursteten Grafschaft Gorz und Gradisca
erweitert (
Gefurstete Grafschaft Gradisca
1717 durch Erbschaft an Habsburg); 1809?1814 an Kaiserreich Frankreich (
Illyrische Provinzen
), 1814?1849 beim osterr.
Kgr. Illyrien
, dann Teil der
Kustenlande
, 1867 Kronland; 1918 an
Italien
und
Jugoslawien
|
|
Erzherzogtum Osterreich ob der Enns
|
Linz
|
Deutsche
|
romisch-
katholisch
,
Lutheraner
|
Ursprunglich Teil des Herzogtums Osterreich; 1458?1463 eigenes Herzogtum (
Albrecht VI.
, 2. Habsburgische Teilung); ab dem 16. Jh. Landesteil (Furstentum), 1779 um Teile Ostbayerns (
Innviertel
) erweitert, 1783/84 selbstandiges Kronland, 1805?1815 Westteil (Innviertel,
Hausruckviertel
) an Bayern, 1816 um den
Salzburgkreis
erweitert, dieser 1849 als
Salzburg
Kronland
|
|
Markgrafschaft Istrien
|
Mitterburg
|
Kroaten
,
Italiener
,
Slowenen
,
Deutsche
,
|
romisch-
katholisch
,
Lutheraner
|
789 von Karl dem Großen erobert, 803 Teil der
Markgrafschaft Friaul
, 828 eigene Grafschaft, mit Friaul (
Mark Aquileia
), 952 an
Bayern
, 976 an
Karnten
, 1040 Markgrafschaft (bei
Herzogtum Meranien
); ab dem 11. Jh. teils
Gorzisch
(
Grafschaft Mitterburg
), ab dem 13. Jh. gutteils beim
Aquileia
, 1291 der
Republik Venedig
; Mitterburg schon 1374 habsburgisch, gesamt 1797 (
Frieden von Campo Formio
), 1809?1813 an Kaiserreich Frankreich, 1814?1849 beim osterr.
Kgr. Illyrien
, dann Teil der
Kustenlande
, 1867 Kronland mit gemeinsamer Verwaltung in Triest; 1918 an
Italien
und
Jugoslawien
|
|
Herzogtum Salzburg
|
Salzburg
|
Deutsche
|
romisch-
katholisch
(Lutheraner 16.?18. Jh.
exiliert
)
|
ehem.
Erzstift Salzburg
: Rupertinisches Missionsbistum 696, 798 Erzbistum, 1328 Landesordnung, um 1350 geistl. Reichsfurstentum, 1803 sakularisiert;
1803?1806
Kurfurstentum
(habsb. Sekundogenitur), 1806?1810 Herzogtum, Verlust an Bayern
(
Salzachkreis
)
, dann ab 1816
Salzburgkreis
von Osterreich ob der Enns, 1849 Kronland
|
|
Osterreichisches Kustenland
(Litorale)
|
Triest
|
Italiener
,
Slowenen
,
Deutsche
|
romisch-
katholisch
|
Erwerbungen an der Adria ab 1366, 1849 als Kronland aus Gorz-Gradisca, Istrien und Triest aus dem
Konigreich Illyrien
gebildet, 1867 wieder in drei Kronlander mit gemeinsamem
Statthalter
und Verwaltung in Triest geteilt; 1918 an
Italien
und
Jugoslawien
|
(1)
|
Land Vorarlberg
|
Bregenz
|
Deutsche
|
romisch-
katholisch
|
Teile
Vorderosterreichs
, ab 1814/15 Landesteil Tirols, 1861 eigenes Kronland (
Hohenems
,
Feldkirch
,
Bregenz
,
Sonnenberg
etc.
, administrativ weiter bei Tirol)
|
|
Die
Lander der Bohmischen Krone
(tschechisch:
Zem? koruny ?eske
) umfassten
Bohmen
,
Mahren
, die
Grafschaft Glatz
und
Schlesien
(ab 1742 nur
Osterreichisch-Schlesien
) sowie die beiden
Lausitzen
(zwei 1635 mit allen landesherrlichen Rechten an
Sachsen
abgetretene Markgrafschaften) und andere Nebenlander. Die bohmischen Lander waren formal in einer
Personalunion
verbunden, der
Konig von Bohmen
war zugleich Herzog von Schlesien und Markgraf von Mahren. Die anderen Lander waren in Bohmen inkorporiert und Titularanspruche.
An Habsburg kam die Bohmische Krone, vorher beim
Haus Jagiełło
, nach der
Schlacht bei Mohacs (1526)
gegen die Osmanen, als die Stande
Ferdinand I.
, den Bruder Kaiser
Karls V.
, zum bohmischen Konig erkoren. 1627 wurde durch
Ferdinand II.
die
Verneuerte Landesordnung
erlassen, worin die Bohmische Krone als erblich erklart wurde. Dadurch wurden die bohmischen Lander zu den habsburgischen Erblanden gezahlt, sowohl von den Habsburgern selbst als auch vom bohmischen Adel, und ein langsamer Prozess der Integration mit den osterreichischen Erblanden wurde in Gang gesetzt.
Vom
Ausgleich
1867 an wurde fur die im Kaisertum verbliebenen Lander der Begriff
Die im Reichsrat vertretenen Konigreiche und Lander
verwendet (
Cisleithanien
).
Schon seit 1848 hatten sich, speziell in Bohmen, tschechische
Abspaltungstendenzen
gezeigt; ein
osterreichisch-tschechischer Ausgleich
ahnlich dem Ausgleich mit Ungarn kam aber nicht zustande, da die große deutsche Minderheit in den bohmischen Landern es ablehnte, unter tschechische Herrschaft zu geraten, und lieber von Wien aus regiert werden wollte. In Mahren kam es 1905 zu einem ausgewogenen
Mahrischen Ausgleich
; in Bohmen herrschte aber statt Kooperation der Nationalitaten Konfrontation: Nach deren Eskalation wurde der bohmische Landtag 1913 aufgelost. Im
Ersten Weltkrieg
sah die
k.k.
Regierung 1915 die Chance, den Ausdruck
Osterreichische Lander
fur ganz Cisleithanien einzufuhren; parlamentarische
Opposition
der Tschechen war nicht zu befurchten, da der Reichsrat seit 1914 vertagt war.
Land
|
Hauptstadt
|
Ethnien
|
Religion
|
Anmerkungen
|
Karte
|
Wappen
|
Konigreich Bohmen
|
Prag
|
Bohmer (
Tschechen
),
Deutsche
|
romisch-katholisch
,
Hussiten
und
Taufer
(15./17. Jh.),
Lutheraner
|
895 unter den
P?emysliden
Herzogtum, 1085 Konigreich, seit dem 14. Jh.
Kurfurstentum
des
Heiligen Romischen Reiches
, seit 1526 mit allen Kronlandern Teil der habsburgischen Erblande, 1918 aufgelost
|
|
|
Markgrafschaft Mahren
|
Brunn
, fruher auch
Olmutz
|
Mahrer
(Tschechen), Deutsche
|
romisch-katholisch, Hussiten und Taufer (15./17. Jh.), Lutheraner
|
um 907 aus
Großmahren
entstanden, seit 1031 bei Bohmen
|
|
|
Herzogtumer in Schlesien
|
Breslau
, dann
Troppau
|
Deutsche, Tschechen (Bohmer und Mahrer),
Polen
|
romisch-katholisch, Lutheraner
|
1138 polnisches Herzogtum, zerfallt ab 1249 in
zahlreiche Teilgebiete
, alle bis 1348 zu Bohmen, der großere Teil nach der Teilung Schlesiens als Ergebnis des
Ersten Schlesischen Krieges
1742 bzw. 1763
preußisch
, der Rest
Osterreichisch-Schlesien
(Ober- und Niederschlesien)
|
|
|
Markgrafschaft Niederlausitz
|
Lubben
|
Deutsche,
Sorben
|
erst romisch-katholisch, dann Lutheraner
|
Markgrafschaft Lausitz
seit dem 10. Jh., 1370 nach Bohmen inkorporiert,
[18]
bereits um 1540 weitgehend evangelisch geworden,
[19]
1635 im Prager Frieden an das
Kurfurstentum Sachsen
abgetreten
[20]
|
|
|
Markgrafschaft Oberlausitz
|
Bautzen
|
Deutsche, Sorben
|
Lutheraner, romisch-katholisch
|
ab dem 12. Jh. als
Land Budissin
erstmals bohmisch, 1329 erneut zu Bohmen, seit dem 15. Jh. als Oberlausitz bezeichnet, 1635 im Prager Frieden an das
Kurfurstentum Sachsen
abgetreten
[20]
|
|
|
Die
Lander der Heiligen Ungarischen Stephanskrone
(Ungarisch:
Szent Istvan Koronajanak Orszagai
, Kroatisch:
Zemlje krune Svetog Stjepana
, Slowakisch:
Krajiny Svato?tefanskej koruny
) lagen in den heutigen Landern Ungarn,
Slowakei
,
Ukraine
,
Rumanien
,
Serbien
,
Kroatien
,
Slowenien
und
Osterreich
. Im Gegensatz zu den anderen Teilen der Habsburgermonarchie lagen diese Lander bzw. Landesteile außerhalb des Heiligen Romischen Reichs.
Der ungarische Landtag bestand großtenteils aus magyarischen Adeligen und hatte das Recht, den Konig zu wahlen. Auch ein vereinigter Landtag des
Konigreichs Slawoniens
und des
Konigreichs Kroatien
hatte dieses Recht, unabhangig von der Auswahl Ungarns.
1687, wahrend des Großen Turkischen Kriegs, erklarte der ungarische Landtag die Heilige Ungarische
Stephanskrone
fur erblich. Als Gegenleistung mussten die Habsburger dem ungarischen Adel erhebliche Konzessionen zugestehen: Der Landtag musste regelmaßig einberufen werden, Ungarn durfte sich teilweise selbst regieren und die Adeligen wurden von der Steuerpflicht befreit. Dadurch erhielt Ungarn einen besonderen Rang innerhalb der Habsburgermonarchie, den es bis 1867 zumeist bewahren konnte.
1867 fand der osterreichisch-ungarische Ausgleich statt, mit dem Ungarn von 1867 bis 1918 zur vollen inneren Selbststandigkeit gelangte. Seit damals spricht man von
Transleithanien
.
Lage
|
Land
|
Hauptstadt
|
Ethnien
|
Religion
|
Anmerkungen
|
Wappen
|
|
Konigreich Ungarn
|
Pressburg
Buda
(deutsch damals:
Ofen
, ab 1784)
|
Ungarn
,
Slowaken
,
Serben
,
Deutsche
,
Ruthenen
,
Rumanen
|
romisch-katholisch
,
griechisch-katholisch
,
calvinistisch
|
1526?1541 aufgeteilt zwischen
Ferdinand I.
und
Johann Zapolya
. 1541?1699 teilweise vom
Osmanischen Reich
besetzt.
|
|
|
Konigreich Slawonien
|
Osijek
|
Kroaten
,
Serben
|
romisch-katholisch
,
griechisch-orthodox
|
1526?1699 großtenteils vom Osmanischen Reich besetzt, 1849 mit Kroatien zum Kronland
Kroatien und Slawonien
vereinigt.
|
|
|
Konigreich Kroatien
|
Agram
|
Kroaten
,
Serben
|
romisch-katholisch
,
griechisch-orthodox
|
1097?1918 zumeist
Personalunion
, seit 1867 auch
Realunion
mit dem
Konigreich Ungarn
, 1849 mit Slawonien zum Kronland
Kroatien und Slawonien
vereinigt.
|
|
|
Konigreich Kroatien und Slawonien
|
Agram
|
Kroaten
,
Serben
|
romisch-katholisch
,
griechisch-orthodox
|
1849 durch Vereinigung der Konigreiche Kroatien und Slawonien entstanden.
|
|
|
Stadt Fiume mit Gebiet
(
Rijeka
)
|
Fiume
|
Italiener
,
Kroaten
,
Ungarn
|
|
1465 von der Habsburgermonarchie gekauft, 1526 zu den ungarischen Landern, lange von Graz (
Innerosterreich
) aus verwaltet, 1779
Corpus separatum
, 1809?1815 beim franzosischen Konigreich Italien, 1815 zu Osterreich, 1867 Freistadt der ungarischen Krone, spater Komitat
|
|
|
(Groß-)Furstentum Siebenburgen
(Transsylvanien)
|
Kolozsvar
(Klausenburg)
,
Nagy-Szeben (Hermannstadt)
|
Rumanen
,
Szekler
(Magyaren),
Siebenburger Sachsen
(Deutsche)
|
rumanisch-orthodox
,
rumanisch-griechisch-katholisch
,
Lutheraner
,
calvinistisch
,
romisch-katholisch
|
1687 erobert. Bis 1711 unter eigenem Fursten. 1765 zum Großfurstentum erhoben, 1867 Teil Ungarns.
|
|
|
Banat
|
Temesvar
|
Rumanen
,
Ungarn
,
Deutsche
,
Serben
|
romisch-katholisch
,
serbisch-orthodox
,
rumanisch-griechisch-katholisch
|
1526?1718 vom Osmanischen Reich besetzt. 1718 eigenes
Kronland
, 1779 Teil Ungarns.
|
|
|
Woiwodschaft Serbien und Temeser Banat
|
|
Serben
,
Rumanen
,
Deutsche
,
Ungarn
|
serbisch-orthodox
,
rumanisch-griechisch-katholisch
|
Wojwodina
und
Banat
, 1849 durch Abtrennung aus Ungarn und Gebiete der serbischen Militargrenze, 1849 eigenes Kronland, 1860 zwischen Ungarn und Kroatien-Slawonien aufgeteilt.
[21]
|
|
Neben den Gebieten, die die Habsburger nach dem Tod von
Ludwig II.
erbten, wurden zwischen 1526 und 1804 auch andere Gebiete der osterreichischen Habsburgermonarchie angeschlossen. Einige wurden vom
Osmanischen Reich
erobert, andere wurden nach dem Aussterben der spanischen Habsburger erlangt.
Galizien
kam durch die
Polnischen Teilungen
an das Haus Osterreich. Das
Großherzogtum Toskana
, das
Herzogtum Parma
und das
Herzogtum Modena
wurden zeitweise von Habsburgern (als
Sekundogenituren
) regiert, bildeten aber keinen Teil ihrer zumeist von Wien aus regierten Monarchie.
- Spalte
Anmerkung
sortiert nach dem Zeitpunkt der Erwerbung
Land
|
Hauptstadt
|
Ethnien
|
Religion
|
Anmerkungen
|
Wappen
|
Militargrenze
|
keine
|
Kroaten
,
Deutsche
,
Serben
,
Ungarn
|
serbisch-orthodox
,
romisch-katholisch
,
Lutheraner
|
ab dem 16. Jh. Grenzzone unter Militarrecht zur Abwehr der
Turkengefahr
; vorerst von
Innerosterreich
, nach 1750 von Wien aus verwaltet. 1849 eigenes Kronland als
serbische Wojwodina
, spater in Ungarn bzw. Kroatien-Slawonien (beide Transleithanien) integriert
|
?
|
Herzogtum Mailand
|
Mailand
|
Italiener
|
romisch-katholisch
|
Im Spanischen Erbfolgekrieg von den spanischen Habsburgern ubernommen. 1714?1797 Teil der osterreichischen Habsburgermonarchie, ebenso 1815?1859 im
Konigreich Lombardo-Venetien
, 1851 eigenes
Kronland Lombardei
; 1859 (Solferino/
Frieden von Villafranca
) an
Napoleon III.
(1861 an
Italien
)
|
|
Osterreichische Niederlande
|
Brussel
|
Flamen
,
Wallonen
|
romisch-katholisch,
calvinistisch
|
Im Spanischen Erbfolgekrieg von den spanischen Habsburgern ubernommen. 1714?1797 Teil der osterreichischen Habsburgermonarchie, dann von
Frankreich
annektiert; 1815 an das
Konigreich der Vereinigten Niederlande
; 1830 als Konigreich Belgien selbststandig
|
|
Konigreich Sardinien
|
Cagliari
|
Italiener
|
romisch-katholisch
|
Im Spanischen Erbfolgekrieg von den spanischen Habsburgern ubernommen. 1714?1720 Teil der osterreichischen Habsburgermonarchie, dann getauscht gegen Sizilien.
|
|
Serbien
|
Belgrad
|
Serben, Kroaten,
Bosniaken
|
serbisch-orthodox, romisch-katholisch,
sunnitischer Islam
|
Nordserbien erobert vom Osmanischen Reich. 1718?1739 habsburgisch, bei der Militargrenze
|
|
Kleine Walachei
|
Craiova
|
Rumanen
|
rumanisch-orthodox
|
Erobert vom Osmanischen Reich. 1718?1739 habsburgisch
|
|
Konigreich Neapel
/
Konigreich Sizilien
|
Neapel
|
Italiener
|
romisch-katholisch
|
Im Spanischen Erbfolgekrieg von den spanischen Habsburgern ubernommen. Neapel, seit 1707 osterreichisch besetzt, gehorte 1713?1735 zu Osterreich; Sizilien, vom
Haus Savoyen
im Tausch fur das Konigreich Sardinien erhalten, war 1720?1735 Teil der osterreichischen Habsburgermonarchie; beide 1735 zuruck an das nun bourbonische Spanien
|
|
Konigreich Galizien (und Lodomerien)
|
Lemberg
|
Polen
,
Ruthenen
(=
Ukrainer
)
|
griechisch-katholisch
, romisch-katholisch,
judisch
|
Erworben bei der
ersten polnischen Teilung
1772. 1867?1918 bei Cisleithanien
|
|
Bukowina
|
Czernowitz
|
Rumanen, Ruthenen, Deutsche
|
rumanisch-orthodox, romisch-katholisch, judisch
|
1775 vom osmanischen
Vasallen
-
Furstentum Moldau
erworben. 1775?1786 unter Militarverwaltung, dann Teil des Konigreichs Galizien und Lodomerien. 1849 eigenes Kronland. 1867?1918 bei Cisleithanien
|
|
Konigreich Dalmatien
|
Zara
|
Kroaten, Italiener
|
romisch-katholisch
|
1797 im
Frieden von Campo Formio
zu Osterreich; 1805?1814 Ksr. Frankreich (
Illyrische Provinzen
), 1814?1849 beim osterr.
Kgr. Illyrien
, ab 1867 Kronland (bei
Cisleithanien
); 1918 an
Jugoslawien
|
|
Venetien
|
Venedig
|
Italiener
|
romisch-katholisch
|
1797 mit dem
Frieden von Campo Formio
erworben bis 1805 (
Frieden von Preßburg
), 1805?1814 zum
Konigreich Italien
bzw. 1809?1814 an Kaiserreich Frankreich (
Illyrische Provinzen
), 1815?1866 Teil des Kaisertums Osterreich, mit Herzogtum Mailand zum
Konigreich Lombardo-Venetien
vereinigt. 1851 eigenes Kronland; 1866 (
Frieden von Wien
) an
Italien
|
|
Konigreich Lombardo-Venetien
|
Mailand
|
Italiener
|
romisch-katholisch
|
1815 aus dem Herzogtum Mailand und Venetien gebildet, 1851 zwei Kronlander Lombardei und Venetien
|
|
Bosnien und Herzegowina
|
Sarajevo
|
Serben, Kroaten, Bosniaken
|
serbisch-orthodox, romisch-katholisch, sunnitischer Islam
|
Teil des Osmanischen Reichs, Anspruch seit 1869, 1878 Okkupation (Ermachtigung vom
Berliner Kongress
), Verwaltung durch das
Gemeinsame Finanzministerium
, 1908 annektiert (
Bosnische Annexionskrise
); gehorte weder Cis- noch Transleithanien an (Verwaltung durch das gemeinsame k.u.k. Finanzministerium)
|
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