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Die
Geschichte der Vereinten Nationen
umfasst die Entwicklung der
Vereinten Nationen
von ihrer Grundung im Jahr 1945 bis zur Gegenwart sowie die Entwicklung ihrer Vorlauferorganisationen und der Idee internationaler weltweiter Konfliktregelung. Sie reicht zuruck bis zur Ersten
Haager Friedenskonferenz
im Jahre 1899. Seitdem hat sich die internationale Organisation zu einer
193 Staaten
umfassenden Verbindung zur Sicherung des
Weltfriedens
und zur Forderung der internationalen Zusammenarbeit entwickelt.
Beitrittsjahre aller Mitgliedsstaaten seit 1945 zu den Vereinten Nationen
Nach dem endgultigen Scheitern des
Volkerbundes
mit Ausbruch des
Zweiten Weltkrieges
mussten neue Wege zu einer internationalen Friedensordnung gesucht werden.
Unter dem Eindruck der rigorosen und volkerrechtswidrigen Kriegshandlungen des
Dritten Reiches
kam es zu einer Annaherung zwischen der
UdSSR
und den
USA
.
US-Prasident
Franklin D. Roosevelt
hatte bereits am 6. Januar 1941 in einer Kongressrede sein Konzept der ?
Vier Freiheiten
“ erlautert, in dem er das Vorgehen
Hitlers
gegen die internationale
Demokratie
als eine ?Tyrannei“ bezeichnete, der man entschieden begegnen musse. Der deutsche
Angriff auf die Sowjetunion
am 22. Juni 1941 bahnte den Weg zu einer Antikriegskoalition gegen Deutschland, an der sich auch
Großbritannien
beteiligte. Die am 14. August 1941 veroffentlichte
Atlantik-Charta
wurde zur Grundlage der
Deklaration der Vereinten Nationen
vom 1. Januar 1942. Ursprunglich hatte Roosevelt vorgehabt, nach dem Krieg die internationale Sicherheit durch eine
Hegemonie
der
Großmachte
zu sichern, denen allein der Besitz schwerer Waffen noch zugestanden werden sollte; alle anderen hatten weitgehend
abzurusten
. Gegenuber dem sowjetischen Außenminister
Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow
erlauterte er im Mai 1942 seine Idee, die Großmachte wurden als ?Weltpolizisten“ einen ?Frieden durch Diktat“ durchsetzen.
[1]
Die Mitarbeiter des
State Departement
nahmen diesen sehr weitgehenden Vorstellungen die Spitze und legten im Herbst 1943 einen
Outline Plan
vor, nach dem die Großmachte nurmehr durch einen standigen Sitz im
Executive Council
(dem spateren Sicherheitsrat) privilegiert werden sollten.
[2]
Auf der
Moskauer Außenministerkonferenz
von 1943, an der auch Vertreter der
Republik China
teilnahmen, sprachen sich die kunftigen Siegermachte fur die Einrichtung einer ?internationalen Organisation zur Friedenssicherung“ aus. Dieses Ziel wurde am 1. Dezember 1943 auf der
Konferenz von Teheran
von Roosevelt,
Stalin
und
Churchill
bestatigt.
Nachdem bereits im Juli 1944 auf der
Konferenz von Bretton Woods
die Grundzuge eines weltweiten Wahrungs- und Wirtschaftssystems und seiner kunftigen Institutionen (
IWF
und
Weltbank
) festgelegt wurde, berieten die Alliierten auf der
Konferenz von Dumbarton Oaks
noch bis zum 7. Oktober 1944 uber die Satzung und die Struktur einer kunftigen Weltorganisation. Dabei wurde auch Frankreich als funfte Macht in den spateren
Sicherheitsrat
miteinbezogen. Erst die
Konferenz von Jalta
im Februar 1945 brachte eine Einigung der Großmachte uber die Grundung der
UNO
, die auf der anschließenden
Konferenz von San Francisco
am 26. Juni 1945 mit der Unterzeichnung der
Charta der Vereinten Nationen
durch die Vertreter von 50 Staaten (vgl.
Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen
), die auf alliierter Seite am Zweiten Weltkrieg beteiligt waren, besiegelt wurde. Nachdem auch
Polen
als 51. Staat seine
Ratifizierungsurkunde
hinterlegt hatte, trat die UN-Charta am 24. Oktober 1945 endgultig in Kraft. Dieses Datum gilt als der
Tag der Vereinten Nationen
.
Noch im selben Jahr wurden die
Ernahrungs- und Landwirtschaftsorganisation
(FAO), die
UNESCO
, der
Internationale Wahrungsfonds
und die
Weltbank
gegrundet.
Am 10. Januar 1946 fand in
London
die erste
UN-Generalversammlung
statt. Dabei konstituierte sich der
UN-Wirtschafts- und Sozialrat
. Kurz darauf wurden die
UN-Menschenrechtskommission
, der
UN-Sicherheitsrat
und das
UN-Sekretariat
eingerichtet. Schließlich nahm der
Internationale Gerichtshof
seine Arbeit als ?Hauptrechtsprechungsorgan“ der Vereinten Nationen auf.
Da laut Satzung ein Landsmann der funf Siegermachte USA,
UdSSR
,
England
,
Republik China
und
Frankreich
nicht infrage kam, einigte man sich am 1. Februar 1946 auf den Norweger
Trygve Lie
als ersten
UN-Generalsekretar
. Er blieb sieben Jahre lang im Amt.
Im Sommer 1946 fand in
New York
der erste
Weltgesundheitsgipfel
statt. Zwei Jahre spater wurde die
Weltgesundheitsorganisation
gegrundet. Im Dezember 1946 kam es zur Grundung der
UNICEF
und zur Implementierung der
Internationalen Arbeitsorganisation
als UN-Sonderorganisation. Zudem bemuhte sich die Generalversammlung um eine organisierte Ruckfuhrung der Fluchtlinge und der Vertriebenen aus dem Zweiten Weltkrieg. Am 14. Dezember 1946 beschloss die Generalversammlung, den standigen Sitz der Organisation in
New York City
zu nehmen.
[3]
Mit dem Ziel der sukzessiven Entlassung der ehemaligen Kolonien in die Unabhangigkeit wurde 1947 der
UN-Treuhandrat
als viertes Hauptorgan gegrundet. Im gleichen Jahr kommt es zur Unterzeichnung der
GATT
-Vertrage in
Genf
.
Gemaß Artikel 109 der Satzung (
UNO-Charta
) sollte ursprunglich ?vor der zehnten Jahrestagung der Generalversammlung“ eine ?allgemeine Konferenz der Mitglieder der Vereinten Nationen zusammentreten“, die ?nach Maßgabe ihres Verfassungsrechts“ das in der Satzung bestimmte umfassende Sicherheitssystem begrunden sollten. Eine solche Konferenz kam jedoch nicht zustande und hat bis heute nicht stattgefunden; infolgedessen trat das Sicherheitssystem der Vereinten Nationen nicht in Kraft. In Vorwegnahme der kollektiven Sicherheit (
kollektive Sicherheit
) hatte der UNO-Sicherheitsrat jedoch bereits 1948 zum ersten Mal die Entsendung einer Beobachtermission und einer Friedenstruppe beschlossen. Zur Beobachtung des
Waffenstillstandes
zwischen den
Palastinensern
und
Israel
wurde im August 1948 die Friedensmission
UNTSO
entsandt. Zur Beilegung des
Kaschmir-Konfliktes
zwischen
Indien
und
Pakistan
wurden 1949 die ersten Truppen der Beobachtermission
UNMOGIP
dorthin verlegt.
Am 10. Dezember 1948 wurde die
Allgemeine Erklarung der Menschenrechte
von der Generalversammlung angenommen. Als Folge der zunehmenden Fluchtlingsstrome wahrend des ersten
Palastinakrieges
beschloss die Generalversammlung am 8. Dezember 1949 die Grundung des Fluchtlingshilfswerks fur Palastinafluchtlinge
UNRWA
, da die arabischen Staaten sich weigerten, die Palastinenser aufzunehmen. Am 1. Mai 1950 wurde die Arbeit aufgenommen.
Am 13. September 1949 sprach die Sowjetunion ihr Veto zur Aufnahme von weiteren Beitrittskandidaten aus. Hiervon betroffen waren
Ceylon
,
Finnland
,
Irland
,
Italien
,
Jordanien
,
Osterreich
und
Portugal
.
[4]
Der Ausbruch des
Koreakrieges
und der entstandene
Kalte Krieg
zwischen den West- und Ostmachten stellte die Handlungsfahigkeit der UNO erstmals auf die Probe. Die UdSSR forderte, dass eine Polizeiaktion der Vereinten Nationen nur dann gerechtfertigt sei, wenn zunachst der
Artikel 106 der UNO-Charta
zur Anwendung kame. Ohne die Anrufung des Artikels 106 sei der Sicherheitsrat nicht befugt, ?mit der Ausubung der ihm … zugewiesenen Verantwortlichkeiten zu beginnen.“ (Artikel 106) Da dies nicht geschah, boykottierte die Sowjetunion die UNO, u. a. auch weil sie die chinesische Delegation aus Taiwan im Sicherheitsrat nicht akzeptierte. Der Sicherheitsrat hatte dann
Nordkorea
in Abwesenheit der UdSSR zum ?Angreifer“ erklart. Zur Umgehung eines spateren sowjetischen
Vetos
wurde auf Drangen Amerikas im Sinne einer Notstandsregelung die Generalversammlung bevollmachtigt, den Mitgliedstaaten friedenserhaltende und -erzwingende Maßnahmen zu empfehlen. Diese Resolution ?Vereint fur den Frieden“
(Uniting for Peace)
(Nr. 377) ermoglichte die Verteidigung
Sudkoreas
.
Die Resolution ?Uniting for Peace“ vom 3. November 1950 ermoglicht unter anderem, dass in allen Fallen, in denen eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorzuliegen scheint und in denen der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mangels Einstimmigkeit der standigen Mitglieder zu keinem Ergebnis kommt, die Generalversammlung der Vereinten Nationen sich mit der Sache befasst, notfalls in einer sofortigen Sondertagung. Im Falle eines Friedensbruchs oder einer Angriffshandlung kann die Generalversammlung Kollektivmaßnahmen empfehlen, die auch den Einsatz von Waffengewalt beinhalten. Im Gegensatz zu Beschlussen des Sicherheitsrates sind Resolutionen der Generalversammlung aber immer nur Empfehlungen ohne rechtliche Bindungswirkung.
1946 beschloss man in London, den Sitz der UNO zu verlegen. Mehrere Optionen standen zur Debatte, darunter das damals international verwaltete
Tanger
. Man entschied sich fur die USA, allerdings war anfangs nicht klar, in welche Stadt. Neben New York waren
Boston
,
Philadelphia
und
San Francisco
im Gesprach. Als die Wahl schließlich auf New York fiel, bestand Unklarheit uber den genauen Standort. Ein Gremium von Honoratioren, zu dem auch
Nelson Aldrich Rockefeller
gehorte, der Enkel des Grundungsvaters und spaterer Vizeprasident der USA, schlug das Gelande von
Flushing Meadows
in
Queens
vor, auf dem 1930 die Weltausstellung stattgefunden hatte und auf dem heute einer der bekanntesten Tennisplatze der Welt liegt. Und tatsachlich tagte die Generalversammlung der UNO von 1946 bis 1949 dort. Das war aber keine Dauerlosung und die Stimmung ging zunehmend dahin, nach Philadelphia zu ziehen. Die
Familie Rockefeller
versuchte dies zu verhindern. Nelson Rockefeller konnte seinen Vater dazu bewegen, $ 8,5 Mio. fur den Kauf eines passenden Gelandes am
East River
zur Verfugung zu stellen.
Im Januar 1947 machten sich zehn Architekten an die Arbeit, die Architektur fur diese internationale Großorganisation zu entwerfen. Hier mussten ganz unterschiedliche Funktionen vereint werden. Das Gelande musste außerhalb des amerikanischen Rechtsgebiets liegen, es musste ?international’ werden ? schließlich sind die 180 Mitgliedslander nicht Gaste der USA, sondern souverane Gleichberechtigte. Das 170.000 m² große Gelande ist eine internationale Zone mit eigener
Exekutive
und eigener Post, gibt also auch eigene Briefmarken heraus.
Dann mussten mehrere große Sitzungsraume geschaffen werden, die auch eine weltweite Ausstrahlung der Ereignisse ermoglichen. Es mussten Buroraume fur unzahlige Parteien geschaffen werden, die sich nicht unbedingt sympathisch waren, es musste also ein extrem hohes Maß an Abschirmung und Sicherheit ermoglicht werden, um es nicht zu Attentaten mit internationalen Konsequenzen kommen zu lassen.
Das alles in einem Gebaude zu vereinen, schien nicht moglich und war ja auch nicht notwendig. Seit dem Rockefeller Center wusste man, dass man auch in Gebaudegruppen denken konnte. Das UNO-Ensemble besteht hauptsachlich aus drei getrennten und sehr unterschiedlich aussehenden Gebauden. Chefarchitekt war der US-Amerikaner
Wallace Harrison
, der mit einer internationalen Gruppe von Architekten zusammenarbeitete, unter ihnen der beruhmte franzosisch-schweizerische
Le Corbusier
und der Brasilianer
Oscar Niemeyer
, der spater die neu gegrundete Hauptstadt
Brasilia
planen sollte.
Geschaffen wurde ab 1947 dieser erste ?glaserne Wolkenkratzer“, wie ihn Großmeister europaischer Architektur, darunter
Mies van der Rohe
, bereits in den 1920er Jahren als Vision der Moderne vor Augen hatten: ein 39-geschossiger, scheibenformiger Bau ohne jegliche Unterbrechung oder Rucksprunge, dessen riesige Glasfassaden von zwei Schmalseiten aus Marmor begrenzt werden. Damit wurde in gewisser Weise auch die alte
Zoning Resolution fur New York City
von 1916 wieder außer Kraft gesetzt, auch wenn sie auf dem exterritorialen Gelande ohnehin keine Geltung besaß. Die vier Geschosse mit den technischen Einrichtungen der Klimaanlage sind auf der Fassade erkennbar. Die wegen der starken Sonneneinstrahlung grunlich abgedunkelte Glasflache reflektiert auf eine fur dieses Gebaude charakteristische Weise den Himmel und die benachbarten Gebaude.
Dieser Bau galt bei seiner Fertigstellung 1950 als die
Inkarnation
der Moderne. Es folgten sehr ahnlich aussehende Gebaude, zunachst 1952 das
Lever-House
, 1958 das beruhmte
Seagram Building
von Mies van der Rohe.
Am 1. Januar 1951 nahm der erste ?Hohe Fluchtlingskommissar“ (
UNHCR
)
Gerrit Jan van Heuven Goedhart
seine Arbeit auf. Am 28. Juli desselben Jahres wurde das
Abkommen uber die Rechtsstellung der Fluchtlinge
(Genfer Fluchtlingskonvention) beschlossen, welche die eigentliche Rechtsgrundlage fur die Arbeit des UNHCR bildet. Das Amt ersetzte die Fluchtlingsorganisation von 1946. Der Schwede
Dag Hammarskjold
wurde am 10. April 1953 als Nachfolger von Trygve Lie zum neuen
UN-Generalsekretar
gewahlt. 1957 wurde er fur eine zweite Amtszeit eingesetzt. Er initiierte die
Blauhelme
als ein neues Instrument der Friedenssicherung (
peace-keeping Operation
).
Im Dezember 1955 wurden die ehemaligen (mit dem Deutschen Reich verbundeten) ?Feindstaaten“
Rumanien
,
Bulgarien
,
Ungarn
,
Finnland
,
Italien
und
Osterreich
sowie die im Zweiten Weltkrieg neutralen Staaten
Irland
,
Portugal
und
Spanien
in die UNO aufgenommen. Gegen die Niederschlagung des
Ungarnaufstandes
1956 durch sowjetische Truppen blieb die UNO allerdings machtlos. Am 26. Oktober 1956 wurde in
Wien
die Atomenergiebehorde
IAEO
gegrundet.
Nach dem Ende der
Sueskrise
beschloss die Generalversammlung im November 1956 die Entsendung der
UN-Friedenstruppe
UNEF I
zur
Sinai-Halbinsel
. Aufgrund eines Vetos von Frankreich und Großbritannien im Sicherheitsrat wurde erneut von der ?Uniting for Peace-Resolution“ Gebrauch gemacht. Dag Hammarskjold, bei dem nun die Verantwortung lag, ersann daraufhin ein neues Konzept: Man solle fortan unterscheiden zwischen der Notwendigkeit ?friedensschaffender“ (
peace-making
mit Waffengewalt) und ?friedenserhaltender“ (
peace-keeping
auf Selbstschutz beschrankte) Missionen. Auf diese Weise sollten kunftige Entscheidungen auf der Basis von Konsens und Kooperation im dafur vorgesehenen Sicherheitsrat verbleiben. Dazu gehore auch das Recht aller Beteiligten, ihre Zustimmung wahrend eines laufenden friedenssichernden Einsatzes ruckgangig zu machen. Agypten machte 1967 von diesem Recht Gebrauch: die Truppen wurden abgezogen, und wenig spater brach der
Sechstagekrieg
aus.
Auch das neue Friedens-Konzept hatte also seine Schwachen. Dennoch machte die Differenzierung zwischen
peace-keeping
und
peace-making
einen Minimalkonsens moglich und ließ die UNO handlungsfahig bleiben. Nach der Unabhangigkeit
Kongos
begann im Juli 1960 die
ONUC
-Mission. Hier ließ sich die UNO in einen
Burgerkrieg
hineinziehen. Die Situation verscharfte sich, als sich viele Staaten weigerten, die Mission weiterhin finanziell zu unterstutzen. Dies fuhrte zur ersten Finanzkrise der Vereinten Nationen.
Mit der mehrheitlichen Annahme der ?Entkolonialisierungs-Charta“ (
Erklarung uber die Gewahrleistung der Unabhangigkeit an koloniale Lander und Volker
) durch die Generalversammlung am 14. Dezember 1960 erreichten die betroffenen afrikanischen und asiatischen Staaten eine Festschreibung ihres ?Selbstbestimmungsrechtes“. In den folgenden Jahrzehnten wurden die Kolonialgebiete uber den
UN-Treuhandrat
in die Unabhangigkeit gefuhrt und als neue Mitgliedstaaten in die UNO aufgenommen.
Im Verlauf des
Sezessionskrieges
, in dem sich die Provinz
Katanga
von der Republik Kongo (heute
Demokratische Republik Kongo
) losen wollte, versuchte Dag Hammarskjold personlich, den Burgerkrieg zu schlichten. Beim Absturz seines Flugzeuges starb er am 18. September 1961. Sein Nachfolger wurde
Sithu U Thant
aus Birma (heute
Myanmar
).
Seit dem Ende der 1950er Jahre hauften sich Berichte uber Hungersnote in den Dritte-Welt-Landern. Daraufhin erklarte die UNO die 1960er Jahre zur ?ersten
Entwicklungsdekade
“. Die Vereinten Nationen wurden zum wichtigsten Akteur internationaler Entwicklungspolitik. Etwa 80 % der Finanzmittel und des Personals wurden fur die Erarbeitung von Losungen eingesetzt. Mit einer ?Aufholungsstrategie“ sollten die Lander zugig an den
Lebensstandard
der
Industriestaaten
herangefuhrt werden. Der 1969 von der Weltbank vorgelegte
Pearson-Bericht
stellte allerdings klar heraus, dass die Kluft zwischen den reichen und armen Landern noch lange Zeit bestehen wird.
1963 wurde das Ausbildungs- und Forschungsinstitut
UNITAR
gegrundet. Im Fruhjahr 1964 fand in
Genf
die erste Welthandelskonferenz
UNCTAD
statt, die man wenig spater als Spezialorgan der Vereinten Nationen implementierte. In den folgenden zwei Jahren kamen das Entwicklungsprogramm
UNDP
sowie der
UNCDF
und der
UNFPA
als Sonderfonds dazu. Gleichzeitig wurde die
UNIDO
zur Entwicklung der Industrie als Sonderorganisation in die UNO eingegliedert. 1969 legte die UNDP den
Jackson-Bericht
uber die Zusammenarbeit der Entwicklungsorganisationen vor, der zu ihrer gultigen Geschaftsgrundlage wurde.
Der bedeutendste militarische Schauplatz in den 1960er Jahren war der
Vietnamkrieg
. Da die Großmachte aber in diesem Konflikt verwickelt waren und weder
Nord-
noch
Sudvietnam
in der UNO vertreten waren, wurden die Vereinten Nationen bei der Suche nach einer friedlichen Losung nicht aktiv. Neue Friedenstruppen wurden 1962 nach
Neuguinea
(
UNSF
) und 1964 nach
Zypern
(
UNFICYP
) entsandt. Die Truppen im Kongo und in Neuguinea wurden 1964 wieder abgezogen. Als neues Instrument, Friedensinteressen und humanitare Forderungen auch ohne Waffengewalt durchzusetzen, wurde 1966 gegen die weiße Minderheitsregierung in
Sudrhodesien
die erste
UN-Sanktion
beschlossen. Sie umfasste ein weit reichendes Wirtschafts
embargo
, das erst 1979 aufgehoben wurde.
Fortschritte wurden in den 1960er Jahren besonders in
Menschenrechtsfragen
erzielt. Am 20. November 1963 wurde in der
Erklarung uber die Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung
Verfolgungs-, Segregations- und Apartheidspolitik innerhalb der Weltgemeinschaft verurteilt. Am 19. Dezember 1966 wurden die von der Menschenrechtskommission ausgearbeiteten Menschenrechtspakte (
UN-Sozialpakt
und
UN-Zivilpakt
) mit großer Mehrheit angenommen. Allerdings traten sie erst 1976 in Kraft. Zum 25-jahrigen Bestehen verlas die UNO am 24. Oktober 1970 ihre
Deklaration uber die Grundsatze des Volkerrechts
. Damit unterstrich sie ihre Forderungen zur Einhaltung der Menschenrechte und zur Entlassung der Kolonialstaaten in ihre Unabhangigkeit. Außerdem fasste man angesichts des wachsenden ?Nord-Sud-Gefalles“ den Entschluss, der ersten eine ?zweite Entwicklungsdekade“ folgen zu lassen.
Am 25. Oktober 1971 beschloss die Generalversammlung mit der
Resolution 2758
, die
Volksrepublik China
als einzig rechtmaßigen Vertreter des chinesischen Volkes anzuerkennen und ihre Vertreter in den UN-Organen gegen die der ?nationalchinesischen“ auszutauschen. Dabei handelte es sich argumentativ nicht um einen satzungsgemaßen Ausschluss
Taiwans
(Republik China), der nur bei einer ?beharrlichen Verletzung der Grundsatze der UN-Charta“ vorgesehen ist, sondern nur um einen Austausch der Volksvertretung. Allerdings ist
Taiwan
seitdem bis heute nicht mehr in der UNO vertreten. Einer neuerlichen Mitgliedschaft wird aufgrund des zu erwartenden chinesischen Vetos wenig Chancen eingeraumt.
Am 22. Dezember 1971 wurde
Kurt Waldheim
aus
Osterreich
zum vierten UN-Generalsekretar gewahlt. Nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt nahm er auf Empfehlung des Sicherheitsrates Kontakt mit der Regierung
Sudafrikas
auf, um in deren Konflikt mit
Namibia
zu vermitteln. Sudafrikas Prasenz in Namibia wurde von der UNO als illegal erklart. Als sich schließlich auch die
Apartheids
-Politik der weißen Minderheitsregierung verscharfte, kam es zu einer Reihe von Maßnahmen. 1974 wurde Sudafrika von Sitzungen und Abstimmungen der Generalversammlung ausgeschlossen, 1977 trat ein Waffenembargo in Kraft. Beide Entscheidungen wurden erst 1994 wieder aufgehoben.
Mit der Unterzeichnung des
Grundlagenvertrages
von 1972 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland
und der
Deutschen Demokratischen Republik
wurde der westdeutsche Alleinvertretungsanspruch im Falle einer UN-Mitgliedschaft beider Staaten endgultig aufgegeben. Die alleinige Bewerbung Westdeutschlands ware am sowjetischen Veto gescheitert. Durch den Alleinvertretungsverzicht fuhrten die getrennt gestellten Antrage schließlich zum Erfolg. Am 18. September 1973 wurden beide Staaten als 133. und 134. Mitglied in die UNO aufgenommen. Das
wiedervereinigte
Deutschland
ist seit dem 3. Oktober 1990 unter der Bezeichnung ?Deutschland“ vertreten.
Die wachsende Zahl unabhangiger afrikanischer und asiatischer UN-Staaten fuhrte in der Generalversammlung zu einem Stimmenubergewicht der Entwicklungslander. Bereits in den 1960er Jahren bildete sich aus ihnen die
Gruppe der 77
, die sich mit Unterstutzung Chinas und der Sowjetunion immer starker profilieren konnte. Die Verscharfung von
Armut
und
Ausbeutung
wurde ihr zufolge auf eine deutliche Bevorteilung der Industrielander bei den Finanzstromen des freien Welthandels zuruckgefuhrt: sinkende Rohstoffpreise hier, uberteuerte Industrieguter und
Kredite
von dort. Ihre Forderung nach einer
Neuen Weltwirtschaftsordnung
fuhrte 1974 gegen die Stimmen der westlichen Industrielander zur Verabschiedung der
Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten
zum Abbau der Abhangigkeit des Sudens und zur gerechten Verteilung des
Wohlstandes
. Die Problematik wurde ebenso auf den Folgekonferenzen der
UNCTAD
thematisiert.
Auch die Initiativen zur Gleichberechtigung der Frauen gewannen in den 1970er Jahren an Gewicht. Der erste
Weltfrauengipfel
in
Mexiko-Stadt
im Sommer 1975 markierte den Beginn der ?UN-Frauendekade“. Ein Jahr spater wurde der Frauen-Entwicklungsfonds
UNIFEM
eingerichtet. Ebenfalls 1976 traten die Menschenrechtspakte von 1966 in Kraft. 1979 wurde die
Konvention uber die Beseitigung der Frauendiskriminierung
angenommen.
Friedensmissionen wurden 1973 in den Sinai (
UNEF II
), 1974 in den Golan
UNDOF
und 1978 in den Libanon
UNIFIL
entsandt. Wegen der turkischen Invasion in
Zypern
wurde die UNFICYP-Mission 1974 auf die Uberwachung der 180 km langen Pufferzone (?Grune Linie“) ausgeweitet.
Der sich verscharfende Ost-West-Konflikt infolge des Wettrustens der Supermachte, sowie deren Verstrickung im
Ersten Golfkrieg
und weiteren Kriegsschauplatzen (
Afghanistan
,
Kambodscha
und
Nicaragua
) fuhrte erneut zu einer Lahmung des Sicherheitsrates. Der im Dezember 1981 neu gewahlte, aus Peru stammende funfte Generalsekretar
Javier Perez de Cuellar
brachte schon zu Beginn seiner ersten Amtsperiode die Folgeproblematik auf den Punkt: fehlende Bereitschaft der Mitglieder, sich in internationale Konflikte einzuschalten, sowie unilaterale Konfliktlosung und Absprachen außerhalb der Organisation machten die UNO zu einem fragwurdigen Forum fur glaubwurdige Friedensverhandlungen. Zudem fuhrte die weiterhin wachsende Verschuldung der Entwicklungslander und die Weigerung vieler Mitgliedstaaten, ihre Pflichtbeitrage fristgerecht und in voller Hohe zu leisten, zur schwersten Finanzkrise der UN-Geschichte. Besonders die USA als wichtigster Financier kamen aufgrund ihrer hohen
Kriegskosten
den finanziellen Pflichten gegenuber den Vereinten Nationen kaum mehr nach.
Der damalige schwedische Ministerprasident
Olof Palme
leitete von 1980 bis 1982 eine unabhangige UN-Kommission zu Fragen der
Abrustung
und der internationalen Sicherheit. Sein Report, der
Palme-Bericht
, enthielt unter anderem die Empfehlung, einen ?atomwaffenfreien Korridor“ in Mitteleuropa zu errichten, der die Gefahr atomarer Kriegshandlungen wirksam reduzieren sollte. Dieser Vorschlag brachte seit 1982 viele neue internationale
Friedensbewegungen
hervor, die das Thema Abrustung seitdem immer wieder auf der Tagesordnung hielten. Aber erst der Vorstoß
Michail Gorbatschows
, die internationalen Beziehungen fundamental umzugestalten und das ?Blockdenken“ aufzugeben, fuhrten ab 1987 in der UNO zu einer ernsthaften Wiederbelebung des Sicherheitsrates als Frieden stiftendes Organ.
Als historischer Wendepunkt gilt die UN-Resolution 598 vom Juli 1987, in der ein verbindlicher Friedensplan zur Beendigung des Ersten Golfkrieges beschlossen wurde. 1988 kam es nahezu gleichzeitig zum sowjetischen Truppenabzug aus Afghanistan und zu einem Waffenstillstands-Abkommen zwischen dem
Iran
und
Irak
. Zur Uberwachung des Waffenstillstandes wurde die Friedenstruppe
UNIIMOG
entsandt. In der Folge wurden auch zahlreiche andere offene Regionalkonflikte aufgegriffen und einer Losung zugefuhrt, die bis dahin unlosbar schienen. 1988 und 1989 begannen die Missionen
UNGOMAP
im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet,
ONUCA
in Zentralamerika,
UNAVEM
I in
Angola
und
UNTAG
in
Namibia
. Die neu gewonnenen Hoffnungen auf einen machbaren
Weltfrieden
wurden 1988 stellvertretend durch die Auszeichnung der
Blauhelmsoldaten
mit dem
Friedensnobelpreis
demonstriert.
Die Bewahrungsprobe fur die neue Art der Solidaritat kam mit dem Ausbruch des
Zweiten Golfkrieges
am 2. August 1990. Die Reaktionen auf den irakischen Einmarsch in
Kuwait
geschahen in einer bis dahin ungekannten Schnelligkeit und Entschlossenheit. Nur wenige Stunden nach der Meldung trat der Sicherheitsrat zusammen und verurteilte den Angriff einhellig als einen ?Bruch des Weltfriedens“. Bereits vier Tage spater trat ein weltweites Handelsembargo in Kraft, das stufenweise mit einer See- und Luftblockade verscharft wurde. Mit der Umsetzung von Maßnahmen zur
Friedenserzwingung
nach Ablauf der Ruckzugsfrist fur den Irak wurden ?alle Mitgliedstaaten ermachtigt“, alle erforderlichen Mittel einzusetzen, um den Resolutionen Geltung zu verschaffen. Damit gab die UNO den Verlauf des Krieges allerdings aus der Hand. Erst mit dem Waffenstillstand ging die Initiative wieder auf den Sicherheitsrat uber.
Auch in Umweltfragen wurden deutliche Schritte nach vorne gemacht. Mit dem
Montreal-Protokoll
uber den Schutz der
Ozonschicht
wurde 1987 das erste weltweite Umweltschutzabkommen getroffen. Der zeitgleiche
Brundtland-Bericht
(
Unsere gemeinsame Zukunft
), der mit der Perspektive einer langfristigen und tragfahigen Umweltpolitik der Vereinten Nationen beauftragt war, wurde ausgiebig diskutiert und fuhrte schließlich zum ersten
Weltumweltgipfel
1992. Bedeutsam war der Bericht, weil hier erstmals das Leitbild einer ?
nachhaltigen Entwicklung
“ entworfen wurde. Die Kommission verstand darunter eine Entwicklung,
die den Bedurfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Moglichkeiten kunftiger Generationen zu gefahrden, ihre eigenen Bedurfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wahlen.
Die 1990er Jahre waren gepragt vom Zerfall der
Ostblockstaaten
sowie einer weltweiten Zunahme ethnischer Konflikte, bei denen es teilweise zu systematischen Menschenrechtsverletzungen kam. Bisher hatte sich die
Friedenspolitik
der Vereinten Nationen gemaß ihrer Charta auf die Losung zwischenstaatlicher Konflikte beschrankt. Angesichts der Ausmaße und des offentlichen Drucks war die UNO nun gezwungen, ihren Grundsatz der ?Nichteinmischung in innerstaatliche Angelegenheiten“ zu relativieren. Die großen
Fluchtlingsstrome
der
Kurden
im Nordirak, der von einer Hungerkatastrophe begleitete
Burgerkrieg in Somalia
und der mit ?
ethnischen Sauberungen
“ einhergehende
im ehemaligen Jugoslawien
sowie der
Volkermord in Ruanda
sind nur einige Beispiele, die eine ?humanitare Intervention“ unumganglich machten. Allerdings fuhrten zahlreiche UN-interne Probleme zu einem enttauschenden
Resumee
: unzureichendes Vorwissen uber die ethnischen Besonderheiten, logistische und erneut finanzielle Uberforderungen sowie internationale Differenzen uber Effektivitat und Legitimation solcher Friedenseinsatze fuhrten zu zahlreichen Pannen und personellen Verlusten. Insgesamt wurde das gerade neu gewonnene offentliche Vertrauen in die Vereinten Nationen erschuttert.
Im Laufe der 1990er Jahre kam es zu 35 neuen ? meist kurzfristigen ? Missionen, davon 16
in Afrika
, 6
in Zentralamerika
, 4
in Asien
und 9
in Europa
. Die bereits zuvor angespannte Haushaltslage mit Außenstanden von etwa 750 Millionen
US-Dollar
stieg bis Ende 1996 auf 2,2 Milliarden, davon entfielen allein 1,6 Milliarden auf die Friedensmissionen. Damit erklarte sich auch die eingeschrankte Handlungsfahigkeit der weitgehend freiwillig finanzierten Organisationen Einrichtungen im Wirtschafts- und Sozialbereich.
Im Dezember 1991 wurde
Boutros Boutros-Ghali
zum sechsten UN-Generalsekretar gewahlt. Ein halbes Jahr spater brachte er mit der
Agenda fur den Frieden
eine Reihe von handlungsorientierten Ideen zur Reform der Friedens- und Sicherheitspolitik auf den Plan, die zunachst sehr positiv aufgenommen wurden. In einer Neubewertung 1995 wurden allerdings Fehleinschatzungen und unrealistische Forderungen erkannt, die Boutros-Ghali auf die mangelnde Bereitschaft zur Kooperation besonders der einflussreichen Mitgliedstaaten zuruckfuhrte. In diesem Zusammenhang verwies er auf das chinesische Sprichwort, es sei leichter, fur einen Sarg zu sammeln, als fur die Medizin. Trotzdem wurden seine Ideen zu einer neuen Art von ?praventiver Diplomatie“ weitergetragen. Ein weiterer Gedanke war die Einrichtung eines Schnelleingreifsystems, in dem die Mitgliedstaaten aufgefordert wurden, im Rahmen ihrer Moglichkeiten militarisches und ziviles Personal in ?standiger Verfugbarkeit“ zu halten. Fur das Management dieses ?Stand-by-Arrangements“ wurde 1994 durch die Hauptabteilung fur Friedenseinsatze
DPKO
das internationale Register
UNSAS
eingerichtet.
Angesichts der Verflechtung von Friedens- und Entwicklungspolitik war es auch konsequent, der Friedensagenda eine
Agenda fur Entwicklung
folgen zu lassen. Die Bemuhungen blieben allerdings ebenso im Sande stecken wie in den vorherigen Dekaden. Die Hauptursache ? neben der permanenten Finanzkrise ? sehen Kritiker in einem Wildwuchs von Organisationen und Programmen, die von Doppelarbeit und unklaren Zustandigkeiten gepragt sind. Auch die ?vierte Entwicklungsdekade“ musste schließlich als erfolglos eingestuft werden. Die Kluft zwischen Arm und Reich hatte sich weiter vergroßert.
Als positive Signale in dieser Periode kann man lediglich die Amtseinfuhrung des ersten Hochkommissars fur Menschenrechte (
UNHCHR
) und die Einrichtung von
Ad-hoc-Strafgerichtshofen
zur Ahndung der Menschenrechtsverletzungen in Ruanda und dem ehemaligen Jugoslawien ansehen. Mit der Errichtung dieser UN-Tribunale kam es bald zu einigen Verurteilungen, die in der Weltoffentlichkeit und besonders bei den betroffenen Ethnien Zustimmung fanden. Dieses juristische Neuland der UNO soll durch seine abschreckende Wirkung auch das neue Praventionskonzept in der Friedenssicherung wirksam unterstutzen. Als repressive Maßnahmen wurden in den 1990er Jahren weltweit eine Reihe von Ol- und Waffenembargos, sowie einige diplomatische Sanktionen durchgesetzt, die teilweise erheblich ausgeweitet wurden.
1994 wurde in
Ruanda
eines der schwersten Verbrechen der Geschichte begangen. Durch einen Gewaltausbruch kamen 800.000 Angehorige der Volksstamme
Hutu
und
Tutsi
ums Leben. Ein Eingreifen der
UN-Blauhelmsoldaten
war aufgrund eines fehlenden Mandates durch die UN und der zu geringen Anzahl an Soldaten nicht moglich. Dieses Ereignis gilt gemaß Aussage von
Kofi Annan
als das großte Versagen der UN.
Ende Mai 1995 kam es in
Bosnien und Herzegowina
nach
NATO
-Luftangriffen auf ein Munitionsdepot der bosnischen
Serben
in
Pale
zu einer aufsehenerregenden Geiselnahme von
UN-Soldaten
. Als Folge der Luftangriffe wurden ausgewiesene NATO-Schutz-Zonen von bosnischen Serben uberfallen, UN-Soldaten als Geiseln genommen, an taktischen Positionen angekettet und zur Schau gestellt.
Im Dezember 1996 wurde
Kofi Annan
neuer Generalsekretar. Er beauftragte im Marz 2000 eine Expertenkommission mit einer kritischen Studie uber die Effektivitat des Friedenssicherungskonzeptes. Vor allem sollten Grunde fur das ?Versagen“ bei den Einsatzen in Somalia, Ruanda und im ehemaligen Jugoslawien offen dargelegt werden. Der wenige Monate spater vorgelegte
Brahimi-Bericht
forderte den Ausbau der UNSAS und die Zementierung einer ?standigen Eingreiftruppe“ aller Mitgliedstaaten. Vor allem musse sich die UNO vom Ideal des Gewaltverzichtes bei ihren Missionen verabschieden. Die UN-Truppen brauchten ein ?
robustes Mandat
“, um wirksam abschrecken und sich Respekt verschaffen zu konnen.
- Vom 31. August bis 8. September fand eine
Antirassismus
-Konferenz im
sudafrikanischen
Durban
statt. Uberschattet war die Konferenz von dem Nahost-Konflikt. Die arabischen Lander wollten die Gleichsetzung von
Zionismus
und
Rassismus
erreichen. Deshalb verließen die
USA
und
Israel
die Konferenz vorzeitig. Die Abschluss-Erklarung erkannte das unveraußerliche Recht des
palastinensischen
Volkes auf Selbstbestimmung und auf Grundung eines unabhangigen Staates an. Ferner wurde vom ?Recht auf Sicherheit aller Staaten in der Region, Israel eingeschlossen“, gesprochen. Auf eine explizite Verurteilung Israels wurde verzichtet.
- Vom 29. Oktober bis 9. November fand in
Marrakesch
der 7.
Weltklimagipfel
statt. Die Staaten verstandigten sich auf ein gesetzliches Regelwerk zur Verminderung
klimaschadlicher
Treibhausgase nach dem
Kyoto-Protokoll
von 1997. Mit der Vereinbarung waren die Voraussetzungen geschaffen, um das Protokoll auch ohne die USA in Kraft zu setzen.
- Am 23. Mai hatten in
Stockholm
mehr als 120 Mitgliedstaaten der UNO ein Abkommen fur ein weltweites Verbot von zwolf langlebigen und als besonders gefahrlich geltenden organischen
Giftstoffen
unterzeichnet. Zu den Substanzen gehorten unter anderem
DDT
,
PCB
und
Dioxine
. Mit dem
Stockholmer Ubereinkommen
wurden Herstellung, Anwendung und Verkauf der Stoffe verboten.
- Mit Beginn der Unabhangigkeit
Osttimors
am 20. Mai begann die Friedensmission
UNMISET
. Sie sollte der neuen Regierung beim Aufbau einer Zivilverwaltung helfen.
- Am 24. Juni zogen die
USA
ihren Antrag auf Befreiung ihrer Staatsburger von der Strafverfolgung durch den
IStGH
zuruck. In den vorhergegangenen zwei Jahren war ein solcher Antrag noch beschlossen worden.
- Am 20. Mai hatten 14 der 15 derzeitigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates einer Resolution zugestimmt, die das Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen gegen Zivilisten verurteilt. Durch die Stimmenthaltung der USA konnte die Resolution verabschiedet werden. In den letzten Jahren hatten die USA bei Resolutionsentwurfen gegen
Israel
generell ein
Veto
eingelegt.
- Am 30. April wurde die Entsendung einer 8.000 Mann starken Friedenstruppe nach
Haiti
beschlossen. Das Mandat galt ab 1. Juni und war zunachst auf sechs Monate beschrankt.
- Am 17. April 2004 kam es zu einem bisher in der UNO einmaligen Vorgang:
UN-Polizisten
, die im
Kosovo
stationiert waren, beschossen sich untereinander. Drei Menschen wurden getotet und elf weitere verletzt. Bei den Toten handelte es sich um zwei
US-Burger
und einen
Jordanier
.
- Am 4. April begann die Friedensmission
UNOCI
in Cote d’Ivoire.
- Ende Marz 2004 wurde
UN-Sicherheitschef
Tun Myat
entlassen. Ihm wurde vorgeworfen, nicht genug fur die Sicherheit und den Schutz getan zu haben.
Mit dem
Erstausgabetag
4. Juni 2020 gab die
Deutsche Post AG
zum 75. Grundungstag der Vereinten Nationen ein
Sonderpostwertzeichen
im
Nennwert
vom 170 Eurocent heraus. Der Entwurf stammt von der Grafikerin Angela Kuhn aus Hamburg.
- Vom Volkerbund zur UNO
, in: Le Monde diplomatique (Hrsg.):
Atlas der Globalisierung spezial. Das 20. Jahrhundert.
2. Auflage, Berlin 2011,
ISBN 978-3-937683-32-4
, S. 72?73.
- Maurice Bertrand:
UNO ? Geschichte und Bilanz.
1995,
ISBN 3-596-12812-9
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- Sven Gareis, Johannes Varwick:
Die Vereinten Nationen.
2003,
ISBN 3-89331-488-1
(
Bundeszentrale fur Politische Bildung
)
- Peter J. Opitz:
Die Vereinten Nationen ? Geschichte, Struktur, Perspektiven.
2002,
ISBN 3-8252-2283-7
.
- Peter J. Opitz (Hrsg.):
Weltprobleme im 21. Jahrhundert.
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- Gunther Unser:
Die UNO ? Aufgaben, Strukturen, Politik.
2004,
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- Johannes Varwick (Hrsg.):
Die Reform der Vereinten Nationen ? Bilanz und Perspektiven.
2006,
ISBN 3-428-12266-6
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- Helmut Volger:
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2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Munchen 2008,
ISBN 3-486-58230-5
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- ↑
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, Bd. III, S.
568
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The Oxford Handbook on the United Nations
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Dominik A. Faust:
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Stephan Hobe, Otto Kimminich:
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9. Auflage. Narr, Tubingen 2008,
ISBN 978-3-8252-0469-3
, S. 129, abgefragt am 10. Dezember 2011
- ↑
Veto List.
Dag-Hammarskjold-Bibliothek,
abgerufen am 5. Oktober 2016
(englisch).