Referendum in Ungarn uber den Beitritt zur Europaischen Union

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EU-Osterweiterung 2004:
 Ungarn
 andere Beitrittskandidatenlander
 Europaische Union

Am 12. April 2003 wurde ein Referendum in Ungarn uber den Beitritt des Landes zur Europaischen Union abgehalten. Bei einer Wahlbeteiligung von 45,6 Prozent stimmten 83,8 Prozent der Abstimmenden dem EU-Beitritt zu, der dann im Rahmen der EU-Osterweiterung 2004 erfolgte.

Vorgeschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach dem Zerfall der Sowjetunion und des Ostblocks nach 1989 begann sich Ungarn in Richtung Westeuropa zu orientieren. 1993 luden die Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten auf dem EU-Gipfeltreffen in Kopenhagen die ehemaligen Ostblockstaaten offiziell dazu ein, der EU beizutreten, sofern die notwendigen Bedingungen hierfur erfullt seien. Die EU stellte Gelder und Hilfsprogramme bereit, die die ehemaligen Ostblockstaaten dabei unterstutzen sollten, ihre Wirtschaftssystem an EU-Standards anzugleichen. Im Marz 1998 begannen die Beitrittsverhandlungen mit 6 Staaten ( Tschechische Republik , Estland , Ungarn, Polen , Slowenien und Zypern ). Bis Dezember 2002 waren diese Verhandlungen abgeschlossen und im April 2003 wurden entsprechende Beitrittsvertrage mit den Beitrittskandidaten, darunter Ungarn, unterzeichnet. [1]

Alle großeren Parteien Ungarns sprachen sich fur die Abhaltung eines Referendums uber die EU-Mitgliedschaft aus. Das Ergebnis des Referendums sollte einen bindenden Charakter haben. Die gesetzlichen Voraussetzungen fur die Abhaltung von Volksabstimmungen waren mit einer Verfassungsreform 1997 in Ungarn genau festgelegt worden. Demnach musste das Parlament bei einem Referendum zuvor festlegen, ob dieses bindenden oder nur konsultativen Charakter haben sollte. Fur die Gultigkeit eines Referendums war eine Wahlbeteiligung von mindestens 50 Prozent notwendig. Wurde diese nicht erreicht, konnte das Referendum trotzdem gultig sein, wenn mindestens 25 % der Wahlberechtigten mit ?Ja“ gestimmt hatten. Vor 1997 war eine strikte 50 %-Mindestwahlbeteiligung notwendig gewesen. [2]

Zu den grundsatzlichen Befurwortern der EU-Mitgliedschaft gehorten alle vier im Parlament vertretenen Parteien (die regierenden Sozialisten und der Bund Freier Demokraten , sowie die oppositionellen Parteien Fidesz und Ungarisches Demokratisches Forum ). Die beiden konservativen Parteien, insbesondere Fidesz unter Viktor Orban , waren jedoch merklich EU-skeptischer als die Regierungsparteien. Gewerkschaften und Unternehmerverbande sprachen sich ebenfalls fur die Mitgliedschaft aus. Die kommunistische Ungarische Arbeiterpartei revidierte ihr anfangliches ?Nein“ zur EU-Mitgliedschaft und begrundete dies damit, dass die EU besser von innen heraus reformiert werden konne. Die rechtsextreme Ungarische Wahrheits- und Lebenspartei sprach sich deutlich gegen die EU-Mitgliedschaft aus. Umfragen zeigten, dass die Hauptsorgen der Wahler vor allem die Fragen Arbeitsplatzsicherheit, Preisstabilitat, Hohe der Renten und Lohne etc. betrafen. Zum Teil wurde auch die Frage nach dem Verlust an Souveranitat gestellt. [2]

Frage des Referendums [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die auf den Stimmzetteln gestellte Frage lautete:

?Egyetert-e azzal, hogy a Magyar Koztarsasag az Europai Unio tagjava valjon?“

?Stimmen Sie zu, dass Ungarn Mitglied der Europaischen Union werden soll?“

? Frage des Referendums vom 12. April 2003 [3]

Die Frage war mit Igen/Nem (Ja/Nein) zu beantworten.

Ergebnisse [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Kartografische Darstellung der Ergebnisse (Prozent ?Ja“-Stimmen). In jedem Komitat ergab sich eine Zustimmung von uber 80 %
Wahlbeteiligung nach Komitaten

Bei der Abstimmung waren 8.042.272 Personen als wahlberechtigt registriert. Davon beteiligten sich 3.669.252 (45,62 %). 3.648.717 Stimmen (99,4 %) waren gultig. Von diesen stimmten 3.057.027 mit ?Ja“ und 592.690 mit ?Nein“. Bezogen auf die Zahl der Wahler waren dies 83,8 % und 16,2 %, bezogen auf die Zahl der Wahlberechtigten 38,0 und 7,4 %. [3]

Ergebnisse nach Komitaten [4]
Komitat Ja Nein Wahl-
beteiligung
Gultige
Stimmen
Ungultige
Stimmen %
Budapest 82,50 % 17,50 % 56,18 % 55,94 % 0,25 %
Pest 80,63 % 19,37 % 46,08 % 45,87 % 0,21 %
Fejer 84,65 % 15,35 % 45,11 % 44,94 % 0,17 %
Komarom-Esztergom 85,41 % 14,59 % 47,32 % 47,15 % 0,17 %
Veszprem 84,17 % 15,83 % 48,17 % 47,93 % 0,23 %
Gy?r-Moson-Sopron 85,16 % 14,84 % 50,53 % 50,31 % 0,21 %
Vas 85,05 % 14,95 % 50,42 % 50,18 % 0,24 %
Zala 84,25 % 15,75 % 43,36 % 43,18 % 0,19 %
Baranya 87,78 % 12,22 % 48,67 % 48,46 % 0,20 %
Somogy 82,66 % 17,34 % 42,25 % 42,08 % 0,17 %
Tolna 83,02 % 16,98 % 43,52 % 43,30 % 0,22 %
Borsod-Abauj-Zemplen 86,32 % 13,68 % 41,89 % 41,69 % 0,21 %
Heves 84,89 % 15,11 % 44,73 % 44,47 % 0,26 %
Nograd 85,46 % 14,54 % 42,95 % 42,73 % 0,22 %
Hajdu-Bihar 84,39 % 15,61 % 36,83 % 36,63 % 0,20 %
Jasz-Nagykun-Szolnok 83,29 % 16,71 % 40,13 % 39,85 % 0,28 %
Szabolcs-Szatmar-Bereg 87,90 % 12,10 % 36,19 % 36,03 % 0,16 %
Bacs-Kiskun 80,65 % 19,35 % 38,52 % 38,28 % 0,24 %
Bekes 83,27 % 16,73 % 40,93 % 40,63 % 0,30 %
Csongrad 83,45 % 16,55 % 42,13 % 41,84 % 0,29 %
Ungarn gesamt 83,76 % 16,24 % 45,59 % 45,37 % 0,22 %

Bewertung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das ungarische EU-Referendum war das dritte (nach den Abstimmungen in Malta und Slowenien ) und das erste, das in einem bevolkerungsstarkeren Beitrittsland abgehalten wurde. Die Zustimmung zum EU-Beitritt war mit uber 80 Prozent landesweit durchgehend sehr hoch, jedoch war die Wahlbeteiligung außerordentlich niedrig. Mit nur 45,6 Prozent lag sie mehr als 10 Prozentpunkte unter der Wahlbeteiligung bei der letzten Parlamentswahl 2002 . Die Wahlbeteiligung war die niedrigste von allen Volksabstimmungen die 2003 in den Beitrittskandidaten-Staaten abgehalten wurden. Das Referendum war trotz der Wahlbeteiligung unter 50 % gultig, weil mehr als ein Viertel der Wahlberechtigten mit ?Ja“ gestimmt hatten. Wahlanalysen zeigten, dass Fidesz-Anhanger deutlich starker mit Nein gestimmt hatten, als Anhanger der Sozialisten. Jedoch ergab eine Umfrage nach der Abstimmung, dass eine große Mehrheit der Befragten (darunter auch die Fidesz-Anhanger) mit dem Ausgang der Abstimmung letztlich zufrieden waren. [2]

Am 1. Mai 2004 trat Ungarn der Europaischen Union bei.

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Orla Doyle, Jan Fidrmuc: Who Is in Favor of Enlargement? Determinants of Support for EU Membership in the Candidate Countries’ Referenda. (PDF) Dezember 2003, abgerufen am 3. Oktober 2016 (englisch).
  2. a b c Brigid Fowler: REFERENDUM BRIEFING NO 4: THE HUNGARIAN EU ACCESSION REFERENDUM 12 APRIL 2003. University of Sussex, abgerufen am 3. Oktober 2016 (englisch).
  3. a b Nepszavazas az Europai Uniohoz valo csatlakozasrol 2003. Ungarische Wahlkommission, archiviert vom Original (nicht mehr online verfugbar) am 2. Oktober 2016 ; abgerufen am 2. Oktober 2016 (ungarisch).   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.valasztas.hu
  4. EU-related referendums. Norsk Senter for Forskningsdata, ehemals im Original (nicht mehr online verfugbar) ; abgerufen am 2. Oktober 2016 (englisch). @1 @2 Vorlage:Toter Link/o.nsd.no ( Seite nicht mehr abrufbar . Suche in Webarchiven )