Konig
oder weiblich
Konigin
ist die Amtsbezeichnung fur den hochsten
monarchischen
Wurdentrager in der Rangfolge eines
souveranen
Staates
. Hierarchisch dem Konig ubergeordnet ist nur der
Kaiser
wie im Falle der historischen
Großreiche
. Im
Europa
des spaten
Mittelalters
und der fruhen
Neuzeit
war der Konig in der Regel hochster
Souveran
seines Landes: Oberhaupt der
Regierung
, oberster
Richter
und
Gesetzgeber
in einer Person. Daruber hinaus nahm er in manchen Staaten ? beispielsweise in
England
und spater im
Vereinigten Konigreich
? die Funktion eines geistlichen Oberhaupts wahr. In modernen Monarchien ist der Konig meist
Staatsoberhaupt
mit ausschließlich
reprasentativen
und zeremoniellen Aufgaben. Die
Anrede
eines Konigs ist ?
Majestat
“.
Die Vorstufen des deutschen Wortes
Konig
und eng verwandte Worter sind nicht nur in den alteren deutschen Sprachstufen (
ahd.
kuning
,
mhd.
kunic
), sondern auch in den meisten anderen altgermanischen Sprachen bezeugt (
altengl
.
cyning
,
altnord
.
konungr
) und aus einer germanischen Sprache des 2./3. Jahrhunderts ins Finnische entlehnt worden (
finnisch
,
estnisch
kuningas
). Die zugrundeliegende Form des althochdeutschen
kuning
, (
protogermanisch
)
*
kuninga-z
, enthalt das Suffix
-ing
/-ung
, das Zugehorigkeit und Abstammung bezeichnet.
*kuninga-z
bedeutete also ursprunglich ?der zum
kuni/kunja-
Gehorige“ oder ?der von einem
kuni/kunja-
Abstammende“. Die genaue Interpretation dieser Wortableitung ist jedoch umstritten. Eine weithin akzeptierte Deutung sieht das altgermanische Wort
*kunja-
?Sippe, Geschlecht“ (
got
.
kuni
,
ahd
. und
altsachs
.
kunni
,
mhd
.
kunne
, engl.
kin
, schwed.
kon
) als Ausgangspunkt der Bildung. Der
*kuningaz
ware dann ?der einem (edlen) Geschlecht Entstammende“ (von vornehmer Herkunft) gewesen.
Das
deutsche
Wort
Konig
stammt aber nicht direkt vom protogermanischen
kuningaz
ab, sondern von dem in Form und Bedeutung eng verwandten protogermanischen
kuniz
.
[1]
Das deutsche Wort ist eng mit dem
neuniederlandischen
koning
, dem
neuenglischen
king
, dem
neuschwedischen
konung
und
kung
und dem
neuislandischen
kon(un)gur
verwandt.
Die weibliche Form
Konigin
kann nicht nur eine dem mannlichen Konig entsprechende Wurdentragerin bezeichnen, sondern auch die Ehefrau eines Konigs (siehe
Titularkonigin
). Der Ehemann einer regierenden Konigin wird hingegen meist nicht als Konig (
Titularkonig
), sondern als
Prinzgemahl
bezeichnet. Das
englische
Wort fur Konigin,
queen
, bedeutet ursprunglich nur
Ehefrau
, von
altenglisch
cw?n
, ?Ehefrau; Konigin“. Dieses gehort zu einem
indogermanischen
Wortstamm, der einfach ?Frau“ bedeutet, wie
norwegisch
kvinne
, das Wort
?ena
bzw.
жена
fur ?Frau“ in den
slawischen Sprachen
und das
Griechische
γυν?
(gesprochen altgriechisch
gyn?
, neugriechisch
jini
).
Zum
lateinischen
Konigstitel
r?x
(Genitiv
r?gis
) gehort der Begriff
regnum
(
Konigreich
) und das Verb
regere/regnare
(
herrschen
). Er ist etymologisch verwandt mit
r?j?
, dem indischen Wort fur ?Konig“ (gesprochen
raadschaa
auf
Sanskrit
und
Hindi
). Das deutsche Wort
Reich
gehort zur selben indogermanischen Wortfamilie und ist wohl ein altes keltisches
Lehnwort
: keltisch wahrscheinlich *
r?gjom
zu *
r?gs
= Konig (vgl. den Namen des gallischen Hauptlings
Vercingetorix
). Aus diesem *
r?gs
leiten sich das
irische
ri
und das
schottisch-galische
righ
fur ?Konig“ und das
walisische
rhi
fur ?Adliger“ ab. ?Konig“ heißt auf Walisisch
brenin
.
In slawischen Sprachen war das ursprungliche Wort fur
Konig
der
Knjaz
, spater wurde der slawische Konigstitel vom Eigennamen
Karl
abgeleitet, nach
Karl dem Großen
(Analog der Ableitung der Begriffe
Kaiser
und
Zar
vom Namen Caesar):
Sorbisch
:
kral
,
tschechisch
kral
,
polnisch
krol
[krul],
slowenisch
,
kroatisch
,
bosnisch
und
serbisch
kralj
,
russisch
король
korol'
.
In der
ungarischen Sprache
ist das Wort fur
Konig
vermutlich slawischen Ursprungs:
kiraly
(vgl. kroat. bosn.
kralj
).
Fur den Begriff
Konig
in außereuropaischen Landern wird die Bezeichnung bei der Ubersetzung oft willkurlich gewahlt, um die lebenslange Herrschaftsfunktion zum Ausdruck zu bringen. Bei kleinen Konigtumern und Stammeskonigtumern ist der Ubergang vom
Hauptling
zum Konig oft fließend, in der Landessprache nicht selten ein und derselbe Begriff.
Der chinesische Titel des
Wang
war in den fruhen Dynastien (bis zur Einigung Chinas als Kaiserreich) die Bezeichnung des souveranen Herrschers, weshalb er in der westlichen Ubersetzung mit dem Konig gleichgesetzt wird. Spater wurde der Wang jedoch zum hochsten
chinesischen Adelstitel
im Kaiserreich, in westliche Sprachen ublicherweise ubersetzt als Prinz.
Im
Alten Orient
war das Konigtum die am weitesten verbreitete Herrschaftsform und wurde in seiner Fruhzeit durch eine sogenannte
Palastwirtschaft
gestutzt: Diese entwickelte sich im 3. und 2. Jahrtausend v. Chr. in den Statten von
Sumer
aus der
Tempelwirtschaft
und wurde nach dem Großreich von
Akkad
(um ca. 2340?2200 v. Chr.) von den darauf folgenden mesopotamischen Kleinkonigreichen ubernommen. Besonders erfolgreiche Dynastien wie die von
Qatna
,
Mari
,
Jam?ad
,
Ebla
,
Larsa
,
Ur
,
Isin
,
Der
,
Susa
und viele andere mehr geboten dabei oft uber mehrere Stadte mit teils abhangigen Palastwirtschaften und regierenden Statthaltern oder Fursten, welche dem jeweiligen Oberkonig
Tribute
zollten. Als Hohepunkte des altorientalischen Konigtums gelten verschiedene
Großkonigreiche
, darunter ab ca. 1800 v. Chr. bis 330 v. Chr. diejenigen der
Babylonier
,
Hethiter
,
Assyrer
und
Perser
. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Verwaltung der Konigreiche zunehmend ausgeklugelter und die Palastwirtschaft war spatestens nach dem
Bronzezeit-Kollaps
(der auch die ahnlich strukturierte
mykenische
und
minoische
Palastzeit beendete) obsolet. Ein weiteres und spezielles Beispiel fur fruhes Konigtum stellt das
Alte Agypten
dar.
Welche Funktionen altorientalische Konige im Einzelnen hatten, ist nicht immer geklart und anderte sich sicherlich auch im Laufe der Zeit. Auch ist nicht bekannt, was den Konig in seinem Amt legitimierte; bei vielen altorientalischen Konigtumern wird davon ausgegangen, dass sie aus einer Priesterkaste hervorgingen und sich als
Gottkonige
betrachteten. Zudem hatten sie anders als die fruhen skandinavischen Konige eine
rechtsprechende
Funktion. Ein solches Selbstverstandnis findet sich etwa auch in der Formel ?Hirte der Volker“ aus, die zum ersten Mal fur
Lugalzagesi
bezeugt ist. Bei den agyptischen Konigen (?
Pharaonen
“) waren die Gottkonige ebenso geistliches Oberhaupt und gottliche
Reinkarnation
.
[2]
Zuletzt unterwarf sich der persische Großkonig praktisch den gesamten Vorderen Orient; er betrachtete sich wohl mehr als weltlicher ?Konig der Lander und Volker“, welche in seinem Titel explizit genannt wurden. Er war Oberherrscher uber die
Satrapen
des Reiches, welche er aus den lokalen Eliten rekrutierte.
Das Perserreich wurde mit den Eroberungsfeldzugen von
Alexander dem Großen
zerschlagen, der sich anders als der persische Konig wieder auf gottliche Abstammung berief. Dem folgten die
Diadochenreiche
, als Alexanders Generale nach dessen Tod eigene Reiche grundeten (
Hellenismus
). Das
Seleukidenreich
und das
Ptolemaerreich
hielten sich am langsten (spates 1. Jahrhundert v. Chr.). In der Tradition Alexanders beriefen auch sie sich auf ihre gottliche Abkunft, jedoch in erster Linie zur Legitimation; Pflichten als religioses Oberhaupt gingen nicht primar damit einher. Schließlich ubertrugen die Romer nach der Eroberung großer Teile des Orients die Vorstellung von der Gottlichkeit des
Herrschers
auf das
Kaisertum
, das seit der
Spatantike
christlich legitimiert war.
Siehe auch:
Sumerische Konigsliste
,
Liste der Pharaonen
,
Liste der Konige von Elam
,
Liste der hethitischen Großkonige
,
Liste der babylonischen Konige
,
Liste der assyrischen Konige
,
Liste der nubischen Konige
,
Liste der achamenidischen Konige
,
Liste der Seleukidenherrscher
,
Liste der Ptolemaer
Das
antike Griechenland
war eine sehr lose, oft in widerstreitende Allianzen gespaltene Staatengemeinschaft. In den griechischen Staaten existierten verschiedene, teils wechselnde Staatsformen; das Konigtum war in archaischer und klassischer Zeit (ca. 800 bis 336 v. Chr.) eine seltene Ausnahme im griechischen Kernland. In
Sparta
existierte jedoch ein Doppelkonigtum. Sinn dahinter war eine gegenseitige Kontrolle, wobei die Konigsherrschaft ohnehin eingeschrankt war. In der Zeit des
Hellenismus
war das Konigtum hingegen die gangige Staatsform in den Nachfolgereichen des
Alexanderreichs
, wobei die Macht der hellenistischen Konige in ihrem jeweiligen Reich weitgehend unbeschrankt war.
[3]
Das eigentliche Wort fur Konig, βασιλε?? [basileus], wurde spater auch auf die romischen Imperatoren angewandt. Vom Konigtum zu unterscheiden ist die
Tyrannis
.
In seiner Anfangszeit seit der (angeblichen) Grundung durch
Romulus und seinen Bruder Remus
war der romische Staat ausschließlich durch Konige regiert worden, wenngleich vieles von legendaren Erzahlungen verschleiert ist. Nach dem Sturz des siebten und letzten Konigs
Lucius Tarquinius Superbus
durch die Adligen der Stadt (angeblich 509 v. Chr.) war Rom bis ins spate 1. Jahrhundert v. Chr. eine Republik.
[4]
Der Konigstitel
(rex)
war so verpont, dass bei der Umwandlung der Diktatur
Caesars
in eine erneute dauerhafte Monarchie durch
Augustus
die Amtsbezeichnung
Imperator
in ihrer Bedeutung verandert und mit Caesars Eigennamen (eigentlich seinem
Cognomen
) ausgeschmuckt wurde. Als Ausnahme ubertrug
Konstantin der Große
seinem Neffen
Hannibalianus
um 335/36 den Titel
rex
, was sich jedoch auf separate romische Klientelherrschaften bezog.
Die Frage nach dem Konigtum bei den
Germanen
[5]
wird in der neueren Forschung kontrovers diskutiert.
[6]
In der alteren Forschung wurde aus den antiken Quellen auf ein germanisches Konigtum geschlossen, das in unterschiedlichen Auspragungen (siehe
Sakralkonigtum
und
Heerkonigtum
sowie
Kleinkonig
) bei diversen Stammen existiert habe, wobei den antiken Autoren zufolge bei einigen Stammen gar kein Konigtum mehr existierte. In neuerer Zeit wird allerdings auf methodische Mangel alterer Arbeiten hingewiesen. Insofern agierten auf germanischer Seite zwar Anfuhrer/Herrscher, bei der in lateinischen Texten auftauchenden Bezeichnung
rex
(Konig) handelte es sich allerdings wohl eher um eine Hilfskonstruktion, um so von romischer Seite mit vertrauten Begriffen außenpolitisch agieren zu konnen. Ob die jeweiligen Anfuhrer aber im eigentlichen Sinne als Konige (mit allen damit verbundenen Erwartungen) zu betrachten sind, wird in der neueren Forschung in Zweifel gezogen.
[7]
In den Quellen werden eine ganze Reihe verschiedener Arten von Konigen aufgefuhrt: Konige,
Kleinkonige
,
Heerkonige
und Seekonige. Letztere besaßen kein Herrschaftsgebiet.
Die Quellen der fruhen Zeit schweigen sich uber Stellung und Funktion des Konigs aus. Auch weiß man nicht, wie man ursprunglich Konig wurde. Allerdings spricht viel dafur, dass am Anfang ein
Wahlkonigtum
bestanden hat. Es ist anzunehmen, dass immer Personen aus den vornehmsten Familien und schließlich der Familie des Vorgangers zur
Wahl
standen, so dass sich allmahlich ein Erbkonigtum entwickelte. Es deutet vieles darauf hin, dass zumindest in Schweden am Anfang ein
Sakralkonigtum
bestanden hat. In diesem Kontext hatte der Konig die Aufgabe, durch seine familiare Beziehung zur gottlichen Sphare (die Konige leiteten sich von Gottern als Stammeltern her) Wachstum und Gedeihen in ihrem Bereich zu garantieren.
[8]
Bei diesem Vorgang spielte neben der Schaffung eines Zentralkonigtums durch
Harald Harfagre
die Kirche eine besondere Rolle, indem sie Konig
Olav Haraldsson
zum Heiligen erklarte, der sein
gottlich legitimiertes
Konigsheil
auf seine Nachkommen ubertragt.
Harald Harfagre stammte von einem Kleinkonig ab, konnte aber ein Oberkonig werden. Es ist unbekannt, ob diese Konige ihr Konigtum auf den Familienstamm oder auf ihre militarische Starke grundeten. Harald jedenfalls baute vor allem auf seine Militarmacht. Des Weiteren war diese aufwendig zu unterhalten, weshalb er in großem Umfang Bauern enteignete.
Torbjørn Hornklove
dichtet uber Harald:
?Ich glaube, Du kennst den Konig / der auf den Schiffen wohnt / der Herr der Nordmanner / Gebieter uber tiefe Schiffe / mit blutbespritzten Spanten / und roten Schilden, / geteerte Ruder / und ein Zelt aus Gischt.“
Das ist die Beschreibung eines typischen Wikingerkonigs. Offenbar hatten fremde Vorbilder ihn dazu gebracht, dass er eine andere Art von Konig sein wollte. So konnte auch an ein Gerichtskonigtum gedacht gewesen sein.
Torbjørn Hornklove
bezeichnet in der
Glymdrapa
Haralds Gegner als
hlennar
= Diebe, was ein Hinweis auf den Versuch, Recht und Ordnung durchzusetzen, gedeutet werden konnte. Der Ausdruck wird aber eher nur eine Herabsetzung der Feinde bedeuten.
Der Konig hatte eine große Zahl an Schiffen und Mannschaften zu unterhalten. Dazu benotigte er verschiedene Arten von Einkunften. Eine davon waren die Konigshofe, die an der Kuste aufgereiht waren und aus Enteignungen stammten. Diese Stellen zahlten ihre ?Steuer“ dadurch, dass sie den Konig mit Mannschaft fur eine gewisse Zeit mit Kost und Logis beherbergten. Es handelte sich also um ein Reisekonigtum. Das entspricht ganz der Art, wie die ubrigen Wikingerkonige z. B. in Irland vorgingen. Der Vorteil fur die Bauern war, dass der Konig andere Rauber fernhielt, so dass die Belastung auf viele Bauern verteilt uberschaubar war.
Die Funktion des Konigs beschrankte sich lange auf die Vertretung des Gesamtstaates nach außen (Der Konig musste entscheiden, ob man in den Krieg zog), auf das Heerwesen und die Verwaltung, soweit sie fur die Gesamtheit erforderlich war. Eine andere Hauptfunktion war die Verteilung der Kriegsbeute.
[9]
Der
Kleinkonig
war ein Stammesfuhrer, der nur uber einen begrenzten Raum und nur uber einen Teil eines großeren Stammesverbands herrschte.
Der
Unterkonig
, auch
Skattkonig
(Steuerkonig) genannt, war ein mediatisierter Konig, der zwar in seinem Machtbereich weitgehende Souveranitat besaß, aber einen Oberkonig anerkennen musste, dem er abgabepflichtig war und der die Reichseinheit wahrte und fur die Gesamtverteidigung zustandig war.
Der
Heerkonig
und der
Seekonig
waren eigentlich Feldherren in unserem Sinne. Sie sammelten Schiffe und Mannschaft um sich und zogen zu Plunderungszugen aus. Sie waren aber an bestimmte Regeln in ihrer Befehlsgewalt gebunden. Insbesondere gab es ungeschriebene Gesetze uber die Verteilung der Beute, an die sie sich zu halten hatten. Das galt ubrigens auch fur die frankischen Konige in der fruhen Zeit.
Snorri
definiert in der
Ynglingasaga
den Seekonig so:
?Da gab es viele Seekonige, die uber große Heere geboten, aber kein Land besaßen. Den allein erkannte man mit Fug als einen richtigen Seekonig an, der nie unter rußigem Hausdach schlief und nie im Herdwinkel beim Trunke saß.“
[10]
Sie sollen sogar auf den Schiffen uberwintert haben. Denn in einer Beratung zwischen Konig Olav dem Heiligen und dem Schwedenkonig Onund sagt Olav:
?Wir haben doch ein sehr starkes Heer und gute Schiffe die Menge, und wir konnen sehr wohl den ganzen Winter hindurch an Bord unserer Schiffe bleiben nach der Art der alten Wikingerkonige.“
[11]
Der Heerkonig auf dem Festland war wahrend der
Volkerwanderungszeit
gleichzeitig Identifikationsfigur. Die germanischen
gentes
sind nach heutiger Ansicht durchaus multiethnisch gewesen. Sie erhielten ihre Identitat durch die Zugehorigkeit zu einem bestimmten Heerkonig und dessen Familie, an deren Seite sie kampften und deren Traditionen sie ubernahmen. Die fruhmittelalterliche ethnische Terminologie ist nicht kulturell, linguistisch oder geographisch, sondern militarisch und politisch. Die Ethnie war also nicht eine objektive Kategorie mit einer prazisen Definition, sondern ein subjektiver Prozess, durch den sich die Individuen selbst und auch die anderen definierten, und zwar in bestimmten Situationen, besonders im Zusammenhang mit Konflikt und Krieg. Die ethnischen Gruppen veranderten sich daher schnell und definierten sich auch um und zwar mit verbluffender Schnelligkeit.
Alle diese Konigsbezeichnungen durften sekundar und erst in der
Wikingerzeit
entstanden sein, also im 8. Jahrhundert Der Begriff ?Konig“ fur einen Herrscher in einem Gebiet ist aber offenbar alter. Wahrscheinlich haben Sohne von Konigen, die zum Wikingern auszogen, den Konigstitel fur ihre Heerfahrt angenommen.
Sobald der Konigstitel
erblich
geworden war, waren offenbar seine mannlichen Nachkommen gleichberechtigt zur Nachfolge berufen, entweder, indem sie gemeinsam regierten oder das Reich teilten oder indem einer die Regierung allein ubernahm, der andere mit Vermogen abgefunden wurde. Die Mundigkeit zur Herrschaft wird allgemein auf das 12. Lebensjahr angesetzt. Das Konigtum war Eigentum und Erbgut des regierenden Hauses. Im Norwegen des christlichen Mittelalters war es das 15. Lebensjahr.
Erik Magnusson
stand 1280 mit 12 Jahren noch unter der Vormundschaft des Reichsrates.
Fur Frauen gab es eine ?latente“ Thronfolgeberechtigung. Sie konnten zwar selbst nicht Herrscherinnen werden, aber den ihnen an sich zukommenden Herrschaftsanspruch auf ihren Ehemann oder Sohn weitergeben. Die
Heimskringla
(keine Geschichtsschreibung, aber ein Spiegel der Kenntnisse der Verfasser uber bestimmte Gesellschaftsstrukturen) berichtet, dass Konig
Eysteinn Halfdanarson
Vestfold geerbt habe, als sein Schwiegervater, Konig
Eirikur Agnarsson
kinderlos gestorben war. Konig
Halvdan Svarte
, der Vater Harald Harfagres soll erst einen Teil von Agdir von Konig
Haraldur granrauði
, seinem Großvater mutterlicherseits und dann auch noch Sogn uber seinen Sohn Harald von dessen mutterlichen Großvater
Harald gullskegg
geerbt haben. Das war auch mit dem normalen Erbrecht vereinbar. Danach konnten Frauen eine Grundherrschaft erben, allerdings die Herrschaft nicht personlich ausuben.
Bei der Thronfolge wurde das normale Erbrecht nachgebildet. So schloss der nahere Verwandtschaftsgrad den ferneren vollstandig aus. Dabei wurde allerdings nicht vom verstorbenen Konig aus gerechnet, sondern vom Stammvater, von dem das Konigtum abgeleitet wurde. So schloss der Sohn zwar den Enkel aus. Aber wenn der verstorbene Konig einen Sohn und eine Tochter hatte, so waren die Sohne des Sohnes und ihre Sohne gleichberechtigt. Bei der Erbfolge in einen Gutshof galt: Die mannlichen Nachkommen schlossen die weiblichen zwar aus, nahmen ihnen aber nicht das latente Nachfolgerecht. Bei zwei Schwestern verdrangte diejenige, die einen Sohn hatte, die Schwester, die nur eine Tochter hatte, vom Hof. Hatte in der nachsten Generation der Sohn nur eine Tochter und die Schwester-Tochter einen Sohn, so verdrangte dieser umgekehrt die Tochter. Dies ist alles so im
Gulathingslov
geregelt. Wie weit diese Regeln auch auf die Thronfolge angewendet wurden, lasst sich nicht feststellen. Jedenfalls gab es einen Unterschied: Wahrend nach der zivilen Erbfolgeregelung uneheliche Sohne erst nach den Geschwisterkindern erben konnten, waren außereheliche Kinder ohne weiteres thronfolgeberechtigt.
Hakon der Gute
war unehelicher Sohn von
Harald Harfagri
,
Magnus der Gute
war unehelicher Sohn von
Olav dem Heiligen
. Die meisten Konige damals waren unehelich.
Bei der gemeinsamen Regierung mehrerer Bruder folgte der Sohn eines versterbenden Konigs seinem Vater nicht nach, sondern dessen Konigsherrschaft wuchs den verbleibenden Konigen zu.
Harald Harfagre versuchte, durch Hausgesetz die Erbfolge erstmals abweichend zu regeln, indem er bestimmte, dass seine Sohne das Reich teilen sollten, aber einer das Oberkonigtum innehaben sollte. Jeder sollte sein Konigtum im Mannesstamme vererben. Die Sohne von Tochtern sollten ? ebenfalls erblich ? die Jarlswurde erhalten, womit eine kleinere Herrschaft, dem Konig untergeordnet, bezeichnet war. Mit Hilfe des Oberkonigtums sollte trotz der Teilung der Herrschaft eine Einheit des Reiches nach außen gewahrt bleiben.
Die Funktion des Konigtums anderte sich im christlichen Mittelalter, insbesondere um 1300, allmahlich. Unter
Erik II.
und besonders unter seinem Nachfolger
Hakon Magnusson
bekam der Konig eine im fruhen Skandinavien unbekannte Rolle als oberster Gesetzgeber und oberster Richter. Um diese Zeit wurde der
Konigsspiegel
in altnorwegischer Sprache verfasst, der die Stellung des Konigs ausschließlich biblisch begrundet. Hier kommen die kontinentalen Stromungen der Rechts- und Staatswissenschaften zum Tragen.
Nachdem die ostfrankische Linie der
Karolinger
ausgestorben war, entstand ein
Wahlkonigtum
im
Ostfrankischen Reich
, aus dem das
Heilige Romische Reich
hervorging. Der Konig wurde von einem bestimmten Kreis der
Großen
des Reichs gewahlt (nicht alle Fursten waren am Wahlakt beteiligt bzw. konnten das Recht beanspruchen), es existierte keine Erbmonarchie.
[12]
Die Konigsmacht war nie absolut, vielmehr waren die romisch-deutschen Konige auf die Kooperation der Großen angewiesen (
Konsensuale Herrschaft
). Die Konige konnten den Papst darum bitten, sie zum
Kaiser
zu kronen, wofur nun nur noch die romisch-deutschen Konige in Frage kamen. Ihr Kaisertum und ihr Konigtum war (wie im Mittelalter allgemein ublich) mit dem
Gottesgnadentum
verbunden und stand nun auch in Verbindung mit der universalen
Reichsidee
. Romisch-deutsche Konige ohne Kaiserwurde trugen den Titel
Rex Francorum
, ab dem 11. Jahrhundert
Rex Romanorum
(siehe
Romisch-deutscher Konig
). Der Kreis der Wahlberechtigten engte sich immer mehr ein, da unter den damaligen Bedingungen nur ein Bruchteil von ihnen praktisch an der Wahl beteiligt war. Seit dem
staufisch-welfischen Thronstreit
von 1198 war eine Konigswahl nur gultig, wenn daran die
Erzbischofe
von Mainz, Koln und Trier sowie der rheinische
Pfalzgraf
beteiligt waren. Aus dieser Gruppe gingen dann im
Spatmittelalter
die
Kurfursten
(von
kuren
= wahlen) hervor, die spatestens seit 1273 die alleinigen Wahler waren, was 1356 in der
Goldenen Bulle
verbindlich festgeschrieben wurde.
Nach 1530 war der gewahlte Konig automatisch Kaiser.
[13]
Die Kaiserkronung fand nun ohne Beteiligung des Papstes in Aachen statt. Gleichwohl war der Kaiser immer noch romisch-deutscher Konig. Neben der deutschen Konigswurde gab es im Heiligen Romischen Reich nur die Konigswurde von Burgund (zuletzt von
Karl IV.
wahrgenommen) und die von Bohmen.
Unter diesen Bedingungen wahlten in der Zeit des
Absolutismus
nach Glanz strebende deutsche Territorialherrscher den Ausweg, außerhalb des Reiches Konig zu werden:
August der Starke
, Kurfurst von Sachsen, ließ sich 1697 zum
Konig von Polen
wahlen. Kurfurst
Friedrich III. von Brandenburg
war
Souveran
im außerhalb des Reichs gelegenen
Herzogtum Preußen
. Im Jahr 1701 erreichte er nach Verhandlungen mit Kaiser
Leopold I.
die Anerkennung seiner
Selbstkronung
zum
Konig in Preußen
. Die
welfischen
Kurfursten von
Hannover
stellten seit 1714 in Personalunion den
Konig von Großbritannien
.
Bayern
,
Wurttemberg
und
Sachsen
wurden erst nach dem Ende des
Heiligen Romischen Reiches
,
Hannover
nach dem
Wiener Kongress
Konigreiche. Die Hannoverschen Welfen trugen danach bis zum Ende der Personalunion mit England 1837 die Kronen Englands und Hannovers.
Der Konigstitel wird in den meisten Landern Europas durch
Erbgang
nach dem Tod oder Rucktritt (Abdankung) des Vorgangers ubertragen. In den
Erbmonarchien
galt fruher fast immer das mannliche
Erstgeburtsrecht
. Nachfolger wurde also stets der alteste mannliche Erbe des verstorbenen Konigs. Die meisten europaischen
Monarchien
haben in den letzten Jahren die Erbfolge zugunsten des altesten leiblichen Erben ? gleichgultig ob Mann oder Frau ? geandert.
Einige Konigreiche, wie etwa
Polen
und heute noch
Malaysia
und der Vatikanstaat (Papst), waren dagegen
Wahlmonarchien
. In ihnen bestimmte ein festgelegter Kreis von Wahlern ? in
Deutschland
waren dies die
Kurfursten
? den Nachfolger eines verstorbenen oder abgesetzten Konigs.
Der formelle Amtsantritt eines Konigs erfolgt im Rahmen einer feierlichen
Kronung
, wie
im Vereinigten Konigreich
oder in einer
Huldigungszeremonie
, wie in den
Niederlanden
.
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Stefanie Dick:
Der Mythos vom ?germanischen“ Konigtum. Studien zur Herrschaftsorganisation bei den germanischen Barbaren bis zum Beginn der Volkerwanderungszeit.
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Hoffmann:
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Lindstrom:
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- ↑
Kap. 30 uber Hrolf Krakes Tod:
I þann tima herjuðu konungar mjok i Sviaveldi, bæði Danir ok Norðmenn. Varu margir sækonungar, þeir er reðu liði miklu ok attu engi lond. Þotti sa einn með fullu heita mega sækonungr, er hann svaf aldri undir sotkum asi, ok drakk aldri at arinshorni.
- ↑
Heimskringla. Olafs saga helga. Kap. 151.
- ↑
Franz-Reiner Erkens
:
Konig.
In:
Handworterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte
.
2. Auflage. Bd. 3 (2016), Sp. 3?18.
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Maximilian wurde noch zu Lebzeiten seines Vaters, Kaiser Friedrichs III., in Frankfurt am Main zum
Rex Romanorum
gewahlt und gekront. Die geplante Kronung durch den Papst in Rom konnte nicht vollzogen werden. Maximilian ließ sich am 4. Februar 1508 von Furstbischof Matthaus Lang in Trient salben (nicht kronen). Erst danach, am 8. Februar, traf die papstliche Bestatigung des Kaisertitels ein. Fortan nannte sich Maximilian
Erwahlter Romischer Kaiser
. Sein Enkel
Karl V.
wurde am 20. Juni 1519 von den deutschen Kurfursten in Abwesenheit zum
Rex Romanorum
gewahlt. Beim Kongress von Bologna 1529/30 handelte er mit Papst Clemens VII. eine Neuordnung Italiens aus und erhielt dafur dort am 22. Februar 1530 die eiserne Krone der Lombardenkonige und zwei Tage spater die Krone als Kaiser Karl V.