George Boole

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George Boole (um 1860)

George Boole [ ?d??ːd? ?buːl ] (* 2. November 1815 in Lincoln , England ; † 8. Dezember 1864 in Ballintemple, in der Grafschaft Cork , Irland ) war ein englischer Mathematiker ( Autodidakt ), Logiker und Philosoph . Er ist vor allem dadurch bekannt, dass die fur die Computertechnik grundlegende boolesche Algebra nach ihm benannt wurde. Boole erkannte als erster, dass die Aussagenlogik als eine Algebra aufgefasst werden kann, die zwei Elemente hat (heute als die zwei Wahrheitswerte bezeichnet). Seine Arbeiten markieren dadurch den Beginn einer Entwicklung, mit der die traditionelle Aristotelische Logik abgelost wurde und die Logik in die Mathematik integriert wurde.

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

George Boole wurde in Lincolnshire geboren. Er hatte außer der Grundschulbildung keine weiterfuhrenden Schulen besucht. Er brachte sich autodidaktisch Altgriechisch, Franzosisch und Deutsch bei. Mit 16 Jahren wurde er Hilfslehrer, um seine Familie finanziell zu unterstutzen. Im Alter von 19 Jahren grundete Boole seine eigene Schule. Auf Grund seiner wissenschaftlichen Arbeiten wurde er 1848 Mathematikprofessor am Queens College in Cork (Irland), obwohl er selbst keine Universitat besucht hatte. Dort lernte er Mary Everest kennen, seine spatere Frau. Sie war mathematisch interessiert, arbeitete als Bibliothekarin und setzte sich mit der Didaktik der Mathematik auseinander. Ihr Onkel George Everest war Namensgeber des hochsten Bergs der Welt. George und Mary hatten funf Tochter, darunter die Autorin und Musikerin Ethel Lilian Voynich (1864?1960) und Alicia Boole Stott (1860?1940), der es als Mathematikerin ohne formale akademische Bildung gelang, die regularen Polyeder in vier Dimensionen zu klassifizieren. Von der Royal Society wurde Boole 1844 mit der Royal Medal ausgezeichnet. 1847 publizierte er sein epochemachendes Logikwerk The Mathematical Analysis of Logic und 1854 sein ausfuhrlicheres Buch An Investigation of the Laws of Thought . 1857 wurde er zum Mitglied (?Fellow“) der Royal Society gewahlt.

Booles Grabstein auf dem Friedhof von St Michael’s, Blackrock, Irland
George Booles Haus, Bachelor's Quay, Cork

Fruher Tod [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

George Boole starb am 8. Dezember 1864 mit nur 49 Jahren an einer fiebrigen Erkaltung. Auf seinem Fußweg ging er zwei Meilen weit im stromenden Regen zur Universitat, wo er anschließend seine Vorlesung in durchnassten Kleidern hielt. Er erkaltete sich, bekam hohes Fieber und erholte sich davon spater nicht mehr. Seine Frau war Anhangerin der Homoopathie , die ?Gleiches mit Gleichem“ zu behandeln pflegte. Sie soll den an der fiebrigen Erkaltung erkrankten Gatten im Bett eimerweise mit kaltem Wasser ubergossen haben. Als seine Todesursache wurde Pleuraerguss angegeben. [1]

Hauptwerk [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Boole schuf in seiner Schrift The Mathematical Analysis of Logic von 1847 den ersten algebraischen Logikkalkul und begrundete damit die moderne mathematische Logik , die sich von der bis dato ublichen Logik durch eine konsequente Formalisierung abhebt. Er formalisierte die klassische Logik und Aussagenlogik und entwickelte ein Entscheidungsverfahren fur die wahren Formeln uber eine disjunktive Normalform . [2] [3] Boole nahm damit ? da aus der Entscheidbarkeit der klassischen Logik ihre Vollstandigkeit und Widerspruchsfreiheit folgt ? schon gut 70 Jahre vor Hilberts Programm fur ein zentrales Logikgebiet die Losung der von David Hilbert gestellten Probleme vorweg. Als Verallgemeinerungen von Booles Logikkalkul wurden spater die sogenannte boolesche Algebra und der boolesche Ring nach ihm benannt.

1964 wurde der Mondkrater Boole nach ihm benannt, [4] ebenso 2001 der Asteroid (17734) Boole . [5]

Booles Originalkalkul [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Boole benutzte die gewohnliche Algebra, die heute als Potenzreihen-Ring uber dem Korper der reellen Zahlen prazisiert wird. [6] In sie bettete er die klassische Logik ein, indem er die Konjunktion UND als Multiplikation und die Negation als Differenz zur definierte und fur logische Terme die Idempotenz forderte, das heißt: [7]

UND
NICHT
fur alle logischen Terme

Es handelt sich dabei um eine Einbettung, in der nicht alle Terme einen logischen Sinn haben; beispielsweise ist wegen die Summe logisch sinnlos, weshalb Boole uninterpretierbar nannte. [8] Die Addition ist also im logischen Bereich nur eine partielle Operation, weshalb er bei den logischen Termen und Operatoren von elective symbols, elective functions, elective equations sprach. [9] Dieser Sachverhalt wurde von seinen Nachfolgern kritisiert. [10] [11] Seine Methode ist aber vollig korrekt. Denn der logische Bereich ist operativ abgeschlossen: Es ist die von idempotenten Unbestimmten, der 1, der Multiplikation und der Negation erzeugte Struktur, da idempotent ist und mit und auch und idempotent sind, wie man leicht nachrechnet. Damit wirken auch alle definitorisch ableitbaren logischen Operatoren in diesem Bereich, insbesondere die einschließende und die ausschließende Disjunktion: [12]

ODER
ENTWEDER ODER

Beide Definitionen gehoren zum logischen Bereich:

Seine ODER-Definition liefert offenbar alle Axiome der spateren booleschen Algebra und seine ENTWEDER-ODER-Definition alle Axiome des spateren booleschen Rings , wobei die Additionen und strikt zu unterscheiden sind.

Boole entwarf seinen Kalkul primar als Begriffs- oder Klassenlogik , in dem das Universum (die Allklasse) ist und die Unbestimmten Klassen (Begriffe) reprasentieren. Innerhalb dieses Kalkuls stellte er dann die scholastische Syllogistik mit Gleichungssystemen dar. [13] Ihre grundlegenden Pradikate reprasentierte er durch Gleichungen: [14]

ALLE SIND    mit gleichwertiger Umformung
KEINE SIND

Sekundar gebrauchte Boole seinen Kalkul auch als Aussagenlogik , in dem die Unbestimmten Aussagen reprasentieren und und die Wahrheitswerte: [15]

IST WAHR
IST FALSCH

Sein logisches Entscheidungsverfahren uber eine Normalform [2] erganzte er durch ein gleichwertiges semantisches Entscheidungsverfahren mit Wahrheitswert-Einsetzungen in boolesche Funktionen, die jedem belegten logischen Term einen Wahrheitswert zuordnen. [16] Dieses Verfahren entspricht dem Entscheidungsverfahren mit Wahrheitstafeln , das zur Ermittlung von Tautologien dient.

Modifikationen von Booles Kalkul [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Unter der booleschen Algebra wird heute nicht Booles originale Algebra verstanden, sondern der boolesche Verband , den Boole-Nachfolger entwickelten. 1864 entfernte William Stanley Jevons bei Boole die logisch sinnlosen mathematischen Terme und gab der Addition einen logischen Sinn als inklusives ODER mit der Regel . [17] Boole, der mit ihm korrespondierte, war nicht einverstanden mit dieser Uminterpretation der Addition, weil die Regeln der ublichen Algebra verletzt sind, denn impliziert in ihr . [18] Dennoch setzte sich diese Modifikation von Booles Kalkul durch, maßgeblich beeinflusst durch Ernst Schroder , der dazu 1877 das erste vollstandige Axiomensystem formulierte, das Giuseppe Peano 1888 in die moderne nicht-additive Form brachte. [19] [20]

Booles Kalkul lasst sich auch so modifizieren, dass keine logisch sinnlosen Terme mehr vorkommen und die ublichen Rechenregeln fur die Addition gewahrt bleiben. Dazu muss die Addition im logischen Bereich abgeschlossen sein und die Idempotenz erfullen; dann gilt speziell , was impliziert, so dass auch gilt und selbstinverse Terme vorliegen. Hierdurch erhalt die Addition den Sinn des exklusiven ENTWEDER-ODER. Diese Kalkulvariante gab Iwan Iwanowitsch Schegalkin 1927 erstmals an zusammen mit einer vollstandigen Axiomatisierung. [21] Dabei entsteht ein sogenannter boolescher Ring , dem Marshall Harvey Stone 1936 den Namen gab. Boolesche Ringe sind rechnerisch elegant, weil hier die schulbekannten Rechenregeln gelten. Die zur Entscheidbarkeit einer Formel notwendige Normalform entsteht hier einfach durch distributives Ausmultiplizieren und Streichen doppelter Faktoren und Summanden mit der Idempotenz und der Zusatzregel .

Beide Kalkulvarianten sind in Booles Originalkalkul implizit enthalten, da man mit seinen Definitionen beide Axiomensysteme ableiten kann.

Schriften [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • George Boole: The mathematical analysis of logic, being an essay towards a calculus of deductive reasoning. Macmillan, Barclay, & Macmillan u. a., Cambridge u. a. 1847, ( Digitalisat ).
    • ubertragen, kommentiert und mit einem Nachwort und Anhang versehen von Tilman Bergt: The mathematical analysis of logic. Being an essay towards a calculus of deductive reasoning. = Die mathematische Analyse der Logik. Hallescher Verlag, Halle (Saale) 2001, ISBN 3-929887-29-0 (englisch und deutsch).
    • gekurzt und aus dem Englischen ubertragen abgedruckt in: Karel Berka , Lothar Kreiser : Logik-Texte. Kommentierte Auswahl zur Geschichte der modernen Logik. 4., gegenuber der 3. erweiterte, durchgesehene Auflage. Akademie Verlag, Berlin 1986, S. 25?28, DNB 850989647 , (Erstausgabe 1971).
  • George Boole: An Investigation of The Laws of Thought, On Which Are Founded the Mathematical Theories of Logic and Probabilities. Walton and Maberly u. a., London u. a. 1854, ( Digitalisat ; Reprint: Dover, New York NY 1958).
  • George Boole: Selected Manuscripts on Logic and its Philosophy (= Science networks. 20). Herausgegeben von Ivor Grattan-Guinness und Gerard Bornet. Birkhauser, Basel u. a. 1997, ISBN 3-7643-5456-9 (englisch).

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : George Boole  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. 200. Geburtstag von George Boole: Der Mann, der uns die Online-Suche ermoglichte. Spiegel online vom 2. November 2015.
  2. a b Boole: The Mathematical Analysis of Logic. S. 60 ff., definiert uber MacLaurin-Reihen .
  3. ?[…] it is interesting to see that the methods Boole introduced can be applied in a mechanical fashion. In effect he has given what is now called a decision procedure“ ( William Kneale , Martha Kneale : The Development of Logic. Clarendon Press, Oxford 1962, (Reprint, with corrections. ebenda 1984, ISBN 0-19-824773-7 , S. 240)).
  4. Gazetteer of Planetary Nomenclature
  5. Minor Planet Circ. 41942
  6. Boole: The Mathematical Analysis of Logic. S. 18: ?properties which they possess in common with symbols of quantity, and in virtue of which, all the processes of common algebra are applicable to the present System.“ Dazu gehoren insbesondere die Division S. 73 und Taylorreihen-Entwicklungen S. 60ff. Quantity meint Großen, dem damaligen Ausdruck fur reelle Zahlen.
  7. Boole: The Mathematical Analysis of Logic. S. 15 Konjunktion , S. 17 Idempotenz, S. 20 Negation .
  8. Boole: An Investigation of the Laws of Thought. S. 66: ?The expression seems indeed uninterpretable, unless it be assumed that the things represented by and the things represented by are entirely separate; that they embrace no individuals in common.“
  9. Boole: The Mathematical Analysis of Logic. S. 16.
  10. William Stanley Jevons: Pure logic or the logic of quality apart from quantity. Stanford, London 1864, S. 3. : The forms of my system may, in fact, be reached by divesting his system of a mathematical dress, which, to say the least, ist not essential to it.
  11. Ernst Schroder : Der Operationskreis des Logikkalkuls. Teubner, Leipzig 1877, Vorwort S. III : ?Ballast der algebraischen Zahlen“, ?nicht deutungsfahigen Symbolen wie 2, -1, 1/3, 1/0“.
  12. Boole: The Mathematical Analysis of Logic. S. 53 (30) inklusives ODER, S. 53(31) exklusives ENTWEDER-ODER.
  13. Boole: The Mathematical Analysis of Logic. S. 31?47.
  14. Boole: The Mathematical Analysis of Logic. S. 21 (4)(5).
  15. Boole: The Mathematical Analysis of Logic. S. 51 (25)(26).
  16. Boole: The Mathematical Analysis of Logic. S. 62?64, Prop. 1 mit Korollaren; er sprach hier von ?Modulen einer Funktion“.
  17. William Stanley Jevons: Pure logic or the logic of quality apart from quantity. Stanford, London 1864, S. 26. (69.) A+A als "A or A" mit Regel A+A=A.
  18. Zur Korrespondenz zwischen Boole und Jevons: George Boole. In: Stanford Encyclopedia of Philosophy. 5.1 Objections to Boole's Algebra of Logic.
  19. Ernst Schroder: Der Operationskreis des Logikkalkuls. Teubner, Leipzig 1877, S. 8?17. (2)(3)(5)(6)(7).
  20. Giuseppe Peano : Calcolo geometrico secondo l’Ausdehnungslehre di H. Grassmann preceduto dalle operazioni della logica deduttiva (= Biblioteca matematica. 3, ZDB -ID 1002793-2 ). Fratelli Bocca, Turin 1888, S. 3?5, in: Boolesche Algebra#Definition .
  21. Иван Иванович Жегалкин: О технике вычислений предложений в символической логике. In: Математический Сборник. Band 34, 1927, ISSN   0368-8666 , S. 9?28, hier S. 11 f. das Axiomensystem.