Altes Theater (Leipzig)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Das Alte Theater, links im Hintergrund die Reformierte Kirche (1906)

Das Alte Theater (fruher auch Neues Theater , Comodienhaus , Theater der Stadt Leipzig , Theater am Ranstadter Tor ) war der erste steinerne Theaterneubau in Leipzig . Es stand am heutigen Richard-Wagner-Platz , der zuvor Fleischerplatz/Theaterplatz und davor Rannische Bastei hieß. An seiner Stelle befindet sich heute die viergleisige Straßenbahnhaltestelle Goerdelerring .

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das Comodienhaus auf der Rannischen Bastei (1784)

Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts war der Theaterbetrieb in Leipzig, abgesehen von einem Privileg der Neuberin (1697?1760) von 1727 bis 1733 fur ein stationares Theater, von reisenden Schauspielertruppen an verschiedenen Orten der Stadt wahrgenommen worden. 1749 erhielt der Theaterprinzipal Heinrich Gottfried Koch (1703?1775) das kursachsische Privileg einer dauernden Spielerlaubnis. Er nutzte fur seine Vorstellungen einen Theatersaal in Quandts Hof mit im Halbkreis angeordneten Zuschauerplatzen. Der Bau eines eigenen Theaterhauses wurde ihm zunachst verwehrt.

Der Theaterzettel zur Eroffnung 1766

Er konnte aber, nachdem er zwischenzeitlich Leipzig fur einige Jahre verlassen hatte, eine erfolgreiche Initiative nutzen, die der Leipziger Kaufmann Gottlieb Benedict Zemisch (1716?1789) mit weiteren Mitstreitern nach dem Siebenjahrigen Krieg unternommen hatte, ein Theaterhaus errichten zu durfen. Der Dresdner Architekt Georg Rudolph Fasch (1715?1787) plante den ?Comodienhaus“ genannten und 1766 fertiggestellten Bau auf den nordwestlichen Fundamenten der Stadtmauer, der Rannischen Bastei. Es hatte bei einem halbrunden Grundriss des Zuschauerraums auf drei Rangen und Logen 1186 Sitzplatze, im Parkett und auf der Galerie gab es nur Stehplatze. Der Buhnenvorhang war von Adam Friedrich Oeser (1717?1799) gemalt worden.

Nach einem gereimten Prolog von Universitatsprofessor Christian August Clodius (1737?1784) eroffnete die Koch’sche Truppe das Haus am 10. Oktober 1766 mit der Tragodie Herrmann von Johann Elias Schlegel (1719?1749), gefolgt von einem Schaferballett und der Komodie Die unvermuthete Wiederkunft von Jean-Francois Regnard (1655?1709). Der Student Johann Wolfgang Goethe (1749?1832) wohnte der Eroffnung als Zuschauer bei.

Einen wesentlichen Teil des Repertoires machten Singspiele von Johann Adam Hiller (1728?1804) aus, meist nach Libretti von Christian Felix Weiße (1726?1804). 1768 wohnte Gotthold Ephraim Lessing (1729?1781) einer Auffuhrung seines Lustspiels Minna von Barnhelm bei, und 1801 erlebte Schillers Jungfrau von Orleans hier die Urauffuhrung. Schiller selbst kam erst zur zweiten Vorstellung.

Das Haus blieb zunachst im Privatbesitz Zemischs. 1796 kaufte es die Stadt seiner Witwe ab, ohne sich jedoch um die Auffuhrungen zu kummern. Des Sommers schickte der Dresdner Hof die Theatergruppen von Franz und Joseph Seconda nach Leipzig. Nach kleineren Umbauten am Buhnenhaus 1796 und 1802 verfiel das Haus mehr und mehr. Nach den Befreiungskriegen forderten Leipziger Burger ein eigenes Theaterensemble. Nachdem die Genehmigung aus Dresden vorlag, grundete sich, vornehmlich aus Kaufleuten, ein sechzigkopfiger Theaterverein. Diesem verkaufte die Stadt das Haus unter der Maßgabe, es kunftig ?Theater der Stadt Leipzig“ zu nennen. Die Direktion des Hauses ubernahm der Jurist Karl Theodor Kustner (1784?1864). Er veranlasste 1817 nach einem Entwurf des badischen Architekten Friedrich Weinbrenner Umbauten und Erweiterungen im klassizistischen Stil, die vom Universitatsbaumeister Carl August Benjamin Siegel (1757?1832) realisiert wurden. Dabei entstand die funfturige Schaufassade nach Westen mit der symbolischen Schmuckdekoration im Giebelfeld.

Am 26. August 1817 erfolgte die Wiedereroffnung als Theater der Stadt Leipzig mit Schillers Braut von Messina und einem Prolog von Siegfried August Mahlmann (1771?1826). Kustner entwickelte wahrend seiner elfjahrigen Direktionszeit das Theater zu einem der bedeutendsten Deutschlands. Von 1829 bis 1832 fungierte es als Sachsisches Hoftheater, anschließend kam die Leitung wieder in private Hand, und Friedrich Sebald Ringelhardt (1785?1855) ubernahm bis 1844 die Theaterdirektion. Hatte zuvor Heinrich Marschner (1795?1861) mit der Urauffuhrung seiner Opern fur Aufsehen gesorgt, war es nun Albert Lortzing (1801?1851), von dem acht Opern hier uraufgefuhrt wurden. Ringelhardt brachte aus Koln als Theatersekretar, Bibliothekar und Kassenassistent den spateren Kampfer der Revolution von 1848 Robert Blum (1807?1848) mit nach Leipzig.

Das Alte Theater (1911)

Nach dem Bau des Neuen Theaters am Augustusplatz, wurde das Haus 1868 in Altes Theater umbenannt und nur noch fur Schauspiel und kleinere Opern genutzt. Seit 1912 stand es abermals unter Verwaltung der Stadt Leipzig.

Am 7. Dezember 1912 fand die Urauffuhrung des Marchenspiels Peterchens Mondfahrt von Gerdt von Bassewitz statt, das dann ab 1915 als Buch mit Illustrationen ein Klassiker der deutschen Kinder- und Jugendliteratur wurde. Am 8. Dezember 1923 war hier auch die Urauffuhrung von Bertolt Brechts (1898?1956) Drama Baal . Sie loste einen Skandal aus. Das Stuck wurde auf Drangen des Oberburgermeisters Karl Rothe (1865?1953) vom Spielplan wieder abgesetzt. [1]

Bei der Bombardierung Leipzigs am 4. Dezember 1943 wurde auch das Alte Theater getroffen. Nach Kriegsende wurde die Ruine abgetragen.

Wichtige Urauffuhrungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Friedrich Schiller : Die Jungfrau von Orleans 11. September 1801
Heinrich Marschner : Der Vampyr 29. Marz 1828
Der Templer und die Judin 22. Dezember 1829
Richard Wagner : Konzertouverture in d-Moll 25. Dezember 1831 [2]
Schauspielmusik zu Konig Enzio 17. Februar 1832 [3]
Heinrich Marschner: Des Falkners Braut 10. Marz 1832
Das Schloss am Atna 29. Januar 1836
Albert Lortzing : Die beiden Schutzen 20. Februar 1837
Zar und Zimmermann 22. Dezember 1837
C aramo oder Das Fischerstechen 20. September 1839
Hans Sachs 23. Juni 1840
Casanova 31. Dezember 1841
Der Wildschutz 31. Dezember 1842
Zum Großadmiral 13. Dezember 1847
Rolands Knappen 25. Mai 1849
Robert Schumann : Genoveva 25. Juni 1850
Gerdt von Bassewitz : Peterchens Mondfahrt 7. Dezember 1912
Franz Werfel : Der Spiegelmensch 15. Oktober 1921, auch in Stuttgart
Ernst Toller : Der deutsche Hinkemann 19. September 1923
Bertolt Brecht : Baal (8. Dezember 1923)
Kurt Weill : Der Silbersee 18. Februar 1933, auch in Magdeburg und Erfurt

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Friedrich Gottlob Leonhardi , Leipzig um 1800 , kommentierte und mit einem Register versehene Neuausgabe der Geschichte und Beschreibung der Kreis- und Handelsstadt Leipzig (1799), hrsg. v. Klaus Sohl , Lehmstedt Verlag , Leipzig 2010, ISBN 978-3-942473-03-3 , S. 72?74
  • Roland Dressler: ?... mit vielem Pracht und Geschmack eingeweyhet“ . In: Leipziger Blatter . Nr.   68 , 2016, S.   52?55 .
  • Georg Witkowski: Geschichte des literarischen Lebens in Leipzig . B. G. Teubner, Leipzig und Berlin 1909, S.   439?460 . (online)
  • Allgemeines Theaterlexikon . Band   5 . Expedition des Theaterlexikons, Altenburg und Leipzig 1846, S.   107?116 . (online)

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Altes Theater  ? Sammlung von Bildern

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Bertolt Brechts ?Baal“ im Schauspielhaus. In: Website der Stadt Leipzig. Abgerufen am 21. Juli 2016 .
  2. Konzertouverture. In: Klassika. Abgerufen am 21. Juli 2016 .
  3. Konig Enzo. In: Klassika. Abgerufen am 21. Juli 2016 .

Koordinaten: 51° 20′ 39″  N , 12° 22′ 18,6″  O