Johann Adam Hiller
, bis 1763
Huller
, (*
25. Dezember
1728
in
Wendisch Ossig
, heute
Osiek Łu?ycki
, bei
Gorlitz
; †
16. Juni
1804
in
Leipzig
) war ein deutscher
Komponist
,
Musikschriftsteller
und
Kapellmeister
.
Seine Eltern waren der Lehrer und Gerichtsschreiber Johann Christoph Hiller († 1734) und dessen Ehefrau, eine Schicketanz aus Dresden.
Der 1728 geborene Johann Adam Hiller besuchte bis 1745 das
Gymnasium in Gorlitz
, lernte Klavier und
Generalbass
an der
Kreuzschule
in
Dresden
bei Kantor G.A. Homilius, ging 1751 nach Leipzig und begann ab diesem Zeitpunkt ein Jurastudium an der
Universitat Leipzig
. 1754 wurde er Hauslehrer bei Graf
Heinrich Adolph von Bruhl
, mit dem er 1758 erneut nach Leipzig ging.
1759 begrundete er die Musikzeitschrift
Der musikalische Zeitvertreib
, laut Brockhaus-Enzyklopadie von 1831 die ?erste praktisch-musikalische Zeitschrift Teutschlands“.
[1]
Im Jahr 1763 nahm Hiller die Tradition des 1743 von Buchhandler
Johann Friedrich Gleditsch
gegrundeten und seit 1756 infolge des
Siebenjahrigen Krieges
eingestellten Leipziger
Großen Konzerts
als Flotist und Sanger wieder auf. Rief 1763 in Leipzig die ≫Liebhaberkonzerte≪ ins Leben.
Von 1766 bis 1770 gab er die
Wochentlichen Nachrichten, die Musik betreffend
heraus. Seit 1771 fuhrte Hiller eine Singschule in Leipzig, aus der beruhmte Sangerinnen hervorgingen. Zu seinen Schulerinnen gehorten etwa
Corona Schroter
und
Elisabeth Mara
sowie die Schwestern Podleska, die 1832 ein
Denkmal
fur ihn stifteten, das erste Denkmal fur einen Musiker in Leipzig. Im Jahr 1775 begrundete er die
Musikubende Gesellschaft
, deren Konzerte zunachst im Apelschen Haus (seit 1904
Konigshaus
) in Leipzig, ab 1781 dann im
Leipziger Gewandhaus
stattfanden. Damit war er der erste Kapellmeister des
Gewandhausorchesters
.
1782 richtete Hiller in
Mitau
die Hofkapelle des Herzogs
Peter von Kurland
ein. Am 19. Mai 1786 organisierte er im
Berliner Dom
eine Auffuhrung des
Messiah
von
Georg Friedrich Handel
. Fur diese Auffuhrung und die am 3. November des gleichen Jahres in der
Universitatskirche Leipzig
stattfindende Leipziger Erstauffuhrung hatte Hiller einige auffuhrungspraktische Anderungen vorgenommen, die dem Werk einen neuen Impuls in der Handel-Renaissance geben sollten. Ein Jahr spater unternahm Hiller ahnliche Maßnahmen fur Handels Oratorium
Judas Maccabaeus
.
Von 1789 bis 1801 war Hiller
Thomaskantor
der Thomasschule. Außerdem war Hiller zeitweilig Musikdirektor an der
Thomaskirche
und Organist an der
Neukirche
.
Hiller starb 1804 in Leipzig.
Er war mit Christiana Eleonora Gestewitz verheiratet, und Schwager von
Friedrich Christoph Gestewitz
. Das Paar hatte drei Sohne und drei Tochter. Sein Sohn
Friedrich Adam Hiller
(1767?1812) wurde ebenfalls Komponist.
- Hiller schuf mit seinen Singspielen weitere Grundlagen fur eine eigenstandige Entwicklung der dt. kom. Oper, dabei ordnete er den volkstuml. Gestalten Liedtypen, den aristokrat. Arienformen zu; seine Singspiele wurden innerhalb der sich entwickelnden Kultur des dt. Burgertums zu einer derart einflussreichen Erscheinung, dass sie auf die Dichtkunst der Zeit zuruck wirkten und selbst Goethe zu Lyrik im Volkston anregten.
- Ein Thema aus Hillers Singspiel
Der Aerndtekranz
bildet die Grundlage zur Komposition
Variationen und Fuge uber ein Thema von J. A. Hiller
, dem 1907 vollendeten op. 100 von
Max Reger
.
- 1832 wurde Hiller neben der Leipziger Thomaskirche ein
Denkmal
errichtet, dessen heutiges Relikt eine Gedenktafel an dieser Kirche ist.
- Eine posthume Ehrung wurde Hiller anlasslich des 200. Geburtstags in seinem Heimatort Wendisch Ossig zuteil. Im Rahmen der Sonntagspredigt erinnerte Pastor Rochowski an den großen Sohn des Dorfes. Anschließend wurde eine Linde (
Hillerlinde
) gepflanzt und ein Gedenkstein geweiht.
- Anlasslich des 35-jahrigen Bestehens der stadtischen Musikschule Gorlitz bekam diese 1986 den Beinamen
Johann Adam Hiller
verliehen.
[2]
- Das Singspiel
Das Orakel
nach dem Text von
Christian Furchtegott Gellert
galt als verschollen. Ende 2011 wurde der vollstandige Klavierauszug in letzter Minute auf dem Sortierband zum Reißwolf entdeckt und gerettet. Er befindet sich jetzt im
Thuringischen Landesmusikarchiv
in Weimar.
[3]
chronologisch
- Wochentliche Nachrichten und Anmerkungen die Musik betreffend.
4 Bande. Leipzig 1766?1770. Reprint: Hildesheim 1970.
- Anweisung zum musikalisch-richtigen Gesange.
Leipzig 1774, 2. Aufl. 1798.
- Anweisung zum musikalisch-zierlichen Gesange.
Leipzig 1780. Reprint: Leipzig 1976 (
Digitalisat
in der Google-Buchsuche).
- Ueber die Musik und deren Wirkungen.
Leipzig 1781. Reprint: Leipzig 1974.
- Lebensbeschreibungen beruhmter Musikgelehrten und Tonkunstler neuerer Zeit.
Leipzig 1784. Nachdruck: Edition Peters 1979.
[4]
- Fragmente aus Handels Messias. Nebst Betrachtungen uber die Auffuhrung Handelscher Singcompositionen
, Leipzig 1787
- Kurze und erleichtete Anweisung zum Singen fur Schulen in Stadten und Dorfern.
Leipzig 1792.
- Anweisung zum Violinspielen, fur Schulen, und zum Selbstunterrichte, nebst einem kurzgefaßten Lexicon der fremden Worter und Benennungen in der Musik.
Leipzig(?) 1792.
Johann Adam Hiller vertonte eine Reihe von
Singspielen
, alle nach
Libretti
von
Christian Felix Weiße
, die als Vorstufe der deutschen Spieloper gelten:
- Das Orakel
1753; Text: Christian Furchtegott Gellert
- I.Teil:
Der Teufel ist los
[5]
1766
- II.Teil:
Der lustige Schuster
1766
- Lisuart und Dariolette
1767
- Lottchen am Hofe
1767
- Die Liebe auf dem Lande
1768
- Die Jagd
1770
- Der Dorfbalbier
1771
- Der Arndtekrantz
1771
- Der Krieg
1772
- Die Jubelhochzeit
1773
- Poltis, oder das gerettete Troja
1773
- Das Grab des Mufti oder die beiden Geizigen
1779
Außerdem schrieb er Lieder,
Kantaten
und andere Kirchenmusik.
- Vierstimmige Motetten und Arien
in 6 Banden, Leipzig, 1776?1791
- Georg Friedrich Handels
Te Deum Laudamus zur Utrechter Friedensfeyer
ehemals in Englandischer Sprache componirt, und nun mit dem bekannten lateinischen Texte herausgegeben von Johann Adam Hiller.
Leipzig, 1. IX. 1780.
- Friedrich Wilhelm Bautz
:
Hiller, Johann Adam.
In:
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
(BBKL). Band 2, Bautz, Hamm 1990,
ISBN 3-88309-032-8
, Sp. 863?864
(
Artikel/Artikelanfang im Internet-Archive
)
.
- Lothar Hoffmann-Erbrecht
:
Hiller, Johann Adam.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972,
ISBN 3-428-00190-7
, S. 154 (
Digitalisat
).
- Rochus von Liliencron
:
Hiller, Johann Adam
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 12, Duncker & Humblot, Leipzig 1880, S. 420?423.
- Georgy Calmus:
Die ersten deutschen Singspiele von Standfuss und Hiller.
Breitkopf & Hartel, Leipzig 1908 (
Digitalisat
).
- Johann Adam Hiller:
Mein Leben. Autobiographie, Briefe und Nekrologe.
(Hrsg. und kommentiert von Mark Lehmstedt), Lehmstedt Verlag, Leipzig 2004,
ISBN 3-937146-13-X
.
- Doris Mundus:
?Denkmal gesucht!“ Vom Denkstein fur Johann Adam Hiller bis zum Denkmalsrest an der Thomaskirche.
In: Claudius Bohm (Hrsg.):
Johann Adam Hiller. Kapellmeister und Kantor, Komponist und Kritiker.
Kamprad, Altenburg 2005,
ISBN 3-930550-36-9
, S. 83?96.
- Gesine Schroder
:
Eine Operette fur Kinder von Johann Adam Hiller. Bericht von einem Instrumentationsprojekt.
Sachsische Landesbibliothek - Staats- und Universitatsbibliothek Dresden; Hochschule fur Musik und Theater Leipzig, 2011 (
urn
:
nbn:de:bsz:14-qucosa-71950
).
- Helmut Scheunchen
:
Lexikon deutschbaltischer Musik.
Verlag Harro von Hirschheydt, Wedemark-Elze 2002.
ISBN 3-7777-0730-9
. S. 106?108.
- ↑
Allgemeine Encyclopadie der Wissenschaften und Kunste: 2. Section, Teil 8, F.A. Brockhaus Leipzig 1831, S. 180
(Digitalisat)
- ↑
Historie der Musikschule
Johann Adam Hiller
Gorlitz.
(
Memento
vom 18. Mai 2011 im
Internet Archive
) Abgerufen am 15. April 2011.
- ↑
Verschollenes Singspiel ?Das Orakel“ vor dem Reißwolf gerettet
In:
musik heute
vom 12. Marz 2012.
- ↑
Online-Version, in Auszugen.
(
Memento
vom 10. Juli 2012 im
Internet Archive
) Abgerufen am 15. April 2011.
- ↑
Ouverture
(Klangbeispiel)
Kapellmeister des Gewandhausorchesters
Thomaskantoren zu Leipzig (seit der Reformation)
Leipziger Universitatsmusikdirektoren