Der
deutsche Adel
war bis 1919 eine gesellschaftlich
privilegierte
Bevolkerungsgruppe
. Insbesondere ubten Angehorige des
Adels
in den meisten deutschen
Territorien
die Herrschaft aus oder waren maßgeblich an ihr beteiligt. Der deutsche Adel
[A 1]
war aufgrund der territorialen Zersplitterung sehr heterogen. Eine Darstellung bzw. Beschreibung einer einheitlichen ?nationalen Adelsgeschichte“ ist daher nicht moglich.
[1]
Ab dem 11./12. Jahrhundert war der Adel im rechtlich-sozialen Sinne standisch organisiert
[2]
und Teil der
Standeordnung
. Nicht-Adlige konnten im
Mittelalter
als
Ritter
, ab dem 14. Jahrhundert durch
Nobilitierung
in den Adel aufsteigen. Bis zum Ende des
Heiligen Romischen Reichs
1806 war der deutsche Adel eng mit diesem verbunden, da Erhebungen in den Adelsstand fur das Reichsgebiet den
romisch-deutschen Kaiser
und Konigen vorbehalten waren. Nach 1806 waren alle
deutschen Bundesfursten
zur Nobilitierung berechtigt; das anderte sich auch nicht durch die
Grundung
des
bundesstaatlich
organisierten
Deutschen Kaiserreichs
im Jahre 1871.
Nach der
Novemberrevolution
von 1918/19 wurden mit der
Weimarer Reichsverfassung
vom 11. August 1919 die ?offentlich-rechtliche(n) Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes“ aufgehoben.
[3]
[A 2]
Der deutsche Adel, das heißt die Nachfahren des historischen Adels, stellt oftmals dennoch bis heute eine relativ geschlossene
Gesellschaftsschicht
mit eigenen Lebensformen, Umgangsweisen und differenziertem Standesethos dar.
[A 3]
[4]
[A 4]
Die
Archaologie
kennt fruheste Herrschaftszeugnisse vor allem aus Grabfunden und Resten ehemaliger Villen und Burgen, die als solche ?adeligen Lebens“ gedeutet werden
[5]
, ohne dass sichere Aussagen uber die soziale Struktur von Gemeinschaften gemacht werden konnen, zu denen keine schriftlichen Zeugnisse vorliegen.
[6]
Caesars
Schrift
De bello Gallico
(52/51 v. Chr.) und die
Germania
des
Tacitus
fruhestens aus dem Jahre 98 n. Chr.
[7]
werden oft als erster Beleg fur die Existenz eines
germanischen
Adels aufgefasst. Diese Deutung ist nach neueren Forschungen jedoch nicht haltbar: Sie steht im Kontext eines inzwischen uberholten Germanenbegriffs im Rahmen einer ?durch das Bedurfnis nach einer nationalkulturellen Identitatsbestimmung motivierten Geschichtsforschung“
[8]
in Deutschland im 19./20. Jahrhundert.
Caesar
bezeichnete germanische Fuhrer in seiner in den Jahren 52/51 v. Chr. verfassten Schrift
De bello Gallico
als
reges
, ebenso
Tacitus
in der fruhestens 98 n. Chr. in Rom erschienenen
Germania
. Ob dies tatsachlich bedeutet, dass es bei den Germanen
Konige
gab, wird in der neueren Forschung bezweifelt.
[9]
Es wird auch von
duces
im Sinne von Heerfuhrern,
principes
und deren
comites
berichtet. Letztere Bezeichnung wurde erst ab dem Fruhmittelalter fur die
Grafen
benutzt, wahrend bei Tacitus damit einfach eine
Gefolgschaft
gemeint ist. Innerhalb des Gefolges gab es Rangstufen, deren Bezeichnungen Tacitus nicht mitteilt, zumal sie im Belieben des jeweiligen Anfuhrers standen (die Bezeichnung germanischer Fuhrer als ?Konig“, weil einige von den lateinischen Autoren den Titel
rex
zugesprochen bekamen, ist ein Missverstandnis). Eine besonders vornehme Herkunft sicherte laut Tacitus selbst sehr jungen Mannern einen hohen Rang innerhalb des Gefolges (cap. 13). Ebenso wurden Stammes- oder Heerfuhrer wegen ihrer Herkunft aus angesehenen Familien, vor allem aber wegen ihrer Tuchtigkeit gewahlt (cap. 7). Inwieweit diese Strukturen, wie sie Caesar und Tacitus beschrieben, schon langere Zeit bestanden, inwieweit sie die Verhaltnisse bei den Germanen adaquat wiedergaben bzw. inwieweit es sich um eine Uminterpretation aus romischer Sicht handelt, ist umstritten. Eine Kontinuitat von den germanischen Herrschaftstrukturen zum spateren feudalen
Lehnswesen
und zur
Standegesellschaft
mit Vorherrschaft des Adels gibt es nach heutigem Forschungsstand jedenfalls nicht. Ebenso wenig ist aus den uberlieferten Nachrichten zu den
Merowingern
abzuleiten, dass es dort einen Geburtsadel gab.
[10]
Erste Hinweise auf das Entstehen einer erblichen Aristokratie stammen aus der Zeit der
Karolinger
und beziehen sich zunachst auf die
Sachsen
. Der
frankische
Abt
Nithard
, ein Enkel
Karls des Großen
, schreibt 842 im IV. Buch (cap. 2) seiner Geschichte, dass die Sachsen in drei Stande geteilt seien, wobei sie den ersten Stand in ihrer Sprache
edhilingui
nennen wurden, was Nithard mit dem lateinischen
nobiles
gleichsetzt. Diese Edelinge hatten Anspruch auf ein dreifaches
Wergeld
, mussten aber auch Verstoße mit dreifacher Buße suhnen. 967/68 berichtet der Monch
Widukind von Corvey
in seinen
Res gestae Saxonicae
von der Stammessage der Sachsen. Er berichtet von Heerfuhrern (
duces
), die jeweils 1000 Mann befehligten, wobei 100 davon als Gefolge und Leibgarde dienten, und Fursten (
principes
), die jeweils den drei sachsischen Teilstammen
Westfalen
,
Engern
und
Ostfalen
vorstanden. Ihr Vorrang beschrankte sich nach Widukinds Angaben aber im Wesentlichen auf kriegerische Auseinandersetzungen, wobei das Kommando unter ihnen ausgelost wurde, wenn der ganze Sachsenstamm sich gegen einen Feind vereinigte.
In Bayern gab es fruher als in Sachsen ein
Stammesherzogtum
. Nach der
Lex Baiuvariorum
, angeblich im spaten 6. oder 7. Jahrhundert durch
merowingische Konige
erlassen, hatten die
Agilolfinger
einen Erbanspruch auf die Herzogswurde. 788 wurde
Tassilo III.
als letzter Herzog dieser Sippe gesturzt. Zu dieser Zeit unterschied man ahnlich wie in Sachsen zwischen
nobiles et liberi et servi
. Die Angehorigen der Adelssippen
Huosi
,
Trozza
,
Fagana
,
Hahilinga
und
Anniona
wurden in der
Lex Baiuvariorum
ebenfalls besonders privilegiert; ihre Spur verliert sich aber im Fruhmittelalter. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass es im 9. Jahrhundert im
Karolingerreich
Familien gab, die eine hervorgehobene Stellung beanspruchten; ein abgeschlossener Erbadel existierte hingegen offenbar noch nicht, sondern die soziale Mobilitat war weiterhin hoch.
Laut
Sachsenspiegel
waren die
Edelfreien
(auch
Edelinge
oder
Hochfreie
genannt) Grundbesitzer, die sich von anderen
Freien
(Bauern oder Großbauern) dadurch unterschieden, dass sie das dreifache
Wergeld
zu zahlen hatten. Es handelte sich also um besonders große Grundbesitzer. Sie wurden zu einem landrechtlichen
Stand
, der seinen Adel nicht aufgrund eines
Dienst
- oder
Lehnsverhaltnisses
hatte, sondern mit seinem
Allodbesitz
nur dem
Konig
bzw.
Kaiser
unterstand.
Karl der Große
zog alle waffenfahigen freien Grundbesitzer jeden Sommer wahrend einiger Monate zur
Heerfahrt
heran, d. h. zu Feldzugen im Rahmen der Reichskriege in verschiedenen Teilen Europas. Um dieses gewaltige
Aufgebot
zu organisieren, wurde der
Heerbann
nach dem Rang der Pflichtigen in sieben Klassen oder sogenannte
Heerschilde
geteilt. Die einzelnen Heerschilde hatten unterschiedliche lehnsrechtliche Pflichten und Rechte. Die Feldzuge, welche mit Hilfe des Heerbannes ausgekampft wurden, hießen Heerfahrten, die Teilnahme der Vasallen
Heeresfolge
.
Als Karl der Große die frankische
Grafschaftsverfassung
auf den großten Teil des heutigen Deutschlands ausweitete und damit bestimmten Personen Aufgaben ubertrug, indem er sie zum Verwalter einer
Grafschaft
oder
Mark
ernannte, entstanden Berufsbezeichnungen, die bald erblich wurden und aus denen sich die spateren Adelsrange bildeten: Die Heerfuhrer wurden in den Quellen
dux
(
Herzog
) oder
legatus
genannt,
Markgrafen
legatus
,
praeses
oder spater
marchio
,
Grafen
comes
. Die Grafen wurden mit dem
Konigsbann
belehnt und leiteten das Konigsgericht in dessen Namen, wahrend den Markgrafen daruber hinausgehende Befugnisse zustanden, da sie die Reichsgrenze zu verteidigen hatten. Erst spat und langsam, etwa ab dem
Ersten Kreuzzug
, bildete sich unter dem Einfluss des Christentums das adlige Ideal des
Ritters
(miles)
aus. Wahrend die Edelfreien ihren Stand vererbten, bedurfte der Aufstieg zum Ritter bestimmter Voraussetzungen sowie des Ritterschlags, eroffnete aber auch weniger beguterten Freien und sogar
Unfreien
Aufstiegsmoglichkeiten.
Adlige Familien leisteten durch ihre Teilnahme an der Regierung, durch die Grundung von Stadten, die Stiftung oder Forderung von Klostern und Domschulen dauerhafte Beitrage zur Kultur des Mittelalters, vor allem die dynastischen Geschlechter, welche aus dem Edelfreien- oder Reichsministerialenstand zu Grafen und Fursten aufstiegen und den spateren
Hochadel
bildeten. Dieser Aufstieg regional bedeutender Geschlechter begann schon zur Zeit der Karolinger und verstarkte sich nach der Jahrtausendwende. Die einzigen spateren (und bis heute bluhenden) deutschen Dynastien, die urkundlich einwandfrei (und nicht nur legendenhaft oder vermutungsweise) in der Zeit vor der ersten Jahrtausendwende nachgewiesen sind, sind die
Welfen
(das Haus Hannover), die
Reginare
(das Haus Hessen) und die
Wettiner
(das Haus Sachsen). Die anderen spater bedeutenden Hauser,
Wittelsbacher
,
Habsburger
,
Hohenzollern
,
Zahringer
,
Obodriten
u. a. erscheinen samtlich erst nach dem Jahr 1000 in der fur das fruhmittelalterliche Deutschland nur sehr dunnen schriftlichen Uberlieferung.
Der Stand der Edelfreien bekam durch das
Lehnswesen
eine rechtliche und soziale Gliederung. Die Anfange des Lehnswesen konnten in der germanischen
Gefolgschaft
zu suchen sein, was indes umstritten ist. Nach
Marc Blochs
grundlegendem Werk
Die Feudalgesellschaft
(1939) gab es zwar schon im
merowingischen
und
karolingischen
Fruhmittelalter einen grundbesitzenden Adel, etwa die Großen des
Frankischen Reichs
(z. B. die
Robertiner
als Ahnen der
Kapetinger
), die Inhaber karolingischer
Grafenamter
(etwa die
Welfen
), viele davon vermutlich Aufsteiger in hofischem oder kirchlichem Dienst, im Ursprung wohl oft auch frankische, sachsische, bairische oder alemannische großbauerliche Hauptlingssippen; sehr zweifelhaft ist, ob die Kontinuitat tatsachlich bis zu den Anfuhrern germanischer Gefolgschaftsbanden der
Volkerwanderungszeit
zuruckgeht, was gelegentlich behauptet wurde. Politisch wuchs das Gewicht dieses Adels (ebenso wie das der Kirche und des Konigtums) zunachst auch zu Lasten der
Freien
. Im Heeresaufgebot der Karolinger, das teilweise Funktionen der Volksversammlung ubernahm, in der Verwaltung und Gerichtsbarkeit der Franken dominierte zusehends der aus germanischem Geblutsadel und romanischem Landadel zusammenwachsende Adelsstand.
[11]
Dieser altere Adel sei ? nach Bloch ? jedoch in der Zeit des Zusammenbruchs der staatlichen Ordnung in Europa wahrend der rauberischen Ansturme durch
Wikinger
,
Sarazenen
und
Magyaren
ab etwa 800 bis kurz nach 1000 n. Chr. durch einen spontan entstandenen, wehrhaften Schwertadel (teils unfrei-bauerlicher, teils freier oder edelfreier Herkunft) abgelost worden, der es auf sich nahm, die bauerliche Bevolkerung zu verteidigen und dafur von ihr ernahrt und mit (damals kostspieligen)
Pferden
und Waffen sowie Kriegsknechten ausgerustet wurde. Als die außeren Gefahren abgewehrt waren, brachen in der Kriegerkaste Rivalitaten aus. Deshalb entwickelte sich innerhalb dieses fruhen Adels ein
Vasallensystem
, in dem entweder der Machtigere seinen Gefolgsleuten die Mittel und Verantwortung fur ihren eigenen Unterhalt (Land und Leute) ubertrug oder ? haufiger ? die Schwacheren ihren Beschutzern umgekehrt ihre Landereien ubergaben und diese als
Lehen
zuruckerhielten, um sodann den mit Geld- oder Naturalabgaben und Ackerfronen belasteten Grund und Boden den
Hintersassen
zum
Ackerbau
zu uberlassen.
Das Lehnsgut wurde dem Vasallen ursprunglich nur zur Nutzung uberlassen, spater wurde er auch Untereigentumer; der Lehnsherr behielt aber stets noch Rechte an dem Lehnsgut, insbesondere das
Offnungsrecht
sowie den Lehnsheimfall beim Aussterben des
Mannesstammes
der Lehnsnehmerfamilie. Ferner hatte er Anspruch auf die Lehnspflichten des Vasallen, vor allem den Kriegsdienst mit einer bestimmten Anzahl von Mannern und Pferden. Lehnsnehmer und Lehnsherr leisteten sich wechselseitig den
Lehnseid
. Schließlich entwickelte sich die Vererbbarkeit des Lehnsgutes, doch formeller Obereigentumer blieb weiter der Lehnsherr. Die Erblichkeit der Lehen und die Zulassigkeit des Weitervergebens als
Afterlehen
wurden 1037 von Kaiser
Konrad II.
mit der
Constitutio de feudis
festgelegt.
So kam es, dass im 12. Jahrhundert bereits alle
Herzogtumer
und
Grafschaften
als Lehen vom Reich vergeben waren, dazu die
Erz- und Hochstifte
. Innerhalb dieser einzelnen weltlichen und geistlichen
Territorien
bestand aber wiederum ein vielgliedriges Lehnswesen. Erst im 13. Jahrhundert ging die Bedeutung des Lehnswesens zuruck, da anstelle von Vasallen nun Dienstmannen (?
Ministeriale
“) eingestellt wurden, die entweder bereits Sohne von
Rittern
waren oder sich durch kriegerische oder administrative Fahigkeiten auszeichneten und aufgrund ihrer Stellung, z. B. als
Burgmannen
, bald die
Schwertleite
oder den
Ritterschlag
erhielten. Auch diese untere, eigentlich unfreie Gruppe begann sich seit der Mitte des 12. Jahrhunderts auf Grund standischen Bewusstseins selbst abzuschließen. Diese Abschließung wurde in Deutschland 1186 in der
Constitutio contra incendiarios
durch Kaiser
Friedrich I. Barbarossa
als Reichsgesetz verkundet. Darin war auch vorgeschrieben, dass das bei Rechtsstreitigkeiten (
Fehden
) vorgesehene Beweisrecht des Zweikampfes (also des Siegs mit gottlicher Hilfe) nur dem ?durch Geburt echten Ritter“ zugesprochen wurde, der ebenburtig war, weil seine Eltern bereits von ritterlicher Abkunft waren. In anderen Landern wird dieser Abschluss der Rittergesellschaft erst fur das 13. Jahrhundert bezeugt. Freilich konnten einzelne Tuchtige, die eine ritterliche Lebensweise fuhrten und aufgrund Kriegsdienstes mit dem Anlegen von Schwertgurt und Sporen zu Rittern erhoben wurden, nach wie vor auch in den erblichen Ritterstand aufsteigen,
[12]
denn wenn sie sodann Frauen aus ritterlichen Geschlechtern heirateten, wurde ihren Nachkommen ab der dritten Generation der Ritterstand erblich (?Ritterburtigkeit“). Schwertleite oder Ritterschlag waren dann zwar fur den Einzelnen immer noch erforderlich, um Ritter zu werden, doch die Sohne gehorten dann bereits zu den ritterburtigen
Edelknappen
und die Tochter waren fur Ritter
ebenburtige
Partien. Die meisten Geschlechter des deutschen Uradels
(siehe unten)
haben in dieser Phase und auf diese Weise ihren Aufstieg genommen, nur wenige zahlen zum alteren Stand der Edelfreien.
Viele Edelfreie nahmen zur Verbreiterung ihrer wirtschaftlichen Basis neben ihrem
Allodialbesitz
Lehen von machtigeren Edelfreien an und begaben sich damit faktisch auf die Ebene von deren Ministerialen (Dienstmannen), auch wenn sie in Namenslisten auf Urkunden stets vor diesen erscheinen, also einen gewissen Vorrang behielten. Aus den machtigeren Edelfreien entwickelten sich die Herren, Grafen und Fursten, die
reichsunmittelbar
blieben, also nur dem
romisch-deutschen Konig
unterstanden. Ihre sogenannten
Fahnenlehen
(die Herrschaft uber bestimmte
Territorien
) gingen direkt vom Reich. Teile der Fahnenlehen, aber auch Allodialgut der Reichsfursten, wurden von diesen wiederum zu Lehen an Grafen und andere Edelfreie ausgegeben, die nach dem gleichen Prinzip weiter verfuhren. So entstand eine Lehnspyramide, deren Stufen als
Heerschilde
bezeichnet wurden. Wer von einem, der mit ihm auf der gleichen Stufe der Heerschildordnung stand, ein Lehen nahm, verlor zwar nicht seinen edelfreien Stand nach dem Landrecht, minderte aber seinen Heerschild. Letztere Regelung erwies sich fur die weltlichen Reichsfursten als ein Problem, als es ab dem 11. Jahrhundert immer mehr geistlichen Reichsfursten (Erzbischofen, Bischofen sowie Abten und Abtissinnen von reichsunmittelbaren Klostern und Stiften) gelang, fur ihre Kirchen ehemals reichsunmittelbare Grafschaften oder Herzogtumer bzw. wesentliche Bestandteile solcher zu erhalten. Die weltlichen Reichsfursten mussten sich mit diesen Lehen nunmehr von den geistlichen Fursten statt vom Konig belehnen lassen, wodurch sie vom zweiten in den dritten Heerschild gerieten. Aus den Edelfreien des dritten und vierten Heerschilds entstanden im Spatmittelalter und in der Neuzeit die
Reichsfursten
(die nach dem Ende des Heiligen Romischen Reichs 1806 ihre Unabhangigkeit meist verloren und dann als
Standesherren
bezeichnet wurden). Soweit ein Furst niemandem
lehnspflichtig
war und nur Allodialgut besaß, wurde er in der Uberlieferung als ein
Furst besonderer Freiheit
genannt. Nach der Uberlieferung der
Welfen
war ihr Ahnherr ein Furst besonderer Freiheit, was vermutlich nur im Fruhmittelalter vorkam; tatsachlich waren sie zunachst karolingische
Gaugrafen
.
Unfreie
verwalteten im Auftrag ihrer edelfreien Herrn als
Meier
deren Wirtschaftshofe (sogenannte
Fronhofe
), zogen von den abhangigen Bauern die Abgaben ein, leisteten Kriegsdienste, verwalteten Burgen und im Einzelfall ganze Grafschaften. Aus dieser Oberschicht der Unfreien bildete sich die Dienstmannschaft des Reiches (die Reichsministerialitat) und der Reichsfursten, bis im Hochmittelalter selbst kleine Grafen, Herren oder Kloster eigene Ministeriale hatten.
Die soziale Stellung der Ministerialitat verstarkte sich, als kleinere Edelfreie ihren Stand aufgaben, um in die Dienstmannschaft eines Reichsfursten einzutreten. Teilweise mussten sie ihr
Allodialgut
als Folge einer fur sie unglucklich verlaufenen
Fehde
ubergeben, um es als Dienstlehen zuruckzuerhalten, oder sie verbesserten ihre wirtschaftliche Lage, indem sie neben ihrem in der Regel kleinen Eigengut (Allod) eine neue Burg als Lehen erhielten bzw. auf neubelehntem Land bauen durften. Dabei gab es Vereinbarungen, dass sie und/oder ihre Nachkommen personlich frei blieben. Umgekehrt stiegen unfreie Ministeriale, vor allem die
Reichsministerialen
, die unmittelbar im Dienst des Konigs standen, gelegentlich in den Grafenstand auf. Das fruheste bekannte Beispiel ist
Friedrich von Stade
, der um 1095 von den Markgrafen der Nordmark, den sogenannten Udonen, mit der Verwaltung ihrer alten Grafschaft Stade beauftragt worden war. Er verbundete sich mit dem sachsischen Herzog und spateren Konig bzw. Kaiser
Lothar III.
gegen seine Herrn, erkaufte sich die Freilassung, um schließlich durch Erzbischof
Adalbero von Hamburg-Bremen
selbst mit der Grafschaft Stade belehnt zu werden. Auch
Markward von Annweiler
, bis 1195 ein einfacher unfreier Dienstmann, wurde von Kaiser
Heinrich VI.
freigelassen und mit Markgrafschaften und Herzogtumern in Italien belehnt.
Weil durch den Konig haufig Erzbischofe und Bischofe von außerhalb ihrer Diozese eingesetzt wurden, um die Vormacht des ortlichen Adels zu brechen, waren diese in besonderem Maße auf die Loyalitat der Dienstmannschaft ihres
Hochstifts
angewiesen. Das fuhrte zu einer rechtlichen Starkung der Ministerialitat, die in ein eigenes Recht mundete, nach welchem uber Verfehlungen und sonstige Streitigkeiten in einem Hof- oder Lehnsgericht unter Mitwirkung ihrer Standesangehorigen entschieden wurde. Ahnliche Entwicklungen zeigten sich in den weltlichen Furstentumern. Wahrend der
Sachsenspiegel
um 1235 noch davon ausging, dass Ministeriale Unfreie seien, die von ihren Fursten beliebig verschenkt und vertauscht werden konnten, versuchte
Johannes von Buch
in seiner Glosse zum Sachsenspiegel etwa 100 Jahre spater zu begrunden, dass ein Ritter, auch wenn er ein Dienstlehen hatte, damit nicht automatisch unfrei sei. Allerdings gab es auch fur Johannes von Buch noch unfreie Ministerialen. Auf ihrem Lehnsgrund errichteten sich die Ministerialen meist eigene kleine Burgen, die typischen Formen waren die
Motte
(Turmhugelburg) und der
Wohnturm
; bisweilen wurden diese im Spatmittelalter zu
Festen Hausern
oder
Burgen
erweitert.
In den neu besiedelten und kolonisierten
slawischen
, ostlich der Elbe gelegenen Regionen galten vielfach die herkommlichen Regeln aus den alten westlichen und sudlichen Reichsteilen nicht. Dort entwickelte sich wohl auch aufgrund der slawischen Einflusse ein eigenstandiges Reglement, das vorwiegend ein Vasallentum forderte. Das eher auf einer freiwilligen Vasallenschaft beruhende System erleichterte dem Vasallen, sich auch fur einen anderen Landesherren zu engagieren, was zeitweise zu einem erheblichen Fehdeunwesen fuhrte. Das ging so weit, dass sich die Vasallen verselbstandigten und sich nicht zuletzt auch gegen den Landesherren wandten und dabei ihre eigene Position erheblich starkten und die des Landesherren entsprechend schwachten. In diesen Landern, wie z. B.
Brandenburg
,
Mecklenburg
,
Pommern
und
Ostpreußen
, kannte man keine Unterscheidung zwischen Edelfreien und Ministerialen, sondern vielmehr zwischen den Schloss- und Burggesessenen sowie eximierten Geschlechtern, die sich als hoherer Adel aus der uberwiegenden Zahl der anderen Adelsgeschlechter heraushoben.
Regional unterschiedlich entwickelte sich im
Spatmittelalter
und zu Beginn der
Neuzeit
aus der
Ritterschaft
vieler ? aber nicht aller ? reichsunmittelbaren geistlichen und weltlichen Herrschaften ein eigener Stand, dessen Mitglieder nicht mehr Eigentum des Landesherrn waren, sondern mit denen er uber Kriegsdienste und Steuern verhandeln musste.
Die
Adelstitel
entwickelten sich teils aus ursprunglichen Amts- oder Funktionsbezeichnungen (
Herzog
,
Markgraf
,
Graf
,
Vizegraf
), die erblich geworden waren, teils aus Bezeichnungen fur eine Rechtsstellung (
Furst
,
Freiherr
oder
Baron
). Durch jeweiliges
Staatsrecht
bestimmte Funktionsbezeichnungen blieben die Amter der
Konige
und der
Kurfursten
(spater auch der
Großherzoge
), wahrend der
Kaiser
als Reichsoberhaupt im
Alten Reich
ein
Wahlmonarch
war.
Die Verleihung von
Adelstiteln
begann in Deutschland in der Zeit Kaiser
Karls IV.
durch die Erhebung von Beamten (vor allem Juristen) in die Adelsklasse. Der alteste bekannte
Adelsbrief
wurde von Kaiser Karl IV. fur
Wyker Frosch
,
Scholaster
an der
Stephanskirche
zu
Mainz
, am 30. September 1360 ausgestellt. Familien, die nicht schon im Mittelalter ritterburtig waren, sondern erst in der
Neuzeit
durch Adelsbrief in den Adel aufgenommen wurden, werden als Briefadel bezeichnet.
Im
Heiligen Romischen Reich
war die Nobilitierung ? ebenso wie die Rangerhohung ? bis zum Ende des Reichs 1806 ein Vorrecht des
romisch-deutschen Kaisers
oder
Konigs
. Allerdings erlangten im Laufe der Zeit auch einige der Territorialfursten dieses Recht:
- die
Konige von Bohmen
(die auch Kurfursten des Reichs waren), mit Beschrankung der Gultigkeit von Titeln auf ihr Konigreich,
- die
Erzherzoge
von
Osterreich
(ab 1453 nach rechtlicher Anerkennung des gefalschten
Privilegium Maius
),
- die
Kurfursten von Bayern
, der
Pfalz
und
Sachsen
als
Reichsvikare
in Zeiten des
Interregnums
,
- die
Herzoge von Lothringen
(im 14. Jh.) als Reichsvikar fur
Burgund
,
- der
Erzbischof
von
Salzburg
, der dieses Recht als
Primas Germaniae
fur sich in Anspruch nahm,
- die
Bischofe
von
Metz
und
Toul
(als Ergebnis des
Vertrags von Chambord 1552
)
- die
Konige in Preußen
(ab 1702) in ihrem
(ost)preußischen
Konigreich, dessen Gebiet (im Gegensatz zu ihrem weitaus großeren
Kurfurstentum Brandenburg
) dem Romisch-Deutschen Reich nicht zugehorte, da es kein Reichslehen, sondern ein Lehen der polnischen Krone war.
Seit 1806 konnten die Fursten der deutschen
Rheinbundstaaten
und nach 1815 alle deutschen
Bundesfursten
Standeserhebungen vornehmen. Dies galt auch nach der Entstehung des
Deutschen Kaiserreiches
am 18. Januar 1871, der
Kaiser
konnte Adelstitel nur als Konig von Preußen verleihen.
Von Anfang an gab es aber innerhalb des Adels und mit dem stadtischen
Patriziat
Rangstreitigkeiten, die ab dem Spatmittelalter zu
Adelsproben
fur die
Ritterburtigkeit
bzw.
Ebenburtigkeit
, sogar zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten wie dem
Erbmannerstreit
fuhrten. Bis in die heutige Zeit wird daher innerhalb des Adels zwischen altem Adel bzw. Uradel und spaterem Briefadel unterschieden (siehe unten).
Die Ursprunge des
Lehenswesens
waren bereits im
Frankischen Reich
entstanden, um dem
Ritterstand
die ihm obliegende Verpflichtung zu Ritterdiensten als
Panzerreiter
wirtschaftlich zu ermoglichen. Damit verbunden waren auch Befreiungen von den sonst auf landlichem Grundbesitz haftenden Steuern und bauerlichen Lasten. Die Ritter waren als
Vasallen
und
Ministeriale
dem Lehnsherren zum Kriegsdienst zu Pferde und spater alternativ zu Geldleistungen (?Ritterpferdgeldern“) verpflichtet, die teils noch im
Dreißigjahrigen Krieg
und danach eingetrieben wurden. Die Blutezeit des Adels und der Ritterkultur (mit
Burgenbau
in ganz Europa,
Turnieren
,
Minnesang
und kulturell ertragreichen
Orientkreuzzugen
) war das 13. Jahrhundert. In dieser Zeit verfiel mit dem Untergang der
Staufer
und dem darauffolgenden
Interregnum
auch die (ohnehin schwache) konigliche Herrschaftsgewalt, wodurch die Macht des
Hohen Adels
zunahm. Dieser, bestehend aus den
Kurfursten
und anderen Territorialherren (
Herzoge
,
Fursten
,
Furstbischofe
,
Reichspralaten
, regierende
Grafen
und
Herren
), hielt sich immer großere Dienstmannschaften an Ministerialen, die ihrerseits durch ritterliche Lebensweise aufstiegen und ? gemeinsam mit den lehnsabhangig gewordenen Edelfreien ? zu einem Niederen Adel heranwuchsen.
Seit dem 14. Jahrhundert wurden jedoch die alten
Lehensheere
durch
Soldnertruppen
ersetzt, was zum Ende des Ritterdienstes fuhrte und damit im
Spatmittelalter
und in der fruhen
Neuzeit
zu einem wirtschaftlichen Niedergang des Adels. Die anstelle der Kriegsdienste nunmehr an den Lehnsherrn zu zahlenden ?Ritterpferdgelder“ waren kostspielig, wahrend Sold und
Kriegsbeute
nun in andere Taschen flossen, vor allem in die der (adligen)
Soldnerfuhrer
, die sich große Vermogen erwarben. Die Besitze zersplitterten sich oft und kinderreiche Familien ruckten in wenigen Generationen auf
Ganerbenburgen
eng zusammen. Noch mehr jungere Kinder als zuvor wurden in Kloster gesteckt, um ihre Versorgung sicherzustellen; fur adlige Tochter wurden eigens
Frauenstifte
eingerichtet, aus denen sie auch wieder austreten konnten, wenn sich ein Brautigam fand, der sie ohne Mitgift nahm. Außerdem war es ublich, dass sich adlige Witwen in ein klosterliches Stift einkauften, um dort ihren Lebensabend im Anschluss an die Klostergemeinschaft der Ordensfrauen, aber ohne Ablegung der Gelubde zu verbringen. Seltener traten auch verwitwete Manner, die ihre Besitzungen zu Lebzeiten ubergeben hatten, in geistliche Orden ein.
Eine weitere Moglichkeit der Abhilfe war fur jungere Sohne die Auswanderung in unterentwickelte, dunn besiedelte Gegenden im Rahmen der
Deutschen Ostsiedlung
, wo noch reichlich Lehnsbesitz zu erlangen war. Wiederum eine andere Geldquelle sorgte fur erhebliche Interessenkonflikte: Die tradierte Zollerhebung durch die Ministerialen im Auftrag ihrer
Landesherren
, welche das
Zollregal
als Lehen oder Pfand vom Reich erhalten hatten. Wahrend die Zolle an Flussen oft durch landesherrliche
Zollburgen
und in Stadten an
Stadttoren
kassiert wurden, waren auf den landlichen Strecken meist die dort ansassigen Adligen mit dem Recht von
Zoll und Geleit
(lat.
conductus et theloneum
) beauftragt, hatten die Straßen und Brucken instand zu halten und durften dafur einen Anteil fur sich behalten. Die wirtschaftliche Not trieb nun manche ? bei weitem nicht alle ? Adligen dazu, ihre Aufgaben weiter auszulegen als bisher, indem sie die Zolle erhohten oder bislang unkontrollierte Strecken zollpflichtig machten. Dies widersprach den Interessen der Stadte (insbesondere ihrer Fernhandel treibenden
Patrizier
) sowie der Landesherren, da beide von einem moglichst reibungslosen Warenverkehr profitierten. Weil zum Zoll- und Geleitrecht auch das
Recht des freien Niederwurfs
(also der Beschlagnahme) bei Verweigerung gehorte, kam es zu Konflikten mit den Handelszugen. Die Stadte bewerteten das Treiben des Adels als
Raubrittertum
, wahrend dieser sich auf seine Zollaufgaben berief. Der Ubergang vom Zoll zum Raub war daher gleitend.
[13]
Zwar kam auch reine
Wegelagerei
vor, doch hatten die beteiligten Adligen den Vorwurf des gemeinen Straßenraubs in den meisten Fallen entrustet von sich gewiesen. Der Begriff ?Raubritter“ ist daher missverstandlich und wird im wissenschaftlichen Diskurs zunehmend vermieden.
[14]
Stadte und Landesherren unternahmen haufig Strafexpeditionen, wahrend die Adligen sich in
Adelsgesellschaften
zusammenschlossen (in Schwaben etwa der
Gesellschaft mit Sankt Jorgenschild
), um sich gegen die Expansionspolitik von Fursten und Stadten zu wehren. Einige von ihnen fuhrten auch großere
Fehden
, etwa die
Martinsvogel
, der
Sternerbund
, die
Bengler
oder der
Lowenbund
. Auch innerhalb des Adels nahmen die Fehden zu, wie
Ulrich von Hutten
es in seinem Brief an
Willibald Pirckheimer
aus dem Jahr 1518 anschaulich beschreibt:
?Sodann mussen wir uns dem Dienst irgendeines Fursten verdingen, von dem wir uns Schirmherrschaft erhoffen; wenn ich das nicht tue, glaubt jeder, daß er sich mir gegenuber alles erlauben durfe, und auch wenn ich es tue, ist diese Zuversicht mit Gefahr und taglicher Furcht verbunden. Denn wenn ich aus dem Haus gehe, muß ich furchten, denen in die Hande zu fallen, mit denen mein Furst, mag er sein, wer er will, Handel oder Fehde hat. An seiner Stelle uberfallen sie mich und schleppen mich fort; wenn einen das Mißgeschick trifft, zahlt man leicht die Halfte seines Vermogens als Losegeld; und so erwachst mir Feindschaft, wovon ich mir Schutz erhofft hatte. Daher halten wir uns zu diesem Zweck Pferde, schaffen Waffen an und umgeben uns mit zahlreichen Gefolge, alles unter großen und druckenden Kosten. Bisweilen reiten wir wohl sogar nicht zwei Morgen weit ohne Waffen aus...“
[15]
Auf den
Rittergutern
selbst bestanden die Einnahmen hauptsachlich aus den Abgaben der
Erbuntertanigen
oder
Hintersassen
(
Horige
und
Grundholde
), zum geringeren Teil auch aus Eigenversorgung mit Hilfe von
Knechten
und
Magden
. Diese Einkunfte waren oft relativ bescheiden, denn die Bauern waren meist arm. So schildert Hutten in seinem Brief auch eindringlich die beengten, kargen und sorgenvollen Zustande auf der heimatlichen Burg.
[16]
Obwohl die
Burgen
nur sparlich mobliert waren, legten ihre adligen Bewohner aber doch Wert darauf, dass neben den erforderlichen Kriegs- und Jagdwaffen (
Rustungen
,
Schwerter
und
Schilde
,
Pfeile
und
Bogen
,
Pech
,
Steinbuchsen
, Kugeln und
Schießpulver
) stets auch einige standesgemaße Ausstattungsstucke vorhanden waren (wie
Wandteppiche
, Silberwaren, hochwertiges Steingut, Elfenbeinkamme oder andere Importwaren). Gastmahler fur angereiste Standesgenossen mussten stets reichhaltig sein, mit vielen Gangen und gutem Wein, und die
Esskultur im Mittelalter
kannte strenge Tischsitten. Auch hatte die
Kleidung im Mittelalter
den noblen Status zu reprasentieren. Im Alltagsleben fielen Bekleidung und Mahlzeiten auf den Burgen des niederen Adels hingegen bescheidener aus, wahrend sie beim
Hohen Adel
und seinem
Hofstaat
? ebenfalls aus Reprasentationsgrunden ? stets aufwandig zu sein hatten.
[17]
Die Besitzer einer
Grundherrschaft
hatten zumeist die
Niedere Gerichtsbarkeit
inne, in selteneren Fallen auch die
Hohe Gerichtsbarkeit
. Sie ubten damit ? bis zur
Bauernbefreiung
und teilweise noch bis ins 20. Jahrhundert ? zugleich obrigkeitliche und rechtsprechende Funktionen aus. Zur Verteidigung ihrer politischen Rechte organisierten sie sich im Spatmittelalter in vielen Regionen in Verbanden, den sogenannten
Ritterschaften
, Korporationen aller Ritterguter eines Landes, die dort immatrikuliert waren. Diese ubten politische Mitbestimmungsrechte in den
Landtagen
aus, wo die
Rittergutsbesitzer
die Ritterschaft innerhalb der
Landstande
bildeten. Die nicht einem Landesherrn, sondern dem Kaiser direkt unterstehende
Reichsritterschaft
organisierte sich ebenfalls, in drei sogenannten ?Ritterkreisen“. Ab etwa dem 16. Jahrhundert konnten Ritterguter und die damit verbundenen Realrechte auch von Burgerlichen erworben werden.
[18]
Die stadtischen
Patrizier
hatten schon seit dem Spatmittelalter Grundherrschaften aufgekauft.
Je nach Region und Epoche wurde der Besitz teils nur an den jeweils Altesten vererbt (
Primogenitur
), teils ? sofern moglich ? zwischen Brudern aufgeteilt (
Realteilung
). Dies galt nicht nur fur Ritterguter, sondern auch fur Furstentumer. Im Spatmittelalter und in der fruhen Neuzeit (Renaissancezeit) tendierte der Adel zur Erbaufteilung, wahrend er in der Barockzeit ? parallel zum monarchischen
Absolutismus
? eher das Primogeniturprinzip anwendete, welches den
splendor familiae
besser und dauerhafter gewahrleistete. Mit dem
Familienfideikommiss
wurde dieses Prinzip schließlich zum Rechtsinstitut. Die Tradition des ungeteilten Erbes hat sich im deutschen Adel (anders als etwa im
italienischen Adel
) bis heute erhalten, zumal sie oft die einzige Moglichkeit darstellt, ein land- oder forstwirtschaftliches Gut uber mehrere Generationen in der Familie zu halten.
Wahrend im Fruh- und noch im Hochmittelalter die
Landesherren
fur ihre Regierungsgeschafte fast ausschließlich Geistliche einsetzten, da diese der lateinischen Sprache und des Schreibens kundig waren, stellten sie ab dem 15., vor allem aber im 16. und 17. Jahrhundert zunehmend lateinkundige burgerliche
Rechtsgelehrte
als hohere Staatsbeamte ein, die auch die Aufgabe hatten, die Macht des standischen Adels zugunsten der Landesherren zu beschneiden, was im Zeitalter des
Absolutismus
teils mehr, teils weniger gelang. Allerdings stiegen diese Karrierebeamten oft ihrerseits durch
Adelsbriefe
in den Adel auf, blieben aber als ?Briefadel“ meist unter sich, sofern es ihnen nicht gelang, ebenfalls Grundherrschaften zu erwerben, was die Voraussetzung fur eine Anerkennung durch den Alten Adel (und fur Einheiraten in diesen) war. Die Kauflichkeit von Adelstiteln war ein Phanomen der jungeren Neuzeit seit dem 17. Jahrhundert
(siehe:
Kauflichkeit von Adelstiteln
)
.
Wichtig fur den Unterhalt des Adels war auch die
katholische Kirche
mit ihren
Pfrunden
. Oft traten bis auf den altesten alle anderen Sohne in
klerikalen
Dienst, etwa wenn der Grundbesitz fur Erbteilungen nicht ausreichte. Besonders beliebt war die Stellung eines
Sakularkanonikers
, weil in den
Kollegiatstiften
keine
Ordensgelubde
abgelegt werden mussten.
Chorherren
etwa behielten ihr Privatvermogen und konnten ihr Stift jederzeit verlassen. Starb dann der vorgesehene Erbe kinderlos bzw. ohne Sohn, wechselte der Nachstjungere wieder in den Laienstand und heiratete. Dies war auch der Grund, warum in der Regel
Niedere Weihen
vorgezogen wurden und die
Priesterweihe
samt
Zolibatsgelubde
hinausgezogert wurde, nicht selten sogar bis uber eine Bischofswahl hinaus.
[19]
Dennoch wurden Adlige auch oft
Regularkanoniker
oder
Monche
. Dadurch starben viele Adelsgeschlechter mit Zolibataren im
Mannesstamm
aus; andere durch Kinderlosigkeit, hohe
Kindersterblichkeit
oder gefallene Sohne, was jeweils die Einziehung der Lehen durch den Lehnsherrn zur Folge hatte. Anders als in Sudeuropa (im
spanischen
oder
suditalienischen Adel
) gingen Lehen im ubrigen europaischen Raum, der von der
Lex Salica
gepragt war, in aller Regel nicht in weiblicher Erbfolge (?
Kunkellehen
“) uber, aufgrund des vom Lehnsrecht erforderten Waffendienstes des Lehnstragers ? einem Prinzip, an dem die Lehnsgeber auch festhielten, nachdem langst Zahlungen den physischen Waffendienst abgelost hatten. Ein Erblehen blieb nur solange im Besitz einer Familie wie dessen Mannesstamm existierte, da nur die mannlichen Mitglieder mitbelehnt waren. Der Ubergang eines Lehnsgutes auf Schwiegersohne erforderte hingegen die Zustimmung des Lehnsherren und war damit von dessen Gunst abhangig.
Adlige, die in die Aufgaben eines
Grundherren
hineingewachsen waren, erschienen auch zur Verwaltung kirchlicher Landereien befahigt, ob als
Vogte
,
Domherren
,
Abte
oder
Bischofe
, bis hinauf zu regierenden
Furstbischofen
und
Kurfursten
. Solche
Kirchenfursten
verschafften ihren Angehorigen (im Wege des
Nepotismus
) dann wiederum neue Domherrenstellen oder hohe Verwaltungsamter im
Laiendienst
, mit betrachtlichen Einnahmen, sowie haufig auch neue Lehnsguter. Um Einfluss bei Hofe oder in
Domkapiteln
zu gewinnen, unterhielt der sogenannte
Stiftsadel
haufig auch
Stadtpalais
, vor allem in furstbischoflichen Residenzen wie
Mainz
oder
Munster
. Unverheiratete Tochter traten als
Nonnen
in Kloster ein oder wurden
Stiftsdamen
in einem
Frauenstift
; in beiden Fallen konnten sie zur Abtissin oder Priorin aufsteigen. Einige Kloster und Chorherrenstifte, auch Frauenkloster und Damenstifte, waren
reichsunmittelbar
und unterstanden direkt dem
Kaiser
. Ihre
Furstabte und -abtissinnen
gehorten zu den regierenden
Reichspralaten
und waren im
Reichstag
vertreten. Der hohere Kirchendienst stellte zwar ein adliges Netzwerk dar, doch bot er, ebenso wie der
Hofdienst
, auch talentierten Burgerlichen die Moglichkeit zum Aufstieg in hohe Positionen; im 18. Jahrhundert war bereits ein erheblicher Teil der Reichspralaten burgerlicher Herkunft.
Die Ideale der
Aufklarung
stellten nicht nur die Macht der Kirche, sondern auch die des monarchischen Absolutismus und des Adelsstandes in Frage. Wahrend die
Franzosische Revolution
1789 diese Macht ? zumindest vorubergehend ? radikal beendete, indem das aufstrebende
Burgertum
sie an sich riss, erreichten ihre Wellen auch das Alte Reich und seine Nachfolgestaaten und bewirkten dort eine allmahliche Beschneidung von Macht und Einfluss des Adels. Wirtschaftlich setzte die
Bauernbefreiung
im 19. Jahrhundert der
Feudalherrschaft
ein Ende; der landbesitzende Adelige lebte nun nicht mehr uberwiegend von Diensten und Abgaben, sondern musste sich als
landwirtschaftlicher
Unternehmer versuchen. Mit dem Aufkommen des
Kapitalismus
und der
Industrialisierung
erwies sich
burgerliche Bildung
nicht nur im Verwaltungsdienst, sondern auch in Wissenschaft und Industrie als konkurrenzfahiger, im Vergleich zu den traditionell adligen Berufsbildern (Offizier, Staatsbeamter, Diplomat, Land- und Forstwirt oder Geistlicher) und der darauf ausgerichteten Erziehung. Der Zugang zu hohen Amtern in Militar und Verwaltung war nun zwar nicht mehr ein Monopol des Adels, blieb aber bis zur
Novemberrevolution
von 1918 vergleichsweise privilegiert.
Im 19. Jahrhundert kam es zur Nobilitierung zahlreicher Beamten-, Professoren- und Offiziersfamilien, die nicht uber Großgrundbesitz verfugten; erfolgreiche Industrielle wurden ebenfalls gelegentlich geadelt (siehe unten, Geldadel). Es entstand die sogenannte ?
Zweite Gesellschaft
“. Bisweilen betatigten sich auch altere Adelsgeschlechter erfolgreich in der Wirtschaft, etwa in der Viehzucht oder Holzproduktion fur expandierende Markte aufgrund des Bevolkerungswachstums der Stadte durch die
Industrialisierung
und dank der neuen Transportmoglichkeiten mit der
Eisenbahn
. Bismarcks
Schutzzollpolitik
ab 1877 diente nicht zuletzt den Interessen der Großagrarier. In seltenen Fallen wurden Altadlige in der
Grunderzeit
sogar zu Großindustriellen, besonders in den
oberschlesischen Kohlerevieren
, wie etwa die Grafen
Henckel von Donnersmarck
oder die Grafen
Ballestrem
; andere wie Graf
Hans Ulrich Schaffgotsch
erheirateten sich burgerliche Industrievermogen. Es kam aber auch zu spektakularen Zusammenbruchen durch
dandyhaften
Lebensstil, wie bei
Graf Hugo Waldbott
. In der
Weimarer Republik
fuhrte ab Ende der 1920er Jahre die
Weltwirtschaftskrise
zum Verlust vieler alter Grundbesitze, insbesondere wenn diese uberschuldet waren.
Die weitaus haufigste Erscheinungsform des deutschen Adels war der Erbadel und der mit ihm verbundene Erbadelsstand. Ausnahmen hiervon bildeten der personliche, nicht vererbbare Adel, vor allem der Amts- und oft auch der Ordensadel, bei welchen der Adelstitel an die Person oder das jeweilige Amt gebunden war.
Erbadel und die damit gegebenenfalls verbundenen Titel wurde typischerweise ?im Mannesstamm“ in gerader Linie und gleichermaßen an alle ehelichen Kinder eines adeligen Mannes weitervererbt, sofern es sich nicht um einen
Primogeniturtitel
(oder
Erstgeburtstitel
) handelte, welcher im Allgemeinen nur auf den altesten Sohn bzw. das alteste Kind uberging. Allerdings fanden sich in den meisten deutschen Staaten Einschrankungen dahingehend, dass die Ehepartnerin eines adeligen Mannes nicht von niederer Geburt sein durfte (
Ebenburtigkeit
). Das Preußische Landrecht von 1794 sprach hier von einer
Ehe zur rechten Hand
. Diese konnte von einem adeligen Mann nur geschlossen werden mit Frauen, welche mindestens dem gehobenen Burgerstande angehorten. Kinder eines adeligen Mannes aus einer
Ehe zur linken Hand
waren demgegenuber nichtadelig und waren auch nicht zur Fuhrung von Adelsnamen und -titeln des Vaters berechtigt. Ehefrauen, welche nicht per Geburt aus dem Erbadelsstand stammten, konnten zudem durch eine Ehe zur rechten Hand mit einem adeligen Mann die
außeren Rechte des Adels
erlangen
(PrALR 1794, Tit. 1, §§ 30, 31; Tit. 9, §§ 3, 8)
.
[20]
Die Ebenburtigkeitsregeln fur den
Hohen Adel
waren strenger als fur den Niederen Adel.
Bastarde
erbten hingegen weder das
Adelspradikat
?von“ noch
Adelstitel
, konnten solche allerdings verliehen bekommen.
Es kam hin und wieder vor, dass adlige Familien ihren
grundherrschaftlichen
Gutsbesitz, der fur eine Mitgliedschaft in der jeweiligen Landes
ritterschaft
erforderlich war, nicht halten konnten, infolge von Uberschuldung, Kriegsereignissen, Wirtschaftskrisen, Erbteilungen oder anderem, und sich auch nicht in Hof- oder Militardiensten ?im Stande“ zu halten vermochten, sondern sich gezwungen sahen, in eine Stadt zu ziehen und dort einem burgerlichen Erwerbsberuf (z. B. Handwerker oder Kaufmann) nachzugehen, was schon im Mittelalter den Standesverlust nach sich zog.
Handwerker
konnten in Deutschland grundsatzlich nicht den
Ritterschlag
erhalten ? anders als in Italien, woruber sich schon
Otto von Freising
in seinen
Gesta Friderici
erstaunte.
[21]
Andere bewirtschafteten infolge ubermaßiger Erbteilungen oder anderweitiger wirtschaftlicher Schwierigkeiten nur noch Resthofe und sanken in den Bauernstand ab. Aufgrund der Privilegien des Adels bestand aber in Fallen der Verarmung, die keineswegs selten waren, zumeist die Moglichkeit, im Militar oder in der Verwaltung bzw. bei Hofe besoldete Amter zu erlangen und bei nachster Gelegenheit durch Heirat wieder Grundbesitz zu erwerben, was allerdings in der Regel
ebenburtige
Eheschließungen voraussetzte. Wenn Verarmung mit
Mesalliance
einherging, war der Abstieg oft besiegelt. Doch kam ein solcher Standesverlust, der ja auch ein Privilegienverlust war, weitaus seltener vor, als es heute von vermeintlichen Adelsnachfahren oft behauptet wird. Der Dichter (und Gastwirt)
Grimmelshausen
ist ein Beispiel fur solchen ?verlorenen Adel“.
Die Zugehorigkeit zum Adelsstand konnte in den deutschen Konigreichen der Neuzeit sowie spater in Osterreich-Ungarn auch entzogen werden, wenn ein Mitglied des Adels gegen Gesetze oder andere Regeln seines Standes verstieß. Dieser sogenannte Adelsverlust, in Osterreich-Ungarn Adels
entsetzung
, galt zum Beispiel in Preußen ab 1794 mit der Einfuhrung des
Preußischen Allgemeinen Landrechts
und in Bayern seit 1812 mit dem
Strafgesetzbuch fur das Konigreich Bayern
.
[22]
Erst mit der Justizreform zur
Reichsgrundung 1871
wurde im Deutschen Reich der Adelsverlust wieder abgeschafft, wahrend er in Osterreich-Ungarn noch bis 1919 verhangt werden konnte.
[23]
Verschiedenartige Regelverletzungen, wie unter anderem die Ausubung burgerlicher Gewerbe oder die Mitgliedschaft in einer Handwerkszunft unter Verschweigung des Adelstitels, fuhrten nach dem Landrecht wenn nicht zu einer dauerhaften, dann zumindest zu einer zeitweiligen Entziehung des Adelsstandes, bis dieses Fehlverhalten beendet wurde. Jedoch betraf dies in der Praxis nur besonders augenfallig Verarmte, deren sozialer Abstieg sich auch beruflich manifestiert hatte, denn Armut an sich war keine Seltenheit. Die Witwen gefallener adliger Offiziere etwa litten oft Not und mussten mit ihren Kindern in Invalidenhausern unterkommen
[24]
oder von Verwandten ausgehalten werden, im Dreißigjahrigen Krieg ebenso wie in den folgenden Jahrhunderten, ohne dass dies einen Standesverlust bewirkte.
Ein dauerhafter Adelsverlust kam dagegen immer in Betracht bei einem groben Verstoß gegen die allgemeinen Strafgesetze
(vgl. PrALR 1794, Tit. 9, §§ 81, 89)
[20]
, sowie ferner bei einer
Desertation
aus dem Militardienst in Kriegszeiten. Der dahingehend Bestrafte musste seine Adelstitel und adligen Namensbestandteile ablegen, verlor seine adligen Standesprivilegien und wurde auf Lebenszeit vom Adelsstand ausgeschlossen. Berufungen gegen eine solche Entscheidung oder Gnadengesuche beim Landesherrn waren selten erfolgreich. Der Adelsverlust betraf dabei stets nur die Person des Verurteilten, nicht jedoch dessen Familie, dessen Ehefrau bei vorheriger Eheschließung und vor dem Adelsverlust geborene eheliche Kinder. Aus der Zeit
Friedrichs II.
sind zwar zahlreiche adlige Deserteure bekannt, jedoch ist ein Adelsentzug bisher nicht nachweisbar, sodass anzunehmen ist, dass die (der Abschreckung dienenden) Gesetze nicht immer konsequent angewendet wurden.
[25]
Hiervon abzugrenzen ist der regelmaßige Adelsverlust einer adlig geborenen Frau, welche durch Heirat mit einem nichtadeligen Mann nach uberlieferten
adelsrechtlichen
Grundsatzen die Zugehorigkeit zum Adelsstand verlor; deren Kinder waren dann ebenfalls nichtadelig.
In Deutschland wurde das letzte Adelspradikat am 12. November 1918 durch den Fursten
Leopold IV.
von
Lippe
dem Geheimrat
Kurt von Kleefeld
verliehen. Die Ausrufung der
Weimarer Republik
und die Abdankungen von Kaiser
Wilhelm II.
aus dem Haus
Hohenzollern
und der
Bundesfursten
im November 1918 beendeten das Zeitalter der Monarchien in Deutschland. Zu diesem Zeitpunkt gehorten ca. 60.000 Menschen dem Adel an, was etwa 0,1 % der Bevolkerung entsprach.
Mit dem Inkrafttreten der
Weimarer Reichsverfassung
am 14. August 1919 wurden alle Standesvorrechte des Adels abgeschafft (Artikel 109 Abs. 3 WRV).
[26]
[27]
[28]
Alle Burger wurden vor dem Gesetz gleichgestellt, Manner und Frauen erhielten grundsatzlich dieselben staatsburgerlichen Rechte und Pflichten, offentlich-rechtliche Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes wurden aufgehoben, Titel durften nur noch verliehen werden, wenn sie ein Amt oder einen Beruf bezeichnen. Die bisherigen Adelsbezeichnungen durften als Teil des Nachnamens verwendet, aber nicht mehr verliehen werden. Damit wurde der Adel als bevorrechtigter Stand abgeschafft, auch wenn sich in der verfassunggebenden Versammlung am 15. Juli 1919 eine Mehrheit nicht fur die weitergehende Formulierung in Artikel 109 ?Der Adel ist abgeschafft“ entscheiden konnte und diese abgelehnt wurde.
[29]
In der
Weimarer Nationalversammlung
, die die neue Verfassung ausarbeitete, wirkten auch republikanisch gesinnte Adlige mit, etwa der Staatsrechtler
Alexander Graf zu Dohna-Schlodien
.
Die
verfassunggebende preußische Landesversammlung
verabschiedete am 23. Juni 1920 das
Preußische Gesetz uber die Aufhebung der Standesvorrechte des Adels und die Auflosung des Hausvermogens
.
[30]
Mit diesem ?Adelsgesetz“, das andere Lander des Deutschen Reiches in ahnlicher Form ubernahmen, wurde der Adel rechtlich als privilegierte gesellschaftliche Gruppe in Deutschland abgeschafft. Weiterhin bestimmte dieses Gesetz, dass die Adelstitel in der Form, die bisher von den nicht durch
Primogenitur
besonders bevorrechtigten Familienmitgliedern gefuhrt wurde, zukunftig als Teil des burgerlichen Familiennamens galten, wobei nach einer Entscheidung des
Reichsgerichts
vom 10. Marz 1926 (RGZ 113, 107 ff.) weiterhin die geschlechtsspezifischen Varianten verwendet werden konnten (Graf/Grafin, Herzog/Herzogin usw.).
[31]
Diejenigen Personen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Weimarer Reichsverfassung einen Primogeniturtitel fuhrten (also z. B. Furst statt Prinz), durften diesen personlich auf Lebzeit beibehalten. Das betraf insbesondere die
Herrschertitel
ehemals regierender Hauser.
Die ererbten Vermogen durften die Adelsfamilien behalten. Ein 1926 von der
Kommunistischen Partei Deutschlands
(KPD) initiierter Versuch, durch den
Volksentscheid zur
Furstenenteignung
wenigstens die ehemals regierenden Hauser ?
entschadigungslos zu enteignen
“, scheiterte.
Von der Mehrheit des deutschen Adels wurde die
Weimarer Republik
rigoros abgelehnt. Der Adel unterstutzte deshalb weiterhin die konservativen deutschnationalen Stromungen in der Gesellschaft und hoffte auf die Wiederherstellung einer monarchischen Staatsform. Jedoch stellte der deutsche Adel von jeher keine
homogene
Gruppe dar und war gepragt von der jeweiligen Landschaft und der dort vorherrschenden Konfession. Angehorige des historischen Adels fanden sich auf der Seite der begeisterten Unterstutzer des Nationalsozialismus ebenso wie spater auf der Seite des offenen Widerstandes, der oft mit dem Tod endete. Zudem herrschte auch eine weit verbreitete ambivalente Haltung vor.
Einerseits bediente sich der Nationalsozialismus konservativer Begriffe und forderte das Wiedererstarken der deutschen Nation, die auch vom Adel erwunscht war. Der Nationalsozialismus fand so auch viele adelige Anhanger insbesondere bei den jungeren, protestantisch und preußisch gepragten Vertretern der ostelbischen Junker. Zudem war die von den Nationalsozialisten betriebene Rassenideologie des ?reinen Stammbaums“ (
Ariernachweis
) dem heute noch angewandten ?Nachweisprinzip des Adels“ (
Adelsprobe
,
Adelsrecht
) entlehnt. Die
volkisch
bis
rassistisch
gepragte
Deutsche Adelsgenossenschaft
(DAG), die großte Vereinigung deutscher Adeliger im Deutschen Reich, reprasentierte aber nicht alle deutschen Adeligen. Die DAG ? deren Prufstelle fur Abstammungsfragen noch heute im sogenannten
Deutschen Adelsrechtsausschuss
besteht ? hatte bereits 1920 den Ariernachweis als erweiterten Teil der Adelsprobe eingefuhrt. Adelige wie
Karl Freiherr von Hirsch
, der spater im
Konzentrationslager Theresienstadt
umkam, waren damit aus dem Verband des deutschen Adels ausgeschlossen worden. Viele fuhrende
Rassentheoretiker
waren Angehorige des Adels, so etwa
Max von Gruber
,
Otmar Freiherr von Verschuer
,
Karl von Behr
und besonders
Egon Freiherr von Eickstedt
(nach seiner ?rassendiagnostischen Formel“ wurden die
Nurnberger Gesetze
angewandt). Welche Wirkung die Ideologie des
Herrenmenschtums
von
Arthur de Gobineau
auf so manche deutsche Adelige hatte, kann nur vermutet werden. Als Beispiel der aktiv am Regime beteiligten Adeligen mit einer solchen Gesinnung sei
Franz Pfeffer von Salomon
genannt.
Heinrich Himmler
, ein ausgesprochener Verehrer des alten deutschen Adels, beispielsweise beabsichtigte mit seiner
Lebensborn
-Organisation die Heranziehung des erweiterten ?Adels der Zukunft“.
[32]
Andererseits lehnten viele Adelige trotz Befurwortung von paternalistischem sozialem Engagement die egalitare Seite des National
sozialismus
und auch die proletischen Schlagertrupps der SA ab. Sie standen aufgrund einer uberwiegend religiosen und politisch konservativen Grundhaltung der neuen Bewegung des Nationalsozialismus skeptisch gegenuber. Obwohl solche Kreise der NSDAP deshalb eher nicht beitraten und deren rassistische Ideologie ablehnten, galten auch sie oft als Sympathisanten des nationalsozialistischen Programms einer nationalen Erhebung und Wiederaufrustung. Bei katholisch gepragten west- und suddeutschen, insbesondere auch bayerischen Adeligen, konnte der Nationalsozialismus aber durchaus auch auf heftige Ablehnung stoßen, insbesondere bei den Vertretern der alteren Generation.
[33]
Es gab große Vorbehalte gegenuber radikalen, 'antiadligen' und sozialistischen Aspekten des Nationalsozialismus. In adligen Fuhrungseliten und im noch vom Adel stark gepragten Offizierskorps stand man dem
Parvenu
und ?Gefreiten Hitler“ ebenfalls oft eher skeptisch gegenuber.
Der bayerische Adel insbesondere wollte die Ruckkehr zur Monarchie, notfalls unter Abspaltung Bayerns vom Deutschen Reich, und hatte mit Kronprinz
Rupprecht von Bayern
auch einen wesentlich kompetenteren Thronpratendenten zu bieten als etwa im Vergleich dazu das Haus Hohenzollern mit dem deutschen Kronprinzen
Wilhelm von Preußen
, der Hitler offenherzig bewunderte.
Nach der Niederschlagung des
Hitler-Ludendorff-Putsches
im Jahr 1923 nutzte der deutsch-nationale Reichswehrchef
Hans von Seeckt
seine Amtsmacht, um sowohl die
KPD
als auch die
NSDAP
zu verbieten.
Zu den einflussreichen Forderern
Adolf Hitlers
gehorte bereits ab 1922 der fruhere Herzog
Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha
. Spater machten Organisationen wie die
Harzburger Front
von
Alfred Hugenberg
mit Unterstutzung von Reichswehrgeneral a. D. Hans von Seeckt und dem Kaisersohn und
SA-Gruppenfuhrer
August Wilhelm Prinz von Preußen
in Deutschland Adolf Hitler ab 1931 in den konservativen deutschnationalen Kreisen salonfahig. Dieses geschah, obwohl
Wilhelm II.
, wie er spater im niederlandischen Exil einraumte, der Annaherung dieses Sohnes an den Nationalsozialismus ablehnend gegenuber stand.
[34]
Dennoch gilt diese Salonfahigmachung als großer Schritt zur spateren
Machtergreifung
.
Reichsprasident
Paul von Hindenburg
sah weiterhin auf die Nationalsozialisten und den ?
bohmischen Gefreiten
“ Hitler herab und versuchte, so lange es ihm moglich schien, sie von der Macht fernzuhalten. Als die NSDAP und die KPD die Mehrheiten im
Reichstag
seit 1932 dominierten, erwogen die
Reichskanzler
der Prasidialkabinette
Franz von Papen
und
Kurt von Schleicher
sogar mit Hilfe der Reichswehr eine Machtergreifung dieser Parteien zu verhindern. Der Chef der
Heeresleitung
Kurt von Hammerstein-Equord
und der Leiter des Ministeramts im
Reichswehrministerium
Ferdinand von Bredow
befurworteten ein militarisches Vorgehen gegen Hitler.
Die einzige Alternative schien eine Einbindung der Nationalsozialisten in eine von der DNVP gefuhrte Regierung. Eine Vizekanzlerschaft lehnte Hitler ab, und die Spaltung der NSDAP scheiterte. In dieser kritischen Phase der Partei schrieb Hitlers Propagandachef
Goebbels
in sein Tagebuch:
?Spat nachts entwickelt der Fuhrer noch im Kaiserhof seine Gedanken uber den Adel. Auch hier wie immer originell und einfallsreich. Der Adel hat nur dann einen Sinn, wenn er nicht nur auf
Vorrechten
, sondern auch auf
Vorpflichten
beruht. Fordern, aber nicht leisten, das gilt nicht.“
Stephan Malinowski
wies indes darauf hin, dass viele Mitglieder der adeligen Familien schon vor der
Machtergreifung
Mitglieder der
NSDAP
waren. Er betont, dass es signifikant mehr Parteimitglieder als spater Widerstandskampfer gab (allerdings gilt dies auch fur die ubrige Bevolkerung). Malinowski kommt zu dem Schluss, dass ?der Adel in der NSDAP bereits 1933 eindeutig uberproportional vertreten gewesen“ sei.
[36]
Der Jurist und Diplomat
Erhard Graf von Wedel
trat am 1. Dezember 1931 der NSDAP bei und außerte sich in seinen Schriften des Ofteren sehr positiv, zum Teil begeistert uber den Nationalsozialismus und stand mit dieser Einstellung stellvertretend fur viele seiner sozialen Schicht.
[37]
Gemaß einer Uberprufung von 350 Adelsfamilien durch Stephan Malinowski ergaben sich 3600 Adelige mit Parteibuch. Die Zahl ist jedoch nicht einfach zu interpretieren, da sie nicht alle Adeligen erfasst, die in der NSDAP-Mitglieder waren und zudem nicht ins Verhaltnis gesetzt ist zur Anzahl aller Personen, die dem historischen Adel im Deutschen Reich damals zuzurechnen waren. Unterscheidet man die Konfession, so fallt auf, dass katholische Adelige z. B. in Bayern, Rheinland und Westfalen weniger anfallig fur den Nationalsozialismus waren. Die NSDAP ubte entsprechenden Druck aus und verlieh auch ohne Parteieintritt ihr Goldenes Parteiabzeichen 1937 u. a. an die Minister
Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk
und
Paul von Eltz-Rubenach
, was letzterer als Katholik beim Festakt ablehnte, so dass Hitler unter Protest den Raum verließ. Jedenfalls fanden sich in den Reihen der NSDAP etwa 41
Schulenburg
, 52
Schwerin
, 27
Hardenberg
, 34
Bismarck
, 53
Arnim
, 37
Goltz
, 70
Osten
, 38
Puttkamer
, 40
Bulow
, 43
Kleist
, 48
Winterfeld
und 78
Wedel
;
[38]
die Auflistung ließe sich lange fortfuhren. Zwar findet man viele dieser Namen auch im
militarischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus
wieder, was allerdings damit zu erklaren ist, dass dieser aus der Fuhrungsebene der Wehrmacht und des NS-Regimes heraus erwuchs.
[39]
Aus den Furstenhausern traten 80 Mitglieder vor der
Machtergreifung
1933 in die NSDAP ein, bis 1941 wuchs die Zahl auf 270.
[40]
Einige namhafte Vertreter des Hochadels mit einer Mitgliedschaft in der NSDAP stammten aus dem Haus Hessen. Es waren dies
Friedrich Karl Landgraf von Hessen
,
Richard Prinz von Hessen
Philipp Landgraf von Hessen
,
Christoph Prinz von Hessen
,
Wilhelm Prinz von Hessen-Philippsthal-Barchfeld
,
Wolfgang Prinz von Hessen
,
Georg Donatus Erbgroßherzog von Hessen-Darmstadt
und
Ludwig Prinz und Landgraf von Hessen und bei Rhein
.
Auch aus dem ernestinischen Zweig des Geschlechts der Wettiner gab es einige Prominenz in der Partei. Es waren dies neben dem schon genannten Carl Eduard Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha zudem
Hubertus Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha
,
Johann Leopold Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha
,
Rainer Prinz von Sachsen-Coburg-Kohary
,
Georg Herzog von Sachsen-Meiningen
und
Ernst Herzog von Sachsen-Altenburg
.
Weitere Vertreter des Hochadels in der NSDAP
[41]
waren zum Beispiel auch
Joachim Ernst Herzog von Anhalt
, der bereits erwahnte
Adolf Furst zu Bentheim-Tecklenburg
, des Weiteren
Otto (III.) Furst von Bismarck
,
Gottfried Graf von Bismarck-Schonhausen
,
Carl Friedrich Furst zu Castell-Castell
,
Hermann Burggraf und Graf zu Dohna-Finckenstein
,
Alexander Graf zu Erbach-Erbach
,
Friedrich Wend Furst zu Eulenburg
,
Botho-Wendt Graf zu Eulenburg
,
Max Egon Furst zu Furstenberg
,
Karl Egon Prinz, seit 1941 Furst zu Furstenberg
,
Maximilian Egon Prinz zu Furstenberg
,
Joachim Egon Prinz zu Furstenberg
,
Georg Graf Henckel von Donnersmarck
,
Ernst Furst zu Hohenlohe-Langenburg
,
Gottfried Prinz zu Hohenlohe-Langenburg
,
Friedrich Karl Furst zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfurst
,
Albrecht Prinz von Hohenzollern
,
Franz Joseph Prinz von Hohenzollern-Emden
,
Wilhelm Karl Prinz von Isenburg
,
Emich Furst zu Leiningen
,
Hermann Prinz zu Leiningen
,
Karl Furst zu Leiningen
,
Ernst Leopold Prinz zur Lippe
,
Karl Christian Prinz zur Lippe-Weißenfeld
,
Friedrich Franz Herzog zu Mecklenburg
,
Nikolaus Herzog von Oldenburg
,
Eugen Graf von Quadt zu Wykradt und Isny
,
Heinrich Erbprinz von Reuß
,
Heinrich Prinz Reuß zu Kostritz
,
Wolrad Furst zu Schaumburg-Lippe
,
Friedrich Christian Prinz zu Schaumburg-Lippe
(seit 1929 NSDAP-Mitglied, Adjutant von Joseph Goebbels),
Max Prinz zu Schaumburg-Lippe
,
Ernstotto Graf zu Solms-Laubach
,
Otto Graf zu Stolberg-Wernigerode
,
Roderich Graf von Thun und Hohenstein
,
Albrecht Furst von Urach
,
Josias Erbprinz zu Waldeck und Pyrmont
,
Viktor Prinz zu Wied
und
Heinrich Ferdinand von Osterreich-Toskana
. An dieser Stelle sei auch
Bernhard zur Lippe-Biesterfeld
erwahnt, der Prinzgemahl der spateren niederlandischen Konigin Juliana, der freilich im Vorfeld seiner im Januar 1937 erfolgten Hochzeit aus der Partei austrat.
Auch einige namhafte Frauen aus dem Hochadel zog es in die Partei, wie etwa
Marie Auguste Prinzessin von Anhalt
,
Clementine Grafin zu Castell-Rudenhausen
,
Margarethe Landgrafin von Hessen-Kassel
, die jungste Schwester von Kaiser Wilhelm II.,
Alexandra Furstin zu Hohenlohe-Langenburg
,
Sophie Charlotte Prinzessin von Preußen
,
Magdalene Grafin zu Stolberg-Wernigerode
und
Pauline Furstin zu Wied
.
Allein schon wegen ihrer Prominenz haben diese Vertreter des Hochadels ? ganz uberwiegend protestantischer Konfession ? durch die Mitgliedschaft in der Partei dem NS-Regime erheblichen Vorschub geleistet. Die meisten Angehorigen des Adels ubersahen, dass Hitler weder den Adel in seine alten Rechte wieder einsetzen wollte noch dessen Werte teilte. Im Grunde machten Hitler und seine Entourage den Adel fur die Niederlage im Ersten Weltkrieg mit verantwortlich. Viele Adelige durchschauten nicht, dass sie nur als nutzliche Handlanger und Reklametrager fur die Sache der Nazis herhalten sollten. Auch einer der prominentesten des Hochadels in den Reihen der Nazis, der Kaisersohn August Wilhelm Prinz von Preußen, begriff dies nicht.
[42]
Wenn auch der Adel in der NSDAP uberreprasentiert war, so ist dennoch davon auszugehen, dass es stets mehr Adelige außerhalb als innerhalb der Partei gab.
[43]
Dienstaltestes adeliges SS-Mitglied war nach den Unterlagen des ehemaligen
Berlin Document Center
Hubertus Karl Graf von Schimmelmann.
Die Motive fur den Partei-Eintritt waren vielfaltig, einige Adlige waren ideologisch uberzeugt, andere versprachen sich eine Uberwindung ihres Status- und Machtverlusts von 1918, wieder andere teilten die ? auch im Burgertum sehr verbreitete ? Angst vor einer
Bolschewisierung
Deutschlands und Europas, viele hofften (ebenso wie im
Kleinburgertum
und der
Arbeiterschaft
) auf einen wirtschaftlichen Aufschwung nach der
Weltwirtschaftskrise
, manche versprachen sich (nach der
Machtergreifung
) Karrieremoglichkeiten in Diplomatie und Militar, wieder andere versuchten, sich trotz innerlich ablehnender Haltung durch ein Parteibuch vor Denunziation zu schutzen und zugleich ihren Besitz vor Konfiskation (wie etwa
Hans-Hasso von Veltheim
-Ostrau).
[44]
Jedoch war dieser Prozess durch vielfaltige Repression und auch Verfolgung jener Adeliger begleitet, die eine Kooperation verweigerten, so wurden z. B. Angehorige der katholischen Adelshauser
Wittelsbach
(wie
Franz von Bayern
) und
Habsburg
(wie
Maximilian Hohenberg
) mit ihren Geschwistern in KZ-
Sippenhaft
genommen. Ebenso erging es den Familien adeliger Widerstandskampfer, z. B.
Nina Schenk Grafin von Stauffenberg
und des Generals
Walther von Seydlitz-Kurzbach
.
Zur Situation des osterreichischen Adels in dieser Zeit siehe
Osterreichs ehemaliger Adel und der Nationalsozialismus
.
Werden die Verhaltnisse des Adels auf der Ebene des Reichstags beleuchtet, so waren im Jahre 1932 sogar 15 Reichstagsabgeordnete der NSDAP adeliger Abstammung.
[45]
Das war bei dieser Wahl der hochste Anteil aller Parteien und lag somit bei rund 7 Prozent, wohingegen der Adel bezogen auf die Gesamtbevolkerung nur bei rund einem Promille lag. Hier sticht also die uberproportionale Vertretung des Adels bei den Nazis mit dem ungefahren Faktor 70 sehr deutlich hervor. Auch auf der Ebene des spateren
Kabinetts Hitler
gab es einen relevanten Anteil Adliger, allerdings war der Anteil niedriger als im erwahnten
Kabinett von Papen
, das auch explizit als ?Kabinett der Barone“ galt und von der Absicht getragen war, die Nationalsozialisten von der Macht fernzuhalten.
Die
Kamarilla
(
Otto Meissner
,
Oskar von Hindenburg
,
Elard von Oldenburg-Januschau
,
Franz von Papen
,
Kurt von Schleicher
, Alfred Hugenberg und bedingt auch
August von Mackensen
) um Paul von Hindenburg trieb nun zur Unterstutzung einer national ausgerichteten Regierung die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler voran. Anfangs hofften Hindenburg und Teile des Adels, den Nationalsozialismus so unter Kontrolle zu bringen. An der Regierung waren demgemaß nur zwei nationalsozialistische Minister beteiligt. Zu Beginn der ?
Machtergreifung
“ stutzte sich Adolf Hitler auf die noch immer zahlreichen Offiziere des Adels in der
Reichswehr
(General
Werner von Blomberg
von 1933 bis 1938
Reichswehrminister
bzw. seit 1935 Reichskriegsminister und 1936 der erste
Generalfeldmarschall
der
Wehrmacht
).
Im Jahre 1933 hatte
Adolf Furst zu Bentheim-Tecklenburg-Rheda
, der Adelsmarschall und Vorsitzende der Deutschen Adelsgenossenschaft (DAG), gelobt, dass der Adel an der Seite Hitlers fur seine Sache eintreten und sie gewinnen wurde oder mit ihm untergehen solle. Er sorgte dafur, dass alle Mitglieder der DAG ausgeschlossen wurden, die nicht bis mindestens zuruck bis zum Jahr 1750 den Nachweis nichtjudischer Vorfahren fuhren konnten. Die DAG unterstutzte somit die Nazis ganz wesentlich in ihrem Antisemitismus. Die DAG hatte zu der Zeit rund 17.000 Mitglieder. Bentheim sprach also fur etwa 20 Prozent des gesamten deutschen Adels. Er hatte dem Wunsch entsprochen, dass erhebliche Teile des Adels mit dem Regime kollaborieren wollten.
Mit der propagandistischen Inszenierung des
Tags von Potsdam
am 21. Marz 1933 sollte die preußisch-deutsche Militarelite gleich zu Beginn des NS-Herrschaft umgarnt und fur die Sache Hitlers vereinnahmt werden. Allerdings gab es schon fruh Spannungen mit der nicht vollkommen gleichgeschalteten Wehrmacht und ihren Offizieren, die haufig aus Adelsfamilien stammten. Insbesondere als SS-Offiziere, jedoch auch als Offiziere in der Wehrmacht, waren zahlreiche Adelige spater dann aber direkt in die Verbrechen und den Volkermord der Nazis verstrickt.
1934 wurden der ehemalige Reichskanzler und General
Kurt von Schleicher
, dessen Frau
Elisabeth von Schleicher
sowie der General
Ferdinand von Bredow
im Rahmen nationalsozialistischer ?Sauberungen“ nach dem
Rohm-Putsch
umgebracht. Die Sauberungen dienten zur Abwehr eines vorgeblich geplanten Putsches durch die SA. Dabei wurden auch die dem Adel entstammenden
SA-Fuhrer
Peter von Heydebreck
und
Hans Erwin Graf von Spreti-Weilbach
getotet sowie aus der Umgebung Papens
Herbert von Bose
. Mit der Ermordung des ehemaligen
bayerischen Ministerprasidenten
Gustav Ritter von Kahr
im
KZ Dachau
begannen damals auch Verfolgungen von Adeligen aus Politik und Kirche. Weitere namentlich bekannte Opfer der Mordaktion, die aus dem Adel stammten, waren
Veit Ulrich von Beulwitz
, Ferdinand von Bredow,
Georg von Detten
,
Hans-Joachim von Falkenhausen
,
Eugen von Kessel
,
Fritz von Kraußer
,
Walter von Mohrenschildt
und
Eberhard Carl Freiherr von Wechmar
. Von den rund 90 bekannten Todesopfern dieser von Hitler angeordneten Aktion entstammten demnach 14 aus dem Adel.
Der greise Generalfeldmarschall
August von Mackensen
und der Freund Schleichers, Generaloberst z. V.
Kurt von Hammerstein-Equord
, versuchten wahrend der Mordtage vergeblich Hindenburg zu erreichen. Darauf hofften sie durch eine Denkschrift den Reichsprasidenten aufzuklaren. Die Schrift trug zwar zu einer kritischen Haltung des Offizierskorps bei, dessen Angehorige uberwiegend eine Untersuchung wollten, sie erreichte Hindenburg aber nie. Die Furcht vor Verfolgung veranlasste jedoch nun auch viele Angehorige der oberen Gesellschaftsschicht aus Adel und
Burgertum
, die weder zu den Uberzeugten noch zu den fruhen Opportunisten gehort hatten, zu einem angepassten Verhalten gegenuber den neuen Machthabern.
In der
Blomberg-Fritsch-Krise
1938 gelang es Hitler, im Rahmen teilweise konstruierter Affaren den
Oberbefehlshaber des Heeres
Werner von Fritsch
und Kriegsminister
Werner von Blomberg
abzusetzen, die gewagt hatten, gegen seine aggressive Außenpolitik Einspruch zu erheben. 1938 wurde der Diplomat und Attache Papens
Wilhelm Freiherr von Ketteler
ermordet, der bereits damals ein Attentat auf Adolf Hitler plante.
[46]
Im Rahmen der sogenannten
Septemberverschworung
bildete sich 1938 bereits ein Widerstandskreis im
Amt Ausland/Abwehr
, der fur den Fall einer
Mobilmachung
Kommandeure fur Staatsstreichsplane in Berlin gewinnen konnte, u. a.
Erwin von Witzleben
(Kommandierender General und Befehlshaber des
Wehrkreises III
),
Walter Graf von Brockdorff-Ahlefeldt
,
Paul von Hase
,
Wolf-Heinrich Graf von Helldorff
(
Polizeiprasident von Berlin
),
Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg
. Auch der neu ausgewahlte und vermeintlich regimetreue Nachfolger als Oberbefehlshaber des Heeres
Walther von Brauchitsch
scheint an den Verschworungsplanen aktiv beteiligt gewesen zu sein. Auch als er von diesen Abstand nahm, deckte er diese Plane nicht auf. Nach der
Munchner Konferenz
wurde den Planen zunachst der Boden entzogen. Auf Grund seines aktiven Widerstands wurde der ehemalige Stabsoffizier,
NSDAP
- und
SA
-Mitglied
Malte zu Putbus
ausgeschlossen, verfolgt und 1945 (wahrscheinlich) im
KZ Sachsenhausen
ermordet. Das gleiche Schicksal am gleichen Ort erlitt
Hans von Ribbeck-Ribbeck
.
Gemaß dem so genannten
Heß-Erlass
vom Februar 1938 war die Doppelmitgliedschaft von NSDAP und ? evangelischem ?
Johanniterorden
untersagt. Ausgehend von der letztmals im Fruhjahr 1931 publizierten Mitgliederliste der Kongregation, gesamte Mitgliederzahl im In- und Ausland: 4760 (bestehend aus Ehrenritter, Rechtsritter, hohere Ordensmitglieder)
[47]
und den
Nachweisungen
der Austritte in den Johanniter-Ordensblattern bis 1939
[48]
verließen etwa zehn Prozent den Orden. Darunter waren zuerst Polizeioffiziere wie
Jurgen von Kamptz
, sehr viele Juristen sowie Diplomaten und Grundbesitzer.
[A 5]
Des Weiteren befanden sich einige hohere SA-Fuhrer unter dieser Gruppe, der Reichssportfuhrer
Hans von Tschammer und Osten
, der Rektor
Achim von Arnim
,
Alexander Freiherr von Humboldt-Dachroeden
oder
Georg von Neufville
, ebenso mittlere NSDAP-Funktionare, aber auch Beamte der Ritterschaft (Landschaft), hier
Wedego Graf von Wedel
, und ein Domherr, wie der letzte Kuratur der Brandenburger Ritterakademie,
Hans von Rochow-Stulpe
. Nach Kriegsende galt die Auflage, diese Personen nicht wieder aufzunehmen. Es gibt aber nachweislich zwei Ausnahmen, jeweils aus den Familien von Plotho und von Zeschau.
Angesichts der langen und respektablen Liste von Adeligen im Widerstand entstand in der Offentlichkeit, insbesondere in den westlichen Nachkriegsmedien, vielfach der Eindruck, der gesamte Adel ware im Widerstand gegen das NS-Regime gewesen. Dies entspricht jedoch keineswegs der Realitat. Die meisten Angehorigen des Adels leisteten wie auch die Mehrheit der Bevolkerung keinen Widerstand. Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 waren jedoch auch viele Nazis der Meinung, dass der Adel insgesamt Verrat begangen habe. So forderte
Robert Ley
in einer offentlichen Rede Ende Juli 1944 die Ausrottung der alten Adelsfamilien. Joseph Goebbels war allerdings strikt dagegen, denn er war von der Loyalitat der uberwiegenden Mehrheit der adeligen Offiziere in der Wehrmacht und der Waffen-SS nach wie vor uberzeugt und wusste, dass das Regime sich auf sie verlassen konnte, sogar weiterhin dringend auf sie angewiesen war. Nach Rucksprache mit Hitler untersagte Goebbels am 26. Juli 1944 eine allgemeine Adelshetze und zwang Ley nach einer Unterredung, sich offentlich fur seine Ausfalle gegen den Adel zu entschuldigen.
[49]
Angehorige des Adels, die aktiv zu den Verbrechen des Regimes beigetragen haben, gab es sehr viele. Wie in der gesamten Wehrmacht spielte dabei der
Fahneneid
gegenuber Hitler eine Rolle sowie strikter Gehorsam gemaß der preußischen Militartradition. Insbesondere ostelbische Adelige fanden offenbar die Idee der Ausdehnung des deutschen
Lebensraums im Osten
sehr attraktiv, um ihrem vermeintlichen
Volk ohne Raum
neue Siedlungsgebiete zu erschließen. Es wurde dabei in Kauf genommen, dass damit die Unterdruckung und Entrechtung der dort heimischen slawischen Bevolkerung einhergehen sollte. Auch das brutale Vorgehen gegen politisch andersdenkende, ?Bolschewisten“ und Partisanen, sowie die Verfolgung und Vernichtung der judischen Bewohner, wurde von Angehorigen des Adels in Wehrmacht, SS und Polizei entweder hingenommen oder aktiv vorangetrieben.
Die aus altem Adel stammenden Generale
Erich von Manstein
und
Gerd von Rundstedt
waren beim Uberfall auf Polen 1939 und der Sowjetunion 1941 fuhrend beteiligt und hatten somit erheblichen Anteil an den
Verbrechen der Wehrmacht
.
Walter von Reichenau
propagierte im Krieg gegen die Sowjetunion als uberzeugter Parteiganger Hitlers den ?Weltanschauungskrieg“ gegen ?Bolschewisten“ und Juden. Als Befehlshaber der 6. Armee duldete er die Massaker in seinem Bereich.
[50]
Weitere Generale, die dem Adel entstammten und an den Kriegsverbrechen ihren Anteil hatten, waren die Generalfeldmarschalle
Fedor von Bock
,
Ewald von Kleist
,
Gunther von Kluge
,
Georg von Kuchler
,
Wolfram Freiherr von Richthofen
und
Maximilian von Weichs
sowie die Generalobersten
Hans-Jurgen von Arnim
,
Nikolaus von Falkenhorst
und
Eberhard von Mackensen
. Die Generalfeldmarschalle
Wilhelm Ritter von Leeb
und
Robert Ritter von Greim
sowie der Generaloberst
Eugen Ritter von Schobert
stammten aus bayerischen Offiziersfamilien und erhielten wahrend des Ersten Weltkriegs durch die Verleihung des
Militar-Max-Joseph-Ordens
das Recht, einen personlichen Adelstitel zu fuhren.
Der Anteil adliger Offiziere bei der SS war weit uberdurchschnittlich im Vergleich zur Gesamtbevolkerung. Er betrug 1938 8 % der Standartenfuhrer, 9 % der Gruppenfuhrer und 19 % der Obergruppenfuhrer.
[50]
Die adeligen SS-Obergruppenfuhrer waren
Erich von dem Bach-Zelewski
,
Friedrich Karl Freiherr von Eberstein
,
Curt von Gottberg
,
Wolf-Heinrich Graf von Helldorff
(
pro forma
),
Maximilian von Herff
, Jurgen von Kamptz,
Heinrich von Maur
,
Josias Erbprinz zu Waldeck und Pyrmont
und
Udo von Woyrsch
. Die adeligen SS-Gruppenfuhrer waren
Ludolf-Hermann von Alvensleben
,
Georg-Henning Graf von Bassewitz-Behr
,
Max von Behr
,
Adolf von Bomhard
,
Leo von Jena
,
Otto von Oelhafen
,
Carl Friedrich Graf von Puckler-Burghauss
,
Fritz von Scholz
und
Karl von Fischer-Treuenfeld
.
Sie machten sich schwerster Kriegsverbrechen schuldig. Ludolf-Hermann von Alvensleben, zeitweiliger Adjutant des Reichsfuhrers SS Heinrich Himmler, ließ Massenexekutionen auf der Halbinsel Krim durchfuhren. Udo von Woyrsch verantwortete die Erschießung tausender Zivilisten im besetzen Generalgouvernement Polen, in der besetzten Ostukraine desgleichen Georg-Henning von Bassewitz-Behr.
Offiziere der Wehrmacht und der SS, die wegen Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden, waren
Karl Freiherr von Bothmer
,
Albrecht Digeon von Monteton
,
Erwin von Helmersen
,
Hartwig von Ludwiger
,
Carl von Oberkamp
,
Theodor Adrian von Renteln
,
Eduard von Saß
,
Erwein von Thun und Hohenstein
und
Eckart von Tschammer und Osten
. Der zum Tode verurteilte
Wolfgang von Ditfurth
starb vermutlich vor der Vollstreckung 1946.
Karl Michel Freiherr von Tußling
ist ein klassisches Beispiel, wie sich die Tater nach dem verlorenen Krieg durch gelungene Vertuschung einer Strafverfolgung fur ihre Beteiligung an den Verbrechen der NS-Zeit entziehen konnten.
Ebenso blieb der Freiherr
Wernher von Braun
unangetastet
.
Viele namhafte Adelige, die den verbrecherischen Charakter des Regimes durchschauten und als Patrioten essentielle nationale Interessen verletzt sahen, spielten eine fuhrende Rolle beim geistig-politischen
Widerstand
, darunter insbesondere Offiziere der
Wehrmacht
(siehe oben und siehe unten etwa beim
20. Juli
). Sie ubernahmen aber auch innerhalb kirchlicher, volkischer und burgerlicher Widerstandskreise die Fuhrung.
Schon vor der eigentlichen Machtergreifung Hitlers bildeten uberwiegend katholisch-
jungkonservative
Gegner des
Nationalsozialismus
in Berlin ab 1931 den sogenannten Jordan-Kreis (auch Jordan-Halem-Gruppe), siehe insbesondere
Carl von Jordans
,
Nikolaus Christoph von Halem
und
Hans Graf von Lehndorff
. Daraus entwickelte sich 1934, nach dem
Rohm-Putsch
, unter den Mitarbeitern von Hitlers Vizekanzler und Botschafter in Wien,
Franz von Papen
der
Edgar-Jung-Kreis
, darunter der Diplomat
Wilhelm Freiherr von Ketteler
, der bereits 1938 die Erschießung
Hitlers
beim Einmarsch in Wien plante und daraufhin ermordet wurde.
[51]
Auf katholisch-kirchlicher Seite hielt der Bischof von Munster,
Clemens August Graf von Galen
bereits ab 1934 seine weit verbreiteten Predigten gegen die
Nazi-Ideologie
und spater gegen die
Euthanasie
. Ihn unterstutzte darin ab 1941 in der Reichshauptstadt der Berliner Bischof
Konrad Graf von Preysing
. 1944 wurden als katholische Staatsbeamte z. B.
Ferdinand Freiherr von Luninck
und
Nikolaus Christoph von Halem
vom
Volksgerichtshof
zum Tode verurteilt
und
erhangt
. Das gleiche Schicksal erlitt auch der Diplomat
Ulrich von Hassell
, obwohl er nicht zum engeren Kreis des Widerstands gehorte. Wegen seiner Hilfe fur einen judischen Landrat verstarb
Johannes von Francken-Sierstorpff (Martyrer)
beim Abtransport aus dem Zuchthaus. Infolge Schwachung in einem Gestapo-Gefangnis starb
Kurt Mathias von Leers
.
Zum Widerstand der
Bekennenden Kirche
zahlten Adelige wie
Friedrich von Bodelschwingh
,
Hannah von Bredow
,
Constantin von Dietze
,
Anni von Gottberg
,
Ewald von Kleist-Schmenzin
,
Ruth von Kleist-Retzow
,
Stephanie Mackensen von Astfeld
,
Friedrich von Rabenau
,
Hans von Soden
,
Elisabeth von Thadden
und
Reinhold von Thadden-Trieglaff
. Wegen seiner Verbindung mit
Dietrich Bonhoeffer
wurde
Randolph von Breidbach-Burresheim
im KZ Sachsenhausen umgebracht. Der reformierte Jurist
Adolf von Harnier (Widerstandskampfer)
wurde nach 1939 u. a. wegen Verteidigung von NS-Gegnern zu einer Zuchthausstrafe verurteilt, die er nicht uberlebte.
Im
Freiburger Kreis
, mit okumenisch-
ordoliberalen
Vorstellungen, spielte neben R. Eucken der Volkswirt
Constantin von Dietze
eine besondere Rolle (vgl. auch die Vorgangerorganisation ?
Arbeitsgemeinschaft Erwin von Beckerath
‘). Die Richtung lehnte sowohl
Zentralverwaltungswirtschaft
als auch
Laissez-faire
-
Kapitalismus
ab und leistete Vorarbeiten fur die in der Bundesrepublik spater entwickelte
soziale Marktwirtschaft
.
Im von liberalen und konservativen Eliten getragenen
Solf-Kreis
mit Verbindungen zum Auswartigen Amt spielten etwa
Albrecht Graf von Bernstorff
und
Herbert Mumm von Schwarzenstein
wichtige Rollen.
Anfang der vierziger Jahre bildete sich der politische Widerstand des
Kreisauer Kreises
auf Initiative der Adeligen
Helmuth James Graf von Moltke
,
Peter Graf Yorck von Wartenburg
,
Carl Dietrich von Trotha
,
Horst von Einsiedel
,
Adam von Trott zu Solz
,
Michael Graf von Matuschka
, (auch die spatere Chefredakteurin der ≫Zeit≪,
Marion Grafin Donhoff
, stand dem Kreis nahe).
Einzelne Personen aus dem Adel, welche in aller Regel mit ihrer sozialen Herkunft gebrochen hatten, waren im Widerstand der
Arbeiterbewegung
aktiv, so zum Beispiel
Waldemar von Knoeringen
, der das Grenzsekretariat der
Sopade
in
Nyrsko
und ein Widerstandsnetzwerk der Gruppe
Neu Beginnen
leitete oder
Fritz Eberhard
(Geburtsname Helmut von Rauschenplat), der 1933 untertauchen musste und 1934?1937 die illegale Arbeit des
ISK
koordinierte.
Im
Zweiten Weltkrieg
verloren die adeligen Offiziere mehr und mehr an Einfluss, da Hitler ihnen als gesellschaftlicher Gruppe zunehmend misstrauisch gegenuberstand. Diese durchschauten im Krieg zunehmend Hitlers Lugen und militarische Fehlentscheidungen. Deshalb baute z. B. in der
Schlacht von Stalingrad
General
Walther von Seydlitz-Kurzbach
Widerstand gegen Hitlers Befehle auf und setzte sich in sowjetischer Kriegsgefangenschaft fur die Aufstellung eines Korps aus gefangenen deutschen Soldaten ein, das auf Seiten der
Anti-Hitler-Koalition
kampfen sollte. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, oft auch aufgrund des Wissens um Graueltaten an der Ostfront, beteiligten sich viele adelige Stabsoffiziere und teilweise auch Frontoffiziere am verdeckten und dann offenen Widerstand gegen Adolf Hitler. So ermoglichte z. B. Generalfeldmarschall
Maximilian von Weichs
die Verteilung der
Sonette
des pazifistischen Dichters
Reinhold Schneider
[52]
. Auch an der Mehrzahl der Attentatsversuche auf Hitler seit 1940 waren Personen aus adligen Familien meist fuhrend mit beteiligt (
Liste der Attentate auf Adolf Hitler
). Seit Mitte 1942 versuchte von Tresckow Anschlage auf Hitler zu organisieren. 1943 versuchten
Henning von Tresckow
und
Fabian von Schlabrendorff
ein Sprengstoffattentat auf das Flugzeug von Hitler. Der Versuch scheiterte aber wegen einer fehlerhaften Zundung. Daraufhin uberzeugte Tresckow
Rudolf-Christoph Freiherr von Gersdorff
, der Zugang zu Hitler hatte, zu einem Sprengstoff-Selbstmordattentat in einem Museum. Wegen geanderter Plane Hitlers musste dieser Attentatsversuch abgebrochen werden, und Gersdorff gelang es im letzten Moment, den Saurezunder unbemerkt zu entscharfen. Weitere erfolglose Versuche, Hitler zu toten, unternahmen
von dem Bussche
,
von Kleist-Schmenzin
und
von Breitenbuch
.
Diese Versuche mundeten in das am
20. Juli 1944
von
Claus Schenk Graf von Stauffenberg
durchgefuhrte Bombenattentat im
Fuhrerhauptquartier Wolfsschanze
.
[53]
Trotz Zundung der Bombe uberlebte Hitler dieses Attentat nur leicht verletzt. Die Verschworer versuchten dennoch, die ausgearbeiteten Umsturzplane umzusetzen (siehe auch
Unternehmen Walkure
). Dadurch wird das Attentat am 20. Juli 1944 zum großten Widerstandsereignis, das aus der deutschen Bevolkerung gegen die nationalsozialistische Regierung hervorging. An diesen Ereignissen waren viele Personen des Adels unter Lebensgefahr beteiligt oder ließen ihr Leben (etwa:
Albrecht Graf von Bernstorff
,
Hans-Jurgen Graf von Blumenthal
,
Hasso von Boehmer
,
Georg Freiherr von Boeselager
,
Philipp Freiherr von Boeselager
,
Hans von Dohnanyi
,
Max Ulrich Graf von Drechsel
,
Horst von Einsiedel
,
Karl Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg
,
Hans Bernd von Haeften
,
Werner von Haeften
,
Carl-Hans Graf von Hardenberg
,
Paul von Hase
,
Ulrich von Hassell
,
Caesar von Hofacker
,
Heinrich Graf von Lehndorff-Steinort
,
Wolf-Heinrich von Helldorff
,
Wessel Freytag von Loringhoven
,
Ludwig von Leonrod
,
Helmuth James Graf von Moltke
,
Hans-Ulrich von Oertzen
,
Margarethe von Oven
,
Kurt von Plettenberg
,
Albrecht Mertz von Quirnheim
,
Alexis von Roenne
,
Fritz-Dietlof von der Schulenburg
,
Ulrich Wilhelm Graf Schwerin von Schwanenfeld
,
Carl-Heinrich von Stulpnagel
,
Henning von Tresckow
,
Carl Dietrich von Trotha
,
Adam von Trott zu Solz
,
Berthold Schenk Graf von Stauffenberg
,
Nikolaus Graf von Uxkull-Gyllenband
,
Peter Graf Yorck von Wartenburg
,
Hans-Alexander von Voss
,
Job-Wilhelm Georg Erwin von Witzleben
).
[54]
Andere Adelige, z. B. der als ?Retter von Paris“ bezeichnete General
Dietrich von Choltitz
und der als ?Retter von Gotha“ bezeichnete
Josef von Gadolla
, konnten im Krieg wenigstens sinnloses Blutvergießen und Zerstorungen verhuten, indem sie Fuhrerbefehle nicht befolgten. Generalfeldmarschall
Maximilian von Weichs
z. B. organisierte im Herbst 1944 die Raumung Griechenlands und Jugoslawiens von deutschen Truppen wahrend der sowjetischen Belgrader Operation entgegen den Befehlen Hitlers, indem er planmaßige Ruckzugsbewegungen in den Lagemeldungen an das OKW als durch feindliche Angriffe bedingt darstellte. In den letzten Kriegstagen befreite
Wichard von Alvensleben
als Hauptmann der Wehrmacht in Sudtirol in der Nahe des
Pragser Wildsees
einen
Transport 139 prominenter Sonderhaftlinge
, deren SS-Wachmannschaft den Befehl hatte, diese Haftlinge nicht lebend in Feindeshand fallen zu lassen. Zu diesen Haftlingen gehorten u. a. der ehemalige osterreichische Bundeskanzler
Kurt Schuschnigg
, der mehrfache franzosische Premierminister
Leon Blum
, der Theologe
Martin Niemoller
,
Fritz Thyssen
,
Bogislaw von Bonin
,
Fabian von Schlabrendorff
,
Alexander von Falkenhausen
, die Kabarettistin, Filmschauspielerin und spatere Ordensschwester
Isa Vermehren
sowie
Sippenhaftlinge
des 20. Juli 1944, wie etwa die Familie
von Stauffenberg
.
Aus der Haft im Marz 1945 wieder entlassen, nach dem Stand der Forschung durch Konnexionen zum schwedischen Konigshaus, wurde der Grundbesitzer
Friedrich Furst zu Solms-Baruth
.
Bundesweit gibt es nach Schatzungen der
Vereinigung der Deutschen Adelsverbande
rund 80.000 Nachkommen des historischen Adels. Das sind etwa 0,1 Prozent der deutschen Gesamtbevolkerung.
[55]
In der Bundesrepublik Deutschland sind anknupfend an die Verfassung der Weimarer Republik keinerlei Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes vorgesehen. Auch in der Bundesrepublik gibt es deshalb keinen Adel im bis 1919 verstandenen Sinne des Wortes, also als erblicher
Stand
mit
offentlich-rechtlicher
Wirkung. Dass dies haufig in den Medien nicht klar genug dargestellt wird, hat verschiedene zum Teil auch nur rein pragmatische Grunde. Der Artikel 109 Absatz 3 Satz 2 der Weimarer Verfassung gilt gemaß
Art. 123
Abs. 1 des Grundgesetzes bezuglich der namensrechtlichen Behandlung von Adelsbezeichnungen als einfaches
Bundesrecht
fort. Danach gelten Adelsbezeichnungen ?nur als Teil des Namens und durfen nicht mehr verliehen werden.“
[56]
[57]
Wenn also im Folgenden von ?Adel“ die Rede ist, dann lediglich in dem Sinne, dass es Personen gibt, die einen an den Adel erinnernden Namen tragen. Wenn ein solcher Name gefuhrt wird, dann stehen solche Personen haufig, jedoch aus verschiedenen Grunden
nicht zwingend
in einer genealogisch-familiaren Tradition zum
historischen Adel
. Das traditionelle Adelsmilieu unterscheidet sich bis heute von anderen
sozialen Milieus
in mancherlei Hinsicht: vom
Bildungsburgertum
durch das Landleben, land- und forstwirtschaftliche sowie
jagdliche
Interessen, vom
Großburgertum
und der
Bourgeoisie
durch relativ seltene unternehmerische Betatigungen in anderen wirtschaftlichen oder industriellen Sektoren, vom
Kleinburgertum
durch den Stil, der sich auch bei vielen Vertretern, die heute burgerlichen Berufen nachgehen, bis heute tradiert hat. Er kommt zum Ausdruck in bestimmten Ritualen wie dem
Handkuss
, einer auf Außenstehende bisweilen etwas formlich wirkenden Verhaltens- und Ausdrucksweise, bei gleichzeitiger lockerer Vertrautheit untereinander. Charakteristisch sind Selbstbewusstsein und Haltung. Von anderen Milieus unterscheidet sich dieses durch verbreitetes Interesse an
Geschichte
und
Genealogie
. Es herrscht eine insgesamt eher
konservative
Weltanschauung vor, obgleich es auch durchaus
liberale
und vereinzelt sogar
linke
Vertreter gab und gibt. Es werden in diesem Milieu noch gemeinsame Werte und Verhaltensweisen gepflegt, die fur Außenstehende exklusiv wirken konnen.
[58]
Die Voraussetzungen am Beginn der Bundesrepublik Deutschland waren vollig andere als zum Beginn der Weimarer Republik. Ein Großteil der Nachkommen des ostelbischen Adels (und auch des Adels, dessen Gebiete westlich der Elbe in der spateren DDR lagen) hatte durch
Flucht, Vertreibung
und entschadigungslose Enteignung durch die
Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone 1945
die Grundlagen der einstigen wirtschaftlichen Existenz verloren und musste sich, zumeist in den
westlichen Besatzungszonen
, ein neues Leben aufbauen.
[59]
Wesentlich gunstigere wirtschaftliche Voraussetzungen hatten die Nachkommen des Adels, die uberwiegend in den westlichen Besatzungszonen beheimatet waren. Trotzdem mussten auch sie in den Nachkriegsjahren zunachst befurchten, von den Bestrebungen der Westalliierten zu einer Bodenreform betroffen zu sein. Da jedoch die Bodenreform in den Westzonen nur in Verbindung mit Entschadigungszahlungen vorgesehen war, wurde sie von den westdeutschen Politikern vielerorts so lange verschleppt, bis das Besatzungsstatut beendet war.
[60]
Somit endete die vorgesehene Bodenreform in den Westzonen zum großten Teil als Makulatur. Wo sie tatsachlich durchgefuhrt wurde, wie in der
Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft
, fuhrten die Landabgaben nicht zum gewunschten wirtschaftlichen Erfolg, da nur eine geringe Anzahl von Fluchtlingen Landzuteilungen erhalten konnte, deren kleine Betriebe außerdem unwirtschaftlich blieben. Insgesamt konnten die in der Bundesrepublik landgesessenen Familien ihre Besitzungen weitestgehend bis heute erhalten. Aufgrund des
Primogeniturprinzips
ist jedoch nur ein kleiner Prozentsatz der Angehorigen dieser Familien noch in der Land- und Forstwirtschaft tatig. Die Familien des
Hochadels
in Sud- und Westdeutschland bewahrten vielfach großen Besitz an Vermogen, Immobilien, Inventar, Landereien und Waldern, die aber ebenfalls nur in eine Hand vererbt werden.
Der politische Einfluss der Netzwerke des Adels war anderes als in der Weimarer Republik nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs praktisch vollstandig zum Erliegen gekommen. Auch in den Westzonen lag etwa die Moglichkeit einer Restauration der Monarchie, anders als zu Zeiten der Weimarer Republik, vollig außer Frage. Abgesehen von Bayern hatten praktisch alle noch bis 1918 monarchisch regierten deutschen Lander aufgehort zu existieren und wurden in den Nachkriegsjahren auf die von den Besatzungsmachten neu umrissenen Lander verteilt. Bestrebungen zu einer Restauration der Monarchie in Bayern wurden vom amerikanischen Militargouverneur explizit verboten.
[60]
Die Westmachte unterstellten dem deutschen Adel eine erhebliche Mitschuld am Untergang der Weimarer Republik und misstrauten deshalb dessen Vertretern. Auch Konrad Adenauer war in einer 1946 gemachten Verlautbarung von der politischen Nahe eines großen Teils des Adels zum Nationalsozialismus uberzeugt und tief emport.
[61]
Anders als 1918 konnte nach 1945 niemand auf die Idee einer neuen
Dolchstoßlegende
kommen, da die Schuld an der totalen Niederlage ganz offenbar nicht bei den demokratisch gesinnten Politikern lag. Die 1949 erfolgte Grundung der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der westlichen Besatzungszonen empfanden auch viele Angehorige des Adels als Zeichen der Hoffnung auf eine allmahlich wieder bessere Zukunft. Unter dem Eindruck des Kalten Kriegs, der politischen Verhaltnisse in der DDR und des Wirtschaftswunders im Westen akzeptierte ein Großteil der westdeutschen Bevolkerung und somit auch allmahlich die meisten Angehorigen des Adels den neuen demokratischen Rechtsstaat mehr oder weniger vorbehaltslos.
[62]
Dies fuhrte dazu, dass sich auch Angehorige des Adels in vielen Bereichen der Gesellschaft wieder aktiv und zunehmend konstruktiv engagierten.
Nachfolgend seien ein paar Beispiele fur prominente Personen aus Familien mit adligem Hintergrund genannt, die wichtige Rollen spielten, so in Politik (z. B.:
Richard von Weizsacker
,
Heinrich von Brentano
,
Jutta Ditfurth
(eigentlich
von Ditfurth
),
Constantin Heereman von Zuydtwyck
,
Otto Graf Lambsdorff
,
Botho Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
und
Hermann Otto Solms
(
Prinz zu Solms-Hohensolms-Lich
)), Publizistik (z. B.:
Marion Grafin Donhoff
,
Christian Graf von Krockow
,
Hoimar von Ditfurth
,
Albrecht von Lucke
), Wissenschaft (z. B.:
Carl Friedrich von Weizsacker
,
Wernher von Braun
,
Friedrich August von Hayek
), Wirtschaft (z. B.:
Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck
), Unterhaltung (z. B.: Vicco von Bulow, alias
Loriot
), Musik (z. B.:
Herbert von Karajan
,
Nikolaus Harnoncourt
,
Enoch zu Guttenberg
,
Hortense von Gelmini
) oder Militar (z. B.:
Johann Adolf Graf von Kielmansegg
,
Hans-Peter von Kirchbach
,
Hans-Henning von Sandrart
,
Ferdinand von Senger und Etterlin
,
Henning von Ondarza
).
Empirische Untersuchungen deuten darauf hin, dass Adelige in Bezug auf ihren geringen Anteil von etwa einem Promille an der Gesamtbevolkerung in leitenden Funktionen etwas uberreprasentiert sind, insbesondere in der Wirtschaft und im Verbandswesen.
[63]
In den 1960er Jahren soll der Anteil des Adels bei leitenden Personen der Wirtschaft bei rund 2 Prozent gelegen haben.
[64]
Obwohl es also noch immer reiche und einflussreiche Adelige gibt, ist die einstige Macht und das einstige Vermogen im Verlauf des 20. Jahrhunderts fur weite Teile des Adels deutlich eingebrochen.
[63]
Die einflussreich gebliebenen Familien bemuhen sich um die Wahrung der Identitat in Adelsvereinen und durch die Veranstaltung von regelmaßig stattfindenden Familientagen.
[65]
Feste und Freizeiten fur die adelige Jugend verstehen sich in dem Zusammenhang auch als
Heiratskreise
. Wenn in der Regenbogenpresse uber Adelshochzeiten, Geburten oder Sterbefalle berichtet wird, so handelt es sich bezogen auf den Adel in Deutschland in der Regel nur noch um einige wenige besonders prominent und vermogend gebliebene Familien des historischen
Hochadels
.
[66]
In der
Sowjetischen Besatzungszone
galt der preußische ?
Junker
“ als zentrales ideologisches Feindbild. Beginnend mit der
Bodenreform
ab September 1945 wurde die okonomische Grundlage des
Landadels
und damit dessen gesellschaftliche Fuhrungsrolle in landlichen Gebieten systematisch zerstort. Adelige wurden unter der Parole ?Junkerland in Bauernhand“ in der Regel vollstandig und entschadigungslos enteignet und aus ihren Heimatkreisen verbannt. Viele flohen in den Folgejahren nach Westdeutschland. Meist blieben nur wenige Angehorige, nach den Genealogischen Handbuchern des Adels zumeist Frauen, der oft weitverzweigten Adelsfamilien in der
DDR
. Sie konnten mit ihren im Westen lebenden Verwandten nur schwer Kontakt halten; auch den dort wieder entstandenen Adelsverbanden konnten sie nicht beitreten.
[67]
In der DDR verbliebene Adelige standen generell unter dem Verdacht politischer Opposition und waren daher verschiedenen Schikanen und Benachteiligungen ausgesetzt. Sie wurden manchmal, insbesondere auch im Rahmen von ?Junkerland in Bauernhand“, sogar auch ohne Verstrickung in den Nationalsozialismus oder sogar bei kritischer Haltung zum Nationalsozialismus in Lager (wie etwa ins
Speziallager Nr. 2 Buchenwald
) verbracht, wie etwa
Rembert von Munchhausen
oder
Joachim Ernst von Anhalt
.
[68]
Ein Sonderfall zwischen Regimennahe und standiger Nachteile in der eigenen literarischen Arbeit stellt der ehemalige Diplomat
Wolfgang Gans zu Putlitz
dar, der im Westen wiederum als Renegat galt. Auch der einstmals einflussreiche Kanzler des Johanniterordens,
Theodor Graf von Baudissin
, entschied sich fur seinen alten Wohnsitz in Zeitz.
Allerdings blieben
Adelspradikate
auch in der DDR als Teil des Namens erhalten, mit einzelnen Ausnahmen bei Neuausgaben von Pass-Dokumenten. Einige Aristokraten gelangten auch im ?Arbeiter- und Bauern-Staat“ in prominente Positionen: Besonders zu nennen sind etwa der
SED
-Agitator
Karl-Eduard von Schnitzler
, der Sportfunktionar
Manfred von Brauchitsch
und der Forscher
Manfred von Ardenne
. Manche regimetreuen Adeligen legten ihre Pradikate ab, wie etwa der Diplomat
Ferdinand Thun (Ferdinand Graf von Thun und Hohenstein)
. Es wird berichtet, dass Schnitzler von
Walter Ulbricht
personlich verboten wurde, sein Adelspradikat abzulegen, da der SED-Chef der aristokratischen Herkunft des Journalisten einen propagandistischen Wert beimaß:
?Du bist wohl verruckt geworden! Die Leute sollen wissen, von woher uberall man zu uns kommen kann!“
Nach der
Wiedervereinigung
, die im Oktober 1990 vollzogen wurde, konnten 1945 durch die
Bodenreform
enteignete Großgrundbesitzer, darunter auch Angehorige ehemaliger Adelsfamilien, fruhere Besitzungen in den neuen Bundeslandern teilweise oder ganz zuruckkaufen oder pachten (
Wiedereinrichter
), wobei zuvor haufig
Rechtsstreitigkeiten mit dem deutschen Staat
auszutragen waren. Der Soziologe
Ulf Matthiesen
bezeichnete die ruckkehrenden Adeligen in den oft strukturschwachen Regionen als wichtige wirtschaftliche und kulturelle Impulsgeber, denen allerdings noch immer gelegentlich Ressentiments aus DDR-Zeiten entgegengebracht wurden.
[70]
Im Zusammenhang mit den Konsequenzen der Bodenreform im Jahr 1945 in der
Sowjetischen Besatzungszone
wurden in jungster Vergangenheit die
Entschadigungsforderungen der Hohenzollern
in den Medien stark thematisiert.
Die Angehorigen des deutschen Adels grundeten nach dem Verlust ihrer
staatsrechtlichen
Privilegien durch die Weimarer Verfassung
privatrechtlich
organisierte
Adelsverbande
. Die Mitgliedschaft in den einzelnen regionalen Adelsverbanden und damit deren Dachorganisation, der
Vereinigung der Deutschen Adelsverbande
e. V. (VdDA), konnen grundsatzlich nur Personen des ?historischen Adels“ erwerben, d. h. sie mussen in direkter Folge seit 1918 von einem adeligen Vater in rechtsgultiger Ehe abstammen (siehe
Adelsrecht
). Die Mitgliedschaft in diesen Verbanden wird also auf der Grundlage der Bedingungen gewahrt, die fur die Zugehorigkeit zum Adel unter der abgeschafften Standeordnung gultig waren; zur Unterscheidung des ?historischen Adels“ von sonstigen Tragern adeliger Nachnamen werden die zur Zeit der Monarchie geltenden Regeln angewendet (vgl. etwa
Salische Erbfolge
,
Adelsprobe
).
Andere Trager eines adeligen Nachnamens, die diesen durch uneheliche Geburt oder Adoption, durch Ubernahme des adeligen Namens der Ehefrau oder durch Geburt in einer Ehe, deren adeliger Familienname von der Ehefrau stammt, erhalten haben, gelten nicht als adelig. Obwohl das geltende deutsche Namensrecht sie zur Fuhrung des Namens berechtigt, wurden sie bis 2015 nicht in das
Genealogische Handbuch des deutschen Adels (GHdA)
aufgenommen. Dies gilt ebenfalls fur das seit 2015 erscheinende
Gothaische Genealogische Handbuch
. In Zweifelsfallen entscheidet uber die Aufnahme in die Vereine oder den ?Gotha“ der
Deutsche Adelsrechtsausschuss
. Der Deutsche Adelsrechtsausschuss gewahrt auf Antrag und in besonderen Fallen auch Ausnahmen von den adelsrechtlichen Regeln, wie nicht zu beanstandende Adoptionen (meist innerhalb des historischen Adels). Seit dem Zweiten Weltkrieg wurde von der Moglichkeit dieser sogenannten
adelsrechtlichen Nichtbeanstandung
etwa 50-mal Gebrauch gemacht.
[71]
Anlass fur die Einfuhrung dieser Vereinsregeln war ein in den 1970er-Jahren bluhender Handel mit adeligen Namen, der sich der Moglichkeiten der Adoption durch adelige Namenstrager bediente (bekannt ist vor allem der Fall des
Consul Weyer
, eines
Titelhandlers
, der zahlreiche Adoptionen vermittelte). Kommerziell motivierte Namensubertragungen dieser Art werden als missbrauchlich betrachtet. Die vereinsseitige Aufsicht uber die Konzipierung und Anwendung dieser Regeln fuhrt der Deutsche Adelsrechtsausschuss. Die Absicht des Ausschusses ist es, die soziale Abgeschlossenheit des ?historischen Adels“ zu erhalten und mit den von ihm uberwachten Handbuchern Informationsquellen uber die ?legitimen“ Angehorigen der historischen Adelsfamilien sowie uber ihre genealogische Abstammung bereitzustellen.
[72]
Das am historischen Adelsbegriff orientierte Selbstverstandnis der Adelsverbande und ihrer Angehorigen sowie eine entsprechende Berichterstattung, vor allem in der
Regenbogenpresse
, aber auch in seriosen Medien, haben bewirkt, dass ?der Adel“ in weiten Kreisen der Bevolkerung als fortbestehende soziale Gruppierung wahrgenommen wird und die Begriffe ?Adel“ bzw. ?Adelige“ auch im heutigen Sprachgebrauch noch fur die Angehorigen dieser Familien Verwendung finden. So veroffentlichte etwa der Feuilletonist
Jens Jessen
anlasslich der 100-jahrigen ?Abschaffung“ des Adels im Jahr 2018 eine essayistische Betrachtung uber dessen Fortleben und verbliebene Aspekte seiner Verschiedenheit vom
Burgertum
.
[73]
Nach der Abschaffung der Adelsprivilegien hat der
Freistaat Preußen
1920 entschieden, dass auch in der Anrede kein Unterschied zwischen Burgern und ehemaligen Adeligen zu machen sei. Diese Regelung wurde von der Bundesrepublik Deutschland ubernommen; sie ergibt sich aus dem
Gleichheitsgrundsatz
in
Art. 3
Abs. 1 des
Grundgesetzes
. Nach heutigem deutschen
diplomatischen Protokoll
haben deutsche Staatsburger mit Namensbestandteilen, die auf ehemaligen Adelstiteln beruhen, daher keinen Anspruch auf Besonderheiten in der Anrede und im Schriftverkehr. Fur auslandische Adelige aus Landern, in denen der Adel und seine Vorrechte nicht abgeschafft sind, gilt diese Regelung nicht. Ihnen steht nach deutschem Protokoll eine besondere Anrede je nach Titel zu.
[74]
[75]
Besondere Anreden fur Deutsche mit einer Abstammung vom historischen Adel werden auf freiwilliger Basis noch aus Grunden der
Tradition
oder Hoflichkeit benutzt, auch fur ehemalige
Adelstitel
, die nicht zum Namensbestandteil geworden sind, insbesondere die
Erstgeburtstitel
. Viele Angehorige ehemals adeliger Familien, vor allem des
Hochadels
, fuhren diese namensrechtlich nicht mehr existenten ?primogenen“ Adelstitel auch in der Offentlichkeit weiter (wie z. B. ?Seine Durchlaucht Furst“ Alexander zu Schaumburg-Lippe oder ?Seine Durchlaucht Furst“ Alfred-Ernst zu
Lowenstein-Wertheim-Freudenberg
) oder verwenden sie als Namensbestandteile (?Alexander Furst zu Schaumburg-Lippe“ statt der amtlichen Form
Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe
[76]
). Diese Personen werden vielfach auch in den Medien so bezeichnet (z. B. ?Furstin Gloria“ statt korrekt
Gloria Prinzessin von Thurn und Taxis
).
Ferner ist es in Familien ehemals regierender Herrscherhauser ublich, dasjenige lebende Familienmitglied, welches nach den historischen Erbfolgeregelungen zur Thronfolge berechtigt gewesen ware, als ?Chef des Hauses“ zu bezeichnen (z. B. ?Chef des Hauses
Wittelsbach
“). Diese familieninterne Stellung hat zwar keine offentlich-rechtliche Bedeutung, mit ihr sind aber meist Funktionen in der Verwaltung des Familienvermogens und die Reprasentation der Familie nach außen verknupft; so fuhrt beispielsweise der Chef des Hauses Wittelsbach den Vorsitz im Verwaltungsrat des
Wittelsbacher Ausgleichsfonds
.
Beim deutschen Adel unterschied man zwischen
Hochadel
(
reichsunmittelbare
Fursten
und
Grafen
)
[77]
und dem niederen Adel (ubrige Grafen,
Freiherren
,
Ritter
, ?
Edle
“ und untitulierter Adel).
[78]
Diese Aufteilung hatte sich ursprunglich aus der mittelalterlichen Aufteilung in
Edelfreie
(nobiles) und abhangige Dienstmannschaft (
Ministeriale
) entwickelt. Da einerseits schon im Hochmittelalter manche Edelfreie in die Ministerialitat von Reichsfursten eintraten und andererseits der Status der Un
freien
unter den Rittern sich im Spatmittelalter aufloste, variierten die Rangstufen im Laufe der Jahrhunderte. Neue Adelsbezeichnungen wurden geschaffen, altere verschwanden, etwa die der regierenden
Herren
, die in der fruhen Neuzeit meist zu Grafen und Fursten aufstiegen. Bei den Grafen gibt es einige (wenige) Hauser furstlichen Ranges (nur die bis 1806 reichsunmittelbaren); alle ubrigen sind Titulargrafen, von denen sich einige (inoffiziell) auch als
Reichsgrafen
bezeichneten, weil sie ihren Titel vom Kaiser mit Gultigkeit im ganzen Reich erhalten hatten, was sie aber im Rang nicht hoher stellte als etwa preußische oder bohmische Titulargrafen. Die meisten Grafen zahlen also nicht zum Hochadel.
Im
Genealogischen Handbuch des Adels
wird zwischen ?Furstlichen Hausern“ (eingeteilt in drei Abteilungen, einschließlich der vormals reichsunmittelbaren Fursten und Grafen in ?Abteilung II“), ?Graflichen Hausern“, ?Freiherrlichen Hausern“ und untituliertem oder einfachem Adel unterschieden. Zum
Hochadel
gehorten die weltlichen
Kurfursten
,
Herzoge
,
Land-
,
Pfalz-
und teilweise die
Markgrafen
,
Fursten
, sowie die ?
erlauchten
“, ursprunglich reichsunmittelbaren, nach 1806
standesherrlichen
Grafen. Ranggleich waren im
Alten Reich
auch die geistlichen Fursten (
Erzbischofe
,
Furstbischofe
und
Furstabte
).
Kardinale
gelten protokollarisch bis heute als ranggleich mit den europaischen Fursten.
Die nachstehenden Rangstufen (
Adelstitel
) traten teilweise nicht zeitgleich auf:
In Großbritannien, Belgien und Frankreich gibt es mit Viscount bzw. burggraaf /
Vicomte
noch eine Rangstufe zwischen dem Freiherrn bzw. Baron und dem Grafen. In Deutschland kam der Vizegraf im Mittelalter nur als Funktionsbezeichnung vor, wenn sich ein Graf ? insbesondere im Grafengericht ? vertreten ließ.
Neben der rangmaßigen Einteilung gibt es weitere Begriffe zur Differenzierung:
Als ?
edelfrei
“ (
Edelfreie
oder
Edelinge
) wurden ursprunglich diejenigen Grundbesitzer bezeichnet, die sich von anderen
Freien
(Bauern oder Großbauern) dadurch unterschieden, dass sie das dreifache
Wergeld
zu zahlen hatten.
[87]
Die Edelfreien waren ein landrechtlicher
Stand
und hatten ihren Adel nicht aufgrund eines
Dienst
- oder
Lehnsverhaltnisses
. Sie waren also keinen anderen
Dynastien
untergeordnet (abgesehen vom
Konig
bzw.
Kaiser
) und unterstanden mit ihrem
Allod
(Eigengut) keinem Lehnsherrn. Im
Heerschild
standen sie unter den weltlichen Fursten und bildeten eine Mittelstufe zwischen diesen (den
Stammesherzogen
sowie den Besitzern wirklicher alter
Gaugrafschaften
) und den bloß
ritterburtigen
Mittelfreien
. Nach dem Verfall der alten
Gauverfassung
im 11. Jahrhundert galten ihre Territorien als
reichsfrei
,
konigsfrei
oder
reichsunmittelbar
. Ihre Titel waren meist nur
Herr
, gelegentlich
Freier Herr
(
liber baro
, im ursprunglichen Sinne des Titels). Im
Sachsenspiegel
und im
Schwabenspiegel
werden sie als
Semperfreie
bezeichnet, deren Gerichtsstand nicht das Schoffengericht der vom Konig eingesetzten Grafen, sondern das geistliche
Sendgericht
der Bischofe war. Sie waren damit dem furstenmaßigen hohen Adel gleichgestellt. Im
Spatmittelalter
oder in der fruhen
Neuzeit
erlangten viele von ihnen den
Grafenstand
.
Aus den weltlichen Fursten und denjenigen Edelfreien, denen es langerfristig gelang reichsunmittelbar zu bleiben, entwickelte sich im Lauf des 12. Jahrhunderts im
Heiligen Romischen Reich
der
Hohe Adel
, im Gegensatz zum Niederen Adel, der sich im Kern aus dem ursprunglich unfreien Dienstadel, den sogenannten
Ministerialen
(aus dem Bauernstand aufgestiegene Dienstmannen und
Burgmannen
) zusammensetzte. Die meisten Edelfreien traten allerdings aus wirtschaftlichen Grunden oder auf Druck machtigerer Herren fruher oder spater ebenfalls in Dienstmannschaften ein, oft unter weiterer (urkundlicher) Betonung ihres ursprunglichen Status, wahrend in manchen Fallen auch nicht-adlige, aber
freie
Großbauern (?Konigszinser“) und in Einzelfallen sogar unfreie Dienstleute, die am Konigshof Karriere gemacht hatten, in die
Reichsministerialitat
aufstiegen (so etwa der 1195 ?freigelassene“ und mit Herzogtumern belehnte
Markward von Annweiler
). Reichsministeriale, die spater zum Hohen Adel gehorten, waren etwa die Hauser
Reuß
,
Erbach
oder
Waldburg
. Kleinere reichsunmittelbare Herren waren seit dem Spatmittelalter die
Reichsritter
, die bisweilen ebenfalls ursprunglich edelfrei gewesen, manchmal aber auch anfangs als Ministeriale belehnt worden waren, deren Lehnsherren aber dann ausstarben, sodass ihre Lehnsherrschaft an den Konig fiel.
Da in Deutschland das ?
Recht der argeren Hand
“ galt, konnte nur der edelfrei sein, der ehelich geboren war und dessen beide Eltern ihrerseits edelfrei waren. Im
Mittelalter
bedeutete edel- oder hochfrei somit, dass jemand von allen vier Großeltern her dynastischer Herkunft war
(barones et dynastii)
. Soweit er nicht als Graf mit dem Konigsbann belehnt war und
comes
genannt wurde, wurde er als Zeuge unter den
Nobiles
aufgefuhrt und ansonsten in den Urkunden auch als
Senior
,
Vir nobilis
(Edelmann) oder
Domicellus
(Junggraf, Junker) bezeichnet.
Edelfreie Familien waren nach dem Landrecht untereinander, aber auch im Verhaltnis zu den Reichsfursten gleichrangig. So konnte z. B. ein einfacher Edelfreier,
Egeno von Konradsburg
, 1070 vor dem Konigsgericht in Goslar den Herzog von Bayern,
Otto von Northeim
, des Hochverrats beschuldigen und zum gerichtlichen Zweikampf herausfordern, und weil dieser das Duell verweigerte, wurde ihm sein Herzogtum entzogen.
Der heutige Begriff
Uradel
darf nicht mit dem alteren Begriff
edelfrei
verwechselt werden, denn die meisten der Familien, die zum Uradel zahlen, waren zum Zeitpunkt ihrer Ersterwahnung unfreie Ministeriale.
Zum Uradel zahlen nach dem
Genealogischen Handbuch des Adels
(GHdA)
Hauser
bzw. Familien, deren Geschlecht nachweislich spatestens um 1400 dem
ritterburtigen
Adel angehort hat. Eine fruhere, strengere Einordnung verlangte eine Adelszugehorigkeit bereits ab dem 13. Jahrhundert.
[88]
Ritterburtigkeit setzte im Mittelalter in der Regel mindestens drei Generationen ritterlicher Lebensweise sowie standesgemaßer Eheschließungen voraus, sodass auch die erst spat (nach 1350) urkundlich erwahnten ritterburtigen Familien in aller Regel schon seit der zweiten Halfte des 13. Jahrhunderts diesem Stand als zugehorig angesehen werden durfen. Das zeitliche Hineinwachsen in den ritterburtigen Landadel ist nur in den seltensten Fallen urkundlich genau nachzuvollziehen. In der Regel erscheinen Ritterburtige in zeitgenossischen Urkunden oft mit der Bezeichnung
miles
(Ritter), hohere Adlige bereits mit Titeln wie
comes
(Graf); auch die Reihenfolge in Zeugenlisten erfolgte nach Rang, woraus sich vergleichende Ruckschlusse (etwa zur Unterscheidung
Edelfrei
oder
Ministeriale
) ziehen lassen. Die zeitliche Anforderung fur den ersten urkundlichen Nachweis wurde von der Schriftleitung aber sukzessive vom 13. Jahrhundert nach hinten geruckt bis 1399, da es vom Zufall abhangt, ob Urkunden erhalten geblieben sind.
[89]
Die Adelshandbucher unterscheiden generell nach adeligen, freiherrlichen, graflichen und furstlichen Hausern. Die ehemalige zusatzliche Unterscheidung in die
Reihe A
fur Uradel und
Reihe B
fur den jungeren Adel und Briefadel wurde allerdings aus redaktionellen Grunden sukzessive aufgegeben (1976 bei den graflichen Hausern, 1986 bei den freiherrlichen Hausern und 2008 bei den adeligen Hausern), an der Unterscheidung im Grundsatz jedoch festgehalten.
[90]
Bei den furstlichen Hausern (
Hoher Adel
) wird ferner nach der Dauer der Souveranitat in die Abteilungen I und II unterschieden sowie die nicht-souveranen Hauser in Abteilung III. Die Furstenhauser gehoren ohnehin mit wenigen Ausnahmen (z. B.
Fugger
,
Biron von Curland
,
Wrede
) dem Uradel an.
Die seit
Kaiser Karl IV.
verstarkt nach franzosischem Vorbild durch Diplom in den Adelsstand Erhobenen werden im Unterschied dazu als
Briefadel
bezeichnet
(siehe unten)
.
[91]
Viele uradlige Familien schrieben sich bis etwa 1650 ohne das adelige Pradikat
von
(oder
zu
), und zwar diejenigen, die sich nicht nach einer Stammburg, sondern nach ihrem Wappensymbol
[92]
oder einer sonstigen Eigenschaft
[93]
benannt hatten, wobei auch haufig eine Kombination von Wappen- und Stammsitzbezeichnung vorkommt
[94]
(siehe unten: Adelsnamen, Namensursprunge)
.
Nach osterreichischer Meinung handelte es sich bei der Bezeichnung ?Uradel“ um eine Erfindung des preußischen
Heroldsamtes
; sie konnte sich deshalb nur in Deutschland durchsetzen.
[86]
Fur den
Osterreichischen Adel
wurde diese Bezeichnung schon fruh von allerhochster Stelle, also vom Kaiser, abgelehnt. Dort sprach man vom ?alten Adel“. Damit wurden die in
Osterreich-Ungarn
seit langem ublichen und zahlreichen Nobilitierungen durch Adelsbrief, einschließlich inflationarer Standeserhohungen, aufgefangen, die zwar nicht dem konkret ausgelegten Begriff ?Uradel“ gerecht werden konnen, aber zumindest einem weniger definierten Begriff ?alter Adel“ zuordenbar sind, also den Briefadel bis ins 16. oder 17. Jahrhundert einschließen.
Die altesten noch bluhenden Familien des deutschen Uradels durften die
Welfen
(das
Haus Hannover
) und die
Reginare
(das
Haus Hessen
) sein, die im Ubrigen zusammen mit den
Wettinern
wohl auch die einzigen sind, die urkundlich einwandfrei (und nicht nur legendenhaft oder vermutungsweise) in der Zeit vor der ersten Jahrtausendwende nachgewiesen sind. Die anderen spater großen Dynastien,
Wittelsbacher
,
Habsburger
,
Hohenzollern
,
Askanier
,
Oldenburger
,
Obotriten
,
Zahringer
u. a., erscheinen samtlich erst nach dem Jahr 1000 in der schriftlichen Uberlieferung. In Italien, wo die lateinische
Annalen
- und Urkundstradition der Antike ungebrochen fortbestand, gibt es noch haufiger Adelsgeschlechter mit vergleichbarer ?Reichweite“
(siehe:
Italienischer Adel
)
.
[95]
Zum Briefadel zahlen adelige Hauser, die, im Unterschied zum Uradel, ursprunglich burgerlicher oder bauerlicher Herkunft waren und in der
Neuzeit
durch einen
Adelsbrief
(auch Adelsdiplom genannt), meist mit Verleihung eines
Wappens
(soweit nicht schon vorhanden, sonst unter Hinzusetzung einer
Rangkrone
), in den Adelsstand erhoben wurden. Adelsbriefe oder -anerkennungen wurden auch auslandischem Adel verliehen, der dadurch in den inlandischen aufgenommen (inkorporiert) wurde. Dabei wurde der ?Status“ der ?auslandischen“ Familien, die zum Teil dem ?alten Adel“ (Uradel) angehorten, meist entsprechend berucksichtigt. Die Geschlechter des Briefadels wurden in Deutschland in den
Adelshandbuchern
(siehe oben) der Reihe B (Briefadel) gefuhrt, ebenfalls unterschieden nach untitulierten, freiherrlichen und graflichen Hausern.
Die Verleihung von
Adelstiteln
begann in Deutschland in der Zeit Kaiser
Karls IV.
in der zweiten Halfte des 14. Jahrhunderts nach franzosischem Vorbild durch die Erhebung von Beamten (vor allem Juristen) in den Adelsstand. Erhebungen in den Adelsstand (
Nobilitierungen
) waren ? und sind in den Landern, in denen der Brauch noch geubt wird ? dem
Staatsoberhaupt
vorbehalten. Jedoch gab es furstliche Familien oder Einzelpersonen, die das Recht (großes oder kleines
Palatinat
) vom Kaiser erhielten, andere im Namen des Kaisers in den Adelsstand zu erheben. In Deutschland war die Nobilitierung im
Heiligen Romischen Reich
, also bis 1806, ein Vorrecht des Kaisers; Kurfursten und Fursten mussten bei der
Reichshofkanzlei
um Erhebungen ihrer Gunstlinge nachsuchen, wahrend die
Erzherzoge von Osterreich
oder die
preußischen Konige
auch eigene, vom Reich unabhangige Titel verliehen.
Der alteste bekannte deutsche Adelsbrief wurde von Kaiser Karl IV. fur
Wicker Frosch
,
Scholaster
an der
Stephanskirche
zu
Mainz
, am 30. September 1360 ausgestellt. Bis zum 16./17. Jahrhundert war der Erwerb eines landtagsfahigen
Ritterguts
faktisch oft die Voraussetzung fur eine Erhebung in den Adelsstand. Dem lag eine noch immer
landstandisch
gepragte Auffassung vom Adel zugrunde. Da solche alten Adelsguter oft nicht in ausreichender Zahl erhaltlich waren, durften auch neue errichtet werden, indem der Adelsbewerber landwirtschaftlichen Grund und Boden (ein
Urbar
) erwarb und mit einem
Festen Haus
oder
Herrenhaus
(einem
Castrum
) versah. Da in dieser Zeit von Privatleuten aber keine neuen Burgen oder
Festungsanlagen
mehr erbaut werden durften und fur großere
Schlossbauten
die Mittel der Aufsteigerfamilien zumeist nicht ausreichten, waren diese Hauser bescheidener dimensioniert; da viele Neuadlige ihren neugewonnenen Status aber auch uberzeugend nach außen tragen wollten, orientierten sich die Herrenhauser und Ansitze im 16./17. Jahrhundert ? ahnlich den zeitgleichen Neubauten auf Altgutern ? in ihrer Formensprache an den mittelalterlichen Vorgangerbauten des Adels, etwa durch Wassergraben, Turme, Zier
zinnen
, dekorative
Erkerchen
, nachgeahmte
Pechnasen
, Ringmauern, Eckquader oder Quadermalereien. Die formliche Aufwertung zum Adelssitz, insbesondere durch steuerliche
Freiung
, bedurfte alsdann eines landesherrlichen Rechtsakts und die
Ritterschaft
musste den neuen Sitz immatrikulieren. Ebenso wie im nordlichen Deutschland die Ritterguter, mussten in Bayern und Osterreich neu geschaffene
Hofmarken
und in Tirol die
Ansitze
durch den Landesherrn genehmigt und die Besitzer in die
Adels- oder Rittermatrikel
aufgenommen werden. Den Neuaufgenommenen kam allerdings, anders als den alten
Grundherrschaften
, keine Landesunmittelbarkeit mehr zu, da sie zwar eine Steuerbefreiung von den bauerlichen Gemeindelasten, aber keine
Gerichtsherrschaft
mehr erhielten (also keine
Exemtion
vom Zugriff des Ortsgerichtes); auch besaßen sie keine
Leibeigenen
,
Erbuntertanigen
oder
Hintersassen
(
Horige
und
Grundholde
) wie die alten Adelsguter.
Bis 1806 ? in
Osterreich
bis 1918 ? herrschte die Sitte, den Namen des Neu-Geadelten durch den Namen seines neu erworbenen Adelssitzes oder eines nach ihm selbst benannten Neubaus (z. B. Sigmund Gerstl zu
Gerstburg
) oder ? sofern er keinen hatte ? durch einen (Pseudo-)Ortsnamen zu erganzen (z. B. ?Hofmann von Hofmannsthal“), wie es auch in Großbritannien bei nicht-erblichen Erhebungen zum
Lord
bis heute gebrauchlich ist. Der (zumeist nicht großgrundbesitzende) Beamten-, Offiziers-, Professoren- oder Kommerzienratsadel des 19. Jahrhunderts wurde, insbesondere in Osterreich, als
Zweite Gesellschaft
bezeichnet, da er
adelsrechtlich
zwar dem Adelsstand,
soziologisch
aber eher dem gehobenen Burgertum zuzurechnen war. Unter den nobilitierten Geschaftsleuten waren nicht selten auch
Juden
wie die
Rothschild
,
Auspitz
,
Ephrussi
,
Eskeles
,
Gutmann
,
Hirsch
oder getaufte Juden wie die
Mendelssohn
,
Oppenheim
,
Eichthal
oder
Erlanger
.
In neueren Adelshandbuchern wurde das ?von“ immer mit ?v.“ abgekurzt (noch nicht in den ?Gothas“), um Namen nichtadeliger Familien mit ?von“ (wie ?von der Forst“, ?von Recklinghausen“) von adeligen Namen zu unterscheiden. Dies folgte dem Gebrauch in den Ranglisten der
koniglich preußischen Armee
. Es lasst sich auf unterschiedlichen Sprachgebrauch im Nieder- und Oberdeutschen zuruckfuhren. Im Niederdeutschen und Niederlandischen bezeichnete ein ?van“ nicht unbedingt den adeligen Stand, sondern haufig lediglich die ortliche Herkunft. Bei der ?Verhochdeutschung“ der Familiennamen konnte so der Eindruck adeliger Herkunft entstehen, was in Suddeutschland kaum vorkam.
Nur sehr vereinzelt sind in der nachmittelalterlichen Neuzeit Geschlechter aus dem Burgerstand bis in den
Hohen Adel
emporgestiegen, sogar auf Kaiser- und Konigsthrone, so die
Bonaparte
und ihre Anhanger (darunter die
Bernadotte
) oder auf dem Balkan die Hauser
Karađorđevi?
,
Njego?
oder
Zogu
. Ansonsten gehoren die (regierenden oder vormals regierenden) Hauser der
Ersten Abteilung
des Hohen Adels Europas samtlich dem Uradel an und zahlten zumeist bereits im Hochmittelalter zu den fuhrenden Dynastengeschlechtern. In der
Zweiten Abteilung
(den
mediatisierten
deutschen Fursten) befinden sich als einziges briefadeliges Geschlecht die
Fugger
(vergleichbar waren die ebenfalls aus dem Burgerstand aufgestiegenen
Eggenberg
bis zu ihrem Erloschen Anfang des 18. Jahrhunderts reichsunmittelbar). In der
Dritten Abteilung
(bei den Titularfursten) gibt es etwas mehr Beispiele, neben den schon erwahnten
Biron von Curland
oder
Wrede
etwa die osterreichischen
Paar
, die italienischen
Torlonia
oder die russischen
Demidow
.
Als Stiftsadel werden diejenigen (in aller Regel uradligen) Geschlechter bezeichnet, die in einem geistlichen Territorium, etwa einem
Hochstift
, zum
landsassigen
Adel zahlten und die
Stiftsfahigkeit
besaßen, also den Zugang zu den ? an der
furstbischoflichen
Regierung beteiligten ?
Domkapiteln
und ihren Pfrunden.
Bei manchen Amtern war mit ihrer Erlangung automatisch der Erwerb des Adels bzw. eines bestimmten Adelstitels verbunden. Derartiger Amtsadel entstand entweder durch ausdruckliche Verleihung (z. B. an den
Erzbischof von Prag
, der dadurch zum
Fursterzbischof
wurde) oder kraft
Observanz
(z. B.
Furstbischof von Chiemsee
). Solchen Amtsadel gab es haufiger fur Kirchenfursten in habsburgischen Landen, wobei es sowohl romisch-deutsche als auch osterreichische und bohmische Verleihungen gab. Auch die
Reichshofrate
durften im 18. Jahrhundert den Amtsadel erworben haben. Das
Preußische Allgemeine Landrecht
ging davon aus, dass es Amter gab, mit deren Innehabung der Adel verbunden war. In Wurttemberg war der personliche Adel fur Inlander mit den Staatsamtern der obersten vier Rangstufen verbunden (aufgehoben 1913). Der Amtsadel war gleichzeitig ein personlicher Adel.
Die Verleihung gewisser
Orden
(insbesondere der
Hausorden
und hochster Tapferkeitsorden) war haufig mit einer Nobilitierung verbunden. Der auf diese Weise erlangte Adel konnte erblich oder ein
personlicher
sein. So hatte in Osterreich bis 1884 jeder Ritter des
Ordens der Eisernen Krone
Anspruch auf Erhebung in den erblichen Ritterstand, der
Militar-Maria-Theresien-Orden
hingegen brachte dem Trager bis 1918 automatisch den
personlichen Adel
als ?Ritter von“, auf Ansuchen aber den erblichen
Freiherrenstand
ein. Ahnliche Gepflogenheiten bestanden im Falle der
Großkreuzinhaber
des
Sachsen-Ernestinischen Hausordens
, des preußischen
Schwarzer-Adler-Ordens
und einiger anderer Orden der deutschen Teilstaaten.
Im
Konigreich Bayern
brachten die Verleihung des
Militar-Max-Joseph-Ordens
sowie des
Zivilverdienstordens der Bayerischen Krone
den
personlichen Adel
mit dem Titel ?Ritter von“ ein (z. B. Ritter von Epp). Ahnliche Regelungen bestanden in Wurttemberg fur den
Friedrichsorden
(bis 1856) und den
Orden der Wurttembergischen Krone
wie auch fur den papstlichen
Orden vom Goldenen Sporn
(z. B. Ritter von
Gluck
).
Als von
Maria Theresia
in den
habsburgisch regierten Landern
eingefuhrtes Standesvorrecht konnte jeder
Offizier
burgerlicher
Herkunft zwischen 1757 und 1918 unter bestimmten Bedingungen einen Rechtsanspruch auf Erhebung in den erblichen
Adelsstand
erwerben. Wichtigste Voraussetzung hierfur war eine dreißigjahrige und einwandfreie Militardienstzeit, spater wurde zusatzlich die Teilnahme an einem Feldzug gefordert. Ab 1896 konnten Offiziere ohne Kampferfahrung auch nach einer Dienstzeit von 40 Jahren in diesen
systemmaßigen Adel
erhoben werden.
Im
Deutschen Kaiserreich
(1871 bis 1918) wurden Offiziere erst ab Erreichen eines
Divisionskommandos
(
Generalleutnant
) ? dann aber quasi automatisch ? geadelt.
Die Familiennamen uradliger Geschlechter sind haufig Namen von
Burgen
und damit
Wohnstattennamen
, auch wenn sich spater die Schreibweisen manchmal auseinanderentwickelten. Meist waren die Burgen nach alteren Orten benannt, bisweilen erhielten sie aber auch neue, programmatische Namen von ihren Bauherren, die sich dann selbst wiederum nach ihnen benannten (wie
Burg Scharfenberg
,
Wehrburg
,
Spitzemberg
,
Streitberg
). In lateinischen Urkunden des Mittelalters wird das
von
als
de
oder
ab
ubersetzt und kennzeichnet sowohl eine ortliche Herkunft als auch eine
allodiale
oder
feudale
Besitzanzeige; Letzteres beim Erbauer oder Erben einer Burg, Ersteres bei den
weichenden Erben
, also meist jungeren Sohnen; bei ihnen mutierte der Besitzername zum
Herkunftsnamen
bzw. Sippennamen.
Im
Fruhmittelalter
waren Familiennamen noch kaum vorhanden, und in Urkunden werden meist nur
Vornamen
genannt, was eine Sippenzuordnung oft erschwert oder nur anhand von
Leitnamen
ermoglicht. Im
Hochmittelalter
hatte der Status eines Burgherren mehr Prestige als die bloße Herkunft von einer Burg, die Verwandten gehorte. Daher wechselten mit Erwerb eines neuen Besitzes die adligen Trager von Herkunftsnamen haufig auch ihren Namen.
Genealogen
des 19. Jahrhunderts pragten dafur den Ausdruck ?Namen sind Schall und Rauch“. So wurden aus
Grafen von Arnstein
die
Grafen von Barby
, als diese die Herrschaft uber die Burg Barby ubernahmen; Bruder, die verschiedene Burgen besaßen, fuhrten folglich oft verschiedene Namen. Jungere Linien wechselten auf diese Weise den Namen, sodass es zahlreiche Beispiele
[Anmerkung 1]
fur bis heute bestehende Uradelsgeschlechter gemeinsamen Stammes und Wappens, jedoch verschiedenen Namens gibt.
Erst im
Spatmittelalter
entwickelten sich die von allen Angehorigen beibehaltenen Geschlechternamen, da nun auch die
Belehnungen
mit Gutern meist nicht mehr
ad personam
erfolgten, sondern ?zur gesamten Hand“ eines Geschlechts, sodass eine Einziehung durch den Lehnsherrn erst nach Aussterben der gesamten Sippe erfolgen durfte. Die dadurch entstehenden Geschlechternamen dienten also nicht nur dem Zusammenhalt der Familie, sondern auch der Besitzwahrung. Je langer die Stammbaume und je alter die Traditionen ritterburtiger Familien wurden, desto mehr entwickelte sich auch ein Familien- und Adelsstolz. Um dennoch mehrere Linien einer Familie (oder verschiedene gleichnamige Familien) zu unterscheiden, hangte man manchmal dem ursprunglichen Namen den Namen eines weiteren Besitzes an
(
?von“ Stein ?zum“ Altenstein
,
Stein zu Liebenstein
,
Stein zu Lausnitz
,
Stein zu Nassau
etc.)
. Erst im Laufe der fruhen
Neuzeit
, parallel zur Entstehung moderner Familiennamen, wurde das ?von“ zu einem vom Besitz unabhangigen
Adelspradikat
, wahrend das ?zu“ lange Zeit vom Besitz abhangig blieb, es heute aber nicht mehr ist. Seltenere Varianten sind ?von der“, ?von dem“, ?zum“, ?zur“, ?auf“ usw., die allerdings auch bei bauerlichen bzw. burgerlichen Familiennamen vorkommen.
Es gab aber haufig auch adelige Familien aus dem Mittelalter, die kein
Adelspradikat
?von“ im Namen fuhrten, eben weil sich ihr Name nicht von einer Grundherrschaft und damit von einem Ortsnamen herleitete, sondern von ihrer Wappenfigur oder ? seltener ? einem
Hofamt
oder einer personlichen Eigenschaft. In der Regel stammten sie aus der
Ministerialitat
. Bisweilen verknupften sie ihren Familiennamen spater mit dem Namen eines Besitzes (z. B.
Fuchs von Bimbach
,
Gans zu Putlitz
,
Riedesel zu Eisenbach
,
Rabe von Pappenheim
); einen kuriosen Namen gaben sich die
Turriegel von Riegelstein
, welche sich selbst und die von ihnen erbaute Burg nach ihrer Dienstmannenpflicht benannten. Sofern keine solchen ?von-Zusatze“ gewahlt wurden, fuhrten Adlige, deren Name sich nicht von einem Ort herleitete, einfach ihren Vor- und Nachnamen ohne weiteres Pradikat z. B.
Levin Ludwig Hahn
, Philipp
Rode
. Die niedersachsischen Freiherren
Knigge
und
Grote
fuhren bis heute kein ?von“ im Namen. Die alten landsassigen Rittergeschlechter in Schleswig und Holstein, die
Equites Originarii
, ließen teilweise in der urkundlichen und gesellschaftlichen Namensfuhrung ? nach skandinavischem Vorbild ? das Adelspradikat ?von“ bis um das Jahr 1800 weg, selbst wenn sich ihre Familiennamen von einem Herkunftsort (Stammsitz) herleiteten und somit in mittelalterlichen Urkunden das ?von“ (oder lateinisch
de
oder
ab
) genannt worden war.
[96]
In lateinischen Urkunden wurde dann oft der Zusatz
miles
oder
equus
(Ritter) verwendet. In deutschen Urkunden wurde neben dem Rittertitel auch die Bezeichnung
Edelknecht
(armiger)
, bisweilen auch
Schildknappe
(scutiger)
, fur jene Personen verwendet, die zwar ritterlicher Abkunft waren, aber selbst (noch) nicht den
Ritterschlag
erhalten hatten. In anderen Texten wurden die Begriffe ?rittermaßig“, ?zum Schild geboren“, ?Ehrbare Mannschaft“ oder ?Ritter und Knechte“ verwendet, um die Ritterburtigkeit der nachfolgend genannten Personen zu bezeichnen. In der fruhen Neuzeit verloren manche dieser Familien am unteren sozialen Rand des Adels ihren spatmittelalterlichen Adelsstatus wieder, insbesondere wenn sie nicht zu
Landsassen
geworden waren, also eine
Grundherrschaft
(
Lehen
oder
Allod
) erworben hatten.
[97]
Haufig entwickelten sich die Namen der ritterburtigen Familien aus einem Beinamen, der sich von der gewahlten
Wappenfigur
(oder
gemeinen Figur
) oder auch von der
Helmzier
herleitete; insofern konnte der Begriff ?
redendes Wappen
“ den irrefuhrenden Eindruck erwecken, dass zuerst der Name und dann das Wappen da war (was auch gelegentlich vorkam, zumal beim spateren Briefadel), wahrend in den meisten Fallen umgekehrt der
Ritter
nach dem Erkennungszeichen, das er auf seinem
Schild
aufmalen ließ oder als
Helmkleinod
auf seinem
Helm
anbrachte, benannt wurde (z. B. die schon genannten Tiernamen: Fuchs, Gans, Rabe oder auch
Behr
,
Hahn
,
Hundt
,
Katte
,
Ochs
,
Rudt
,
Schweinichen
,
Wolff
, nach anderen Wappenmotiven:
Nagel
,
Pflugk
,
Ketelhodt
) oder aus einem
Hofamt
, das die Familie erblich ausubte, etwa das des
Marschalls
, des
Mundschenken
oder des
Truchsessen
bzw.
Drosten
, welche zahlreiche Familien des niederen Adels an den Hofen der Fursten, Grafen und Bischofe ausubten und die dadurch zum Familiennamen wurden (siehe etwa:
Liste der den Schenkentitel als Bestandteil des Familiennamens fuhrenden Familien
). Beispiele sind die
Schenck zu Schweinsberg
,
Schenk von Stauffenberg
,
Marschall von Altengottern
,
Marschall von Bieberstein
,
Marschalk von Ostheim
, die
Truchseß von Wetzhausen
,
Droste zu Vischering
oder
Droste zu Hulshoff
. Auch andere Amtsfunktionen, die nicht zu den klassischen Hofamtern gehorten, konnten in den Familiennamen ubergehen, etwa bei den
Forstmeister von Gelnhausen
,
Forstmeister von Lebenhan
oder den
Vogt von Elspe
und zahlreichen weiteren
Vogtsfamilien
. Seltener leiten sich uradelige Familiennamen auch von einer personlichen Eigenschaft eines Ahnherrn ab, wie etwa
Groß
? im Niederdeutschen:
Grote
?,
Quadt
(?der Quade“ = der Schlimme),
Landschad
,
Thumb
,
Ungeloube
,
Unruh
,
Wackerbarth
(= ?die wackere Barte/Streitaxt“) oder
Zorn
.
Wahrend das einzelne Familienmitglied z. B. Wolderich Lappe hieß, wurde die Adelssippe dann insgesamt im
Plural
als die
Lappen
, die Groten, die Fuchse, die Ganse, die Raben, die
Schillinge
usw. bezeichnet; fur Frauen wurden sogar weibliche Formen gebildet (?Fuchsin von Bimbach“, ?
Trottin zu Solz
“ usw.); bei zwei rheinischen Uradelsgeschlechtern ist dieses altertumliche ?Gendern“ des Nachnamens sogar bis heute gebrauchlich geblieben: Bei den
Eltz
und den
Ingelheim
heißen die Damen:
Grafin und Edle Frau (bzw. Edle Tochter) von und zu Eltz, genannt Faust
in
von Stromberg
bzw.
Grafin von Ingelheim genannt Echter
in
von und zu Mespelbrunn
.
Im bayerischen und osterreichischen Raum war es im 14., 15. und 16. Jahrhundert ublich, den Herkunftsnamen auch von Adelsfamilien, die sich nach einer Burg benannt hatten,
adjektivistisch
zu benutzen, anstatt ihm das
Pradikat
von
zu geben, also
Heinrich Konigsfelder
(statt Heinrich
von Konigsfeld
), Friedrich
Haunsperger
(statt von Haunsperg), Albrecht Lerchenfelder (statt
von Lerchenfeld
) oder
Ulrich der Pervaller
(statt Ulrich
von Perfall
).
Die
?Genannt-Namen“
entstanden teils schon im Spatmittelalter durch Uberlagerung eines ursprunglichen Familiennamens durch einen anderen; in spaterer Zeit entstanden sie oft durch
Adoptionen
. Die alltagliche Namensfuhrung wird bei solchen Kombinationen unterschiedlich gehandhabt.
Sippenbezeichnungen wie
Ottonen
,
Welfen
,
Billunger
,
Brunonen
oder
Knutonen
sind hingegen meist erst in der Neuzeit von Geschichtsforschern eingefuhrt worden, um fruhmittelalterliche Sippen, die noch keine Nachnamen fuhrten, durch ihre
Leitnamen
zu erfassen.
Ab etwa 1650 gingen aber auch die ?pradikatlosen“ Uradelsfamilien dazu uber, das Pradikat
von
zu fuhren, um ihren Adelsstand, der zuvor allein schon durch Kleidung, Waffen, Lebensweise usw. klar erkennbar gewesen war
(?
Kleider machen Leute
“)
, gegenuber dem wohlhabender werdenden Burgertum und dem aus ihm aufsteigenden Neuadel zu verdeutlichen. Briefadeligen wurde hingegen ihre Namensfuhrung (ebenso wie das Wappen) im Adelsdiplom ausdrucklich vorgegeben, entweder ein schlichtes ?von“ vor ihrem angestammten Familiennamen oder die Kombination mit einem erworbenen Grundbesitz oder ? vor allem im 19. Jahrhundert ? auch mit einem Phantasie-Ortsnamen (
Mayer von Mayerfels
, Schmid von Schmidsfelden,
Schneider von Dillenburg
, Schuster von Bonnott u. a.), in seltenen Fallen auch mit ihrem Wappensymbol (z. B.
Schmid von der Kugel
).
Andererseits muss ein ?von“ (oder ?von der“, ?von dem“, ?zu“, ?zum“, ?zur“, ?auf“, ?vom und zum“) in einem Familiennamen nicht zwangslaufig auf eine adelige Herkunft hindeuten. Gerade im norddeutschen und niederlandischen, aber auch im deutsch-schweizerischen Raum kann es sich um eine bloße Herkunftsbezeichnung handeln, die insbesondere in Stadten vom Lande hinzugezogene Familien kennzeichnete (in Norddeutschland gelegentlich als ?Hamburger Gemuseadel“ bezeichnet).
Kinder aus
unebenburtigen
Ehen des niederen Adels gehorten ? mit Genehmigung des Landesherrn ? zumeist dem Adel an, uneheliche Kinder (sogenannte ?
Bastarde
“) jedoch nur sehr selten, und zwar wenn sie durch Adelsbrief ausdrucklich geadelt wurden. Ansonsten fuhrten sie entweder den Familiennamen der Mutter oder den des Vaters ohne Adelspradikat; gelegentlich fuhrten sie jedoch auch den Namen des Vaters mit einem
von
davor, ohne dass sie in den Adel aufgenommen waren, sodass dieser Namensbestandteil (wie bei den bauerlichen Herkunftsnamen) kein Adelspradikat darstellt. Beim
Hohen Adel
war es hingegen oft ublich, dass der Vater beim Kaiser um Nobilitierung seiner unehelichen Abkommlinge nachsuchte und sie diese (mit Titeln des niederen Adels) auch erhielten, wie etwa die
Herren von Luneburg
als Bastarde eines Braunschweig-Luneburger Herzogs, die
Grafen von Holnstein aus Bayern
eines bayerischen Kurfursten (und spateren deutschen Kaisers) oder die
Grafen von
Waldersee
eines Fursten von Anhalt-Dessau.
Personlicher Adel war ein lebenslanger Titel, der an die begunstigte Person gebunden und daher auch nicht vererblich war. So war der Verdienstadel als Personaladel in Bayern schon seit dem 16. Jahrhundert nachweisbar. In
Großbritannien
heute der Normalfall, trat er in Deutschland in zwei Arten auf:
- Haufig kam er als Ordensadel vor, der mit bestimmten
Ordensverleihungen
automatisch verbunden war; diesen gab es in
Bayern
,
Hannover
,
Preußen
,
Wurzburg
und
Wurttemberg
.
- Ein weiterer Fall des personlichen Adels war der Amtsadel.
[98]
Der personliche Adel wurde in Bayern der Ehefrau mit verliehen, nicht jedoch in Wurttemberg. Im Konigreich Bayern gab es außerdem von 1812 bis 1818 als Stufe zwischen dem personlichen und dem erblichen Adel den sogenannten
Transmissionsadel
.
Der Geldadel ist umgangssprachlich die Gruppe der Personen, die aufgrund ihres Vermogens in Spharen des gesellschaftlichen Lebens aufgeruckt sind, die materiell denen des fruheren Hochadels entsprechen. Die Bezeichnung wurde bereits im 19. Jahrhundert fur Großindustrielle verwendet, deren finanzielle Mittel ihnen ein Leben ahnlich dem eines barocken Fursten ermoglichten. Manche dieser Personen wurden geadelt und zahlen damit nicht nur zum ?Geldadel“, sondern auch zum historischen Adel, z. B. die Familien
von Boch
,
Krupp von Bohlen und Halbach
,
von Metzler
,
von Mumm
,
von Opel
,
von Rothschild
,
von Siemens
,
von Stumm
,
Thyssen
usw. Diese Familien haben ihren Adel zumeist nicht gekauft, sondern ihn fur ihre Verdienste um Industrie und Wirtschaft erhalten. Weniger Erfolgreiche haben allerdings oft Moglichkeiten gefunden, sich Adelstitel zu erwerben
(siehe:
Kauflichkeit des Adels
)
.
Interessanterweise suchten Familien des Geldadels, die ihren Reichtum oft technischen Innovationen verdankten, ihre Selbstdarstellung durch Ruckgriff auf Attribute des historischen Adels zu untermauern, wie dem Erwerb von
Schloss Landsberg
durch die Thyssens oder dem Bau der
Villa Hugel
, der an die Pracht furstlicher Residenzen anknupfen sollte, durch die Krupps.
Der Begriff des Reichsadels umfasst mehrere Adelsgruppen unterschiedlicher Standesqualitat. Allen gemeinsam war, dass sie direkt dem deutschen Konig bzw. Kaiser des Heiligen Romischen Reichs unterstellt waren.
Den weltlichen Reichsfursten wurden vom Konig Fahnen verliehen, die ihr jeweiliges Reichslehen (auch
Fahnlehen
genannt) symbolisierten. Zeitweise hatte die Fahne eine derart hohe Bedeutung, dass schon ihr Verlust zur Aberkennung des Lehens fuhren konnte. Geistliche Reichsfursten erhielten ein Zepter. Die Spitze der Reichsfursten bildeten im Spatmittelalter die sieben
Kurfursten
. Mit der Kurwurde waren die
Reichserzamter
verbunden. Die Erzbischofe von
Mainz
,
Koln
und
Trier
waren die Erzkanzler fur Deutschland, Italien und Burgund. Der Konig von
Bohmen
war
Mundschenk
, der
Herzog von Sachsen
Marschall
, der
Markgraf von Brandenburg
Kammerer
und der
Pfalzgraf bei Rhein
war
Truchsess
des Reichs.
Da es Grafschaften gab, die entweder vom Reich, einem Erz- oder Hochstift, einem Herzogtum oder einer Pfalz-, Mark- oder Landgrafschaft zu Lehen gingen, waren die
Reichsgrafen
innerhalb der Grafen die vornehmste Gruppe und im Wesentlichen den Reichsfursten gleichgestellt. Nach der
Schedelschen Weltchronik
von 1493 soll es vier Reichsgrafengeschlechter gegeben haben, obwohl wesentlich mehr Grafschaften reichsunmittelbar waren.
Wahrend die Belehnung mit wichtigen
Reichsburgen
zu reichsunmittelbaren Burggrafengeschlechtern fuhrte, wurden kleinere Edelfreie mit koniglichen
Burgwarden
und ahnlichen Lehen belehnt. Außerdem verfugte der Konig uber eigene
Reichsministeriale
, deren Einfluss und Reichtum teilweise edelfreie Familien weit ubertreffen konnte. Geistliche Mitglieder der Reichsministerialitat wurden vom Konig gern als Bischofe und Erzbischofe eingesetzt, um die Macht einheimischer Adelssippen zu schwachen bzw. zu brechen. Einige Reichsministerialen stiegen zu Grafen und damit spater zu den Reichsstanden auf, etwa die Hauser
Reuß
und
Waldburg
, andere bildeten, gemeinsam mit den Reichsburggrafen, die
Reichsritterschaft
.
[99]
In diese gelangten auch Lehnsnehmer von ausgestorbenen Reichsfurstenhausern, deren Territorien an das Reich
heimgefallen
waren.
Neben den geborenen Namenstragern gibt es auch noch adoptierte Namenstrager adelig klingender Namen. Sie konnen bereits im Kindesalter adoptiert worden und von den Adoptiveltern aufgezogen worden sein, wie bei Adoptionen ublich. Doch zumeist handelt es um
Volljahrigenadoptionen
. Eine Besonderheit ist hier, dass man im Normalfall lediglich mit dem Adoptivvater und/oder mit der Adoptivmutter verwandt ist, nicht jedoch mit dessen bzw. deren Verwandten. Auch bleibt die Verwandtschaft zu den leiblichen Eltern bestehen. Der Adoptierte erhalt jedoch den neuen Familiennamen wie beispielsweise
Prinz von Anhalt
.
Da das Adoptionsrecht in Deutschland relativ liberal ist, konnten Titelhandler wie
Hans-Hermann Weyer
solche Volljahrigenadoptionen kommerziell vermitteln. Besonders betroffen davon ist die Familie
Anhalt
, aus der heraus eine erste Adoption (des haufig in den Medien prasenten
Frederic Prinz von Anhalt
durch
Marie Auguste Prinzessin von Anhalt
) erfolgte. Anschließend gab der nicht zur Familie der Askanier gehorige Adoptierte deren Familiennamen durch eine Reihe von kommerziellen Volljahrigenadoptionen an andere Personen weiter, die teilweise ihrerseits neue Adoptionsketten in Gang setzten, sodass es heute etwa 60 Trager des Namens
Prinz/essin von Anhalt
gibt.
[100]
Eine Eintragung von Namenstragern, die aufgrund von Kindes- oder Volljahrigenadoptionen ihre Nachnamen erlangt haben, in das
Gothaische Genealogische Handbuch
erfolgt jedoch nur dann, wenn die adoptierte Person aufgrund ihrer Geburt selbst die Eintragungsvoraussetzungen erfullt.
[101]
Da bei kommerziellen Volljahrigenadoptionen die Zugehorigkeit zum ?historischen Adel“ nach dem historischen
Adelsrecht
oft nicht gegeben ist, gelten die betreffenden Personen nicht als adelig und damit nicht als eintragungsfahig.
Die
Helmkrone
als
Helmzier
bei
Adelswappen
(frz.
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ISBN 3-11-006944-X
, S. 437?446.
- Stephan Skalweit
:
Adel ? II. Reformationszeit
. In:
Theologische Realenzyklopadie
(TRE). Band 1, de Gruyter, Berlin / New York 1977,
ISBN 3-11-006944-X
, S. 446?452.
- Martin Schmidt:
Adel ? III. Adel und Kirche 17. bis 20. Jahrhundert
. In:
Theologische Realenzyklopadie
(TRE). Band 1, de Gruyter, Berlin / New York 1977,
ISBN 3-11-006944-X
, S. 452?454.
- Karina Urbach
:
Go-Betweens for Hitler
. Oxford University Press, Oxford 2015,
ISBN 978-0-19-870367-9
.
- deutsch:
Hitlers heimliche Helfer. Der Adel im Dienste des Hakenkreuzes
. Theiss, Darmstadt 2016,
ISBN 978-3-8062-3383-4
.
- Wolfgang Wust
:
Adeliges Selbstverstandnis im Umbruch? Zur Bedeutung patrimonialer Gerichtsbarkeit 1806?1848.
In: Walter Demel,
Ferdinand Kramer
(Hrsg.):
Adel und Adelskultur in Bayern.
In: ZBLG, Beiheft 32, Munchen 2008, S. 349?376.
ISBN 978-3-406-10673-6
.
- Karl Friedrich Rauer
:
Alphabetischer Nachweis (Adressbuch) des in den Preussischen Staaten mit Rittergutern angesessenen Adels
. Selbstverlag, Berlin 1857. (
Digitalisat
)
- Karl Friedrich Rauer:
Hand-Matrikel der in sammtlichen Kreisen des Preussischen Staats auf Kreis- und Landtagen vertretenen Ritterguter
. Selbstverlag, Berlin 1857. (
Digitalisat
)
- Handbucher des Grundbesitzes: (
Posen 1884
), (
Schlesien 1892
), (
Sachsen 1899
), (
Ostpreußen 1903
), (
Pommern 1910
), (
Mecklenburg 1924
);
- General-Adressbucher und Guter-Adressbucher (altere Ausgaben): 1871 Ostpreußen, Norddeutschland 1872, Brandenburg 1879, (
Mecklenburg 1896
)
- Guter-Adressbucher (Niekammer): (
Westpreussen 1903
), (
Westfalen 1909
), (
Rheinprovinz 1914
), (
Provinz Sachsen 1922
), Hannover 1922, Bayern 1923, Anhalt 1924, Wurttemberg 1926, Schleswig-Holstein 1927, Mecklenburg 1928, (
Brandenburg 1929
), (
Ostpreußen 1932
); (
Pommern 1939
)
- Theodor Habich:
Deutsche Latifundien. Bericht und Mahnung
. 3. Auflage. W. Kohlhammer, Stuttgart 1947.
- ↑
Die Zuweisung ?deutsch“ ist zunachst nur nachtraglich geographisch, mit der Zeit auch kulturell und sprachlich, sowie schließlich politisch und staatsrechtlich zu sehen.
- ↑
In Osterreich dagegen wurde der
osterreichische Adel
durch das
Adelsaufhebungsgesetz
komplett aufgehoben und die Verwendung von
Adelspradikaten
und Titeln in den Namen verboten.
- ↑
Als
Adel
oder
adelig
werden in vielen nichtstandischen Gesellschaften Europas die Angehorigen der Familien bezeichnet, die zu Standezeiten qua Gesetz den Adel bildeten.
Beispiele
:
- I.
Die ?Definition des Adels“ verschiebt sich ?von rechtlichen zu soziokulturellen Merkmalen“. (
Monika Wienfort
:
Der Adel in der Moderne.
Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2006, S. 9.)
- II.
?In der Gegenwart besitzen Adelige [in Deutschland] keine rechtlichen oder politischen Privilegien mehr. Trotzdem gehoren uberproportional viele Adelige zu den politischen oder wirtschaftlichen, zu den regionalen oder lokalen Eliten.“ (Ebenda, S. 10.)
- III.
?Nach vorsichtigen Schatzungen betragt der Anteil des Adels an der deutschen Bevolkerung heute nicht mehr als 0,1 %.“ (Ebenda, S. 159.)
- IV.
?Das Ende der Geschichte des deutschen Adels war dies aber nicht. Vielmehr gilt, wie Wienfort im Anschluss an Weber ausblickend urteilt, dass ≫der Adel auch im 21. Jahrhundert weiter besteht, solange er Glauben fur seine Adelsqualitat findet ? in den eigenen Reihen und in der massenmedialen Offentlichkeit≪. Insofern bleibt der Adel auch ein Thema fur die Zeitgeschichte. Zumindest in zweierlei Hinsicht eroffnet eine Geschichte des Adels in der Bundesrepublik Erkenntnischancen: zum einen als wesentlicher Bestandteil einer bundesrepublikanischen Elitengeschichte, zum anderen als geradezu Webersche Versuchsanordnung.“ (
M. Wienfort:
Adel in der Moderne.
Gottingen 2006.
Rezensiert von Martin Kohlrausch, DHI Warschau. In:
H-Soz-u-Kult
, 31. Mai 2007. Seite abgerufen am 26. Mai 2011.)
- V.
?Auch die Geschaftspolitik der jungen Bundesrepublik erleichterte die Eingliederung des Adels in die sozialpolitische Ordnung. Denn auf der Linie einer honorigen Traditionsbildung wurde zu einer Zeit, als die Verschworer des 20. Juli 1944 vielfach noch als ≪Landesverrater≫ stigmatisiert wurden, der auffallig große Anteil von Adligen an dieser Opposition anerkannt, damit aber auch der Adel insgesamt als widerstandsfahige Formation gewurdigt. Auch diese Einstellung versohnte den Adel mit den neuen sozialpolitischen Bedingungen.“ (
Hans-Ulrich Wehler
:
Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Funfter Band ? Bundesrepublik und DDR 1949?1990.
C. H. Beck, Munchen 2008, S. 166 f.)
- VI.
?Politisch optierte der Adel im allgemeinen fur die CDU/CSU, allenfalls die Freidemokraten gewannen einige adlige Außenseiter.“ (Ebenda, S. 168.)
- VII.
?Bekanntlich war ein Drittel der in diesem Zusammenhang hingerichteten Gegner des Nationalsozialismus adelig. […] Die mentale Ankunft des Adels in der Bundesrepublik verdankt sich damit auch einer standesbezogenen Geschichtspolitik, die einen als adelig definierten Tugendkanon mit der Bereitschaft zum aktiven Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Verbindung brachte.“ (
Eckart Conze
/Monika Wienfort:
Einleitung ? Themen und Perspektiven historischer Adelsforschung zum 19. und 20. Jahrhundert.
In: Eckart Conze/Monika Wienfort:
Adel und Moderne ? Deutschland im europaischen Vergleich im 19. und 20. Jahrhundert.
Bohlau, Koln 2004, S. 4.)
- VIII.
?Und gewahrt nicht ein Blick auf den Adel nach 1945 auch Einsichten in die Sozialstruktur der Bundesrepublik? […] Und wenn man sich fur diese Prozesse und Mechanismen interessiert, wird man auch das Jahr 1945 nicht als Endpunkt von Adelsgeschichte betrachten durfen.“ (Ebenda, S. 12)
- IX.
?Uberlegungen wie die Schulenburgs oder Einsiedels, bei naherem Betrachten jedoch auch diejenigen Moltkes, verweisen auf die Fortwirkung eines spezifisch adeligen Selbstverstandnisses, aber auch auf die Verknupfung, wenn nicht die Identitat von Standesethos und Eliteideal, von Dienstideologie und Herrschaftsanspruch. In dieser Perspektive gewinnt auch das Widerstandsdenken und -handeln des Attentaters selbst, von Claus Schenk Graf von Stauffenberg, eine adelshistorisch relevante Dimension.“ (Eckart Conze:
Adel und Adeligkeit im Widerstand des 20. Juli 1944.
In: Heinz Reif (Hrsg.):
Adel und Burgertum in Deutschland II.
Akademieverlag, Berlin 2001, S. 282 f.)
- X.
Michael Seelig, M.A., Projektbeschreibung:
Der ostelbische Adel in der Bundesrepublik Deutschland 1945/49-1974.
Dissertation
sprojekt an der
Philipps-Universitat Marburg
. Seite abgerufen am 26. Mai 2011.
- XI.
Eckart Conze:
Der Edelmann als Burger? Standesbewußtsein und Wertewandel im Adel der fruhen Bundesrepublik.
In: Manfred Hettling, Bernd Ulrich (Hrsg.):
Burgertum nach 1945.
Hamburg 2005, S. 347?371.
- ↑
- Monika Wienfort
spricht von einem ?spezifisch adeligen Wertekanon[s] im Kontext von Begriffen wie Ehre, Pflicht und Opfer, der als Gegenmodell zu ≫burgerlichen≪ Vorstellungen von individueller Leistungsbereitschaft entwickelt wurde.“ (Monika Wienfort:
Der Adel in der Moderne.
Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2006, S. 11.)
- Hans-Ulrich Wehler
spricht in Anlehnung an
Lord Ralf Dahrendorf
vom Adel als einer ?Prestige-Oberschicht“ und einer ?geschlossenen Gesellschaft“, ?die sich mit eigenen Ritualen, ihrem spezifischen Ehrenkodex, standischen Prinzipien der Lebensfuhrung, ihrem Abstammungsprestige und dem exklusiven gesellschaftlichen Verkehr von ihrer burgerlichen Umwelt abhob.“ (Hans-Ulrich Wehler:
Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Funfter Band ? Bundesrepublik und DDR 1949?1990.
C. H. Beck, Munchen 2008, S. 167.)
- ↑
Beispiele: Friedrich-Johann Graf von Alvensleben-Erxleben, Hermann Graf von Arnim-Muskau,
Sigismund Freiherr von Bibra
,
Vicco von Bulow-Schwante
, Goerg von Conta, Friedrich den Delius,
Alexander Furst zu Dohna-Schlobitten
,
Hasso von Etzdorf
,
Cecil von Renthe-Fink
,
Adolf von und zu Gilsa
, Bernhard von Grunberg, Alfred von Hake, Daniel von Hoenning O’Carroll, Leo von Jena, Fritz-Adolf von Kriesgheim, Frederick von La Trobe,
Karl Christian Prinz zur Lippe-Weißenfeld
,
Curt Freiherr Loeffelholz von Colberg
,
Hans-Georg von Mackensen
,
Ewald von Massow
,
Joachim von Oppen
, Wilhelm von Oswald, Albrecht von Ploetz,
Wilhelm von Pochhammer
, Joachim Siegfried Edler Herr und Freiherr von Plotho-Wiese,
Victor von Poser und Groß-Naedlitz
,
Herbert Freiherr von Richthofen
, Wichard Freiherr von Rochow, Carl Freiherr von Seckendorff-Adebar,
Walter von Sybel
, Hermann Freiherr von Tessin, Curt von Quednow, Max Freiherr Varnbuler von und zu Hemmingen,
Wilhelm Graf von Wedel
, Reinhard von Westrem und Gutacker
Walter von Wiese und Kaiserswaldau
, Rudolf von Wulfing-Leuthen, Andreas von Zeschau-Lampertswalde etc.
- ↑
Beispiele fur Uradelsgeschlechter gemeinsamen Stammes und Wappens, jedoch verschiedenen Namens sind etwa:
Eichstedt
/
Rundstedt
/
Lindstedt
;
Itzenplitz
/
Brunn
;
Kameke
/
Bonin
;
Bennigsen
/
Jeinsen
;
Kleist
/
Woedtke
;
Schaffgotsch
/
Dallwitz
;
Goler von Ravensburg
/
Helmstatt
/
Mentzingen
;
Gemmingen
/
Massenbach
;
Polnitz
/
Metzsch
.
- ↑
?Der deutsche Adel erscheint im europaischen Vergleich besonders vielfaltig und segmentiert. Nationale Adelsgeschichte zu schreiben, ist daher ? zumindest derzeit ? weder moglich noch angemessen. Stattdessen kommen sowohl fur das 19. als auch fur das 20. Jahrhundert primar Untersuchungen unterschiedlicher Adelsgruppen (Standesherren, Militaradel, Adelsverbande usw.) in Betracht.“ Eckart Conze, Monika Wienfort:
Einleitung ? Themen und Perspektiven historischer Adelsforschung zum 19. und 20. Jahrhundert.
In: Eckart Conze, Monika Wienfort:
Adel und Moderne ? Deutschland im europaischen Vergleich im 19. und 20. Jahrhundert.
Bohlau, Koln 2004, S. 1.
- ↑
Walter Demel
:
Die Spezifika des europaischen Adels ? Erste Uberlegungen zu einem globalhistorischen Thema.
In:
Zeitenblicke
(
Archivierte Kopie
(
Memento
vom 20. November 2011 im
Internet Archive
))
- ↑
Verfassung des Deutschen Reiches, Artikel 109, in:
Verfassung des Deutschen Reichs (1919)#Artikel 109
- ↑
Ijoma Mangold:
Eine Klasse fur sich
. In: Die Zeit 41, 7. Oktober 2010, S. 17?19.
- ↑
Hermann Ament
:
Germanen: Unterwegs zu hoherer Zivilisation.
In:
Archaologische Zeugnisse adligen Lebens.
- ↑
Siehe dazu insbesondere den Abschnitt
Probleme der Erforschung gesellschaftlicher Strukturen in vor- und fruhgeschichtlicher Zeit.
In: Stefanie Dick:
Der Mythos vom ?germanischen“ Konigtum
. Berlin/New York 2008, S. 114?124
- ↑
Publius Cornelius Tacitus:
Germania ? Ubersetzung von Manfred Fuhrmann.
Reclam, Stuttgart 1971 und ofter,
ISBN 3-15-000726-7
.
- ↑
Dick S. 2. Dazu grundlegend: Ernst Wolfgang Bockenforde:
Die deutsche verfassungsgeschichtliche Forschung im 19. Jahrhundert
. Berlin 1961; Klaus von See:
Deutsche Germanen-Ideologie vom Humanismus bis zur Gegenwart
. Frankfurt am Main 1970; Ders.:
Barbar, Germane, Arier
. Heidelberg 1994.
- ↑
Vgl. dazu die Analyse beider Schriften durch Dick S. 43?67
- ↑
Heike Gran-Hoek:
Die frankische Oberschicht im 6. Jahrhundert. Studien zu ihrer rechtzlichen und politischen Stellung
. Sigmaringen 1976.
- ↑
Fleckenstein, Josef: Grundlagen und Beginn der deutschen Geschichte. (Deutsche Geschichte 1). Gottingen 1988, S. 40.
- ↑
Eberhard Otto:
Abschließung des Ritterstandes.
In:
Arno Borst
(Hrsg.):
Das Rittertum im Mittelalter.
Darmstadt 1976, S. 106?129.
- ↑
Timothy Reuter
,
Die Unsicherheit auf den Straßen im europaischen Fruh- und Hochmittelalter: Tater, Opfer und ihre mittelalterlichen und modernen Betrachter
. In:
Trager und Instrumentarien des Friedens im hohen und spaten Mittelalter
, Sigmaringen 1996
- ↑
K. Andermann:
Raubritter.
In:
Lexikon des Mittelalters.
Bd. 7, Stuttgart/Weimar 1999, Sp. 474/75
- ↑
Digitales Archiv Marburg:
Auszug aus dem Brief Ulrichs von Hutten (1488?1523) an den Nurnberger Patrizier Willibald Pirckheimer (1470?1530) uber das Leben auf einer Burg, 25. Oktober 1518.
(
digam.net
)
- ↑
Digitales Archiv Marburg:
Auszug aus dem Brief Ulrichs von Hutten (1488?1523) an den Nurnberger Patrizier Willibald Pirckheimer (1470?1530) uber das Leben auf einer Burg, 25. Oktober 1518.
(
digam.net
).
- ↑
Joachim Ehlers
:
Die Ritter. Geschichte und Kultur
, Munchen 2006
- ↑
So wurde etwa
Konrad Wedemeyer der Altere
(1533?1598), Sohn eines
Gronauer
Burgermeisters, als furstlicher Rat und
Großvogt
1564 von Herzog
Erich II.
mit dem Gut
Eldagsen
belehnt.
- ↑
So wurde etwa
Clemens August von Bayern
1723 zum Erzbischof und Kurfursten von Koln gewahlt, 1724 auch zum Furstbischof von Hildesheim, doch erst 1725 ließ er sich zum Priester weihen und 1727 folgte die
Bischofsweihe
.
- ↑
a
b
Allgemeines Landrecht fur die Preußischen Staaten (01.06.1794).
Zweyter Theil (
opinioiuris.de
).
- ↑
Vgl.
Arno Borst
(Hrsg.):
Das Rittertum im Mittelalter.
1998; dort:
Joachim Bumke
:
Der adlige Ritter.
S. 279, sowie ebendort Gina Fasoli S. 199.
- ↑
Strafgesetzbuch fur das Konigreich Bayern
(
opinioiuris.de
)
- ↑
Franz Otto Roth:
Adelsentsetzung. Bestandsaufnahme und Deutungsversuch.
In:
Blatter fur Heimatkunde
.
Band 46, Graz 1972, S. 39?48 (
historischerverein-stmk.at
).
- ↑
Das Leben im Invalidenhaus
Berlin
- ↑
Claus Heinrich Bill:
Friederizianische Personalpolitik in Zivilverwaltung und Militar
, online in:
Adelskartei.de
- ↑
Artikel 109 WRV
- ↑
vgl.
OLG Munchen, Beschluss vom 3. Marz 2010 - 5St RR (II) 039/10
Rdnr. 29 ff.
- ↑
Martin Rath:
Deutsches Adelsrecht gestern, heute und zwischendurch: Verdrehte Welt des "V mit Punkt" und andere Petitessen
Legal Tribune Online
, 27. Februar 2011.
- ↑
Sebastian-Johannes von Spoenla-Metternich:
Namenserwerb, Namensfuhrung und Namensanderung unter Berucksichtigung von Namensbestandteilen.
Peter Lang, Europaischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt am Main 1998,
ISBN 3-631-31779-4
, S. 119 ff.
- ↑
Preußische Gesetzessammlung
1920 Nr. 32 S. 367.
- ↑
Bernhard Seeger:
Der Ehe- und Lebenspartnerschaftsname in der notariellen Praxis
(
Memento
vom 20. Marz 2012 im
Internet Archive
), in
Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins
,
ISSN
0941-4193
, Juli/August 2002, Munchen 2002, S. 230. (PDF).
- ↑
Lilienthal 2003, S. 47.
- ↑
Stephan Malinowski
,
Vom Konig zum Fuhrer
, 2003 (
Rezension
Vom Konig zum Fuhrer
: ?Auch konfessionelle Grunde allein waren nicht ausschlaggebend fur die weitgehendere Distanzierung des suddeutschen, insbesondere des bayerischen Adels vom Nationalsozialismus, wie der Kontrast mit dem westfalischen Pendant zeigt. Hier spielt wohl das Zusammentreffen von Katholizismus, partikularistischen Tendenzen und einem durch einen hoffnungsvolleren Thronanwarter stabileren Monarchismus eine Rolle.“)
- ↑
Dagmar Wittmers (Buch & Regie). Film
Kaiser A.D. - Wilhelm der II im Exil
, Das Erste. 22. Oktober 2018 (44 Minuten).
- ↑
Ralf Georg Reuth (Hrsg.): Joseph Goebbels Tagebucher, Piper Munchen, 2. Auflage. 2000, Bd. 2,
ISBN 3-492-25284-2
, S. 698.
- ↑
Stephan Malinowski:
Vom Konig zum Fuhrer. Sozialer Niedergang und politische Radikalisierung im deutschen Adel zwischen Kaiserreich und NS-Staat.
Akademie Verlag, Berlin 2003,
ISBN 3-05-004070-X
, S. 575.
- ↑
Uwe Klußmann:
Nutzliche Handlager
. In: Bettina Musall, Eva-Maria Schnurr (Hrsg.):
Die Welt des Adels
. Deutsche Verlags-Anstalt, Munchen 2021, S. 159.
ISBN 978-3-421-04868-4
.
- ↑
Vgl.
NSDAP-Mitgliedschafts-Sample von 53 Familien
, in: Anmerkung 422, in: Stephan Malinowski:
Vom Konig zum Fuhrer. Sozialer Niedergang und politische Radikalisierung im deutschen Adel zwischen Kaiserreich und NS-Staat
. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2004, S. 574.
ISBN 3-596-16365-X
.
- ↑
Es war kein Aufstand des Adels
, in:
Cicero (Zeitschrift)
- ↑
Der Historiker Stephan Malinowski in:
Hitler und der Adel
, Spielfilm-Dokumentation von
Monika Czernin
und
Melissa Muller
, 2004, 45 Minuten, ORF/MDR. Hierbei fehlte jedoch die Angabe, wie viele Mitglieder der ehemaligen Furstenhauser es insgesamt zu der Zeit gab.
- ↑
Blaues Blut und braune Brut
,
FAZ
vom 28. Marz 2007
- ↑
Uwe Klußmann:
Nutzliche Handlanger
. In: Bettina Musall, Eva-Maria Schnurr (Hg.):
Die Welt des Adels
. Deutsche Verlags-Anstalt, Munchen 2021,
ISBN 978-3-421-04868-4
, S. 157
- ↑
Walter Demel, Sylvia Schraut:
Der deutsche Adel.
C.H.Beck, Munchen 2014, S. 118
- ↑
Adel bereichert
, in: TAZ, 2. Dezember 2016
- ↑
Iris Freifrau v. Hoyningen-Huene:
Adel in der Weimarer Republik. Die rechtlich-soziale Situation des reichsdeutschen Adels 1918?1933.
C. A. Starke, Limburg 1992,
ISBN 3-7980-0690-3
, S. 212.
- ↑
Detlef Graf von Schwerin
:
Dann sind's die besten Kopfe, die man henkt
, Piper, Munchen/ Zurich 1991, S. 145.
ISBN 3-492-03358-X
.
- ↑
ebenda:
Gesamt-Liste der Mitglieder der Balley Brandenburg des Ritterlichen Ordens St. Johannis von Jerusalem nach dem Stande vom 10. Marz 1931
, Eigenverlag, Berlin 1931, S. Vorbemerkungen.
- ↑
ebenda:
Johanniter-Ordensblatt. Mitteilungsblatt fur die Mitglieder des Johanniterordens
, Jg. 79 und 80, ab April 1938 bis Dezember 1939, Berlin.
- ↑
Uwe Klußmann:
Nutzliche Handlanger
. In: Bettina Musall, Eva-Maria Schnurr (Hrsg.):
Die Welt des Adels
. Deutsche Verlags-Anstalt, Munchen 2021, S. 168.
ISBN 978-3-421-04868-4
.
- ↑
a
b
Uwe Klußmann:
Nutzliche Handlanger
. In: Bettina Musall, Eva-Maria Schnurr (Hrsg.):
Die Welt des Adels
. Deutsche Verlags-Anstalt, Munchen 2021, S. 165.
ISBN 978-3-421-04868-4
.
- ↑
Detlef Graf von Schwerin:
Dann sind's die besten Kopfe, die man henkt
, Piper, Munchen/ Zurich 1991, S. 145.
ISBN 3-492-03358-X
.
- ↑
Karl Borromaus Glock
, "Nachruf auf Reinhold Schneider" in "Besinnung" (1958). Der Verleger Glock druckte noch in den letzten Nachten des Krieges in einem Raum neben dem SS-Posten Zehntausende der Sonette und sandte sie - versehen mit SS-Dienststempeln! - an die Front und in die Lazarette.
- ↑
Zum Attentat und der Vorgeschichte siehe etwa die Darstellung und ein paar Zeitzeugen (
Philipp Freiherr von Boeselager
,
Ewald-Heinrich von Kleist
etc.) im ZDF semi-Dokumentarfilm von 2004 zum 50. Jahrestag des 20. Juli 1944
Die Stunde der Offiziere
.
- ↑
?Die besten Namen des ostelbischen Adels waren hier (Anm.: im Widerstand) noch einmal vereint.“
Walter Gorlitz
:
Die Junker
, 2. Auflage, C. A. Starke, Glucksburg (Ostsee) 1957, S. 407.
- ↑
Focus online: Nachfahren alter Adelsfamilien pflegen Erbe im Osten.
Abgerufen am 7. Februar 2023
.
- ↑
Die Verfassung des Deutschen Reichs, hier Artikel 109
, BGBl. III/FNA 401-2, beck-online.de, abgerufen am 16. Marz 2019.
- ↑
Vgl.
Namensanderung mit Adelsbezeichnung nach englischem Recht (deed poll)
Pressemitteilung des
Bundesgerichtshofs
Nr. 188/2018.
- ↑
Jens Jessen
:
Was vom Adel blieb. Eine burgerliche Betrachtung
, zu Klampen Essay 2018,
ISBN 978-3-86674-580-3
.
- ↑
Walter Demel, Sylvia Schraut:
Der deutsche Adel.
C.H.Beck, Munchen 2014, S. 120
- ↑
a
b
Walter Demel, Sylvia Schraut:
Der deutsche Adel.
C. H. Beck, Munchen 2014, S. 122.
- ↑
Walter Demel, Sylvia Schraut:
Der deutsche Adel.
C.H.Beck, Munchen 2014, S. 121
- ↑
Walter Demel, Sylvia Schraut:
Der deutsche Adel.
C.H.Beck, Munchen 2014, S. 123
- ↑
a
b
Walter Demel:
Der europaische Adel.
C. H. Beck, Munchen 2005, S. 122
- ↑
Max Kruk:
Die oberen 30.000.
Verlag Gabler, Wiesbaden 1967, S. 120.
- ↑
Walter Demel:
Der europaische Adel.
C. H. Beck, Munchen 2005, S. 123.
- ↑
Walter Demel, Sylvia Schraut:
Der deutsche Adel.
C. H. Beck, Munchen 2014, S. 124.
- ↑
Universitat Rostock: Adel in der SBZ/DDR 1945?1990
- ↑
Dieses Thema wurde in den mit mehreren Preisen ausgezeichneten ZDF-Fernsehfilm
Tannbach ? Schicksal eines Dorfes
verarbeitet.
- ↑
Im (sachsischen) Original: ?Du bist wohl verrigd geworrn! Die Leide solln wissen, wohar man iberall zu uns gommen gann!“
Adel in der DDR: Herrenschreiter auf sowjetrotem Teppich.
In:
Der Spiegel
.
15. Oktober 2007 (
spiegel.de
).
- ↑
Feudale Sozialarbeiter.
In:
Die Zeit
.
14. Februar 2013 (
zeit.de
).
- ↑
Baron Heiner v. Hoyningen gen. Huene:
Arbeit des Deutschen Adelsrechtsausschusses.
Abgerufen am 28. Januar 2023
.
- ↑
Aufgaben des Deutschen Adelsrechtsausschusses
auf seiner Website
- ↑
Jens Jessen
:
Was vom Adel blieb. Eine burgerliche Betrachtung
, zu Klampen Essay 2018,
ISBN 978-3-86674-580-3
- ↑
Familiennamen mit ehemaligen Adelsbezeichnungen.
In:
www.protokoll-inland.de.
Bundesministerium des Innern, fur Bau und Heimat, 2020,
abgerufen am 30. Juli 2021
.
- ↑
Bundesministerium des Innern (Hrsg.):
Ratgeber fur Anschriften und Anreden
. Berlin Dezember 2016,
S.
21
(
protokoll-inland.de
[PDF; abgerufen am 30. Juli 2021]).
- ↑
Kurzbiografie auf der Website des Schloss Buckeburg
(
Memento
vom 17. Juli 2008 im
Internet Archive
); abgerufen: 6. August 2009.
- ↑
E. Conze (Hg.):
Kleines Lexikon des Adels
. Munchen 2012, S. 115 f.
- ↑
E. Conze (Hg.):
Kleines Lexikon des Adels
. Munchen 2012, S. 187
- ↑
E. Conze (Hg.):
Kleines Lexikon des Adels
. Munchen 2012, S. 148
- ↑
E. Conze (Hg.):
Kleines Lexikon des Adels
. Munchen 2012, S. 114
- ↑
E. Conze (Hg.):
Kleines Lexikon des Adels
. Munchen 2012, S. 161
- ↑
E. Conze (Hg.):
Kleines Lexikon des Adels
. Munchen 2012, S. 96
- ↑
E. Conze (Hg.):
Kleines Lexikon des Adels
. Munchen 2012, S. 102
- ↑
E. Conze (Hg.):
Kleines Lexikon des Adels
. Munchen 2012, S. 95
- ↑
Edikt uber den Adel im Konigreich Bayern
auf verfassungen.de, abgerufen am 11. Dezember 2015
- ↑
a
b
Rudolf Granichstaedten-Czerva:
Altosterreichisches Adels- und Wappenrecht.
In: Zeitschrift
Adler
Bd. 1, Heft 4, S. 49?58, Wien 1947
Collegium res nobilis Austriae
(
Memento
vom 14. April 2011 im
Internet Archive
)
- ↑
Siehe die
Wergeldtarife
im
Sachsenspiegel
, Buch 3:
Artikel 45
und
Artikel 51
(Textarchiv des Deutschen Rechtsworterbuch)
- ↑
Uradel.
Abgerufen am 17. April 2023
.
- ↑
Uradel
auf der Homepage des Deutschen Adelsrechtsausschusses.
- ↑
Ob es sich um Ur- oder Briefadel handelt, ist aus dem historischen Abriss im Vorspann der einzelnen Familienartikel zu ersehen. Diese Einleitungen sind im
Adelslexikon
(der Reihe Genealogisches Handbuch des Adels) zusammengefasst.
- ↑
Siems, Ursula; Kluxen, Kurt:
Politik, Gesellschaft, Wirtschaft von 800 bis 1776.
In: Tenbrock, Kluxen, Grutter (Hrsg.):
Von Zeiten und Menschen
. Bd. 2. Paderborn 1979, S. 39?41.
- ↑
vgl. z. B.
Hahn
,
Behr
,
Pflugk
- ↑
vgl. z. B.
Bose
,
Grote
,
Quadt
,
Flemming
- ↑
So etwa
Fuchs von Bimbach
,
Hundt zu Lautterbach
,
Rudt von Collenberg
- ↑
Vgl. z. B.
Aleramiden
,
Caetani
,
Caracciolo
,
Colonna
,
Frangipani
,
Gherardesca
,
Malaspina
,
Marescotti
,
Massimo
,
Orsini
,
Sanseverino
,
Ventimiglia
- ↑
Die meisten altholsteinischen Adelsgeschlechter, darunter die Rantzau, Rumohr, Pogwisch, Brockdorff, verzichteten jahrhundertelang auf das ?von“. Vier Familien bildeten eine Ausnahme: die v. Ahlefeldt, v. Buchwaldt, v. Qualen und v. der Wisch fuhrten seit dem Mittelalter stets das ?von“ vor dem Namen. Siehe:
Henning von Rumohr
:
Schlosser und Herrenhauser in Schleswig
, Weidlich Verlag Wurzburg 1987, Vorwort zur 1. Auflage (1968)
- ↑
Kurt Andermann und Peter Johanek (Hrsg.):
Zwischen Nicht-Adel und Adel.
Stuttgart 2001.
- ↑
Robert von Mohl
,
Das Staatsrecht des Konigreiches Wurttemberg.
1829, (
S. 431.
).
- ↑
Artikel uber die Reichsritterschaft im Generallandesarchiv Baden-Wurttemberg
; abgerufen: 6. August 2009.
- ↑
Der wahre Prinz von Anhalt
, auf: ovb-heimatzeitungen.de, 3. Dezember 2021. Siehe auch:
Eduard Prinz von Anhalt
:
Das verfluchte Jahrhundert, Eine Dynastie am Abgrund
, Langen-Muller Verlag 2021,
ISBN 978-3-7844-3605-0
- ↑
Aufnahmebedingungen
auf der Website des Verlags des Deutschen Adelsarchivs, gotha-handbuecher.de