Schloss Deichmannsaue

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Schloss Deichmannsaue, Luftaufnahme (2008)
Schloss Deichmannsaue, Luftaufnahme (2013)
Schloss Deichmannsaue, Straßenansicht (2013)

Das Schloss Deichmannsaue ist ein Gebaudekomplex im Suden von Rungsdorf , einem Ortsteil des Bonner Stadtbezirks Bad Godesberg , am Rande der ?Mehlemer Auen“ nordlich der Rheinfahre Konigswinter ? Mehlem . Es wurde mehrmals umgebaut und erweitert und wird seit 1955 von der Bundesrepublik Deutschland genutzt. Von 1955 bis 1999 war es, erweitert um mehrere Burogebaude, Sitz der Botschaft der Vereinigten Staaten und des Bundesbauministeriums . Seit 2000 ist in der Liegenschaft Deichmanns Aue das Bundesamt fur Bauwesen und Raumordnung , seit 2005 auch die Bundesanstalt fur Landwirtschaft und Ernahrung ansassig. Die ?Villa Deichmann“, Kern des Gebaudekomplexes, erhielt ihr heutiges Erscheinungsbild bei einem umfassenden Umbau der Jahre 1910 bis 1912 und steht als Baudenkmal unter Denkmalschutz . [1]

Villa Deichmann vor dem Umbau (1905)

Das Schloss wurde 1662 erstmals als ?Auerhof“ erwahnt und befand sich seit 1836 im Besitz der Kolner Bankiersfamilie Deichmann . Die wohlhabende und gesellschaftlich hochstehende Kolner Familie suchte nach einer geeigneten Residenz, um dort ihre bisher in Koln organisierten Empfange abhalten zu konnen. Die Wahl fiel auf das zu dieser Zeit zur Versteigerung stehende Landgut in Mehlem-Lannesdorf.

Im Bonner Wochenblatt wurde das Objekt im Oktober 1836 wie folgt beschrieben: Das Landgut Mehlemer Aue

?besteht a) aus herrschaftlichen und Oeconomie-Gebaulichkeiten mit der Hauptfronte nach dem Rheine und dem Siebengebirge, 2stockig mit einer Mansarde, im Ganzen 12 Zimmer, 1 Saal, 1 Salon, 2 Kuchen, Spinde, Kellern, Brunnen, Pferde- und Rindviehstallen, Scheune, Kelterhaus, Backhaus, zwei Einfahrtsthore und Treibhaus; b) aus einem nach englischer Art angelegten Garten sowie weiterem Landbesitz mit Gemusegarten, Ackerland, Weinbergen, Wiesen und Buschland, insgesamt uber 100 Magdeburger Morgen groß.“ [2]

Bauliche Veranderungen erfolgten jedoch erst ab 1856. Nach der Fertigstellung der Eisenbahnstrecke Koln?Bonn im Jahre 1844 wurde die Strecke 1845 bis nach Rolandseck auf Betreiben der einflussreichen Aktionare der Eisenbahngesellschaft, die ihre Villen bequemer erreichen wollten, verlangert. Die Fahrtzeit von Koln bis nach Mehlem reduzierte sich auf eine Stunde, so dass es Wilhelm Ludwig Deichmann nun moglich war, im Sommer jeden Abend auf seinen Landsitz zu fahren.

Nach dem Tod der Eltern fiel das Landgut an den altesten Sohn Adolf Deichmann (1831?1907). Da er Bankier in London war, konnte er die Aue nicht nutzen und uberließ sie seinem Bruder Theodor (1837?1895), der gemeinsam mit seinen Brudern Otto (1838?1911) und Wilhelm (1841?1919) das Bankhaus Deichmann & Co. weiterfuhrte. Theodor Deichmanns altester Sohn Wilhelm Theodor (1864?1929) erbte schließlich das Anwesen und wurde Bauherr des schlossartigen Neubaus von 1910 bis 1912. Hier ließ er auf den Fundamenten des alten Gutshauses nach eigenen Ideen, ausgefuhrt durch den ortsansassigen Architekten Peter Wald , einen großen Neubau errichten.

1934 wurde die postalische Adresse des Schlosses von Mehlemer Aue in Deichmanns Aue geandert. [3] :18

Nachkriegsentwicklung

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Im Jahre 1941 wurde das Schloss an die Wehrmacht verkauft, seitdem gehort es dem deutschen Staat. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs beschlagnahmten es alliierte Besatzungstruppen. Das belgische Militar zog dort ein.

Neubau der Hochkommission

Ab dem 28. September 1949 wurde in dem Schloss das US-amerikanische Hochkommissariat als Dienststelle des Hohen Kommissars (?High Commissioner of Germany“, HICOG) John McCloy und Teil der Alliierten Hohen Kommission (AHK) eingerichtet. Nach Abschluss einer Sanierung und eines Umbaus konnte McCloy im Mai 1950 seinen Dienstsitz im Schloss Deichmannsaue beziehen. Da es den Raumbedurfnissen des Kommissariats nicht mehr gerecht wurde, entstand 1951 nach Planen einer Arbeitsgemeinschaft des Munchner Architekten Sep Ruf und der Frankfurter Architekten Otto Apel , Rudolf Letocha, William Rohrer und Martin Herdt in elf Monaten Bauzeit ein Erweiterungsbau mit insgesamt 700 Buroraumen in der fur Amerika typischen Holzstanderbauweise . [4] :58 f. Als Gartenarchitekten wirkten Hermann Mattern und Heinrich Raderschall . Im Sommer 1952 zog auch die bis dahin auf dem Petersberg residierende Alliierte Hohe Kommission in die Deichmannsaue. Am 10. November 1954 endete die Beschlagnahme des Schlosses und des zugehorigen Parkgelandes. [5] :126 Am 5. Mai 1955 wurde in dem Schloss die Proklamation uber das Ende des Besatzungsstatuts als Teil der Feierlichkeiten zur Erlangung der Souveranitat der Bundesrepublik unterzeichnet. [4] :248

Mit Auflosung der AHK 1955 wurde der Erweiterungsbau Sitz der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika, als Residenz des Botschafters diente die in Rungsdorf gelegene Villa Rolandstraße 67 . Ebenfalls 1955 zog das Bundesministerium fur Wohnungsbau (spater in Bundesministerium fur Raumordnung, Bauwesen und Stadtebau umbenannt) in Schloss und Teile des Anbaus ein, zwischen 1957 und 1967 ubernahm es auch die Hauser III und teilweise IV von den USA. Bis Mitte der 1970er-Jahre nutzten weitere Bundesbehorden die Liegenschaft: ein Teil des Entwicklungshilfeministeriums (bis 1963), der Wehrbeauftragte des Bundestages , die Zentrale Besoldungsstelle, die Zentrale Betriebsprufungsstelle (jeweils bis 1968) und das Bundesvermogensamt (bis Mitte der 1970er-Jahre). [3] :27 Bis Ende 1974 bestand in der Deichmannsaue auch ein eigenes Postamt , das im Zusammenhang mit den Neubauten fur die amerikanische Hochkommission eingerichtet worden war. [5] :127 1989 fand eine Generalsanierung der Liegenschaft statt.

Am 13. Februar 1991 wurde von einem Kommando der Rote Armee Fraktion (RAF) ein Anschlag auf die US-Botschaft verubt. Von dem Grundstuck der seinerzeit leerstehenden Villa Von-Weiß-Straße 8 auf dem gegenuberliegenden Rheinufer in Konigswinter aus schossen RAF- Terroristen aus zwei Waffen 60 Gewehrkugeln auf das amerikanische Botschaftsgebaude. Dabei entstand jedoch nur Sachschaden. In dem Bekennerschreiben wurde die Tat mit dem zur gleichen Zeit stattfindenden Irak-Krieg der USA begrundet. Sie konnte bis heute nicht vollstandig aufgeklart werden. Mit einer der bei dem Anschlag verwendeten Waffen wurde am 1. April 1991 Detlev Rohwedder , der zuletzt Vorsitzender der Treuhandanstalt war, ermordet. [6] [7]

Nach der deutschen Wiedervereinigung und dem Beschluss des Bundestags von 1991 zur Verlegung des Regierungssitzes nach Berlin wurde nach einer neuen Nutzung fur die Liegenschaft gesucht. Die amerikanische Botschaft zog von September 1998 [8] [9] bis Juli 1999 nach Berlin um. Der Umzug war offiziell am 3. April 2000 abgeschlossen. [10] Sie beließ dabei eine Außenstelle in Form eines militarischen Verbindungsstabes ( Office of Defense Cooperation ) in dem Gebaude. Das Bundesbauministerium, dessen erster Dienstsitz bis 2000 nach Berlin verlegt wurde, ließ sein 1998 aus der Bundesbaudirektion entstandenes Bundesamt fur Bauwesen und Raumordnung (BBR) in die Deichmannsaue einziehen. Der Bonner Dienstsitz des Ministeriums befand sich anschließend zeitweilig am Robert-Schuman-Platz im Ortsteil Hochkreuz . Die nun großtenteils ungenutzte ehemalige US-Botschaft sollte mit der Bundesanstalt fur Landwirtschaft und Ernahrung belegt werden, die im Rahmen des Berlin/Bonn-Gesetzes aus Frankfurt am Main nach Bonn umziehen sollte.

Fur diesen Zweck wurde die ehemalige US-Botschaft bei Kosten von 31 Millionen Euro von Ende 2002 bis Anfang 2005 saniert. Die Bundesanstalt zog dort im April 2005 mit 650 Mitarbeitern ein, womit der letzte Behordenumzug des Bonn-Berlin-Ausgleichs abgeschlossen wurde. Der vom Botschafter genutzte fruhere Dienstbereich wird heute als Schulungs- und Seminarbereich genutzt. [11] Im Zusammenhang mit dem Einzug der Bundesanstalt wurde fur die seitdem in der gesamten Liegenschaft beschaftigten 1.200 Mitarbeiter von September 2004 bis Juni 2005 fur 4,2 Millionen Euro nach Planen des Stuttgarter Architekturburos Heinle, Wischer und Partner eine 800 m² große Kantine errichtet. Grundlage war ein Gutachten, das die Ersetzung der ehemaligen zwei Kantinenbereiche empfahl, die wegen ihrer geringen Große und der veralteten Kuchentechnik nicht mehr zur Versorgung der Mitarbeiter geeignet waren. [12] [13] [14] 2013 verließ die Außenstelle der US-Botschaft die Liegenschaft und zog innerhalb von Bonn um. [15]

Der Gebaudekomplex gliedert sich in den Altbau, das 1910?12 umfassend veranderte vierflugelige Schloss Deichmannsaue, und die hauptsachlich 1951 fur die US-Hochkommission entstandenen nordlich anschließenden Erweiterungsbauten. Den Ubergang zwischen Altbau und Neubauten schafft ein aufgestanderter Verbindungstrakt, der eine Zufahrtsstraße uberspannt. Das ursprungliche Hochkommissionsgebaude ist in Stahlbeton - und Holzbauweise errichtet, flachgedeckt und aufgrund der hochwassergefahrdeten Lage im Erdgeschoss mit Pylonen aufgestandert. Den sudlichen ? in der Gesamtanlage mittleren ? Teil bildet ahnlich dem Frankfurter I.G.-Farben-Haus ein als ?Kammbau“ beschreibbarer, leicht konkav zum Rhein geoffneter dreigeschossiger Riegel, in den vier funfgeschossige landseitige Querbauten (Hauser 1?3) eingestellt sind. Diese verfugen jeweils uber zwei Treppenhauser und springen rheinseitig als Risalit hervor, wo sich die von einem Vordach geschutzten Eingange befinden. Den nordlichen Abschluss (ehemaliger Sitz der US-Botschaft; heute BLE) bildet ein zum Rhein querstehender achtgeschossiger Hochbau (Haus 6), der nordlich und westlich in mehrere funfgeschossige, um zwei Innenhofe gruppierte Trakte sowie im Sudosten in einen dreigeschossigen Flugel (Haus 7; vormals Sitz des Botschafters) eingebunden ist.

?Durch die Gruppierung der Bauteile und die unterschiedliche Hohenausrichtung wird die gewaltige Gebaudegruppe (…) aufgelockert und geht eine Verbindung mit Park und Landschaft ein.“

? Angelika Schyma (2003) [16]
  • Olga Sonntag : Villen am Bonner Rheinufer: 1819?1914 , Bouvier Verlag, Bonn 1998, ISBN 3-416-02618-7 , Band 3, Katalog (2), S. 175?199. (zugleich Dissertation Universitat Bonn, 1994)
  • Olga Sonntag: Villen am Bonner Rheinufer: 1819?1914 , Bouvier Verlag, Bonn 1998, ISBN 3-416-02618-7 , Band 1, S. 50?52. (zugleich Dissertation Universitat Bonn, 1994)
  • Andreas Denk , Ingeborg Flagge : Architekturfuhrer Bonn . Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-496-01150-5 , S. 124.
  • Angelika Schyma : In Diplomatischer Zuruckhaltung. Botschaftsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland in Bonn von der Staatsgrundung bis zum Fall der Mauer . In: Botschaften in Berlin , Gebr. Mann Verlag , Berlin 2003, ISBN 3-7861-2472-8 , S. 29?41 (hier: S. 30/31).
  • Rita Hombach: Landschaftsgarten im Rheinland. Die Erfassung des historischen Bestands und Studien zur Gartenkultur des ≫langen≪ 19. Jahrhunderts. (Beitrage zu den Bau- und Kunstdenkmalern im Rheinland, Band 37) Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 2010, ISBN 978-3-88462-298-8 , S. 210/211.
  • Stadt Bonn, Stadtarchiv (Hrsg.); Helmut Vogt : ?Der Herr Minister wohnt in einem Dienstwagen auf Gleis 4“. Die Anfange des Bundes in Bonn 1949/50 , Bonn 1999, ISBN 3-922832-21-0 , S. 132, 215/216, 220.
  • Thilo von Trotha: Chronik des Schlosses Deichmannsaue in Bonn-Bad Godesberg-Mehlem . Bonn 1996. [noch nicht fur diesen Artikel ausgewertet]
  • Hans Kleinpass: Die Straßennamen der Gemarkung Lannesdorf. 1. Teil . In: Godesberger Heimatblatter. Jahresheft des Vereins fur Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg . Heft 13 , 1975, ISSN   0436-1024 , S. 102?136 (hier: 117?127).
Commons : Schloss Deichmannsaue  ? Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Denkmalliste der Stadt Bonn (Stand: 15. Januar 2021), S. 16, Nummer A 1414
  2. Bonner Wochenblatt, 2. Oktober 1836, S. 2 . Sammlung Zeitungen ULB Bonn. Abgerufen am 5. Oktober 2012.
  3. a b Bundesamt fur Bauwesen und Raumordnung: Die Deichmannsaue
  4. a b Helmut Vogt : Wachter der Bonner Republik: Die Alliierten Hohen Kommissare 1949?1955 , Verlag Ferdinand Schoningh, Paderborn 2004, ISBN 3-506-70139-8 .
  5. a b Hans Kleinpass: Die Straßennamen der Gemarkung Lannesdorf. 1. Teil . In: Godesberger Heimatblatter. Jahresheft des Vereins fur Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg. Heft 13 , 1975, ISSN   0436-1024 , S. 102?136 (hier: S. 117 ff.)
  6. Westdeutscher Rundfunk , Lokalzeit aus Bonn, 20. Juli 2011
  7. Geheimnisse einer alten Rheinvilla ? ein Film von Gabriele Rose , Westdeutscher Rundfunk , 2014 (ab Minute 36:10)
  8. Richard Gilbert: Bonn to Berlin: One Embassy ? Two Locations , State Magazine, May 1999
  9. Berlin ist wieder offizieller Botschaftssitz der USA , Berliner Zeitung , 18. September 1998
  10. A Guide to the United States' History of Recognition, Diplomatic, and Consular Relations, by Country, since 1776: Germany , U.S. Department of State, Office of the Historian
  11. Marc Eller: Bundesanstalt fur Landwirtschaft und Ernahrung ? Umnutzung der ehemaligen US-Botschaft in Bonn . In: Bundesamt fur Bauwesen und Raumordnung: Bau und Raum. Jahrbuch 2006. Junius Verlag, Hamburg 2006, ISBN 978-3-88506-574-6 , S. 68?77.
  12. Ellipse in der Rheinaue , BauNetz , 10. Januar 2005.
  13. Bundesanstalt fur Landwirtschaft und Ernahrung, Bonn, Neubau Casino mit Speisesaal und Cafeteria ( Memento vom 27. Oktober 2020 im Internet Archive ), Heinle, Wischer und Partner
  14. Andreas Heitmann: Restaurant Deichmanns Aue Bonn ? Neubau einer Kantine . In: Bundesamt fur Bauwesen und Raumordnung: Bau und Raum. Jahrbuch 2006. Junius Verlag, Hamburg 2006, ISBN 978-3-88506-574-6 , S. 84?89.
  15. United States Diplomatic Mission to Germany, Key Personnel & Contact Information ( Memento vom 2. August 2013 im Internet Archive )
  16. Angelika Schyma: In Diplomatischer Zuruckhaltung. Botschaftsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland in Bonn von der Staatsgrundung bis zum Fall der Mauer.

Koordinaten: 50° 40′ 17,2″  N , 7° 11′ 7,4″  O