Dieser Artikel handelt von der Titularkonigin von Sizilien. Zu weiteren Personen ahnlichen Namens siehe
Margarete von Savoyen
.
Margarethe von Savoyen
(* Fruhjahr oder Sommer
1420
in
Morges
; †
30. September
1479
) war Titularkonigin von
Sizilien
,
Pfalzgrafin
und
wurttembergische
Grafin. Margarethes Vater war Graf
Amadeus VIII.
von
Savoyen
, der als Felix V. 1439 der historisch letzte
Gegenpapst
wurde. Ihre Mutter war
Maria
, eine Tochter von
Philipp II. dem Kuhnen
von
Burgund
. Uber ihre Großmutter vaterlicherseits war sie Urenkelin des Herzogs
Jean de Berry
.
Margarethe war die jungste Tochter von zehn Kinder ihrer Eltern, von denen drei bereits vor ihrer Geburt verstorben waren. Als sie zwei Jahre alt war, starb ihre Mutter im
Kindbett
. Sie wuchs in
Turin
und am
Genfer See
auf und wurde als etwa Zwolfjahrige am 31. August 1432 mit
Ludwig III. von Anjou
,
Titularkonig
von Sizilien, in Form einer
Trauung per Stellvertreter
verheiratet. Erst im Juli 1434 traf sie nach mehrmonatiger Reise am Hof ihres Mannes in
Cosenza
ein. Nur wenige Monate spater starb Ludwig III. mit 31 Jahren. Somit war Margarethe mit 14 Jahren bereits verwitwet. Im folgenden Jahr holte ihr Vater sie nach Savoyen zuruck.
[1]
Er begann sich etwa um diese Zeit von der Politik zuruckzuziehen und uberließ ihrem alteren Bruder
Ludwig
zunehmend die Regierungsverantwortung.
1439 setzte der in Basel verbliebene Teil des
Konzils von Basel
Eugen IV.
als Papst ab und wahlte Margarethes Vater zum Gegenpapst. Die junge, hochgebildete Witwe war damit eine begehrte Partie auf dem europaischen Heiratsmarkt. Verhandlungen uber eine Ehe mit Konig
Friedrich III.
fuhrten 1442 jedoch nicht zum Erfolg, da der Konig nicht bereit war, Margarethes Vater als Papst anzuerkennen.
[2]
Stattdessen wurde Margarethe im Jahre 1445 mit dem etwa jungeren
Kurfursten
Ludwig IV.
von der
Pfalz
verheiratet. Da sich zunachst keine Kinder einstellten,
wallfahrten
sie 1447 zum Grab des heiligen
Philipp
in
Zell (Zellertal)
westlich von
Worms
. Im folgenden Jahr wurde der Sohn
Philipp
geboren. Schon nach vier Jahren Ehe wurde Margarethe 1449 erneut Witwe. Sie zog sich auf ihre
Witwenguter
Mockmuhl
und
Lowenstein
zuruck. Ihren einjahrigen Sohn, fur den ihr Schwager
Friedrich I.
die Regierung ubernahm, musste sie in
Heidelberg
zurucklassen.
[3]
Im selben Jahr wurde ihr Vater als Gegenpapst abgesetzt.
1453 ging sie mit Graf
Ulrich V. von Wurttemberg
ihre dritte Ehe ein.
[4]
Auch fur ihn war es die dritte Ehe. Fast die gesamte zweite Halfte ihres Lebens verbrachte sie als Grafin von
Wurttemberg
am Hof ihres Mannes in
Stuttgart
. Neben den drei Tochtern aus dieser Ehe erzog sie die funf Kinder aus den beiden ersten Ehen ihres Mannes.
Als ihr Mann 1462 in der
Schlacht bei Seckenheim
eine empfindliche Niederlage erlitt und in Gefangenschaft geriet, musste Margarethe große Summen fur das hohe
Losegeld
aufbringen, ehe Ulrich 1463 freigelassen wurde. Zudem musste sie auf ihre pfalzischen Kleinodien und die Einkunfte aus ihren Witwengutern verzichten und diese an ihren siegreichen Schwager Friedrich I. ubergeben. Im Jahre 1466 begab sich Margarethe auf eine Pilgerreise nach
Santiago de Compostela
.
[5]
Margarethe starb 1479 und wurde in der
Stiftskirche
in Stuttgart beerdigt. Ihr Grabmal ist nicht erhalten.
Margarethe kam aus einem vornehmen Haus und hatte großes Interesse an Kunst, Literatur und Bildung.
[6]
Ihr Hof besonders in Stuttgart war ein kulturelles Zentrum, an dem auch glanzvolle Feste gefeiert wurden. Daneben unterstutzte sie die Ansiedlung von Orden in Wurttemberg, vor allem den
Dominikanerorden
.
[7]
Besonders forderte Margarethe die Literatur. Ihr wurden Handschriften weltlichen und geistlichen Inhaltes geschenkt, auch von ihr in Auftrag gegeben oder gekauft. Bereits als Kurfurstin in der Pfalz besaß sie eine große Buchersammlung, die sie bei ihrer dritten Eheschließung jedoch zurucklassen musste. In Stuttgart baute sie sich eine neue Sammlung an kostbaren Bildhandschriften auf; so ist sie als Mazenin der
Werkstatt des Ludwig Henfflin
bekannt.
[8]
Sie pflegte freundschaftliche Kontakte zu
Humanisten
wie
Heinrich Steinhowel
.
[9]
Der Wurttemberger Kanzler
Niklas von Wyle
[10]
widmete ihr
Von den
Lolharden
und
Begarden
, eine Ubersetzung der lateinischen Schrift
Contra validos mendicantes
des Zuricher Chorherren
Felix Hemmerlin
. Da sie jedoch selbst
Latein
beherrschte, benotigte sie derartige Verstandnishilfen nicht. Ihre Sammlung erbte ihr Sohn Philipp von der Pfalz.
[11]
Ihr hoher Bildungsgrad wird deutlich aus der umfangreichen und in mehreren Sprachen verfassten Briefsammlung, die ihre Beziehungen zu vielen verschiedenen europaischen Hofen dokumentiert.
[12]
Besonders hervorzuheben ist die Korrespondenz mit ihrer Schwagerin
Mechthild von der Pfalz
und mit deren Schwiegertochter
Barbara Gonzaga
.
[13]
Mit Ludwig IV. von der Pfalz hatte Margarethe von Savoyen einen Sohn:
Mit Ulrich von Wurttemberg hatte Margarethe drei Kinder:
- Regine Birkmeyer:
Aspekte furstlicher Witwenschaft im 15. Jahrhundert. Die Versorgung der Witwe im Spannungsfeld der Territorialpolitik am Beispiel der Margarethe von Savoyen (1420?1479).
In: Jorg Rogge (Hrsg.):
Furstin und Furst. Familienbeziehungen und Handlungsmoglichkeiten von hochadeligen Frauen im Mittelalter
(=
Mittelalter-Forschungen.
Band 15). Thorbecke, Ostfildern 2004,
ISBN 3-7995-4266-3
, S. 283?300.
- Thomas Fritz:
Margarethe.
In:
Sonke Lorenz
,
Dieter Mertens
,
Volker Press
(Hrsg.):
Das Haus Wurttemberg. Ein biographisches Lexikon.
Kohlhammer, Stuttgart 1997,
ISBN 3-17-013605-4
, S. 90.
- Henrike Lahnemann
:
Margarethe von Savoyen in ihren literarischen Beziehungen.
In:
Encomia-Deutsch
, Berlin 2002, S. 158?173 (
online (PDF)
).
- Gerhard Raff
:
Hie gut Wirtemberg allewege.
Band 1:
Das Haus Wurttemberg von Graf Ulrich dem Stifter bis Herzog Ludwig.
6. Auflage. Landhege, Schwaigern 2014,
ISBN 978-3-943066-34-0
, S. 317?325.
- Peter Ruckert
, Anja Thaller, Klaus Oschema:
Die Tochter des Papstes: Margarethe von Savoyen
. Begleitbuch und Katalog zur Ausstellung im Landesarchiv Baden-Wurttemberg. W. Kohlhammer, Stuttgart 2020,
ISBN 978-3-17-039341-7
.
- ↑
Die Tochter des Papstes: Margarethe von Savoyen.
In:
landesarchiv-bw.de.
Abgerufen am 9. April 2024
(VI. Konigin von Sizilien: Der italienische Traum).
- ↑
Nicole Bickhoff und Peter Ruckert:
Die Tochter des Papstes: Margarethe von Savoyen
. In:
Rundbrief des Wurttembergischen Geschichts- und Altertumsvereins
.
Nr.
30
, 2020,
S.
3?7; hier S. 4
.
- ↑
Die Tochter des Papstes: Margarethe von Savoyen.
In:
landesarchiv-bw.de.
Abgerufen am 9. April 2024
(VII. Kurfurstin von der Pfalz: Ein neues Leben).
- ↑
Daten nach Henrike Lahnemann:
Margarethe von Savoyen in ihren literarischen Beziehungen
, Berlin 2002, S. 160 (
online (PDF)
; abgerufen 29. Marz 2020).
- ↑
Peter Ruckert, Anja Thaller, Klaus Oschema:
Die Tochter des Papstes: Margarethe von Savoyen
. W. Kohlhammer, Stuttgart 2020, S. 78.
- ↑
Die Tochter des Papstes: Margarethe von Savoyen.
In:
landesarchiv-bw.de.
Abgerufen am 9. April 2024
.
- ↑
Nicole Bickhoff und Peter Ruckert:
Die Tochter des Papstes: Margarethe von Savoyen
. In:
Rundbrief des Wurttembergischen Geschichts- und Altertumsvereins
.
Nr.
30
, 2020,
S.
3?7; hier S. 5
f
.
- ↑
Ulrike Spyra, Maria Effinger:
Schwabische Werkstatt des Ludwig Henfflin
, UB-Heidelberg 03/2012; abgerufen 28. Marz 2020.
- ↑
Heinrich Steinhowel.
In:
Marburger Repertorium zur Ubersetzungsliteratur im deutschen Fruhhumanismus.
Abgerufen am 9. April 2024
.
- ↑
Niklas von Wyle.
In:
Marburger Repertorium zur Ubersetzungsliteratur im deutschen Fruhhumanismus.
Abgerufen am 9. April 2024
.
- ↑
Margarethe von Savoyen.
In:
Marburger Repertorium zur Ubersetzungsliteratur im deutschen Fruhhumanismus.
Abgerufen am 9. April 2024
.
- ↑
Peter Ruckert, Anja Thaller, Klaus Oschema:
Die Tochter des Papstes: Margarethe von Savoyen
. W. Kohlhammer, Stuttgart 2020, S. 13.
- ↑
Peter Ruckert, Anja Thaller, Klaus Oschema:
Die Tochter des Papstes: Margarethe von Savoyen
. W. Kohlhammer, Stuttgart 2020, S. 79.