Eine
Komodie
(im 15. Jahrhundert von gleichbedeutend
lateinisch
c?moedia
, dieses von
altgriechisch
κωμ?δ?α
k?m?dia
, vermutlich zu
κωμ?δ??
k?m?dos
?komischer Schauspieler“ und ?Lustspieldichter“, ursprunglich ?wer am Dionysosfest Spottlieder vortragt“, zusammengesetzt aus
κ?μο?
k?mos
?Gelage, Umzug, Festgesang“ und
?δ??
?dos
?Sanger“)
[1]
ist ein
Drama
mit oft erheiterndem Handlungsablauf, das fur den
Helden
glucklich endet
. Die unterhaltsame Grundstimmung entsteht durch eine ubertriebene Darstellung menschlicher Schwachen, die neben der Belustigung des Publikums auch kritische Zwecke haben kann.
Die Zuschauer fuhlen sich zu den Figuren auf der Buhne entweder hingezogen, weil sie sich in ihnen wiedererkennen, oder aber sie blicken auf sie herab und verlachen sie, weil sie Schwachen haben, die es zu vermeiden gilt, oder weil sie einer niederen Gesellschaftsschicht angehoren. Schwankt diese Haltung gegenuber den
komischen Figuren
, spricht man von einer
Tragikomodie
.
Das Charakteristikum des Heiteren wurde oft in den Vordergrund geruckt, um den Sachverhalt abzuschwachen, dass die Komodie die ?schlechteren Menschen“ (
Aristoteles
) auf die Buhne bringen sollte, seit der
Neuzeit
also nach allgemeiner Auffassung die nicht adligen burgerlichen Figuren.
Martin Opitz
erklarte etwa: ?Die Comedie bestehet in schlechtem wesen vnnd personen“ ? sie zeige also ?Knechte“ statt ?Potentaten“ (
Von der Deutschen Poeterey
, 1624). Im Zuge der burgerlichen
Emanzipation
gibt es seit dem 18. Jahrhundert Varianten der ?Komodie“, die kaum oder gar nicht heiter sind, aber burgerliches Personal haben, wie die
Opera comique
, die
Ruhrende Komodie
oder das
Ruhrstuck
.
Die heutige Komodie basiert auf der antiken griechischen Komodie, deren Anfange bis vor das 6. Jahrhundert vor Christus zuruckreichen. Das griechische Wort
Komodia
ist ein Kompositum aus
Komos
(Umzug) und
ado
(singen), also
singender Umzug
, und bezeichnet (so jedenfalls eine Forschungsmeinung) die ausgelassene Verehrung des Fruchtbarkeitsgottes
Dionysos
, dem die
Satyrn
und
Manaden
im Rausch folgten. Der
Dionysoskult
war so beliebt, dass er im 6. Jahrhundert zum Staatskult in
Athen
erhoben wurde. Die konkurrierende Ableitung des Wortes von griech.
kome
(Dorf) ist ein Produkt hellenistischer Gelehrsamkeit, die mit Spekulationen uber die Entstehung des Komos im Rahmen dorflicher Feste (der sogenannten landlichen
Dionysien
) zusammenhangt, aber sprachlich nicht haltbar ist.
Regelmaßige Urauffuhrungen von Komodien fanden vor allem in Athen statt, im Rahmen der Dionysosfeste, an denen alle vier Jahre vier Tage lang zu den großen Dionysien Auffuhrungen stattfanden. Am ersten Tag wurden funf Komodien aufgefuhrt, dann je drei Tragodien mit einem
Satyrspiel
am Ende.
Bei der attischen Komodie werden drei Phasen oder Epochen unterschieden: die
Alte Komodie
, deren bekanntester Autor
Aristophanes
ist, die
Mittlere Komodie
, von der nur Autorennamen, aber keine Theaterstucke erhalten geblieben sind, und die
Neue Komodie
, als deren bedeutendster Vertreter
Menander
gilt. Charakteristisch fur die
Alte Komodie
ist eine oft atzende Kritik an gesellschaftlichen und politischen Zustanden, verbunden mit Angriffen gegen lebende Personen, sowie eine meist nur locker gefugte Handlung, wahrend die
Neue Komodie
mehr von der
Komik
der dargestellten Handlung lebt. Die attischen Komodien, besonders die von Menander und seinen Zeitgenossen, wurden im 3. Jahrhundert v. Chr. auch in
Rom
bekannt und beliebt.
Siehe Hauptartikel:
Theater der romischen Antike (Abschnitt: Gattungen der Komodie)
.
Plautus
war der wohl produktivste lateinische Komodienautor. Wie neueste Forschungen nahelegen, griff er meist auf griechische Vorlagen zuruck. Seine am Publikumserfolg orientierten Stucke waren auch beim einfachen Volk beliebt. Er kultivierte den Typus des listigen kleinen Mannes, der sich gegen die Autoritaten mit Mutterwitz durchsetzt und zum Vorbild fur viele Figuren wie
Falstaff
,
Scapin
oder den
Truffaldino
der
Commedia dell’arte
wurde. Sein
Miles Gloriosus
, ein großspuriger Soldat, wurde als
stehende Rolle
zu einem Vorbild neuzeitlicher komischer Figuren. Von Plautus sind zwanzig Komodien einigermaßen vollstandig uberliefert. Daneben haben sich nur noch sechs weitere lateinische Komodien aus der Antike erhalten, namlich von
Terentius
(Terenz), der als der etwas vornehmere Komodiendichter gilt.
Die Themen der romischen Komodie sind unpolitisch, die Handlung uberschaubar und ihre Charaktere einfach. Die Autoren begannen sich mit neuen Formen und Stoffen auseinanderzusetzen. So findet sich beispielsweise beim
Mimus
ein Mischwerk, das
Epyllion
: Es verwendet als Form das an sich ?heroische“
hexametrische Versmaß
, wodurch eine ironische Distanz zum ganzlich unheroischen Inhalt entsteht und einen Teil des komischen Effekts bewirkt. So hatte schon
Theokrit
Verse geschrieben, in denen Hirten wahrend des Schafehutens im Versmaß der Heldendichtung sprechen.
Das
mittelalterliche Theater
musste sich noch nicht wie das neuzeitliche auf die antike Trennung zwischen Tragodie und Komodie berufen. Die verbreiteten
geistlichen Spiele
waren Mischformen aus ernsten und komischen Episoden. Teufelsszenen stellten etwa das Boshafte und Komische dar. Aus der Salbenkramerszene oder dem Wettlauf der Apostel im
Osterspiel
wurden ausgedehnte
Burlesken
.
Im ausgehenden Mittelalter entstanden auch weltliche Spiele, vor allem Schwanke, einfache Dialoge, maskierte Umzuge, die volksnahe Handlungen zur Belustigung der Zuschauer darstellen: Streitszenen, Gerichtsszenen, Eheszenen wie in den
Fastnachtsspielen
(
vasnaht
heißt ?Austreibung des Bosen“). Sie werden zur Quelle des
Volkstheaters
, das zu Varianten wie der
Commedia dell'arte
fuhrte. Dies belegt etwa die Entwicklung des Teufels
Hellekin
(aus dem Normannischen) zum
Harlekin
. Es ist eine gesamteuropaische Entwicklung. Erwahnenswert ist das Schweizer
Urner Tellenspiel
aus dem 15. Jahrhundert und Fastnachtsspiele, die den Papst und den
Ablasshandel
verspotten (etwa bei dem Berner Autor
Niklaus Manuel Deutsch
).
Die
Renaissance
orientierte sich wieder an den antiken Theoretikern. Vor allem die
Poetik
des
Aristoteles
und die Pisonenbriefe (
De arte poetica
) des
Horaz
wurden von den
Humanisten
in Bezug auf das Theater herangezogen. Die Stucke von
Lope de Vega
oder
Shakespeare
befinden sich dagegen noch am Ende der mittelalterlichen Tradition, in der es keine klare Abgrenzung zwischen Tragodie und Komodie gibt. Dies zeigt sich noch deutlicher um 1500 in
Fernando de Rojas
’ Tragikomodie
La Celestina
, die spater von
Max Frisch
in
Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie
aufgegriffen wird.
In England schuf
Shakespeare
seit Ende des 16. Jahrhunderts viele Komodien wie
Die Komodie der Irrungen
,
Verlorene Liebesmuh
,
Zwei Herren aus Verona
,
Ein Sommernachtstraum
,
Der Widerspenstigen Zahmung
. Oft liegen Scherz und Ernst dicht beieinander. Er war kein hofischer Literat, sondern Schauspieler, Regisseur, Autor und sogar Mitbesitzer des
Globe Theatre
. 1642 wurden in England alle Theaterauffuhrungen verboten, was einen Einbruch in der Entwicklung des Theaters bedeutete. Im spaten 17. Jahrhundert entstand dann die ?comedy of manners“, die Sitten- und Gesellschaftskomodie.
Um die gleiche Zeit, im
Siglo de Oro
, gab es auch in Spanien eine Hochblute des Theaters mit
Tirso de Molina
, Lope de Vega und gegen Ende
Pedro Calderon de la Barca
. Missverstandnisse, Intrigen, Verwirrungen, verbotene Liebe und Tauschung durch Masken sind die Mittel der beliebten Komodien.
In Italien entstand seit dem 16. Jahrhundert die
Commedia dell’arte
, die als
Stegreiftheater
gilt, weil einstudierte Dramen fur sie eine geringe Rolle spielten. Das italienische Wort
arte
bedeutet
Handwerk
, was anzeigte, dass es sich bei den Mitwirkenden um Berufsschauspieler handelte, deren Ausbildung unter anderem Sprechtraining, richtiges Gehen, Sitzen, Stehen und Fallen, sowie Fechten, Singen und Tanzen beinhaltete. Hinzu kamen haufig Gedachtnistraining, Stimmbildung und Benimmregeln. Die Figuren in den Stucken entsprachen den immer gleichen
Stereotypen
, die an ihrer Verkleidung erkennbar waren, wie
Dottore
,
Pantalone
,
Il Capitano
sowie ihre Widersacher und Helden, die
Zanni
. Das Publikum spielte auch eine Rolle durch seine Reaktionen. Die Auffuhrungen fanden auf Jahrmarkten statt, europaisches Zentrum war seit Ende des Jahrhunderts das
Pariser Jahrmarktstheater
. Die Komik ergab sich weniger aus einer Handlung mit Intrigen und Konflikten als aus den Situationen, etwa Fehltritte der Protagonisten wie Stolpern oder das falsche Aufsetzen eines Hutes. Von der
Commedia dell’arte
ist das europaische Theater bis Brecht, Giorgio Strehler und Dario Fo entscheidend beeinflusst worden.
Das
Barockzeitalter
ist vom Glanz des
Hoftheaters
gepragt. In der
franzosischen Klassik
entwickelte sich ein scharfer Gegensatz zwischen exklusivem hofischem und offentlichem burgerlichem Theater (das sich bemuhte, das hofische Theater zu kopieren). Auch wenn Tragodien auf den Jahrmarkten gespielt wurden, konnten sie nach allgemeiner Auffassung nur unfreiwillig komische Kopien des Hoftheaters sein, also Komodien. So entstanden die
Parodien
und
Travestien
im
Pariser Jahrmarktstheater
oder die
Haupt- und Staatsaktionen
. Zur Zeit der pragenden franzosischen Klassik war das Personal der
Tragodie
vorwiegend aristokratisch, das Personal der Komodie vorwiegend burgerlich (
Standeklausel
), wie es auch etwa
Martin Opitz
verlangte.
Jean-Baptiste Poquelin, bekannt als
Moliere
, war der Meister der hofischen Komodie. Er verspottete und kritisierte die Schwachen seiner Mitmenschen, bestimmter Berufsstande, intriganter Handlungsweisen und schuf Meisterwerke der Charakterkomodie. So half er dem Konig
Louis XIV
mit politischen Stellungnahmen wie in
Tartuffe
, dessen Spott sich gegen den
Klerus
richtet. Moliere schopfte aus der
Commedia dell'arte
und zog anfangs mit einem
Wandertheater
durch die Lande, bis er ein konigliches Monopol erhielt, aus dem sich spater die
Comedie-Francaise
entwickelte.
Don Juan
macht einen Adligen zur Hauptfigur in der Komodie, was sehr umstritten war, aber vor allem im 18. und 19. Jahrhundert große Anziehungskraft hatte. Das Schaffen Molieres hat
Ariane Mnouchkine
im 20. Jahrhundert mit ihrer Schauspielertruppe im Theatre du Soleil und in ihrem Film
Moliere (1978)
nachempfunden.
Gegenuber dem hofischen franzosischen Theater wirken die Komodien von
Andreas Gryphius
und Martin Opitz eher schwerfallig. Die
Hofe
im deutschen Sprachgebiet orientierten sich zwar an den italienischen Stadten und an Paris, doch sie konnten diese Vorbilder noch nicht annahernd erreichen.
Neben der hofischen Komodie gab es die ?
grotesken
“ Theaterformen des
Volks
oder ?
Dritten Standes
“. Solche groben Komodien wurden uber lange Zeit von Wandertheatern aufgefuhrt. Seit etwa 1600 begann in Europa allmahlich die Einrichtung fester Hauser, die aber meist weiter von wandernden englischen und italienischen Theatertruppen bespielt wurden. Seit etwa 1700 gewannen auch die
deutschen Wanderbuhnen
an Bedeutung.
Nach dem Tod des Sonnenkonigs 1715 begann sich die burgerliche Komodie allmahlich zu emanzipieren, so etwa das
Vaudeville
auf den Jahrmarkten. Musikalisierte Formen der Komodie wie
Opera buffa
und
Opera comique
gingen nicht mehr unbedingt von den Hofen aus. Im etwas ruckstandigen deutschen Sprachraum bemuhten sich Theaterreformer wie
Johann Christoph Gottsched
und
Caroline Neuber
aber stets noch um eine Angleichung an das hofische Theater der franzosischen Klassik, fuhrten die Tragodie ins burgerliche Theater ein und versuchten, den
Hanswurst
der
Stegreifkomodie
zur zivilisierten und literarisierten Figur zu machen.
Gottsched verkundete im 11. Kapitel seiner Theaterschrift
Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen
, dass die Spaßmacherei minderwertig sei, indem er die Komodie definierte als ?Nachahmung einer lasterhaften Handlung, die durch ihr lacherliches Wesen den Zuschauer belustigen, aber zugleich erbauen kann“. Seine Frau
Luise Adelgunde Victorie Gottsched
schuf allerdings mit ihrem 1736 anonym erschienenen Werk
Die Pietisterey im Fischbein-Rocke
eine Komodie.
[2]
Die Einfuhrung der hofischen Tragodie ins burgerliche Theater scheiterte, aber aus solchen Reformbemuhungen ergab sich unter anderem die schriftlich fixierte
Posse
als Weiterentwicklung des komodiantischen Stegreiftheaters.
Ein bedeutender Autor der nach wie vor maßgeblichen Comedie-Francaise war
Marivaux
in der Nachfolge Molieres. Seine Stucke behandeln vor allem das Thema der Liebe und Intrige, sind leicht geschrieben und thematisieren oft Standesunterschiede zwischen den Liebenden. Die Uberbruckung von
Standesgrenzen
durch Liebe wird von ihm allerdings noch nicht befurwortet. Bei
Beaumarchais
tritt dann deutlicher eine vorrevolutionare Sozialkritik hervor.
Auch außerhalb Frankreichs wurde die Komodie nun literarisiert, etwa durch den Danen
Ludvig Holberg
und den Italiener
Carlo Goldoni
. Ein haufiges Thema ist das Verhaltnis ?Herr und Diener“, das nicht nur in
Der Diener zweier Herren
von Goldoni thematisiert wird, sondern ein wichtiges Thema der
Aufklarung
ist und in
Hegels
Uberlegungen zu
Herrschaft und Knechtschaft
mundet (die wiederum von Brecht in
Herr Puntila und sein Knecht Matti
aufgegriffen werden). Der große Erfolg auf der Opernbuhne ist
Pergolesis
Intermezzo
La serva padrona
. Der Venezianer
Carlo Gozzi
beruft sich wieder auf die Tradition der
Commedia dell'arte
und ubt mit seinen
Feerien
großen Einfluss auf Musik und Literatur des 20. Jahrhunderts aus (wie etwa auf Dario Fo).
Weil das Burgerliche nach der gangigen Abgrenzung zwischen Tragodie und Komodie von vornherein lacherlich war, was die burgerlichen Theaterganger vor den Kopf stieß, entwickelten sich Formen der Komodie, die sich gegenuber der
Posse
abzugrenzen bemuhten, auch Formen der Komodie, die gar nicht heiter, sondern sentimental bis tragisch waren. Ein Pionier des ernsten, aber nicht tragischen burgerlichen Theaters war
Denis Diderot
. Seine Theorien hatten großen Einfluss, aber seine Theaterstucke konnten sich nicht durchsetzen.
Erfolg im Sinne Diderots hatte dagegen
Gotthold Ephraim Lessing
, der die Theaterpraxis von Grund auf kannte und sich auch theoretisch mit ihr beschaftigte. Letzteres geschah besonders in seiner 1767/68 verfassten
Hamburgischen Dramaturgie
, in der er sich mit dem aktuellen Theater, der aristotelischen Theorie des Dramas und der Auffuhrungspraxis der franzosischen Klassiker auseinandersetzte. Er forderte Wahrhaftigkeit in Bezug auf die Handlung wie auch auf die Personen. Fur ihn ist die Komodie ein ?Spiegel des menschlichen Lebens“, womit er sich gegen unrealistische Situationskomik wandte. In seiner Jugend schrieb Lessing mehrere Lustspiele, bekannt ist aber wohl nur
Minna von Barnhelm
, das Stuck, das er bewusst als ?
Lustspiel
“ bezeichnete. Die Dichter des
Sturm und Drang
und der junge
Goethe
schrieben vorsichtig gesellschaftskritische Lustspiele.
Parodien
,
Satiren
, Scherzspiele wandten sich gegen Missstande der Zeit.
Die
Franzosische Revolution
brachte den Untergang des exklusiven Hoftheaters und damit auch der strengen Teilung zwischen Tragodie und Komodie. Zugleich geschah eine Kommerzialisierung des Theaters. Es entstanden zahlreiche Mischformen wie das
Ruhrstuck
, die
Opera semiseria
oder das
Melodrama
, das komische Elemente und ein gluckliches Ende haben konnte, aber uberwiegend ernst war. An der Wende zum 19. Jahrhundert stehen die Komodien von
August Wilhelm Iffland
und
August von Kotzebue
, die leicht und unterhaltsam sind, wobei Kotzebues Komodie
Die deutschen Kleinstadter
noch heute aktuell sein kann und relativ haufig gespielt wird.
In dieser Zeit entstand in Frankreich auch das
Boulevardtheater
(so genannt nach dem Ort seiner Entstehung, dem
Boulevard du Temple
in Paris), das sich bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 weit verbreitete und seit den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts durch die uberall entstehenden kleinen Theater, Privattheater oder Zimmertheater eine Renaissance erlebte.
Da es die Normen des Hoftheaters nicht mehr gab, musste das Theater neu definiert werden. Darin versuchte sich eine
Literaturkritik
und spater eine akademische
Literaturwissenschaft
. Oft wurde die populare
Posse
nicht als Komodie anerkannt.
Gustav Freytag
behauptete noch 1863, dass sich die Komodie erst neu formiert haben werde, wenn darin ?Schwache der Fursten, […] Hochmuth des
Junkerthums
“
[3]
dargestellt wurden.
Die deutsche
Romantik
sei eher arm an Komodien, so wurde manchmal behauptet, obwohl ihre Dichter Meister der
Satire
und
Ironie
sind.
Ludwig Tieck
hat interessante, aber fur die Theaterpraxis unpraktische Stucke geschrieben.
Christian Dietrich Grabbe
,
Karl Ferdinand Gutzkow
und
Heinrich Laube
sind als Lustspieldichter durchaus anzuerkennen. Mit den osterreichischen Schriftstellern
Franz Grillparzer
, der noch in der Lustspieltradition steht,
Ferdinand Raimund
und
Johann Nestroy
, die an Vorbilder des kommerziellen franzosischen und zuweilen auch englischen Theaters anknupfen, erreichte die deutschsprachige Komodie einen mittlerweile anerkannten Hohepunkt.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts behauptete die Komodie
Der zerbrochne Krug
von
Heinrich von Kleist
ihren literarischen Rang, sein Theaterstuck
Amphitryon
ist eher eine
Tragikomodie
. In Anlehnung an die Leichtigkeit der franzosischen Literatur ist
Georg Buchner
mit
Leonce und Lena
eine romantische Komodie gelungen, die eine große Wirkung auf das Theater des 20. Jahrhunderts hatte. In Anbetracht der Tatsache, dass dieses Jahrhundert die Dialekte oder Mundarten entdeckt, sind die Spielarten der lokalen Komodie, auch der
Lokalposse
in Deutschland zu erwahnen, die haufig vernachlassigt werden. Unvergesslich ist zum Beispiel
Ernst Elias Niebergall
, dessen
Datterich
im hessischen Dialekt durchaus politische Zuge tragt.
Gerhart Hauptmanns
Der Biberpelz
zeigt die Wandlung der Komodie zur Milieuschilderung am Ende des 19. Jahrhunderts, wie es noch spater bei
Carl Zuckmayer
in seinem Drama
Der Hauptmann von Kopenick
zum Ausdruck kommt.
Paris blieb durch die Große der Stadt und daher durch das Publikumsvolumen das Theaterzentrum Europas. Hier erlebt die Komodie durch
Alfred de Musset
,
Alfred de Vigny
,
Alexandre Dumas
,
Eugene Scribe
(
Das Glas Wasser
) einen großen Aufschwung.
Victorien Sardous
Madame sans gene
aus der Zeit von
Napoleon
wird heute noch oft gespielt. Besonders die kleinen Privatbuhnen feiern Erfolge mit dem
Boulevardstuck
, bei dem sich das Publikum vor allem uber die Unzulanglichkeiten anderer, uber Intrigen und Wortspiele amusiert.
Georges Feydeau
und
Eugene Labiche
waren Meister dieses
Genres
, das oft als oberflachlich gilt. Die leichte Unterhaltung beherrschte die Spielplane Europas.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts brillierte
Oscar Wilde
mit seinen Komodien (
Ein idealer Gatte
), die oft als
Konversationsstucke
bezeichnet werden, auf den Buhnen Englands und spaterhin Europas. Nicht zu vergessen ist das russische Theater mit Autoren wie
Nikolaj Gogol
, dessen Theaterstucke
Der Revisor
oder
Die Heirat
zu den meistgespielten Komodien gehoren. Auch
Iwan Turgenew
ist als Komodiendichter bedeutend,
Alexander Nikolajewitsch Ostrowski
ist vor allem durch die Komodie
Der Wald
bekannt.
Die erfolgreichen Komodien des Unterhaltungstheaters und die literarisch angesehenen Buhnenstucke gehen im 20. Jahrhundert endgultig getrennte Wege. Als Komodien werden nun oft Stucke bezeichnet, die nicht eigentlich lustig sind, sondern im aristotelischen Sinn den Menschen in seiner Lacherlichkeit, Wurdelosigkeit, Absurditat zeigen. Die Regel, dass die Komodie burgerliches und die Tragodie aristokratisches Personal prasentieren mussten, wird nun endgultig durchbrochen. In
Hugo von Hofmannsthals
Der Schwierige
oder
Fritz von Herzmanovsky-Orlandos
Kaiser Joseph und die Bahnwarterstochter
treten auch Adlige als komische Hauptfiguren auf.
Als Lustspieldichter ist Hugo von Hofmannsthal wohl weniger bekannt als als Poet oder Theoretiker (
Chandos-Brief
), aber nicht nur seine Opern-
Libretti
, sondern auch seine Komodien
Der Schwierige
oder
Cristinas Heimreise
zeigen, dass Lustspiele einen ernsthaften Hintergrund haben und dennoch heiter gestaltet sein konnen. Er betrachtete das Lustspiel als besonders schwierige Dichtungsart.
Die
Avantgarde
wies der Komodie neue Wege. Das 19. Jahrhundert endete diesbezuglich mit einem Donnerschlag: In Paris rulpst
Konig Ubu
im Jahr 1896:
merdre
[4]
(?Schreiße“). Der endgultige Bruch mit der
Regel
der
bienseance
(Schicklichkeit) war moglich geworden, und eine (wenn auch stilisierte) adlige Figur konnte zur ungehobelten Komodienfigur werden. Deren Schopfer
Alfred Jarry
leitete damit die Ara des grotesken Theaters ein. Eine Generation spater folgten
Antonin Artaud
, der Schopfer des
Theaters der ?Grausamkeit“
, und
Andre Breton
, der Verfasser des Manifestes des
Surrealismus
.
Boris Vian
,
Eugene Ionesco
,
Jean Genet
,
Michel de Ghelderode
,
Fernando Arrabal
und viele andere (bis hin zum Filmemacher
Rainer Werner Fassbinder
) sind von Jarry beeinflusst, auch die alternative Theaterszene in Europa und besonders das
Absurde Theater
. War im 19. Jahrhundert noch der
ennui
(die Langeweile, der Uberdruss) das große Thema, so ist es im 20. Jahrhundert ? vor allem in den Großstadten ? die Lust am Extremen, Hasslichen, Grausamen, Widerspruchlichen, Krankhaften, Unkonventionellen. Das Lachen erstickt im
schwarzen Humor
.
Auch in Russland machte sich eine Art Burgerschreck auf, um Politiker und Medien zu provozieren:
Wladimir Majakowski
, der die
Oktoberrevolution
als sein Werk bezeichnete und im
Mysterium buffo
(1918) auf satirische Weise eine Art Welttheater aus proletarischer Sicht auffuhrte. Sein Einfluss auf
Erwin Piscator
,
Sergej Michailowitsch Eisenstein
und
Bertolt Brecht
ist nicht zu unterschatzen. Die avantgardistischen Komodien von
Daniil Charms
wurden erst am Ende des 20. Jahrhunderts der Offentlichkeit zuganglich. Der polnische Dichter
Sławomir Mro?ek
findet mit seinen grotesken Stucken viel Anklang in Europa.
Witold Gombrowicz
hat mit seiner ?Tragifarce“
Yvonne, Prinzessin von Burgund
ein Meisterwerk der Groteske geschaffen, auch
Tadeusz Ro?ewicz
(
Die Kartothek
) steigert das Ironische und Groteske ins Satirische und ist einer der bedeutendsten Autoren des absurden Theaters.
In Westeuropa sind Franzosen und Belgier Meister des absurden Theaters, aber auch
Federico Garcia Lorca
hatte Erfolg mit seinem Theaterstuck
Die wundersame Schustersfrau
. Nicht zu vergessen
Samuel Beckett
, der Franzosisch und Englisch gleichermaßen beherrschte, und in seinem Werk
Warten auf Godot
wohl das wichtigste Werk des absurden Theaters verfasste. Komisch, grotesk und absurd sind viele Stucke von
Eugene Ionesco
, dessen Stucke
Die Unterrichtsstunde
und
Die kahle Sangerin
seit uber 40 Jahren im
Theatre de la Huchette
Paris Abend fur Abend gespielt werden. Die Komodien von
Sacha Guitry
,
Jean Anouilh
und
Jean-Paul Sartre
dominierten jahrelang die Theaterspielplane.
siehe auch:
Astracan
, Spanien
In fast ganz Europa belebte der Ire
George Bernard Shaw
die Komodiendichtung:
Satire
,
Ironie
und hintergrundiger
Humor
sind Charakteristika seiner Stucke, aber sie haben auch die Leichtigkeit von Konversationsstucken. Eines der bekanntesten, das auch heute noch gespielt wird, ist wohl
Pygmalion
, das die Vorlage fur das
Musical
My Fair Lady
abgegeben hat. Auch
John M. Synge
(
Der Held der westlichen Welt
),
T.S. Eliot
und
Christopher Fry
stehen in der angelsachsischen Tradition der europaischen Lustspieldichtung. In Italien erweckte
Luigi Pirandello
die Komodie zu neuem Leben, vor allem mit seinem Stuck
Sechs Personen suchen einen Autor
, in dem sich Sein und Schein begegnen, und mit dem weniger gespielten Stuck
Heinrich IV.
in dem es um Wahnsinn und Wirklichkeit geht.
Dario Fo
erneuerte die sozialkritischen Zuge in der italienischen Komodie.
Eine gesellschaftskritische Schweizer Variante der Komodie etablierte sich durch die Schriftsteller
Max Frisch
(
Biedermann und die Brandstifter
) und
Friedrich Durrenmatt
(
Die Physiker
). Der hintergrundige, oft makabre Wiener Humor zeigt sich auch im spateren 20. Jahrhundert in den Stucken
Thomas Bernhards
und in den skurrilen Sprachspielen von
Werner Schwab
.
- Nach der Form
- Charakterkomodie
: eine einzelne Person steht im Vordergrund (
Der Schwierige
von
Hugo von Hofmannsthal
,
Der Geizige
von
Jean-Baptiste Moliere
).
- Typenkomodie
: charakterisiert durch ein typisiertes, durch wiederkehrende Masken, Gestik oder Kostume erkennbares Rollenpersonal (
Commedia dell’arte
).
- Situationskomodie
: Verwicklung der Handlungsstrange, Verkettung uberraschender Umstande oder Intrigen (
Der zerbrochne Krug
von
Heinrich von Kleist
); siehe auch:
Sitcom
- Konversationsstuck
: spielt in hoheren Gesellschaftskreisen und lebt von der geistreichen Konversation. Autoren sind etwa
Eugene Scribe
,
Victorien Sardou
,
Sacha Guitry
,
George Bernard Shaw
. Stuckbeispiele sind
The Importance of Being Earnest
von
Oscar Wilde
,
Scrupules
(
Der Dieb
), von
Octave Mirbeau
,
Dr. med. Hiob Pratorius
von
Curt Goetz
.
- Nach dem Inhalt
- Intrigenkomodie
:
Die lustigen Weiber von Windsor
von
William Shakespeare
.
- Satirisch-gesellschaftskritische Komodie
:
Die Hose
von
Carl Sternheim
,
Les affaires sont les affaires
(
Geschaft ist Geschaft
), von
Octave Mirbeau
(1903).
- Groteske
(benannt nach der Verhaltensweise der sozial niedrig stehenden Figuren, im Unterschied zu ?nobel“): typisch sind grausige, bizarre Situationen, die lacherlich dargestellt sind (
Der Besuch der alten Dame
und
Die Physiker
von
Friedrich Durrenmatt
,
Die Kleinburgerhochzeit
von
Bertolt Brecht
,
Biedermann und die Brandstifter
von
Max Frisch
,
Uberlebensgroß Herr Krott
von
Martin Walser
).
- Boulevardkomodie
(
Das Haus in Montevideo
von
Curt Goetz
,
Komodie im Dunkeln
von
Peter Shaffer
,
Omelette Surprise (Komodie)
von
Axel von Ambesser
). Diese Form ist als Gegensatz zur klassischen Komodie im 18. Jahrhundert in Paris entstanden und wird dann besonders erfolgreich im 19. Jahrhundert.
- Untertypen
- Helmut Arntzen:
Die ernste Komodie. Das deutsche Lustspiel von Lessing bis Kleist.
Munchen 1968.
- Helmut Arntzen (Hrsg.):
Komodiensprache. Beitrage zum deutschen Lustspiel zwischen dem 17. und dem 20. Jahrhundert.
Munster 1988.
- Kurt Brautigam:
Europaische Komodien. Dargestellt an Einzelinterpretationen.
Frankfurt am Main 1964.
- Bernhard Greiner:
Die Komodie
. Tubingen 1992.
- Walter Hinck (Hrsg.):
Die deutsche Komodie. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart.
Dusseldorf 1977.
- Volker Klotz
, Andreas Mahler, Roland Muller, Wolfram Nitsch, Hanspeter Plocher:
Komodie: Etappen ihrer Geschichte von der Antike bis heute
, Frankfurt am Main: S.Fischer, 2013
- Helmut Prang:
Geschichte des Lustspiels. Von der Antike bis zur Gegenwart
(=
Kroners Taschenausgabe
.
Band 378). Kroner, Stuttgart 1968,
DNB
457841362
.
- Moraw/Nolle (Hrsg.):
Die Geburt des Theaters in der griechischen Antike
. Mainz 2002.
- G.E. Lessing:
Hamburgische Dramaturgie
. Stuttgart 1963.
- Georg Hensel:
Spielplan
. Stuttgart 1975.
- Wolfgang Kayser:
Das sprachliche Kunstwerk
. Bern 1948.
- ↑
Komodie
. In:
Wolfgang Pfeifer
et al.:
Etymologisches Worterbuch des Deutschen
. Digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer uberarbeitete Version im
Digitalen Worterbuch der deutschen Sprache
. 1993.
- ↑
Wolfgang Martens: Nachwort, in: Luise Adelgunde Victorie Gottsched (1736): Die Pietisterey im Fischbein-Rocke, hrsg. von Wolfgang Martens. Stuttgart: Reclam 2010.
- ↑
Gustav Freytag:
Die Technik des Dramas
. Hirzel, Leipzig 1863, Vorwort.
- ↑
fr.wiktionary.org