Ismail Haniyya

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Ismail Haniyya (2022)

Ismail Haniyya , oft Ismail Haniyeh oder Ismail Hanija [1] ( arabisch ??????? ????   Isma’il Haniya , DMG Ism???l Haniyya oder ??????? ??? ?????? ???? ???? , DMG Ism???l ?Abd as-Sal?m A?mad Haniyya [oder Han?ya] ; * 29. Januar 1963 im Fluchtlingslager asch-Schati bei Gaza-Stadt im Gazastreifen ), war von Marz 2006 bis Juni 2007 Ministerprasident der Palastinensischen Autonomiegebiete . Er zahlt zu den funf wichtigsten politischen Fuhrern der palastinensischen islamistischen Terrororganisation Hamas . Seit 2017 ist er Chef der Hamas. Am 1. August 2021 wurde er vom Schura-Rat fur weitere vier Jahre im Amt bestatigt. Seit 2019 halt er sich in der Turkei und in Katar auf.

Seine Eltern mussten wahrend des Palastinakriegs 1948 in das Fluchtlingslager asch-Schati bei Gaza-Stadt fliehen, wo er aufwuchs und bis zu seiner Ausreise 2018 lebte. Haniyya besuchte eine Schule der Vereinten Nationen in Gaza und studierte bis 1987 an der Islamischen Universitat Gaza arabische Literatur . Dort kam er in Kontakt mit radikalen Unabhangigkeitsbewegungen.

1987 und 1988 wurde er jeweils wegen der Teilnahme an der ersten Intifada zu kurzeren Haftstrafen verurteilt. 1989 wurde Haniyya schließlich zu drei Jahren Haft verurteilt und 1992 zusammen mit anderen fuhrenden Hamas-Mitgliedern wie Abd al-Aziz ar-Rantisi und Mahmud az-Zahar in den Sudlibanon deportiert.

Nach seiner Ruckkehr 1993 wurde er zum Dekan der Philosophischen Fakultat der Islamischen Universitat ernannt. 1997 wurde er Burochef Scheich Ahmad Yasins , des geistigen Fuhrers der Hamas, und Verbindungsmann der Hamas zur palastinensischen Autonomiebehorde . Im Marz 2004 uberlebte er die Totung Yasins durch die israelische Armee . Nachdem im folgenden Monat auch Yasins Nachfolger ar-Rantisi liquidiert wurde, beschloss die Hamas, den Namen ihres neuen Fuhrers in Gaza geheim zu halten. Palastinensische Quellen sprechen aber davon, dass Haniyya zusammen mit az-Zahar und Sayyid as-Sayyam eine Dreierspitze bildet. Bei den Wahlen in den palastinensischen Autonomiegebieten 2006 war er Spitzenkandidat der Hamasliste.

Haniyya gilt als relativ pragmatische Figur innerhalb der Hamas. So war er schon fruh bestrebt, die Hamas in die palastinensische Befreiungsorganisation PLO einzubinden. Er bemuht sich nachhaltig um eine Koalitionsregierung mit der Fatah-Bewegung von Palastinenserprasident Abbas . Am Abend des 21. Februar 2006 wurde Haniyya von Prasident Abbas auf Vorschlag der Hamas zum neuen Ministerprasidenten der Palastinensergebiete ernannt. Nach ungesicherten Berichten soll Haniyya von Abbas ein Schreiben erhalten haben, in dem die neue hamasgefuhrte Regierung aufgefordert wird, samtliche mit Israel getroffenen Friedensvertrage und Absprachen einzuhalten.

Daraufhin erklarte Haniyya seine grundsatzliche Bereitschaft zur Anerkennung Israels fur den Fall, dass Israel sich auf die Grenzen von 1967 zuruckzieht. Außerdem solle das Ruckkehrrecht fur palastinensische Fluchtlinge festgeschrieben werden. Nach heftigen Protesten innerhalb der Hamas relativierte Haniyya seine Außerungen und sprach anstatt einer Friedenslosung nur noch von einem dauerhaften Waffenstillstand. Am 29. Marz 2006 wurde er zum Ministerprasidenten ernannt und stellte seine Regierung vor.

Ismail Haniyeh bei einem Arbeitstreffen mit Numan Kurtulmu? , Parteivorsitzender der turkischen Halkın Sesi Partisi , 2012

Um den internationalen Boykott der Hamas-Regierung und das damit verbundene Finanzembargo des Westens zu beenden, verhandelten Hamas und Fatah seit dem Herbst 2006 uber die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit. Haniyya erklarte daraufhin seine Bereitschaft zum Rucktritt, falls durch diesen eine Aufhebung der Sanktionen erreicht werden konnte. Als sein Nachfolger war Muhammad Schabir im Gesprach. Haniyya blieb jedoch bis zum 15. Juni 2007 im Amt. An diesem Tag wurde er von Prasident Mahmud Abbas entlassen, weil dieser in Ministerprasident Haniyya den Hauptschuldigen fur den Burgerkrieg zwischen der Hamas und der Fatah sah. Abbas ernannte den bisherigen Finanzminister Salam Fayyad zum Ministerprasidenten einer Notstands-Regierung.

Im Vergleich zu den anderen Fuhrern der Hamas wird Haniyya dem eher gemaßigten Flugel zugeordnet. Er soll keine Verbindung zu den Militanten haben. Haniyya gilt als der Mann, der die Hamas fuhren konnte, falls der radikale und militante Flugel die Macht verlieren sollte.

Im August 2009 außerte sich Haniyya kompromisslos hinsichtlich der Anerkennung Israels: ?Hamas will never recognize the Zionist entity […] and [will] continue the resistance until liberating the land and the holy sites“ (?Hamas wird das zionistische Gebilde niemals anerkennen […] und [wird] den Widerstand fortsetzen, um das Land und die Heiligen Statten zu befreien“). [2] Dagegen erklarte er im Dezember 2010 im Namen der Hamas, dass seine Organisation einen palastinensischen Staat in den Grenzen von 1967 akzeptieren wurde. Zudem wurde sie ein Referendum uber ein Friedensabkommen respektieren, sofern die Mehrheit aller Palastinenser dafur stimme. [3]

Anfang Mai 2011 unterschrieb Haniyya gemeinsam mit Mahmud Abbas ( Fatah ) zur Uberraschung vieler ein Versohnungsabkommen, das eineinhalb Jahre zuvor die agyptische Fuhrung in Auftrag der Arabischen Liga aufgesetzt hatte. Vor allem die Hamas hatte sich gegen eine Unterzeichnung gewehrt. Beide Fraktionen planten vor der Parlamentswahl 2012 eine gemeinsame Ubergangsregierung zu bilden. Palastinensische Politikexperten fuhrten diesen Schritt auf die arabischen Aufstande seit Beginn des Jahres 2011 zuruck. [4]

Am 11. Februar 2012 nahm Haniyya an den Feiern zum 33. Jahrestag der Islamischen Revolution in Teheran teil. [5]

Die enge Kooperation von Ismail Haniyya mit Recep Tayyip Erdo?an wurde erstmals 2012 in den Medien thematisiert. [6] [7] [8] [9]

Als Anfang November 2013 die Hamas die Waffenruhe aufkundigte und Raketen auf israelischem Territorium einschlugen, wurde von Zachi Ha-Negbi , dem Vorsitzenden des Außen- und Verteidigungsausschusses der Knesset , Haniyyas ?Eliminierung“ angedroht: Falls die Hamas wieder Selbstmordattentate in Israel begehe, sei der Regierungschef vogelfrei . [10]

Im Mai 2017 wahlte die Schura Haniyya, bisher Stellvertreter des Hamas-Politburo-Vorsitzenden Chalid Maschal , zum neuen Vorsitzenden ihres politischen Buros.

Im Dezember 2017 rief Haniyya als Reaktion der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch US-Prasident Donald Trump zu einer dritten Intifada auf. [11]

Im Januar 2018 setzten die Vereinigten Staaten Haniyya auf ihre Liste globaler Terroristen. [12]

Seit 2019 halt er sich in der Turkei und in Katar auf und steuert von dort aus die politischen Aktivitaten der Hamas. [13] [14]

Im Mai 2024 beantragte der Chefanklager des Internationalen Strafgerichtshofs , Karim Khan , einen Haftbefehl gegen Haniyya und warf ihm aufgrund des Terrorangriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 unter anderem ?Ausrottung“ sowie Mord, Geiselnahme, Vergewaltigungen und Folter als Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Falls das Gericht dem Antrag entsprechen sollte, ware Katar zur Auslieferung Haniyyas verpflichtet. [15] [16]

Ehe und Familie

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Haniyya ist verheiratet und hat dreizehn Kinder. [17]

Haniyehs Schwestern Kholidia, Laila und Sabah sind israelische Staatsburgerinnen und leben in der Beduinenstadt Tel Scheva im Suden Israels. [18] Einige der Kinder der drei Schwestern haben in den Israelischen Verteidigungsstreitkraften gedient. [18] Anfang 2012 gaben die israelischen Behorden einem Ersuchen von Haniyehs Schwester, Suhila Abd el-Salam Ahmed Haniyeh, und ihrem schwer kranken Ehemann statt, zu einer dringenden Herzbehandlung zu reisen, die in Krankenhausern in Gaza nicht durchgefuhrt werden konnte. [19] Nach erfolgreicher Behandlung im Rabin Medical Center in Petah Tikva , Israel, kehrte das Paar nach Gaza zuruck. [19]

Im Oktober 2023, nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und dem Beginn des Kriegs in Israel und Gaza , wurden 14 Mitglieder seiner Familie bei einem israelischen Luftangriff auf das Haus seiner Familie in Gaza-Stadt getotet, darunter ein Bruder und ein Neffe. [20] Im November 2023 wurde Berichten zufolge eine Enkelin von ihm bei einem israelischen Luftangriff in Gaza-Stadt getotet. [21] Spater im selben Monat wurde sein altester Enkel bei einem israelischen Angriff getotet. [22] Im Marz 2024 nahm die israelische Polizei in Tel Scheva eine seiner Schwestern wegen des Vorwurfs, ?Kontakt mit Hamas-Aktivisten unterhalten zu haben“ fest. In einer Polizeimitteilung hieß es, sie identifiziere sich mit einer Terrororganisation und werde der Hetze und Unterstutzung von Terroranschlagen in Israel beschuldigt. [23] Im April 2024 wurden drei seiner Sohne und drei Enkelkinder durch einen israelischen Luftangriff getotet. Haniyya erklarte, er danke Gott fur die Ehre ihres Martyrertums . [24] [25]

  • Martin Doerry & Christoph Schult: Wir wollen Ruhe und Stabilitat . In: Der Spiegel . Nr.   24 , 2006 ( online – Interview mit Ismail Haniyeh).
  • Ismail Hanija  in: Internationales Biographisches Archiv 37/2012 vom 11. September 2012, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
Commons : Ismail Haniyeh  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Verfassungsschutzbericht 2022. In: Bundesministerium des Innern und fur Heimat . 2022, S. 221 , abgerufen am 20. Mai 2024 (ISSN: 0177-0357; Artikelnummer: BMI23007).
  2. Saed Bannoura: ?Haniyya: 'Hamas will never recognize the Zionist entity'“. In: imemc.org. 14. August 2009, archiviert vom Original am 18. August 2009 ; abgerufen am 20. Mai 2024 (englisch).
  3. Inge Gunther: Sanfte Tone aus dem Gazastreifen. In: Frankfurter Rundschau . 24. Januar 2019, abgerufen am 20. Mai 2024 .
  4. Clemens Verenkotte: Das Ende von "vier schwarzen Jahren". In: tagesschau.de . 4. Mai 2011, archiviert vom Original am 7. Mai 2011 ; abgerufen am 20. Mai 2024 .
  5. "Der Iran beugt sich nicht dem Druck von außen". In: N24 . 11. Februar 2012, archiviert vom Original am 12. Februar 2012 ; abgerufen am 20. Mai 2024 .
  6. Christoph Sydow : Warum Erdogan die Hamas hofiert. In: Der Spiegel . 4. Januar 2012, abgerufen am 20. Mai 2024 .
  7. Susanne Knaul: Hamas sucht ein neues Zuhause. In: Die Tageszeitung . 5. Februar 2012, abgerufen am 20. Mai 2024 .
  8. Hans-Christian Roßler: Schmerzhafte Hautungen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung . 21. Februar 2012, abgerufen am 20. Mai 2024 .
  9. Kersten Knipp: Katar, die Hamas und der neue Nahe Osten. In: Deutsche Welle . 24. Oktober 2012, abgerufen am 20. Mai 2024 .
  10. Israel droht Hanija mit Ermordung. In: Focus Online . 12. November 2013, abgerufen am 20. Mai 2024 .
  11. Hamas ruft zu "neuer Intifada" auf. In: Deutsche Welle. 7. Dezember 2017, abgerufen am 20. Mai 2024 .
  12. Pierre Heumann: Trump erklart Hamas-Chef zum globalen Terroristen. In: Handelsblatt . 1. Februar 2018, abgerufen am 20. Mai 2024 .
  13. Gazastreifen: Hamas bestatigt ihren Chef Hanija im Amt. In: RedaktionsNetzwerk Deutschland . 2. August 2021, abgerufen am 20. Mai 2024 .
  14. Nidal Al-Mughrabi: Haniyeh re-elected as chief of Palestinian Islamist group Hamas. In: Reuters . 1. August 2021, abgerufen am 20. Mai 2024 (englisch).
  15. tagesschau.de: Strafgerichtshof: Haftbefehle gegen Netanyahu und Hamas-Chef beantragt. 20. Mai 2024, abgerufen am 28. Mai 2024 .
  16. Statement of ICC Prosecutor Karim A.A. Khan KC: Applications for arrest warrants in the situation in the State of Palestine. International Criminal Court, 20. Mai 2024, abgerufen am 20. Mai 2024 .
  17. Doron Peskin: Hamas got rich as Gaza was plunged into poverty. In: Ynetnews . 15. Juli 2014, abgerufen am 20. Mai 2024 (englisch).
  18. a b Tim Butcher: Hamas leader's three sisters live secretly in Israel as full citizens. In: The Daily Telegraph . 2. Juni 2006, archiviert vom Original am 4. Juli 2016 ; abgerufen am 20. Mai 2024 (englisch).
  19. a b Hamas PM’s brother-in-law treated in Israeli hospital. In: al-Arabiya . 8. August 2012, abgerufen am 20. Mai 2024 (englisch).
  20. Gianluca Pacchiani: Israel strikes Gaza home of Hamas political leader-in-exile, killing 14. In: The Times of Israel . 17. Oktober 2023, abgerufen am 20. Mai 2024 (englisch).
  21. Granddaughter of Hamas chief Haniyeh reportedly killed in Gaza. In: The Times of Israel. 10. November 2023, abgerufen am 20. Mai 2024 (englisch).
  22. Einav Halabi: Palestinian media: Ismail Haniyeh's grandson killed in IDF attack in Gaza. In: Ynetnews. 21. November 2023, abgerufen am 20. Mai 2024 (englisch).
  23. Warum die Schwester des Hamas-Chefs in Israel lebt ? und nun festgenommen werden musste. In: Judische Allgemeine . 1. April 2024, abgerufen am 20. Mai 2024 .
  24. Ismail Haniyyeh: Sohne von Hamas-Chef im Gazastreifen durch Luftangriff getotet . In: Der Spiegel . 11. April 2024, ISSN   2195-1349 ( spiegel.de [abgerufen am 12. April 2024]).
  25. Richard C. Schneider: (S+) Israel: Der todliche Angriff auf die Sohne von Hamas-Chef Ismail Haniyyeh konnte die Verhandlungen ausbremsen . In: Der Spiegel . 11. April 2024, ISSN   2195-1349 ( spiegel.de [abgerufen am 12. April 2024]).