Ministerprasident

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Als Ministerprasident oder Premierminister wird im Allgemeinen das offentliche Amt des Regierungschefs in parlamentarischen oder semiprasidentiellen Staaten bezeichnet. Historisch hat sich die Bezeichnung Premierminister aus der Wortbedeutung ?erster Diener (des Staates, des Monarchen)“ im Vereinigten Konigreich entwickelt. Die Bezeichnung Ministerprasident erklart sich im Gegensatz dazu als ?Vorsitzender der Minister“, das heißt der Regierung.

In Deutschland ist Ministerprasident die Amtsbezeichnung fur den Regierungschef eines Bundeslandes , abgesehen von den Stadtstaaten Bremen (Prasident des Senats), Hamburg (Erster Burgermeister) und Berlin (Regierender Burgermeister). In der deutschsprachigen Schweiz ist die Bezeichnung fur den Regierungschef eines Kantones Regierungsprasident . In Osterreich heißt das entsprechende Pendant Landeshauptmann . Der Regierungschef des gesamten Staates heißt sowohl in Osterreich als auch in Deutschland Bundeskanzler .

In manchen prasidentiellen Regierungssystemen (so in Peru oder der Republik China (Taiwan) ) wird der Titel Premierminister zur Bezeichnung eines Regierungsbeamten verwendet. Dessen Pflichten bestehen ausschließlich in der Umsetzung der Direktiven des Prasidenten sowie in der offentlichen Verwaltung .

Eine ?Zwischenform“ zwischen prasidentiellen und parlamentarischen Systemen ist das semiprasidentielle Regierungssystem , in dem Staatsoberhaupt und Regierungschef sich die Regierungsfuhrung teilen. Diejenige Situation in einem solchen Regierungssystem , in der Prasident und Premierminister unterschiedlichen politischen Richtungen angehoren, wird als Kohabitation bezeichnet.

Das Femininum ist Ministerprasidentin und Premierministerin . Im Deutschen lautet die offizielle Anredeformel fur Manner ?Herr Ministerprasident“, fur Frauen ?Frau Ministerprasidentin“.

Bezeichnungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Bezeichnungen Ministerprasident und Premierminister werden als Ubersetzung fur die entsprechenden Amter in nicht deutschsprachigen Landern in der Regel synonym verwendet, wobei Premierminister eher dann vorherrscht, wenn bereits die Ausgangssprache eine entsprechende Wortbildung verwendet.

  • Der britische Prime Minister wird im Deutschen meist als ?Premierminister“ bezeichnet.
  • Im franzosischen Falle ( Premier ministre , ?erster Minister“) halten sich im Deutschen beide Formen in der Verwendung die Waage.
  • Die Regierungschefs Italiens ( Presidente del Consiglio dei Ministri , ?Prasident des Ministerrats“) und Spaniens ( Presidente del Gobierno , ?Prasident der Regierung“) werden in der Regel als ?Ministerprasidenten“ bezeichnet.
  • Hingegen wird der portugiesische Presidente do Conselho dos Ministros (oder kurz Presidente do Conselho , ?Prasident des Ministerrats, Ratsprasident“) im Deutschen eher als ?Premierminister“ bezeichnet.
  • In den Niederlanden spricht man entsprechend der offiziellen Bezeichnung Minister-president meist vom ?Ministerprasidenten“.
  • In Belgien heißt es Eerste minister ( niederlandisch ), Premier ministre ( franzosisch ) oder Premierminister ( deutsch ) auf foderaler Ebene; Minister-president (niederlandisch), ministre-president (franzosisch) oder Ministerprasident auf regionaler oder gemeinschaftlicher Ebene.
  • Das irische Wort Taoiseach , das auch im irischen Englisch fur den eigenen Premierminister verwendet wird, bedeutet eigentlich ?Hauptling“; die Ministerprasidenten anderer Lander heißen auf Irisch priomh-aire , das heißt ?Premierminister“.
  • Die Regierungschefs in Danemark , Norwegen und Schweden werden statsminister , wortlich ?Staatsminister“, genannt. In Finnland sind die amtssprachlichen Bezeichnungen paaministeri ( finnisch ), wortlich ?Hauptminister“, bzw. statsminister (aus dem Schwedischen ). Ins Deutsche werden die beiden Amtsbezeichnungen eher als ?Ministerprasident“, seltener auch mit ?Premierminister“ ubersetzt.
  • In Tschechien wird der Ministerprasident P?edseda vlady (?Vorsitzender des Kabinetts“) oder Premier (?Premierminister“) genannt; im Deutschen herrscht die Bezeichnung ?Ministerprasident“ vor.
  • In Ungarn heißt der jeweilige Regierungschef miniszterelnok , was wortlich ubersetzt ?Ministerprasident“ heißt.
  • In Serbien lautet der Titel ?Predsednik Vlade Republike Srbije“ (?Prasident der Regierung der Republik Serbien“); umgangssprachlich wird die Position oft als ?Premijer“ bezeichnet, im Deutschen jedoch eher als ?Ministerprasident“ und seltener als ?Premierminister“.
  • In der Turkei hieß der Regierungschef Ba?bakan (wortlich ?Hauptminister“); im Deutschen sprach man in der Regel vom turkischen ?Ministerprasidenten“. Das Amt wurde 2018 im Zuge einer Verfassungsreform abgeschafft.
  • In Japan lautet der Titel ?naikaku s?ri daijin“ (?allgemeinverantwortlicher (s?ri) Minister (daijin) des Kabinetts (naikaku)“); im Deutschen wird er als ?Premierminister“ bezeichnet.

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der erste britische Konig aus dem Haus Hannover , Georg I. , uberließ seinem Ersten Minister, Robert Walpole die Ausubung der Regierungsgeschafte. Der Begriff Prime Minister wurde zwar nie verwendet, doch Walpole eignete sich wahrend Georgs Amtszeit die Macht eines Regierungschefs an. Die Macht des Premierministers stieg unter den folgenden Monarchen weiter. Es dauerte allerdings bis in das 20. Jahrhundert, bis der britische Monarch eine rein reprasentative Rolle einnahm.

In vielen Verfassungen des 19. Jahrhunderts werden nur Minister erwahnt oder ein Ministerium im Sinne der Gesamtheit der Minister. Ihre Sitzungen wurden unter anderem als Ministerrat bezeichnet. Einer der Minister saß diesem Ministerrat vor; normalerweise war er ein Fachminister wie seine Kollegen auch. Fur so einen Minister burgerte sich die Bezeichnung Ministerprasident ein. Damit waren noch nicht automatisch besondere Rechte verbunden. Erst in einer langeren Entwicklung wurde der Ministerprasident beispielsweise der einzige Minister, der dem Monarchen direkt und ohne Erlaubnis eines Kollegen vortragen durfte, oder dass der Ministerprasident eine formelle Mitsprache daruber erhielt, wen der Monarch zu (den ubrigen) Ministern ernannte.

Funktion in verschiedenen Regierungssystemen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In verschiedenen parlamentarischen Systemen, insbesondere jenen, die dem Westminster-Modell folgen, ist der Premierminister Regierungschef , wahrend das Staatsoberhaupt im Wesentlichen zeremonielle Aufgaben innehat.

Premierminister gibt es daneben auch in konstitutionellen und parlamentarischen Monarchien wie zum Beispiel im Vereinigten Konigreich , Australien , den Niederlanden, Belgien und Thailand .

Auch in Systemen, in denen der Regierungschef ein gewahlter oder ernannter Beamter mit mehr oder weniger Machtbefugnissen ist, heißt dieser manchmal Premierminister. In einem prasidentiellen System hingegen steht der Prasident oder seine Entsprechung sowohl dem Staat als auch der Regierung vor.

Bestellung des Ministerprasidenten [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In parlamentarischen Demokratien wird der Ministerprasident oftmals durch das Parlament gewahlt, zum Beispiel in den deutschen Landern sowie in Spanien und Italien . In Osterreich wird der Bundeskanzler durch den Bundesprasidenten ernannt, wobei dieser sich ublicherweise an den parlamentarischen Mehrheiten orientiert.

In semi-prasidentiellen Demokratien wie Frankreich oder Russland wird er durch den Prasidenten ernannt.

In den einzelnen Staaten gibt es unterschiedliche Moglichkeiten, Premierminister zu werden:

  • Ernennung durch das Staatsoberhaupt ohne parlamentarische Bestatigung (Beispiele: Vereinigtes Konigreich , Australien , Indien , Kanada , Neuseeland )
  • Ernennung durch das Staatsoberhaupt nach Nominierung eines Kandidaten durch das Parlament (Beispiel: Irland , auch Schottland und Wales )
  • Nominierung durch das Staatsoberhaupt, bevor das Parlament zustimmt und das Staatsoberhaupt den Premierminister ernennt (Beispiele: Spanien; in Deutschland kann der Bundestag auch einen anderen Kandidaten wahlen, der zum Bundeskanzler ernannt wird)
  • Nominierung durch das Staatsoberhaupt fur eine bestimmte Zeit, in der der Premierminister eine Vertrauensabstimmung gewinnen muss (Beispiel: Italien)
  • Direkte Wahl durch das Parlament (Beispiele: die kanadischen Territorien Nordwestterritorien und Nunavut )
  • Direkte Wahl durch das Volk (Beispiele: Israel 1996?2001)
  • Ernennung oder Nominierung durch einen staatlichen Amtstrager, der nicht das Staatsoberhaupt oder sein Vertreter ist, so z. B. in Schweden (auf Vorschlag des Reichstagsprasidenten)

Nationale [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Deutschland [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In der Provisorischen Zentralgewalt 1848/1849 setzte der Reichsverweser Minister ein. Als erster deutscher Reichsministerprasident gilt Karl zu Leiningen (siehe Kabinett Leiningen ). Bei der Grundung des monarchischen Bundesstaates 1867 kam es zum Titel Bundeskanzler : Dies sollte ursprunglich ein Beamter sein, der die Beschlusse des Bundesrates ausfuhrt, dieses Amt wurde aber durch den konstituierenden Reichstag zum verantwortlichen Minister aufgewertet. Wieder im Jahr 1919 war der deutsche Regierungschef von Februar bis August 1919 ein Reichsministerprasident auf Grundlage des Gesetzes uber die vorlaufige Reichsgewalt . Danach war der Titel wieder Reichskanzler .

In der foderalen Bundesrepublik Deutschland sind die Lander als eigenstandige, teilsouverane Gliedstaaten mit parlamentarischem Regierungssystem verfasst. In den Flachenstaaten heißen ihre Regierungschefs Ministerprasident. In den Stadtstaaten gibt es andere Bezeichnungen: Der Bremer und der Hamburger Regierungschef heißen offiziell Prasident des Senats. In Bremen tragt er, zusammen mit einem weiteren Mitglied des Bremer Senats, den Titel Burgermeister , in Hamburg den Titel Erster Burgermeister ; der Regierungschef des Landes Berlin ist der Regierende Burgermeister .

Der Regierungschef wird vom Landesparlament (den Landtagen in den Flachenlandern, dem Abgeordnetenhaus in Berlin, den Burgerschaften in Bremen und Hamburg) fur die Dauer einer Wahlperiode in geheimer Abstimmung gewahlt. Er bestimmt die Minister (bzw. in den Stadtstaaten die Senatoren) seines Kabinetts , das in einigen Landern anschließend vom Landtag bestatigt werden muss, und bestimmt in den meisten Landern die Leitlinien der Regierungsarbeit. Neben dieser eigentlichen Regierungstatigkeit nimmt er regelmaßig die Vertretung seines Landes im Bundesrat wahr und ubt dadurch starken Einfluss auf die Bundespolitik in Deutschland aus.

Das dem Ministerprasidenten auf Bundesebene entsprechende Amt ist das des Bundeskanzlers, obgleich der Ministerprasident gleichzeitig reprasentative Aufgaben wahrzunehmen hat, die auf der Bundesebene zum Amtsbereich des Bundesprasidenten gehoren. In Deutschland ist der Bundeskanzler der Regierungschef des Bundesstaates.

Europa [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Albanien : der albanische Ministerprasidenten (albanisch Kryeminister ) stellt seit der Unabhangigkeit Albaniens im Jahr 1912 den Regierungschef des Landes dar.

Andorra : der Regierungschef von Andorra (katalanisch Cap de Govern del Principat d'Andorra ) ist der Chef der Exekutive des Landes.

Belarus : Der Regierungschef von Belarus ist der Premierminister (belarussisch Прэм’ер-м?н?стр bzw. russisch Премьер-министр ).

Belgien: der Regierungschef in Belgien ist der Premierminister (niederlandisch eerste minister oder premier , franzosisch: Premier ministre oder chef du gouvernement federal ).

Bosnien und Herzegowina : Der Vorsitzende des Ministerrats ( Predsjedavaju?i Vije?a ministara Bosne i Hercegovine / Предс?едава?у?и Сав?ета министара Босне и Херцеговине ) ist der Regierungschef des Staates Bosnien und Herzegowina.

Bulgarien: Der Ministerprasident (bulgarisch Ministar-predsedatel oder Министър-председател ) ist der Regierungschef der Republik Bulgarien seit 1990.

Danemark: Der danische Regierungschef wurde zwischen 1848 und 1855 als Premierminister bezeichnet und seit 1918 als Ratsprasident (danisch: Konseilspræsident ).

Estland: der Ministerprasident (estnisch: Eesti peaminister ) ist der Regierungschef Estlands.

Finnland: der Ministerprasident (finnisch: Suomen paaministeri , schwedisch: Finlands statsminister ) ist der Regierungschef Finnlands.

Frankreich: In Frankreich ist der Premierminister (franzosisch President du Conseil des ministres oder seit 1959 Premier ministre ) der Regierungschef.

Georgien : Der georgische Regierungschef wurde von 1918 bis 1921 als ?Regierungsvorsitzender“ (georgisch: ????????? ???????????/ Mtavrobis tavmjdomare ) bezeichnet und seit 1991 als ?Premierminister“ (georgisch: ???????-????????/ P’remier-minist’ri ).

Griechenland : Der Premierminister ist der Regierungschef in Griechenland.

Irland: Taoiseach [t??iː??x] in der Einzahl bzw. Taoisigh [t??iː?iː, t??iː??g] in der Mehrzahl ist der Titel des irischen Regierungschefs.

Island: Der Premierminister von Island (islandisch: Forsætisraðherra Islands ) ist der Regierungschef Islands.

Italien: der Ministerprasident (italienisch Presidente del Consiglio dei ministri della Repubblica Italiana ) ist der Regierungschef des Landes.

Kosovo :

Kroatien:

Lettland:

Liechtenstein: Regierungschef ist der offizielle Titel in Liechtenstein.

Litauen:

Luxemburg:

Moldau:

Montenegro:

Niederlande: Der minister-president (dt. Ministerprasident) ist der Regierungschef der Niederlande

Nordmazedonien:

Norwegen: Der statsminister (dt. Ministerprasident) ist der Regierungschef Norwegens

Osterreich: In Osterreich ist der Bundeskanzler der Regierungschef des Landes.

Polen: In Polen ist die Vereinfachung Premier fur den Regierungschef ublich. Daher wird im Ausland oft von Premierminister gesprochen.

Portugal: In Portugal ist der Premierminister der Regierungschef des Landes.

Rumanien:

Russland:

Schweden:

Serbien:

Slowakei:

Slowenien:

Spanien: Regierungschef des Landes ist der Ministerprasident ( Presidente del Gobierno , wortlich ubersetzt ?Regierungsprasident“).

Tschechien:

Turkei:

Ukraine:

Ungarn:

Vereinigtes Konigreich: Im Vereinigten Konigreich ist der Premierminister (englisch prime minister ) der Regierungschef des gesamten Landes. In Nordirland, Schottland und Wales heißen die regionalen Regierungschefs first minister . In Nordirland ist der deputy first minister gleichberechtigt, in den anderen Landesteilen Stellvertreter des first minister .

Zypern: In Zypern ist das Staatsoberhaupt zugleich Regierungschef.

Andere [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Schweiz [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In der Schweiz existiert das Amt des Ministerprasidenten nicht; die Regierung wird auf nationaler (eidgenossischer) Ebene aus sieben gleichrangigen Bundesraten gebildet. Einer der sieben nimmt jeweils fur ein Jahr zusatzlich die Funktion des Bundesprasidenten wahr. Er hat weder die Funktion eines Regierungschefs noch eines Staatsprasidenten; seine Stimme gilt aber bei Pattsituationen innerhalb des Bundesrats (als Gremium) als Stichentscheid. Wie beim Bundesrat, der Regierung auf nationaler Ebene, folgen auf kantonaler Ebene die Regierungen dem Kollegialitatsprinzip : Die Vorsitzenden der Kantonsregierungen ( Regierungsprasident , Regierungsratsprasident, Landammann ) haben in der Regel keine markant weiterreichenden Befugnisse als die ubrigen Regierungsmitglieder, sondern sind lediglich ein zumeist auf ein Amtsjahr gewahlter Primus inter pares fur reprasentative Zwecke. Ausnahmen bilden hier nur die Kantone Basel-Stadt, Genf und Waadt, in denen der Regierungsprasident leicht erweiterte Funktionen hat, die aber keinesfalls mit einem Ministerprasident vergleichbar ist.

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Listen von Amtstragern fur weitere Lander:

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Wiktionary: Ministerprasident  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen
Wiktionary: Premierminister  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen