Dieser Artikel behandelt geschnittenes Gras. Weitere Bedeutungen sind unter
Heu (Begriffsklarung)
aufgefuhrt.
Heuernte
ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel, zum Gemalde Pieter Bruegels d. A. siehe
Die Heuernte
.
Als
Heu
wird die getrocknete oberirdische
Biomasse
von
Grunlandpflanzen
wie
Grasern
,
Krautern
und
Hulsenfruchtlern
bezeichnet. Es dient in der Regel als
Futter
fur Nutz- und Haustiere.
Abzugrenzen ist Heu vom
Stroh
, der getrockneten oberirdischen Biomasse von Druschpflanzen wie
Getreide
,
Leguminosen
und
Olpflanzen
nach dem
Dreschen
(mit Entnahme ihrer Samen (
Ahren
,
Schoten
,
Olsaat
)).
Heu wird gewonnen, indem die auf
Grunland
wachsenden
Graser
und
Krauter
gemaht und getrocknet werden. Der Aufwuchs, zum Beispiel von
Wiesen
, muss nach der
Mahd
rasch und zugleich schonend soweit getrocknet werden, dass durch den Wasserentzug eine
Konservierung
erzielt wird. Dafur ist in der Regel eine Reduktion auf eine Restfeuchte von 15 % erforderlich, was einem Trockensubstanzgehalt von 85 % entspricht. Hierzu kommen die Verfahren Bodentrocknung, Gerusttrocknung oder Unterdachtrocknung in Frage:
Bei der Bodentrocknung bleibt der Aufwuchs nach dem Mahen mehrere Tage auf der Grunlandflache liegen. Je nach Witterung wird das trocknende Mahgut unterschiedlich oft gezettet (auseinandergestreut) und gewendet, zwecks geringerer Befeuchtung durch
Tau
eventuell zu Nachtschwaden zusammengerecht, um dann zur Abfuhr auf
Schwaden
gelegt zu werden. Das Zetten, Wenden und Schwaden erfolgt in der Regel maschinell mittels
Heuwender
und
Schwader
, in manchen Fallen wie in Steillagen oder auf feuchten Wiesen auch noch von Hand mit
Heugabel
und
Heurechen
. Fur die Bodentrocknung sind normalerweise drei bis vier Tage mit gunstiger Witterung notig. Sie ist mit sogenannten Brockelverlusten durch Abbrechen von Blattchen des Erntegutes verbunden.
Zur Abfuhr wird das Heu in der modernen
Landwirtschaft
meistens mit
Ballenpressen
zu kleinen oder großen Ballen in Form von
Quadern
oder
Zylindern
verdichtet. Kleine Quaderballen mit Abmessungen von ublicherweise etwa 40 × 50 × 100 cm sind mit einem Gewicht von 10 bis 30 kg noch handhabbar, die großen, bis zu mehreren hundert Kilogramm schweren Rund- oder Quaderballen erfordern Maschinen. Die Bergung von losem Heu z. B. mittels
Ladewagen
spielt insbesondere bei der Unterdachtrocknung eine Rolle. Bei trockener Lagerung kann das Heu uber ein Jahr lang als
Futtermittel
fur
Nutztiere
verwendet werden.
Zur Verringerung des Witterungsrisikos sind vor allem in niederschlagsreichen Gebieten Verfahren der Heubereitung statt auf dem Boden auf Gerusten entwickelt worden, durch die die negativen Einflusse von Niederschlagen auf die Trocknung und zugleich auch die Brockelverluste verringert werden konnten. Nachteilig im Sinne einer rationellen Landwirtschaft nach heutigen Maßstaben ist aber, dass alle Gerusttrocknungsverfahren ein hohes Maß an Handarbeit erfordern. Bei der Gerusttrocknung finden verschiedene Formen von
Heureitern
Anwendung:
- Heinzen
(einzelne Pfahle mit Querstangen)
- Schwedenreuter (an Pfahle gespannte Schnure oder Drahte)
- Giebelhutten (gegeneinander zeltformig aufgestellte Lattenroste)
- Dreibockreuter (pyramidenformig aufgestellte Konstruktionen aus drei mit Querstangen verbundenen Pfahlen).
Bei den Heinzen und Schwedenreutern kann das Erntegut unmittelbar nach dem Schnitt auf diese gehangt werden, bei den Heuhutten oder Dreibockreutern hingegen ist eine Vortrocknung auf rund 50 % Trockensubstanzgehalt auf dem Boden erforderlich.
-
Hortus sanitatis
, Mainz 1491. Abbildung zum Kapitel Fenum ? Heu
-
Heu-Vorratshaufen im ostpreußischen Moosbruch
-
Gerusttrocknung: Schwedenreuter in Tjørnuvik, Faroer
-
Heinzen in Leutasch, Osterreich
-
Dreibockreuter im Freilichtmuseum Kurnbach bei Biberach
-
Bau von Lattenrosten fur Heuhutten in Neustadt, Kreis Hoyerswerda
-
Heuernte: Pressen von Rundballen in Moosburg, Osterreich
-
Mechanisierung anfangs 20. Jahrhundert im Schweizer Jura
-
Heu auf Kegel als zeitweiser Schutz vor Regen
-
Wildheu-Triste
Die Verfahren zur Beluftungstrocknung des Heues dienen ebenfalls zur Verringerung des Wetterrisikos und der Brockelverluste. Hierbei wird der Heustock (das Heulager) auf dem Bauernhof uber Geblase zwangsweise mit kalter oder auch angewarmter Luft so lange durchblasen (beluftet), bis ein sicher konservierender Trockensubstanzgehalt erreicht ist. Je nach Auslegung der Anlage kann das auf dem Boden vorgetrocknete Mahgut bereits mit einem Feuchtigkeitsgehalt von noch 65 % eingefahren werden; bei gunstiger Witterung ist dies bereits nach einem Tag Bodentrocknung der Fall. Nach hinreichender Trocknung des Heues kann dieses zur weiteren Lagerung im gleichen Lager verbleiben.
Qualitativ hochwertiges Heu sollte staubarm sein und einen
Trockensubstanzgehalt
von etwa 86 % haben. Heu muss vor der Futterung mindestens zwei Monate gelagert werden, da es sonst aufgrund nicht abgeschlossener Fermentationsvorgange (sogenannte Schwitzphase) im Heu zu gefahrlichen Verdauungsstorungen kommen kann.
[1]
Die einzelnen Schnitte zeigen deutliche Qualitatsunterschiede: Das Heu umfasst die faser- und kohlenhydratreichen Graser bis zur ersten Blute und die typischen Fruhlings-Wiesenblumen (beispielsweise
Hahnenfuß
oder
Schafgarbe
). Grummet ist kurzer und enthalt mehr Krauter. Es ist aufgrund eines relativ zum ersten Schnitt fruheren Schnittzeitpunkts nahrstoffreicher bzw. hat einen niedrigeren Anteil an Struktur
kohlenhydraten
als Heu. Grummet ist wegen seines hohen Eiweißgehalts besonders fur Milchvieh als Futter geeignet. Aufgrund der
Kolikgefahr
kann es fur Pferde dagegen sogar gefahrlich sein. Die weiteren Schnitte sind minderwertig und weitverbreitet ist stattdessen das Nachgrasen.
Der erste Schnitt wird in heutigen Produktionsverfahren nicht als Heu, sondern weit uberwiegend zu
Silage
konserviert, um den Gesamtertrag des
Grunlandes
zu erhohen sowie um Verdaulichkeit und Nahrstoffgehalt des Futtermittels zu erhohen. Zudem wird so der Blattanteil (Krauter, Blumen) minimiert. Dieser neigt in der Silage zum Schimmeln und fuhrt bei der Ernte zu erhohten Verlusten. Aufwuchse fur Silage werden meistens kurz vor dem
Schossen
gemaht, Aufwuchse fur Heu zwei bis vier Wochen spater. Durch den spateren Schnittzeitpunkt erhoht sich der Anteil der Strukturkohlenhydrate (siehe auch
Rohfaser
) in der Pflanze, was einerseits die Trocknung verkurzt und andererseits zu weniger Verlusten auf dem Feld fuhrt (weniger Bergeverluste durch hoheren
Stangelanteil
). Die Anzahl moglicher Nutzungen der Aufwuchse richtet sich sehr nach der Intensitat der Bewirtschaftung. Bei
extensiver Flachennutzung
werden die Flachen ein- bis zweimal pro Jahr gemaht (evtl. plus Nachweide), bei intensiver Landbewirtschaftung drei- bis funfmal pro Jahr (eventuell anschließend Nachweide oder Mulch-/Pflegeschnitt). Die Starke der Bewirtschaftung ist auch vom Standort (
Klima
,
Boden
usw.) abhangig.
Bei Heu als Konservierungsform ist das Witterungsrisiko deutlich hoher als bei Silage: Wahrend Silage optimalerweise bei einem
Wassergehalt
von 65 % eingefahren wird, sollte Heu nicht mehr als 15 % Wasser enthalten. Daher muss es zur Trocknung wesentlich langer auf dem Feld verbleiben (bis zu mehrere Tage, Silage zum Teil nur einen Tag). Um ein Verderben des Heus bei ungunstiger Witterung zu vermeiden, wurde es fruher verbreitet (per Hand) auf
Heureiter
gehangt (Gerusttrocknung, siehe oben). Wird das Heu zu feucht gepresst, fuhrt dieses vor allem durch
Pilze
(
Hefen
) zu einer Nacherwarmung des Materials. Damit verbunden sind
Nahrstoffverluste
und eine Verunreinigung mit Garschadlingen.
[2]
Zu feuchtes Heu kann aufgrund intensiver
Garung
so hohe Warme
leistung
erzeugen, dass es in dafur passender Anhaufung im Inneren so hohe Temperaturen erreicht, dass sich etwa Heuballen oder Heulager selbst entzunden konnen (
Heuselbstentzundung
).
Wegen des sommerfeuchteren Klimas in Norddeutschland ist Heu als Konservierungsform dort deutlich weniger verbreitet als in Suddeutschland. Daneben haben aber auch die niedrigeren Verluste und die einfachere Handhabung dafur gesorgt, dass
Silage
und
Heulage
heute verbreitetere Konservierungsformen in der Landwirtschaft sind.
Je nach Region, aber auch regionaler Hohenlage (klimatische Umstande) werden Wiesen in Mitteleuropa bis zu sechsmal im Jahr geschnitten (
Schnitte oder
Mahden
).
Dabei heißt der erste Schnitt, der im Fruhsommer stattfindet, speziell
Heumahd
(
die
f.
, regional auch
das
n.
,
[3]
Fruhmahd, Fruhheu, Vormahd
, u. a. m.), sodass man in Fachkreisen mit ?Heu‘ nur das Futter der Fruhsommerernte meint. Diese Spezialisierung ist im Suden ausgepragter als im Norden.
Der zweite Schnitt, der meist im Hochsommer erfolgt, und auch dessen Ernte heißen allgemeindeutsch
Grummet
(n.).
[4]
[5]
Andere regionale Ausdrucke sind
Emd(e), Ohmd
, oder
Ettgron
. Wo es nur zwei Schnitte gibt, sagt man auch
Nachmahd
, sonst bezeichnet das einen weiteren Schnitt. Das Fehlen eines eigenen Wortes fur den zweiten Schnitt ist fur das fruhe 20. Jh. nur fur zwei großere Inseln, im
Sudmarkischen
bei Berlin
(zweiter Schnitt)
, und
Erzgebirgischen
(zweite Schur)
, belegt.
[5]
Das Grummet zeichnet sich durch einen hoheren Eiweißgehalt aus, weshalb es intensivere Trocknung erfahren muss als der erste Schnitt. In der Landwirtschaft werden
Heuwender
zur Unterstutzung der Mahguttrocknung eingesetzt. Bei nicht ausreichender Trocknung besteht die Gefahr der Selbstentzundung bei der anschließenden Lagerung auf dem
Heuboden
.
Der dritte Schnitt hat nur regional ein eigenes Wort, etwa tirolisch
Pofel
,
ahrntalerisch
Boufel
, dessen Wortherkunft unbekannt ist, oder im
Salzburger Seenland
,
Mondseeland
und im
Tennengau
Woad
(zu ?weiden‘, dann kann das Vieh zum ?Nachweiden“ auf die Mahwiesen gestellt werden). Sonst werden die weiteren Schnitte nur durchgezahlt
(dritter Schnitt)
.
Vor der Heumahd ausgefuhrte Schnitte im Fruhjahr heißen regional
Vor-
oder
Fruhschnitt
; teils steht das auch fur die Heumahd.
Das Wort
Heu
(von mittelhochdeutsch
hou
, althochdeutsch
houwi
/
hewi
) selbst steht als ?das Gehauene“ (Abgehauenes, zum Dorrenlassen abgemahtes Gras) oder ?das zu Hauende“ sicherlich in Nahe zu
hauen
(mittelhochdeutsch
houwen
).
[6]
Mahd
ist das tendenziell
oberdeutsche
Substantiv zu
mahen
, bezeichnet sowohl den Vorgang als auch das Ergebnis (?das Gemahte‘, vergl.
saen →
Saat
: Aussaat
und
Saatgut
) und hat sich wohl sekundar auf das Heumachen eingeengt; Getreide und andere Feldgewachse (wie Hanf/Flachs) werden ?geschnitten“, nicht ?gemaht“.
[3]
Das Wort
Grummet
als Hauptform fur ?zweite Mahd‘ ist aus
mhd.
gruonmat
entstanden, seit dem 13. Jh. nachzuweisen
[4]
und ist nach heutiger Ansicht eine Kompositumbildung als Ersatz zu
Heu
, dessen Bedeutung sich auf den ersten Schnitt einengte.
[5]
In der Zusammensetzung mit
Mahd
wird der erste Bestandteil etymologisch zunachst auf
grun
bezogen,
[4]
vielleicht weil zunehmend auch anderes Grunfutter wie Nachsaaten gemaht wurde, geht aber auf einen gemeingermanischen Stamm
*gr?-
?wachsen‘ zuruck,
[5]
der auch
grun
und
Gras
zugrunde liegt. In seiner heute hochdeutschen Form ist das Wort in den
Vogesen
(Grummat)
und den
Sudeten
(
Grummet
) gebrauchlich. Daneben sind in
Tirol
Gruamat
,
oberbayerisch
-
osterreichisch
Groamat/d
,
niederbayerisch
Gram(m)at, Groamet
, in der
Rhon
Grommet
, im
Rheinischen Schiefergebirge
Graumet
,
westmitteldeutsch
Gro(o)m, Grommet, Gromisch
(mit Lautung bis
J-
),
niedersachsisch
Gramme(t), Grammer
,
ostmitteldeutsch
Grum(m)t, Gru(h)nd
, ostpreußisch
Gromme(l)t
verbreitet.
[5]
Als zweite Form steht
alemannisch
Emde
(n.),
[7]
aus
mhd.
amat
fur ?Abmahd‘ (
mhd.
?-
fur ?fort, weg‘) in derselben Bildung wie
Grummet
. Heute am verbreitetsten ist
schweizerdeutsch
und
schwabisch
O(h)md, E(h)mt
, am Rhein auch
Amat
, nordlich
O(h)m(e)t
,
vorarlbergisch
O(h)mad
,
zwischen Donau und Lech
Aumat
. Daneben findet es sich auf einer Sprachinsel im
Harz
auch
Ommeten
.
[5]
Eine dritte Form ist
Ettgron
,
ett-
zu
ahd.
ita-
?wieder-‘ (wie in
ahd.
itaruchen
?wiederkauen‘ und
ahd.
?wiederkehren‘). Dieses Wort hat sich nur im
Schleswigischen
und
Ostfriesischen
erhalten,
Ettgroahr
fand sich an der
Ems
,
Ettgrau
im
Weserbergland
. Das Wort durfte aber fruher verbreiteter gewesen sein.
[5]
Eine verwandte Form,
Ettwort
(zu asachs.
wurt
?Wurzel‘), ist oldenburgisch.
Eine weitere, wohl jungere
[5]
Form ist
Nachmahd
(f.). Sie findet sich nur im
niederdeutschen
Sprachraum, allgemein
Na(h)mad/t
,
holsteinisch
Na/ohmeid
,
niederfrankisch
/
westfalisch
N(a)ohmatt
, und bildet Nebenformen wie
limburgisch
Nohheu
?Nachheu‘ und ostpommersch
No(h)schnitt
; kleinraumig bei
Luneburg
war auch
Nachgras
und im
Oldenburgischen
Nohgrus
in Gebrauch.
[5]
Die Heuwirtschaft ist die Produktion von trockenkonserviertem
Grunfutter
fur die winterliche Stallfutterung. Diese weltweit verbreitete Wirtschaftsform geht im Alpenraum wohl in das Hochmittelalter zuruck (
Schwaigen
) und war bis in das spatere 20. Jahrhundert die weitaus verbreitete Arbeitsweise.
Bevor von
Traktoren
angetriebene
Ladewagen
und
Ballenpressen
allgemein verbreitet waren, wurde das Heu meistens auf Wagen, die von
Pferden
,
Ochsen
oder
Kuhen
gezogen wurden, von Hand mit einer
Heugabel
geladen und zum
Hof
transportiert. Nachdem das Heu auf dem Wagen lag, wurde es mit einem
Wiesbalken (regional auch Wiesbaum)
der Lange nach beschwert. Ein daran befestigtes Seil wurde auf einer
Winde
mit den
Windeloffeln
aufgewickelt, gespannt und damit das Heu vor dem Herabfallen gesichert. Loses herabhangendes Heu wurde mit dem Rechen entfernt und erneut aufgeladen.
[8]
In unwegsamerem Gelande (z. B. beim
Wildheuen
) musste das Heu oft auf dem Rucken in die
Scheune
getragen werden. Auch
Holzschlitten
fanden beim Heutransport Verwendung.
Mit dem Aufkommen der
Silage
(sauerungskonserviertes Grunfutter) wurde das aufwandigere und viel witterungsabhangigere Heuen aber zunehmend auch im kleinbauerlichen Sektor verdrangt. Verzichteten beispielsweise in Osterreich 1970 noch 80 Prozent der heimischen Landwirte auf Silofutter, so waren es um 2010 nur mehr 15 Prozent.
[9]
Nachdem in vielen Dorfern ganze Hauserreihen abbrannten, wurden im 18. Jahrhundert unter
Pfalzgraf Karl IV.
der Verhutung eines Feuerbrandes dienende strenge Anordnungen erlassen, in denen auch die vorschriftsmaßige Hantierung mit Heu und Stroh geregelt war.
[10]
Dabei wurden aber schnell Nachteile insbesondere fur die
Milchprodukteherstellung
erkennbar; besonders traditionelle Kasesorten, insbesondere langgereifte
Hartkase
aus
Rohmilch
(wie Emmentaler, Bergkase), waren mit Milch aus Silagefutterung nicht oder schlecht herstellbar (
Clostridien
-Gefahr).
Daher wurde
silofreie
oder hartkasetaugliche Milch zunehmend wieder zu einer marktrelevanten Produktsparte.
Außerdem wurde das Heumachen zunehmend sowohl als
Kulturgut
als auch als Maßnahme des
Landschafts-
und
Naturschutzes
erkannt,
[11]
denn die in der Silageherstellung moglichen fruhen Einschnitttermine schon im
Mittfruhling
und kurzeren Intervalle brachten die uber Jahrhunderte entstandenen charakteristischen artenreichen
Blumenwiesen
innerhalb weniger Jahre zum Verschwinden.
Daher wird die Heuwirtschaft heute in einigen Bereichen zunehmend gefordert.
Die sommerliche
Weide
/Frischgras- und winterliche Heufutterung war traditionell die allgemein ubliche Wirtschaftsweise in der Viehhaltung, im Alpenraum bis in das mittlere 20. Jahrhundert hinein. Mit dem Aufkommen der logistisch viel effizienteren
Silage
-Wirtschaft wurde das Heumachen weitgehend aufgegeben. Die Heuwirtschaft hielt sich hauptsachlich fur die
Rohmilchkaseerzeugung
(
Emmentaler
,
Gruyere
,
Sbrinz
etc.), weil dabei die Gefahr einer Buttersauregarung bei der Reifung durch
Clostridiensporen
deutlich geringer war,
[12]
[13]
sowie fur Zulieferer vereinzelter regionaler Molkereispezialitaten. Deshalb ist fur die Lieferanten von Rohmilchkasereien Silagefutterung teilweise untersagt und wird durch Heu- und
Grunmehl
-Futterung ersetzt. Regional wird Milch aus silagefreier Futterung in Osterreich und weiteren Landern unter dem Markennamen
Heumilch
vertrieben.
Aufgrund seiner fur Pferde gunstigen Zusammensetzung hat Heu eine sehr hohe Bedeutung in der
Pferdefutterung
, der Einsatz in der Rinderfutterung nimmt durch die Vorzuglichkeit der
Silagefutterung
ab. Heu mit erhohter Restfeuchte, das unter Luftabschluss konserviert wird, gilt als
Heulage
und kommt als staubfreies Futtermittel in der Pferdehaltung zur Verwendung. Trotz der teils vielfaltigen Zusammensetzung aus mehreren Pflanzenarten gilt Heu rechtlich als Einzelfuttermittel.
Das bei der Heulagerung verbliebene Feinmaterial, hauptsachlich Blattbruch, Spelzen und Samen und sonstige Kleinteile, wird
Heublumen
(Graminis flos)
genannt und ist ein traditionelles Heilmittel.
[14]
Entsprechende
Atherische Olmischungen
nennt man in der Parfumerie
Foin Coupe (Heugeruch).
[14]
Cumarin
verleiht frischem Grasschnitt seinen eigentumlichen, angenehm wurzigen Geruch.
[14]
Schimmelt das Heu, konnen gesundheitsgefahrdende Cumarin-Derivate entstehen.
Zur
energetischen Nutzung
ist Heu bedingt geeignet, besonders aufgrund seines hohen
Silicium
-Gehalts, der zu besonders hartnackiger Verunreinigung fuhrt, und seiner vergleichsweise inhomogenen Konsistenz. Seine Verwendung als
halmgutartiger Brennstoff
ist in dafur geeigneten Heizungsanlagen zulassig. Aufgrund der Brennstoffeigenschaften von Heu ist die Anlagentechnik anspruchsvoller als beispielsweise bei Verbrennung von
Holz
, zudem ist auch bei Kleinanlagen eine nachgeschaltete
Abgasreinigung
notig, um geltende
Emissionsgrenzwerte
einzuhalten.
[15]
In Osterreich wird die Heuwirtschaft vor allem durch die
ARGE Heumilch Osterreich
gefordert, in der etwa 8.000 Bauern vertreten sind, etwa 40 % der insgesamt etwa 20.000 Milcherzeuger in Osterreich. Damit sind ein Viertel aller (bis 2014) registrierten 22 Kasesorten explizite Heumilchprodukte, und uber drei Viertel anderweitig aufgrund der Herstellungsweise auf Heufutterung beschrankt. Die
Genussregionen
spielen inzwischen eine zentrale Rolle in der Vermarktung der nach
OPUL
-Programm gewonnenen Produkte.
Anlasslich der Vorstellung eines
Brots
, das mit wassrigem Auszug von Heu aromatisiert wurde, erklarte die
steirische
Lebensmittelbehorde, dass ein solches Brot nicht als Lebensmittel vermarktet werden darf. Ahnlich entschied fruher die
Karntner
Behorde zu einer Heulimonade.
[16]
- Gottfried Briemle u. a.:
Nachhaltige Grunlandbewirtschaftung in Baden-Wurttemberg.
In: Gunther Linckh u. a.:
Nachhaltige Land- und Forstwirtschaft. Voraussetzungen, Moglichkeiten, Maßnahmen
. Springer Verlag, Berlin 1996,
ISBN 3-540-61090-1
, S. 125?256.
- Ernst L. Klapp
:
Grunlandvegetation und Standort. Nach Beispielen aus West-, Mittel- und Suddeutschland
. Parey Verlag, Berlin 1965
- Ernst L. Klapp:
Wiesen und Weiden. Eine Grunlandlehre
. Parey Verlag, Berlin 1971,
ISBN 3-489-72510-7
.
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ISBN 3-8001-3071-8
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- K. Buchgraber, L. Gruber, A. Pollinger, E.M. Potsch, R. Resch, W. Starz, A. Steinwidder:
Futterqualitat aus dem Grunland ist wieder mehr wert.
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- W.L. Greenhill, J.F. Couchman, J. De Freitas:
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Journal of the Science of Food and Agriculture
12, 1961, S. 293?297.
- R. Resch, T. Guggenberger, G. Wiedner, A. Kasal, K. Wurm, L. Gruber, F. Ring-Dorfer und K. Buchgraber:
Futterwerttabellen fur das
Grundfutter
im Alpenraum.
In:
Der fortschrittliche Landwirt.
(24), 2006, Sonderbeilage
- Horst Eichhorn (Hrsg.):
Landtechnik.
7. Auflage. Ulmer, Stuttgart 1952, 1999,
ISBN 3-8001-1086-5
, S. 382 ff.
- Klaus-Ulrich Heyland (Hrsg.):
Spezieller Pflanzenbau.
7. Auflage. Ulmer, Stuttgart 1952, 1996,
ISBN 3-8001-1080-6
, S. 57 ff.
Wiktionary: Heu
? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen
- ↑
vgl. Handbuch Pferd, 6. Auflage, BLV, Munchen, 2005,
ISBN 3-405-17019-2
, S. 160.
- ↑
Horst Eichhorn (Hrsg.):
Landtechnik
. 7. uberarbeitete und erweiterte Auflage, Ulmer, Stuttgart 1952/1999,
ISBN 3-8001-1086-5
, S. 262 ff.
- ↑
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Jacob Grimm
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).
- ↑
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GRUMMET, n., foenum secundum
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. 16 Bande in 32 Teilbanden, 1854?1960. S. Hirzel, Leipzig (
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ISBN 3-423-03025-9
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- ↑
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Deutsches Worterbuch
. 16 Bande in 32 Teilbanden, 1854?1960. S. Hirzel, Leipzig (
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- ↑
EMDE, n. chordum, grummet
. In:
Jacob Grimm
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(Hrsg.):
Deutsches Worterbuch
. 16 Bande in 32 Teilbanden, 1854?1960. S. Hirzel, Leipzig (
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).
- ↑
Mit Rucksack und Sense in die Maulbeerau.
? Die Heuernte wie sie fruher einmal war ?. Rathaus Burstadt, 10. Februar 2004, archiviert vom
Original
(nicht mehr online verfugbar) am
21. Juli 2012
;
abgerufen am 21. Juni 2013
(Der
Wiesbalken
war ein mehrere Meter langer Rundholz?Balken, welcher uber das Fuhrwerk hinausreichte. Die
Windeloffel
waren ?paddelformige“ Bretter, welche in die Seilwinde gesteckt und zum Spannen benutzt wurden. Die
Seilwinde
selbst, war ein achteckig gehobeltes
Rundholz
, welches an den Enden gelagert war. Das Rundholz hatte um 90° versetzte Langlocher, in diese Langlocher wurden die Windeloffel abwechselnd gesteckt. Durch Drehen des Rundholzes wurde das Seil gespannt.).
- ↑
Heumilch ? ein Marketingschmah?
.
In:
Wiener Zeitung.
1. Oktober 2010.
- ↑
Franz-Josef Sehr
:
Das Feuerloschwesen in Obertiefenbach aus fruherer Zeit
. In:
Jahrbuch fur den Kreis Limburg-Weilburg 1994
. Der Kreisausschuss des Landkreises Limburg-Weilburg, Limburg 1993,
S.
151?153
.
- ↑
Art. 10
Standortgemaße Viehhaltung und genetische Vielfalt
und Art. 11
Vermarktung
der
Alpenkonvention
(P2);
Protokoll zur Durchfuhrung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Berglandwirtschaft
StF: BGBl. III Nr. 231/2002 (i.d.g.F. online,
ris.bka
).
- ↑
Heumilch: Vom Ladenhuter zum Trendsetter.
In:
Rind.
Ausgabe 06/2012 (online, topagrar.com).
- ↑
Studie ?Einfluss Silage auf die Milch“.
(PDF) Archiviert vom
Original
(nicht mehr online verfugbar) am
31. Oktober 2020
;
abgerufen am 2. Marz 2018
.
- ↑
a
b
c
Vergl.
Foin Coupe (Heugeruch).
In: Fred Winter:
Riechstoffe und Parfumierungstechnik: Genesis, Charakteristik und Chemie der Riechstoffe unter Besonderer Berucksichtigung Ihrer Praktischen Verwendung zur Herstellung Komplexer Riechstoff-Gemische.
Springer-Verlag, 2013,
ISBN 978-3-7091-5731-2
, S. 319 ff (
eingeschrankte Vorschau
in der Google-Buchsuche).
- ↑
Hans Oechsner:
Besichtigung der Pilotanlage zur Heuverbrennung.
(PDF; 519 kB) In:
ALB-Fachgesprach Holz, Getreide & Co.
ALB Baden-Wurttemberg e. V., archiviert vom
Original
(nicht mehr online verfugbar) am
5. Marz 2016
;
abgerufen am 21. Juni 2013
.
- ↑
Diskussion uber Heu als Lebensmittel entfacht
orf.at, 2. Oktober 2017, abgerufen am 2. Oktober 2017.