Das
Deutsche Worterbuch
(
DWB
, gelegentlich auch
DW
), auch
Grimms Worterbuch
und
der Grimm
genannt, ist das großte und umfassendste
Worterbuch
zur deutschen Sprache. Es beschreibt den Wortschatz des
Neuhochdeutschen
von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis zur Gegenwart.
Begonnen 1838 durch die
Bruder Jacob und Wilhelm Grimm
, erschien die erste Lieferung am 1. Mai 1852; 1961, nach 123 Jahren, wurde es beendet. Insgesamt entstanden bis dahin 16 Bande in 32 Teilbanden. Ein zusatzlicher Quellenband erschien als 17. Band 1971.
Bereits 1957, als der Abschluss des Werks fast erreicht war, wurde eine Uberarbeitung der alteren Teile des DWB beschlossen. Diese betraf die Buchstaben A?F, begann nach der Fertigstellung des letzten Bandes und wurde 2016 abgeschlossen.
Die Herausgabe des
Deutschen Worterbuchs (DWB)
war ein ehrgeiziges sprachwissenschaftliches Arbeitsvorhaben des
Philologen
-Bruderpaares
Jacob
(1785?1863) und
Wilhelm Grimm
(1786?1859). Es sollte als
Belegworterbuch
in aller Grundlichkeit Herkunft und Gebrauch jedes deutschen Wortes erlautern.
Mit Hilfe des DWBs sollten sich tendenziell alle Angehorigen der
deutschen Sprachgemeinsamkeit
ihrer Sprache vergewissern konnen, was zu einer Zeit, als es noch viele deutsche Kleinstaaten und noch kein politisch vereinigtes Deutschland gab, auch ein nationales Anliegen war. Der altere wie gegenwartige deutsche Wortgebrauch sollte auf allen Stilniveaus dokumentiert werden.
[1]
Der
Niedersachsische Akademie der Wissenschaften zu Gottingen
zufolge, ?beschreibt [es] den Wortschatz des
Neuhochdeutschen
von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis zur Gegenwart.“
[2]
Auffallig am Deutschen Worterbuch ist, dass darin konsequent die heutzutage in der deutschen Schriftsprache unubliche
Kleinschreibung
nicht allein der Substantive, sondern auch der Satzanfange verwendet wird. Großgeschrieben werden nur die Absatzanfange und die Eigennamen. Jacob Grimm selbst sprach sich gegen die Großschreibung aus, die in der deutschen Sprache damals ublich war, sich aber (nach Grimms Einschatzung) noch nicht vollig durchgesetzt hatte.
[3]
[4]
Die Bruder Grimm begannen die Arbeit 1838, mehr als 80 Mitarbeiter beschafften ihnen uber 600.000 Belege. Sie hatten die Aufgabe, die vor ihnen lag, jedoch unterschatzt ? war das Werk ursprunglich auf sechs bis sieben Bande und bis zu 10 Jahren Arbeit angelegt, begann schon das Erscheinen des ersten Bandes (A-Biermolke) erst nach 14 Jahren. So konnten sie zu ihren Lebzeiten nur einen kleinen Teil bearbeiten: Wilhelm Grimm, der die Beitrage zum
Buchstaben
D verfasste, starb 1859; Jacob, der die Buchstaben A, B, C und E abschließen konnte, starb am 20. September 1863 uber der Bearbeitung des Artikels ≫Frucht≪.
Nach dem Tod der Grimms wurde das Werk von bedeutenden Germanisten wie
Rudolf Hildebrand
,
Moritz Heyne
und
Matthias von Lexer
fortgefuhrt, bis 1908 dann die
Preußische Akademie der Wissenschaften
die Weiterentwicklung des Worterbuches ubernahm. Ab 1946 wurde das Werk gemeinsam von der
Gottinger Akademie der Wissenschaften
fur die Bundesrepublik und der
Deutschen Akademie der Wissenschaften
fur die DDR ubernommen.
[2]
Am 10. Januar 1961 erteilte der Germanistik-Professor
Bernhard Beckmann
in Ost-Berlin das
Imprimatur
fur den Abschlussband, wie er seinem westdeutschen Kollegen Theodor Kochs in Gottingen telegrafierte.
[3]
[5]
123 Jahre nach Beginn der Arbeit erschien so mit der 380. Lieferung der 32. und letzte Band des Worterbuches. Als 33. Band erschien 1971 noch ein Quellenband.
[6]
Ende 2005 tauchten Handexemplare des DWBs (darunter sieben Bande Handexemplare Jacob Grimms) mit
Marginalien
in der sogenannten
Berlinka
auf. Das in diesen Banden notierte Material belauft sich (bezogen auf das erste Lieferungsheft des DWBs mit 2805 Eintragen von
A
bis
Allverein
) auf 330 Verweise und Stichwortansatze, wovon sich etwa 130 als wichtig erweisen und bereits Bestandteil der Neubearbeitung waren.
1957 wurde eine Neubearbeitung dieses gewaltigen Worterbuches beschlossen, um den altesten Teil, die noch von den Brudern Grimm selbst bearbeiteten Buchstaben A?F, auf den neuesten Stand zu bringen. Wie das ursprungliche Vorhaben wurde es als deutsch-deutsche Kooperation der Gottinger Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Wissenschaften durchgefuhrt. Dabei sollten in
Ost-Berlin
die Buchstaben A?C und in
Gottingen
die Buchstaben D?F neu bearbeitet werden.
Die erste Lieferung erschien 1965. Auch im Zuge der deutschen Wiedervereinigung blieb die Aufgabenteilung erhalten, in Berlin fungierte die
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
als Nachfolgerin. In Gottingen wurden 2006 die Arbeiten abgeschlossen. Die noch verbleibende Berliner Strecke wurde 2006 zwischen den beiden Arbeitsstellen neu aufgeteilt. Dies war notig, da der Berliner Anteil gegenuber dem Gottingens ursprunglich umfangreicher war und seine Bearbeitung in der DDR ab 1968 dadurch behindert wurde, dass Mitarbeiter vom politisch missliebigen Projekt abgezogen wurden.
[7]
Die Neubearbeitung, die wiederholte Male auf Anordnung der Herausgeber ihren
Lemmabestand
reduzieren musste, wurde 2016 abgeschlossen. Damit endete nach 178 Jahren durchgehender Bearbeitung die Arbeit am
Deutschen Worterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm
.
[8]
[9]
Eine spatere Neubearbeitung der Buchstaben G bis Z schloss die
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
aus. Die Berliner Arbeitsstelle schloss ihre Arbeiten im Jahre 2012 ab. Als Grund des Beschlusses zur Einstellung der Arbeiten wird mangelnde Bereitschaft zur Finanzierung genannt, so der Wissenschaftsdirektor der Akademie, Wolf-Hagen Krauth.
Die Erstausgabe des Gesamtwerks erschien von 1853 bis 1971 im
S. Hirzel Verlag
. Sie besteht aus 33 Banden mit 34.824 Seiten, 67.744 Textspalten und rund 320.000 Stichwortern.
[10]
Die Auflage betragt nur wenige hundert Exemplare.
Nach Abschluss der Erarbeitung 1971 erschien ein vollstandiger Neudruck, 1984 erschien das DWB erstmals in einer
Taschenbuchauflage
in 33 Banden bei
dtv
.
[11]
Auch die Bande der Neubearbeitung sind im S. Hirzel Verlag erschienen.
Das
Kompetenzzentrum fur elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften
an der
Universitat Trier
digitalisierte, unter Leitung des Germanisten
Kurt Gartner
und gefordert durch die
DFG
, die gesamten 300 Millionen gedruckten Zeichen nach der Methode der doppelten Eingabe: In China wurde der gesamte Textkorper manuell zweimal eingegeben, um durch die Redundanz Fehler zu reduzieren; ein Scannen war aufgrund der Schriftgroße von nur 7
Punkt
bzw. 6 Punkt fur die Zitate nicht moglich. Eine CD-ROM-Version dieser Digitalisierung fur die Betriebssysteme
Windows
,
OS X
und
Linux
erschien im Juli 2004 beim Verlag
Zweitausendeins
. Bei dieser Fassung wurden Rechtschreibfehler des Originals korrigiert. Eine Onlineausgabe
[12]
stellt die Universitat Trier zur Verfugung.
- Joachim Duckert (Hrsg.):
Das Grimmsche Worterbuch: Untersuchungen zur lexikographischen Methodologie.
Hirzel, Leipzig / Stuttgart 1987,
ISBN 978-3-7776-0428-2
.
- Volker Harm:
Das Grimmsche Worterbuch ? Stationen seiner Geschichte.
In:
Sprachreport.
30. Jahrgang, Heft 1, 2014, S. 2?11.
- Alan Kirkness:
Geschichte des Deutschen Worterbuchs 1838?1863. Dokumente zu den Lexikographen Grimm.
Mit einem Beitrag von Ludwig Denecke. Hirzel, Stuttgart 1980,
ISBN 978-3-7776-0357-5
.
- Alan Kirkness,
Peter Kuhn
,
Herbert Ernst Wiegand
(Hrsg.):
Studien zum Deutschen Worterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm.
2 Bande. Niemeyer, Tubingen 1991,
ISBN 3-484-30933-4
.
- Alan Kirkness, Simon Gilmour (Hrsg.):
Briefwechsel der Bruder Jacob und Wilhelm Grimm mit den Verlegern des ?Deutschen Worterbuchs“ Karl Reimer und Salomon Hirzel
(=
Briefwechsel der Bruder Jacob und Wilhelm Grimm. Kritische Ausgabe in Einzelbanden.
Band 5). Hirzel, Stuttgart 2007,
ISBN 978-3-7776-1525-7
.
- Alan Kirkness (Hrsg.):
Briefwechsel der Bruder Jacob und Wilhelm Grimm mit Rudolf Hildebrand, Matthias Lexer und Karl Weigand
(=
Briefwechsel der Bruder Jacob und Wilhelm Grimm. Kritische Ausgabe in Einzelbanden.
Band 6). Hirzel, Stuttgart 2010,
ISBN 978-3-7776-1800-5
.
- Alan Kirkness:
Deutsches Worterbuch von Jakob Grimm und Wilhelm Grimm.
In: Ulrike Haß (Hrsg.):
Große Lexika und Worterbucher Europas.
De Gruyter, Berlin / Boston 2012,
ISBN 978-3-11-019363-3
, S. 211?232.
- Alan Kirkness:
Geschichte des Grimmschen Deutschen Worterbuchs 1863 bis 1908.
2 Bande. Hirzel, Stuttgart 2021,
ISBN 978-3-7776-2791-5
.
- Alan Kirkness (Hrsg.), Berthold Friemel, Philip Kraut, Joel Lorenz (Mitarb.):
Das Grimmsche Deutsche Worterbuch in der offentlichen Diskussion 1838?1863. Eine Dokumentation zeitgenossischer Ankundigungen, Anzeigen und Rezensionen.
Hirzel, Stuttgart 2021,
ISBN 978-3-7776-2326-9
.
- Wilfried Kurschner
:
≫… tretet ein in die euch allen aufgethane halle eurer angestammten, uralten sprache≪. Essay uber die von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm verfassten Teile des
Deutschen Worterbuchs. In:
Jacob Grimm und Wilhelm Grimm: Deutsches Worterbuch. Vierter Band, Teil Forschel ? Frucht. Mit einem Essay von Wilfried Kurschner = Jacob Grimm und Wilhelm Grimm: Werke. Forschungsausgabe. Herausgegeben von Ludwig Erich Schmitt [sowie von Otfrid Ehrismann, Elisabeth Feldbusch, Wilfried Kurschner, Kurt Schier, Ruth Schmidt-Wiegand und Dieter Werkmuller]. Abteilung III: Gemeinsame Werke. Band 42.2: Deutsches Worterbuch. Vierter Band, Teil Forschel ? Frucht. Neu herausgegeben und mit einem Essay versehen (Bd. 42.2) von Wilfried Kurschner.
Olms-Weidmann, Hildesheim / Zurich / New York 2003,
ISBN 3-487-11804-1
, S. 1*?55*.
- Oskar Reichmann
:
Einige Thesen zur Bedeutungserlauterung in dem von Jacob Grimm bearbeiteten Teil des Deutschen Worterbuches und im Worterbuch der deutschen Sprache von Daniel Sanders.
In: Elmar H. Antonsen, James W. Marchandm Ladislav Zgusta (Hrsg.):
The Grimm Brothers and the Germanic Past
(=
Studies in the History of the Language Sciences
). Benjamins, Amsterdam/Philadelphia 1990, S. 87?113.
Retrodigitalisierungen
- ↑
Jacob Grimm:
Vorwort
. In:
Deutsches Worterbuch
.
Band
1
. Leipzig 1854,
S.
XXXIV
.
- ↑
a
b
Deutsches Worterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm.
Niedersachsische Akademie der Wissenschaften zu Gottingen, 2016,
abgerufen am 7. November 2023
.
- ↑
a
b
A bis Zypressenzweig
. In:
Der Spiegel
.
Nr.
20
, 1961,
S.
65?74
(
online
–
10. Mai 1961
).
- ↑
Jacob Grimm:
Deutsche Grammatik. Erster Theil. Dritte Ausgabe.
Gottingen 1840, S. 28, zitiert nach
portal.uni-freiburg.de
- ↑
Deutsches Worterbuch:
Das DWB als ?Ehrenpflicht der Akademie“ (1908?1960)
, abgefragt am 14. Februar 2011.
- ↑
DWB:
Deutsches Worterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm.
I?XVI, Leipzig 1854?1960, und Quellenverzeichnis (2. Auflage ebenda) 1971; Neudruck (als Ganzes): Deutscher Taschenbuchverlag, Munchen 1984, I?XXXIII (=
dtv.
Band 5945).
- ↑
Projektdarstellung ? Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Abgerufen am 7. November 2023
.
- ↑
Deutsches Worterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm.
Akademie der Wissenschaften zu Gottingen, archiviert vom
Original
(nicht mehr online verfugbar) am
28. August 2017
;
abgerufen am 28. August 2017
(englisch).
- ↑
Herzlich Willkommen bei der Neubearbeitung des Deutschen Worterbuchs.
Archiviert vom
Original
(nicht mehr online verfugbar) am
30. Januar 2017
;
abgerufen am 30. Januar 2017
.
- ↑
Thomas Schares:
Untersuchungen zu Anzahl, Umfang und Struktur der Artikel der Erstbearbeitung des Deutschen Worterbuchs von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm.
Dissertation Uni Trier, Dez. 2005, S. 41?42.
- ↑
Jacob und Wilhelm Grimm:
Deutsches Worterbuch.
(33 Bande), Deutscher Taschenbuch Verlag, Munchen 1999,
ISBN 3-423-59045-9
.
- ↑
Der digitale Grimm