Vlaanderen
ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Zum niederlandischen Marathonlaufer siehe
Bert van Vlaanderen
.
Flandern
Vlaanderen
(
niederlandisch
)
Flandre
(
franzosisch
)
|
Wappen
|
Flagge
|
Gliedstaat des
Konigreichs Belgien
|
Art des Gliedstaates
:
|
Region
|
Amtssprache
:
|
Niederlandisch
|
Verwaltungssitz
:
|
Brussel
|
Flache
:
|
13.624
[1]
km²
|
Einwohner
:
|
6.698.876
(1. Januar 2022
[2]
)
|
Bevolkerungsdichte
:
|
495 Einwohner pro km²
|
Feiertag:
|
11. Juli
|
Ministerprasident
:
|
Jan Jambon
(
N-VA
)
|
ISO-Code
:
|
BE-VLG
|
Website:
|
vlaanderen.be
|
Lage in Belgien
|
|
Flandern
(
niederlandisch
Vlaanderen
ⓘ
/
?
,
franzosisch
la Flandre
bzw.
les Flandres
) oder die
Flamische Region
(niederlandisch
Vlaams Gewest
, franzosisch
Region flamande
) ist eine der drei
Regionen
des
Konigreichs Belgien
und somit ein
Gliedstaat
des belgischen
Bundesstaates
. Sie liegt im nordlichen Teil dieses Konigreichs und beheimatet die meisten als Flamen (niederlandisch
Vlamingen
) bezeichneten
niederlandischsprachigen
Belgier; fast alle ubrigen Flamen wohnen in der zweisprachigen
Region Brussel-Hauptstadt
, die vom Gebiet Flanderns vollstandig umgeben ist. Die dritte Region Belgiens ist die uberwiegend franzosischsprachige
Wallonie
, sudlich von Flandern.
Flandern hat eine Flache von etwa 13.624 Quadratkilometern und zahlt 6.698.876 Einwohner (Stand 1. Januar 2022).
[2]
Die Institutionen der Region Flandern wurden mit denen der
Flamischen Gemeinschaft
zusammengelegt und haben ihren Sitz in
Brussel
. In Flandern liegen, von West nach Ost, die Provinzen
Westflandern
,
Ostflandern
,
Flamisch-Brabant
,
Antwerpen
und
Limburg
.
Die heutige belgische Region Flandern umfasst teilweise die historischen Territorien der
Grafschaft Flandern
, des
Herzogtums Brabant
, die
Hochstift Luttich
und des
Herzogtums Limburg
.
Zur Zeit des romischen Reiches zahlte die Region zur Provinz
Gallia Belgica
bzw. in der Spatantike zur
Belgica secunda
. Ab dem ausgehenden 4. Jahrhundert gehorten die befestigten Stadte und Kastelle an der Kuste zum
Limes
der sog.
Sachsenkuste
dessen Besatzungen unter dem Befehl eines
Dux Belgicae secundae
standen.
[3]
Die Grafschaft Flandern reichte im
Mittelalter
bis weit in das heutige
Frankreich
hinein (
Dunkirchen
,
Lille
). Die Region um Dunkirchen gehort zwar zum traditionellen
niederlandischen
Sprachgebiet, jedoch wurde seit der Franzosischen Revolution
Franzosisch
als einzige Amts- und Schulsprache den Bewohnern verordnet, so dass die niederlandische Muttersprache in einem andauernden Sprachprozess zunehmend verdrangt wurde. Andere Gebiete des heutigen
Franzosisch-Flanderns
sind hingegen seit langem von einer franzosischsprachigen Bevolkerung
(Flandre romane, Waals-Vlaanderen)
bewohnt.
Flandern kam im Jahre 843 durch den
Vertrag von Verdun
an
Westfranken
.
Balduin I.
(†
879
), Schwiegersohn
Karls des Kahlen
, grundete das flandrische Grafengeschlecht, das bis 932 das
Artois
eroberte und unter
Balduin V.
(1035?67) 1056 vom
Kaiser
die Belehnung mit Reichsflandern (?Land der vier Ambachten“,
zeelandische Inseln
,
Grafschaft Aalst
) erzwang. Balduin VI. (1067?70) vereinigte vorubergehend den
Hennegau
, Robert I. (1071?93) Holland mit Flandern, dessen politischer und wirtschaftlicher Schwerpunkt fortan im Norden lag. Der Hennegau wurde mit Flandern 1191 unter Balduin VIII. wiedervereinigt, dessen franzosischer Schwager,
Philipp II. August
, Artois zuruckgewann und nach der
Schlacht bei Bouvines
(1214) die franzosische Oberlehnsherrschaft wieder zur Geltung brachte. Erb- und Thronstreitigkeiten (seit 1241) losten den Hennegau wieder von Flandern und zwangen das durch Heirat dem im Mannesstamm erloschenen alten folgende neue Grafengeschlecht
Dampierre
zum Anschluss an Frankreich und zu Zugestandnissen an die flandrischen Stadte Brugge, Gent und
Ypern
. Durch deren Sieg in der
Sporenschlacht
bei Kortrijk (1302) und spateren Verzicht (1320) auf Wallonisch-Flandern (Lille,
Douai
,
Bethune
) wurde das Flamisch, Umgangssprache eines großen Teils der Bevolkerung, auch als Schriftsprache dominant. Durch ihre Haltung wurde 1323?28 ein sozialer Aufstand in Seeflandern hervorgerufen, durch ihre Eifersuchteleien im 14. Jahrhundert das Unternehmen der
Artevelde
gegen die Grafen Ludwig I. und Ludwig II. vereitelt und 1385 die Vereinigung von Flandern mit Burgund erleichtert.
Nach dem Tod des letzten burgundischen Herrschers
Karls des Kuhnen
in der
Schlacht bei Nancy
1477 wurden seine Besitzungen zwischen dem habsburgischen Erzherzog Maximilian von Osterreich, dem spateren Kaiser
Maximilian I.
, und Konig
Ludwig XI.
von Frankreich aufgeteilt. Flandern kam dabei unter die Herrschaft der
Habsburger
und war Teil des Heiligen Romischen Reichs Deutscher Nation. Nach dem Tod
Karls V.
wurden die gesamten ehemaligen burgundischen Besitzungen einschließlich Flanderns den spanischen Habsburgern zugesprochen. Diese versuchten mit Gewalt, den sich ausbreitenden Protestantismus zu unterdrucken. Deswegen und auch wegen der Einschrankung der alten Freiheiten kam es zum Aufstand der niederlandischen Provinzen gegen Spanien. Die Provinzen der
Utrechter Union
sagten sich 1579 von Spanien los und konnten ihre Unabhangigkeit im sogenannten
Achtzigjahrigen Krieg
erkampfen. Im
Westfalischen Frieden
wurde 1648 die Unabhangigkeit der (nordlichen) Niederlande international bestatigt, wahrend Flandern mit den sudlichen Provinzen unter spanischer Herrschaft blieb. In den Kriegen mit
Ludwig XIV.
von Frankreich musste Spanien sudliche Teile seiner Besitzungen an Frankreich abtreten (u. a. das Artois) und es bildete sich in etwa der heutige Grenzverlauf zwischen Belgien und Frankreich heraus. Nach dem Aussterben der spanischen Habsburger und dem
Spanischen Erbfolgekrieg
kam Flandern mit den anderen ehemals spanischen Provinzen im
Frieden von Utrecht
1713 unter osterreichisch-habsburgische Herrschaft und verblieb dort, bis es im Rahmen der Franzosischen Revolutionskriege 1794 von Frankreich erobert wurde. Auf dem
Wiener Kongress
wurde 1815 das
Vereinigte Konigreich der Niederlande
geschaffen, das das heutige Belgien, Luxemburg und die Niederlande umfasste. In der
Belgischen Revolution
von 1830 spaltete sich der Sudteil jedoch ab, und das Konigreich Belgien wurde gegrundet. Seitdem teilt Flandern die Geschichte Belgiens.
Nach dem Uberfall Deutschlands auf das neutrale Belgien im
Ersten Weltkrieg
verlief die deutsch-franzosisch/britische Front vier Jahre lang quer durch Flandern. Es war Schauplatz erbitterter Schlachten (
Erste
,
Zweite
und
Dritte Flandernschlacht
). Der Stellungskrieg der Armeen in Belgien zerstorte viele Dorfer und Stadte dieser Region. Die Namen einiger kleiner flandrischer Ortschaften rufen noch Erinnerungen an das große Sterben hervor:
Ypern
,
Passendale
,
Langemark
. In zahlreichen Orten erinnern Denkmaler und Soldatenfriedhofe an die Schrecken.
Seit dem
Zweiten Weltkrieg
wuchs in Flandern die Wirtschaftskraft und parallel dazu das Selbstbewusstsein gegenuber dem fruher dominierenden wallonischen Landesteil. Teilweise außert sich dies in Sezessionsbestrebungen, die politisch in den Parteien
N-VA
und
Vlaams Belang
artikuliert werden. 1958 wurde in einem Bericht des Harmel-Zentrums eine Sprachgrenze vorgeschlagen. Die Entitaten ?Flandern“ und ?
Wallonien
“ wurden auf dieser Grundlage 1962/63 zum ersten Mal territorial festgelegt, indem Belgien gesetzlich (durch die ?
Gilson-Gesetze
“) in drei einsprachige Gebiete ? Flandern, Wallonien,
Deutschbelgien
? und ein zweisprachiges Gebiet
Brussel
eingeteilt wurde.
Die Institutionen der Region Flandern wurden bereits 1980 mit denen der
Flamischen Gemeinschaft
zusammengelegt und haben ihren Sitz in
Brussel
. Nach politischen Reformen in Belgien wurde am 22. Dezember 1981
Gaston Geens
erster
Ministerprasident von Flandern
und hatte dieses Amt zu seiner Ablosung durch
Luc Van den Brande
am 21. Februar 1992 mehr als zehn Jahre inne. Seit der Verfassungsanderung von 1993 ist Belgien auch formal
bundesstaatlich
organisiert.
Amtssprache
in Flandern und allgemein gebrauchliche Schriftsprache ist die niederlandische Standardsprache. Als
belgisches Niederlandisch
unterscheidet sie sich leicht vom Sprachgebrauch in den Niederlanden. Gesprochen werden in Flandern zum großen Teil Dialekte, die sich in
Ostflamisch
,
Westflamisch
,
Brabantisch
und
Limburgisch
unterteilen lassen.
In den flamischen Gemeinden in der Umgebung von
Brussel
, aber auch sonst entlang der Sprachgrenze zwischen niederlandischsprachigem Flandern und franzosischsprachiger Wallonie leben viele Belgier mit
Franzosisch
als Muttersprache. In einem Teil dieser Gemeinden haben die Franzosischsprachigen gesetzlich Anspruch auf die Verwendung ihrer Sprache im Umgang mit den Behorden bzw. in der Schule. (In einigen Gemeinden der Wallonie gibt es diesen Anspruch auch fur die Niederlandischsprachigen.) Die Einrichtungen fur die Anderssprachigen werden
Fazilitaten
genannt und eine entsprechende Gemeinde
Fazilitaten-Gemeinde
.
Wichtige flamische Stadte sind
Antwerpen
(530.630 Einwohner),
Gent
(265.086),
Brugge
(118.509),
Lowen
(102.236),
Aalst
(88.854),
Mecheln
(86.996),
Hasselt
(79.524),
Kortrijk
(77.741) und
Ostende
(71.557).
Wahrend Flandern von 1482 bis zum
Ersten Koalitionskrieg
1794 praktisch unter dauerhafter
habsburgischer
und damit
katholischer
Vorherrschaft stand, sagten sich die nordlicher gelegenen und sich uberwiegend zum
Protestantismus
bekennenden niederlandischen Provinzen von Habsburg los und grundeten 1581 die
Republik der Sieben Vereinigten Niederlande
, einen Vorlaufer des heutigen
niederlandischen Staates
. Die Reformation fand auch in Flandern zunachst Anhanger, konnte hier aber von den Habsburgern unterdruckt werden. So war Flandern in der
Reformationszeit
eines der Zentren der
radikal-reformatorischen
Tauferbewegung
. Unterdruckung und Verfolgung ließen die Gemeinden jedoch aussterben, viele Taufer wanderten in andere niederdeutsche Regionen aus (vgl.
niederdeutsche Taufer
). Entsprechend gab es in den Niederlanden, Deutschland und unter den Russlandmennoniten lange Zeit noch flamische Mennonitengemeinden.
[4]
Bis heute sind die
Flamen
uberwiegend katholisch. Im 19. und 20. Jahrhundert war Flandern fur die ausgepragte katholische Frommigkeit bekannt. Die Region brachte zahlreiche Priester und Ordensangehorige hervor, die oft auch in der Mission in Ubersee tatig waren. Auch war Flandern ein Zentrum des
Politischen Katholizismus
bzw. nach 1945 der
Christdemokratie
. Seit den 1960er Jahren setzte auch hier wie in anderen Gebieten Westeuropas eine starkere
Sakularisierung
ein.
Nach der Parlamentswahl vom 8. November 1981 wurde die erste Regierung Flanderns (
Vlaamse executieve
) gebildet.
Zusammensetzung des Flamischen Parlaments (2019?2024)
[
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]
Die Flamische Region ist in funf Provinzen gegliedert:
Flagge
|
Provinz
|
Hauptstadt
|
Bezirke
|
Gemeinden
|
Einwohner
1. Januar 2022
|
Flache
km²
|
Dichte
Einw./km²
|
NIS-
Code
|
Provinz Antwerpen
|
Antwerpen
|
Antwerpen
|
3
|
69
|
1.886.609
|
2.867,42
|
658
|
10000
|
Provinz Flamisch-Brabant
|
Flamisch-Brabant
|
Lowen
|
2
|
65
|
1.173.440
|
2.106,13
|
557
|
20001
|
Provinz Limburg
|
Limburg
|
Hasselt
|
3
|
42
|
885.951
|
2.422,15
|
366
|
70000
|
Provinz Ostflandern
|
Ostflandern
|
Gent
|
6
|
60
|
1.543.865
|
2.982,24
|
518
|
40000
|
Provinz Westflandern
|
Westflandern
|
Brugge
|
3
|
64
|
1.209.011
|
3.144,32
|
385
|
30000
|
Flandern
|
Region Flandern
|
Brussel
|
17
|
300
|
6.698.876
|
13.522,26
|
495
|
2000
|
Flandern erlebte ab dem 9. Jahrhundert bis zum 12. Jahrhundert einen wirtschaftlichen Aufschwung. Wegen der Bedrohung durch die Wikinger verlagerten sich die Aktivitaten von der Kuste ins Landesinnere,
Gent
,
Tournai
und
Valenciennes
wurden Handelsniederlassungen. Im Folgenden wuchsen die Stadte stark an. Grundlage war neben dem Handel die Schafzucht und Wollverarbeitung. Auf den Kreideboden und salzigen
Groden
wurde Schafzucht in riesigem Ausmaß betrieben.
Ypern
scheint die erste flamische Stadt gewesen zu sein, die Textilen fur den Fernhandel produzierte. Der damit einhergehende Bevolkerungszuwachs fuhrte spater dazu, dass Flamen zu den britischen Inseln und in Gebiete an und ostlich der Elbe, wie
Altmark
und
Brandenburg
auswanderten. Im 14. Jahrhundert ging die Wirtschaft durch die Pest und Kriege zuruck.
[6]
Im 19. Jahrhundert erfasste die
industrielle Revolution
, begunstigt durch erhebliche
Kohlevorkommen
, vor allem die sudliche Nachbarregion
Wallonie
, wahrend sich in Flandern nur Gent zu einem Industriezentrum entwickeln konnte. Anders als im von Kohle- und
Stahlindustrie
gepragten Suden Belgiens konzentrierten sich in Gent jedoch in erster Linie textilverarbeitende Unternehmen, das damit an eine bis ins Mittelalter zuruckreichende Tradition als Textilhandelsmetropole anknupfen konnte. Insgesamt profitierte Flandern traditionell stark von Handel und Seefahrt, jedoch sehr viel weniger von der beginnenden Industrialisierung als die Wallonie und wurde wirtschaftlich zunehmend abgehangt.
Mit dem Niedergang der wallonischen
Schwerindustrie
in der zweiten Halfte des 20. Jahrhunderts setzte dort ein bis heute andauernder
Strukturwandel
ein, wahrend sich nun Flandern zum wirtschaftlich fuhrenden Teil Belgiens entwickelte. Flandern profitiert insbesondere von der wirtschaftlichen Bedeutung Antwerpens, die wiederum vor allem auf den
Antwerpener Hafen
zuruckgeht sowie auf Antwerpens Rang als weltweit fuhrendes Zentrum fur Handel und Verarbeitung von
Diamanten
.
Im Vergleich zum
Bruttoinlandsprodukt
der
Europaischen Union
, ausgedruckt in Kaufkraftstandards, erreicht Flandern im Jahr 2017 120 Prozent des Durchschnitts der
EU-27
(Belgien 116 Prozent; Wallonien 84 Prozent).
[7]
- Flandern Wegweiser.
Hrsg. Tourismus Zentrale, Flandern, 2014.
- ↑
La Libre (Belgien)
:
La Belgique est desormais un peu plus grande
.
online
, publiziert am 10. Januar 2019 um 19h22: Anpassung der Flache an neue Vorgaben von
Eurostat
, wodurch die Grundflache durch die Einbeziehung von Stranden bei Niedrigwasser ab 2019 um 160 km
2
großer geworden ist
- ↑
a
b
Bevolkerung nach Wohnsitz, Nationalitat, Familienstand, Alter und Geschlecht.
In:
statbel.fgov.be.
Statbel ? Direction generale Statistique ? Statistics Belgium (
Foderaler Offentlicher Dienst
)
;
abgerufen am 22. Mai 2023
- ↑
Notitia dignitatum
Occ. XXXVIII
- ↑
Global Anabaptist Mennonite Encyclopedia Online:
Flemish Mennonites
- ↑
Geschiedenis van de Vlaamse overheid.
Abgerufen am 21. Marz 2023
(niederlandisch).
- ↑
Michael Borgolte:
Die Welten des Mittelalters
. C. H. Beck, Munchen 2022,
ISBN 978-3-406-78446-0
,
S.
734
f
.
- ↑
Regionales BIP pro Kopf reichte im Jahr 2017 von 31 % bis 626 % des EU-Durchschnitts.
Abgerufen am 3. Oktober 2019
.
51.033333333333
4.2666666666667
Koordinaten:
51° 2′
N
,
4° 16′
O