Familienfideikommiss

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Das Familienfideikommiss (Aussprache: [ …?fide.ik??m?s ] oder [ …?fiːde.ik??m?s ]; lateinisch fidei commissum ‚zu treuen [Handen] belassen‘ ) ist eine Einrichtung des Erb- und Sachenrechts , wonach durch Stiftung das Vermogen einer Familie , meist Grundbesitz , auf ewig geschlossen erhalten werden sollte und immer nur ein Familienmitglied allein, der Fideikommissbesitzer, das Nießbrauchsrecht innehatte. Davon zu unterscheiden ist das private Grundeigentum eines Familienmitglieds (des Landesherrn ), die Schatulle , die seiner freien Verfugung zu Lebzeiten und von Todes wegen unterlag.

Das Familienfideikommiss steht den Lehen , Stammgutern und familiaren Stiftungen nahe.

Definition [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Das Familienfideikommiss war ein Sondervermogen einer Familie (Obereigentumer), das ungeteilt in der Hand eines Familienmitgliedes (Nutzeigentumer) blieb. Der Inhaber erhielt nur den Ertrag des Vermogens zur freien Verfugung. Vollstreckungen in das Vermogen wegen Schulden des Inhabers waren ausgeschlossen. Dadurch blieben die vermogensrechtliche Grundlage fur eine Familie und ihre soziale Stellung gesichert, selbst im Falle eines Konkurses. [1] Das Fideikommiss beruhte auf rechtsgeschaftlicher Stiftung ? zum Beispiel durch testamentarische Bestimmung; der Stifter legte die Erbordnung (in der Regel Primogenitur ) fest.

Folgende im damaligen Stil formulierte Erklarung findet sich im 19. Jahrhundert dazu: [2]

?[Ein Fideikommiß ist] nach dem rom. Rechte die Bestimmung eines Erblassers, dass sein Erbe eine einzelne Sache (Singularfideicommiß oder Legat ) oder einen Theil oder das Ganze der Erbschaft ( Universalfideikommiss ) an einen Andern entweder sofort oder nach einer gewissen Zeit, auch wol bei dem Eintritte gewisser Bedingungen herausgeben soll. Der Erbe, welcher die Erbschaft abzutreten hatte, hieß fiduciarius , der Empfanger fideicommissarius . Unter Kaiser Vespasian wurde verordnet, dass der Fiduciar bei der Herausgabe den vierten Theil der Erbschaft fur sich behalten durfe. […] Die Universalfideicommisse kommen jetzt nur noch selten vor und die Singularfideicommisse werden wie Legate behandelt. Sehr verschieden hiervon sind die neuen Fideikommisse (Fideikommisse successiva), d. h. Stiftungen, wodurch eine Vermogensmasse fur unveraußerlich erklart und die Ordnung vorgeschrieben ist, nach welcher die Mitglieder einer Familie oder andere dazu Berufene einander in dem Genusse dieser Gutermasse folgen sollen. Bei Fideikommissen solcher Art hat der Fiduciar bei der Herausgabe keinen Anspruch auf den vierten Theil. Zur Errichtung derselben ist nach sehr vielen Landesgesetzen und vermoge allgemeiner Grundsatze stets die Erlaubniß des Staates nothig, da dieselben, wenn sie zu haufig vorkamen, in alle Verhaltnisse des gemeinen Wesens sehr storend eingreifen wurden.“

Das Familienfideikommiss war rein privatrechtlicher Natur und damit vom ( allodifizierten ) Lehen zu unterscheiden, das auch offentlich-rechtliche Merkmale aufwies.

Von der Stiftung im eigentlichen Sinne unterscheidet sich das Fideikommiss dadurch, dass es keine juristische Person ist, sondern ein Eigentum des jeweiligen Inhabers. Es ist aber kein freies Eigentum, sondern durch die festgelegte Erbfolgeregelung (Sukzessionsordnung) gebunden, fiel also im Todesfalle nicht in das allgemeine Erbe. [3]

Ausgestaltung der Familienfideikommisse [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Unter einem Familienfideikommiss wird eine Anordnung des Erblassers verstanden, kraft derer ein Teil des Nachlasses vom Rest mit der Wirkung ausgesondert wird, dass der ausgesonderte Teil des Nachlasses rechtlich in ein Ober- und ein Nutzungseigentum aufgespalten wird. Das Nutzungseigentum stand immer nur einem Familienmitglied zu. Die Familie als Ganzes behielt das Obereigentum. Demnach war derjenige, welcher aus dem Familienfideikommiss begunstigt worden ist, weder zur Verfugung noch zur Belastung des Eigentums befugt (gebundenes Vermogen). Der aus dem Familienfideikommiss Begunstigte konnte uber sein Nutzungseigentum auch nicht frei von Todes wegen verfugen.

Das vermogensrechtliche Schicksal des Nießbrauchs an dem gebundenen Vermogen bestimmte sich nach der Sukzessionsordnung der Stiftungsurkunde. Der Stifter des Familienfideikommisses konnte zwischen Senioraten , Majoraten , Minoraten und Primogenituren wahlen. Eine Besonderheit war die weibliche Erbfolge, die nur gebietsweise bestand, so in Mecklenburg nach dem Erbjungfernrecht , und in Osterreich (wo seit der Pragmatischen Sanktion der Habsburger weibliche Erbfolge prinzipiell zulassig war). [4]

Es konnten nur solche Gegenstande dem Familienfideikommiss gewidmet werden, mit denen Ackerbau, Viehzucht und ahnliches verbunden, und die keiner Grundherrschaft unterworfen waren. Herrenhauser und ahnliche Gebaude konnten dem Familienfideikommiss aber ebenso wie Familienarchive und Bibliotheken zugeschlagen werden.

Sozialgeschichtliche Bedeutung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Gedenktafel uber den Fideikommiss des Amtsrates Johann Christian Degener im Landschaftspark Degenershausen ( Falkenstein/Harz )

Die Familienfideikommisse wurden zum Erhalt des Familienvermogens adeliger Familien uber Generationen hinweg eingesetzt. Schlosser, Burgen und Herrensitze mit den dazugehorigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben waren oft in den Familienfideikommissen gebunden. Sie waren damit ein wichtiges Werkzeug des adelsfamiliaren Großgrundbesitzes .

Sie dienten vor allem auch dazu, adelige Sohne, die schlecht besoldete, aber prestigetrachtige und einflussreiche Amter in Staat und Heer einnahmen, finanziell mit den Ertragen aus dem Familienvermogen zu versorgen ( Apanagen ). Gleichzeitig aber starkten sie durch das Eigentum durch das Familienoberhaupt den Zusammenhalt der Adelshauser, sozial wie wirtschaftlich, als spatneuzeitliche Form der Hausmacht ohne Zersplitterung durch Erbteilung . In der Hochindustrialisierung des 19. Jahrhunderts erreichten sie auch darum einen Hohepunkt der Bedeutung, weil Grund und Boden in Umbruchszeiten als sicheres Anlagevermogen gilt, und das Konstrukt den Erhalt fur die Adelsfamilien sicherte. [5]

Im 19. Jahrhundert gerieten die Familienfideikommisse in die Kritik, weil sie durch das sie betreffende Verfugungsverbot nicht am Guteraustausch teilhaben konnten und damit das Wachstum des Sozialproduktes bremsten. Da sie auch einem Belastungsverbot unterlagen, konnten sie ebenfalls nicht als Realkreditsicherheiten eingesetzt werden. Auch behinderte das Belastungsverbot die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit. Ferner wurden die Familienfideikommisse als Sonderrecht des Adels kritisiert. Zudem wurden die Familienfideikommisse auch in Ansehung der Eigentumsfreiheit als eine zu starke Einschrankung empfunden. Durch die Familienfideikommisse konnte die ? kalte Hand “ des Erblassers uber Generationen hinweg das Schicksal des Eigentums ohne Mitwirkung der das Eigentum innehaltenden Familie lenken.

Außerdem gerieten Fideikommisse in Misskredit, wenn sie als ein machtpolitisches Instrument der ehemaligen Grundherrschaften nach Abschaffung der Leibeigenschaft ( Bauernbefreiung ) genutzt wurden, etwa, um geschlossene große Wald- und Jagdgebiete herzustellen. [6] Daher wurden sie als Relikte des Feudalismus sowohl von der Sozialdemokratie wie auch spater vom Nationalsozialismus bekampft. [5]

Durch die Auflosung in Deutschland und Osterreich 1938 wurden die Inhaber, die nun entscheidungsfreie Eigentumer der Vermogensmasse der Fideikommisse wurden, gezwungen, jene wie bei regularer Erbteilung innerhalb der Familie aufzuteilen. [7] Gleichzeitig wurden Objekte von offentlichem Interesse, insbesondere Großwalder und Kulturgut ? zwei Bereiche, auf die auch die NS-Machthaber großen Wert legten ? mit besonderen Auflagen belegt ( Schutzforste und Denkmalschutz ). [8]

Fur die Geschichtsforschung stellen sie heute einen Problemfall dar. Wahrend die allgemeinen Archive der Grundherrschaften, die in den zustandigen Gerichten auflagen, heute durchwegs frei zuganglich sind, sind die Familienfideikommiss-Archive, selbst wenn sie in offentlichen Archiven deponiert sind, nur mit Einverstandnis der Eigentumer einsehbar. [9]

Geschichte und Nationales [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Romischen Recht war das Fideikommiss eine testamentarische Verfugung, die dem Erben auftrug, das Geerbte nach bestimmter Zeit ? meist in Verbindung mit dem Eintreten eines bestimmten Ereignisses (z. B. Geburt oder Heirat) ? ganz oder teilweise an einen Dritten abzutreten. Ursprunglich als lediglich sittliche Verpflichtung nicht klagbar, [10] konnte das Fideikommiss, vergleichbar den formlichen Legaten , vor dem Prator (eigens: praetor fideicommissarius ) durchgesetzt werden. Die klassische Jurisprudenz hatte das Fideikommiss entwickelt, um Gesetzen zur Erbschaftsbeschrankung entgegenzuwirken. Namentlich richtete sich das Institut gegen die augustaische Ehegesetzgebung der lex Voconia , die die Erbeinsetzung von Frauen verbot. [11]

Deutschland [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Mit der Rezeption des romischen Rechts in Deutschland entstand ein Bedurfnis, die in den zuvor herrschenden Rechtsordnungen ubliche Rechtsfolge von Todes wegen uber den Mannesstamm nach Parentelen vor der Testier- und Eigentumsfreiheit des gemeinen Rechts zu schutzen. Es wurde daher dem Erblasser ermoglicht, als Stifter eines Familienfideikommisses einen Teil des Vermogens abzusondern und der romisch-rechtlichen Eigentumsordnung zu entziehen. In Bezug auf Stammguter war dies bereits durch Observanz und Familienvereinbarung bei Einzug des romischen Rechts in Deutschland anerkannt. Die Familienfideikommisse entwickelten sich aus testamentarischen Anordnungen, die Teilungs- und Veraußerungsverbote enthielten. Daraus wurde die Fiktion einer successio ex providentia et pacto maiorum (durch Nachfolge aus Vorsicht und Vertrag der Vorfahren) gegrundet. Die Rechtsgultigkeit solcher Anordnungen wurde aus der romisch-rechtlichen fideikommissarischen Substitution und in Analogie zum Investiturvertrag abgeleitet. Seit nicht nur altadelige Familien den Nachlass betreffende Teilungs- und Veraußerungsverbote aussprechen konnten, entstanden neben den Stammgutern die Familienfideikommisse.

Durch das preußische Edikt von 9. Oktober 1807 wurde eine Auflosung eines Familienfideikommisses durch Familienbeschluss zugelassen. Dadurch konnte die Familie die Anordnungen, welche der Stifter des Familienfideikommisses nachfolgenden Generationen anheimgegeben hatte, aufheben und ihre volle Verfugungs- und Testierfreiheit uber das Vermogen wiederherstellen. In den durch Napoleon I. besetzten deutschen Landesteilen wurde das Familienfideikommiss ganzlich abgeschafft oder sehr stark eingeschrankt. Seit dem Wiener Kongress sind aber Familienfideikommisse auch dort wieder zugelassen worden.

Seit der Aufhebung der Grundherrschaft in Preußen entstand die paradoxe Situation, dass wegen des Edikts von 1807 einerseits Familienfideikommisse durch Familienbeschluss aufgelost werden konnten, andererseits aber jeder Bauer ein Familienfideikommiss stiften konnte. Um einerseits die Versorgungsfunktion der Familienfideikommisse aufrechtzuerhalten, musste das gebundene Vermogen einen Mindestertrag abwerfen. Um andererseits dem wirtschaftlichen Verkehr nicht zu viel Vermogen zu entziehen, war der Ertrag aber auf eine Hochstgrenze beschrankt.

Bereits die Paulskirchenverfassung von 1848 forderte die Auflosung der Familienfideikommisse. Mit Inkrafttreten des Burgerlichen Gesetzbuches zum 1. Januar 1900 wurde die burgerliche Rechtseinheit in den deutschen Gebieten, die das Kaiserreich umfasste, eingefuhrt. Nach Art. 59 des Einfuhrungsgesetzes zum Burgerlichen Gesetzbuch blieben das Recht der Bundesstaaten uber die Familienfideikommisse unberuhrt. Seit Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung setzte man sich die Abwicklung des gebundenen Vermogens erneut als Ziel.

Nach der Novemberrevolution wurden die Vorrechte des Adels abgeschafft. Auch die Familienfideikommisse sollten gemaß Art. 155 Weimarer Verfassung 1919 beseitigt werden. Dies musste nicht in einem sofortigen Schritt geschehen, die Auflosung konnte uber den Zeitablauf erfolgen. Die konkrete Umsetzung erfolgte durch Landesrecht. In Preußen waren dies die Familienguter-Verordnung vom 30. Dezember 1920 [12] und die Zwangsauflosungs-Verordnung vom 19. November 1920. [13] Danach konnten die Familienfideikommisse bis zum Tod des Inhabers per 1. Januar 1921 bestehen bleiben und sollten danach aufgelost werden. Vorzugsweise sollte diese Auflosung auf freiwilliger Basis durch eine Vereinbarung aller berechtigten Familienmitglieder ( Familienschluss ) geschehen, sie konnte aber auch angeordnet werden. Hierzu wurden Auflosungsamter fur Familienguter geschaffen, die richterliche Kompetenzen hatten. Diese wurden 1935 in Fideikommisssenate bei den Oberlandesgerichten umgewandelt (Gesetze zur Vereinheitlichung der Fideikommißauflosung) . [14] [15] Die Auseinandersetzungen in der Familie um die Modalitaten der Auflosung und der Wahrung des Besitzstandes konnten sich uber Jahre hinziehen. [16]

Im Jahre 1938 wurden die (in Deutschland bis heute geltenden) Bereinigungsvorschriften erlassen. Das Gesetz uber das Erloschen der Familienfideikommisse und sonstiger gebundener Vermogen [17] vom 6. Juli 1938 und die dazugehorige Verordnung [18] vom 20. Marz 1939 regelten das weitere Schicksal der gebundenen Vermogen. Demnach sollten die Fideikommisse zum 1. Januar 1939 erloschen; um allerdings Anspruche von Familienangehorigen und sonstige mit dem Fideikommiss verstrickte Verhaltnisse zu regeln, wurde eine Sperrfrist gesetzt; eine endgultige Auflosung sollte erst mit Erteilung des sogenannten Fideikommiss-Auflosungsscheines rechtskraftig werden. Durch die Kriegsverhaltnisse mussten die Sperrfristen spater auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Es waren daher nach dem Zweiten Weltkrieg noch vereinzelt Vermogen mit Fideikommisseigenschaft anzutreffen.

Die Rechte, welche durch die aufgehobenen Vorschriften der Fideikommisse oder auf ihrer Grundlage begrundet worden sind, sind durch die Aufhebung nicht beruhrt worden. Das betraf auch eingetragene Hypotheken, Geld, Wertpapiere oder in ihrer Gesamtheit durch Treuhander verwaltete Vermogen. [19]

Noch heute gibt es daher in Deutschland auch bei einigen Oberlandesgerichten (zum Beispiel den bayerischen Oberlandesgerichten, [20] dem OLG Frankfurt [21] und dem OLG Jena ) eine Spezialzustandigkeit eines Senates hinsichtlich Rechtsstreitigkeiten, die Fideikommisse betreffen. Beim Bundesgerichtshof ist der V. Zivilsenat zustandig.

Zum 23. November 2007 wurde das Gesetz zur Aufhebung von Fideikommiss-Auflosungsrecht [22] erlassen, welches den Auflosungsprozess abschließen soll.

Osterreich [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In Osterreich waren die Fideikommisse nach §§ 618 bis 645  ABGB , JGS Nr. 946/1811, geregelt. [23] Sie wurden entweder als Primogenitur , als Majorat oder als Seniorat vererbt, je nachdem ob der Stifter die Nachfolge entweder dem Erstgeborenen aus der alteren Linie oder dem Nachsten aus der Familie dem Grade nach (unter mehreren dem jeweils Alteren) oder schließlich, ohne Rucksicht auf die Linie, dem jeweiligen Familienaltesten zugedacht hat. Die ubliche Form im osterreichischen Adel war das Majorat.

Sie waren noch Ende des 19. Jahrhunderts das vorherrschende Werkzeug des Großgrundbesitzes, so besaßen um 1895 die 297 Familien, die einen Fideikommiss eingerichtet hatten, 1,2 Mio Hektar Land (von gesamt 30 Mio ha, und von 8,7 Mio. ha Großgrundbesitz mitsamt Kirche und Bourgeoisie). [24]

1918/19 wurde die prinzipielle Aufhebung zwar diskutiert, [25] aber nicht durchgesetzt. Aufgehoben und verstaatlicht wurden nur einige wichtige Familien-Fideikommisse und -Fonds des Kaiserhauses mit dem Habsburgergesetz (§ 6 Abs. 2). Die Aufteilung auf die Nachfolgestaaten der Monarchie wurde durch einen Staatsvertrag von 1924 geregelt. [26]

Mit dem Anschluss trat auch hier das deutsche Gesetz uber das Erloschen der Familienfideikommisse (FidErlG) [17] mitsamt Durchfuhrungsverordnung (DVFidErlG) [18] per 1. Oktober 1938 [27] in Kraft, und damit ruckwirkend die formale Aufhebung in der Weimarer Verfassung per 1919. [28] Diese Entscheidung ist bis heute rechtsgultig. [29] Als Fideikommißgericht erster Instanz [14] wurde das Oberlandesgericht Wien in Form eines Sondergerichts bestimmt. [30]

Das FidErlG selbst wurde mit der Bundesrechtsbereinigung 1999 als veraltet aufgehoben. [31] Heute spielen Fragen der Fideikommisse nurmehr in vereinzelten Fallen eine Rolle, etwa bei Grundbuchseintragen. [32]

Schweiz [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In der Schweiz bestanden 2011 etwa zwanzig Fideikommisse, u. a. jenes von Leonhard Zollikofer (1529?1587) mit seinen Neffen der Georg- und Laurenz-Linien 1586 begrundete Fideikommiss Schloss Altenklingen . Die Grundung neuer Fideikommisse ist seit der Einfuhrung des Zivilgesetzbuches schweizweit nicht mehr gestattet. Im Fall der Veraußerung eines fideikommissverstrickten Vermogensgegenstandes ist fraglich, ob die Abwicklung unter Berucksichtigung der Gleichberechtigung von Mann und Frau zu erfolgen hat. [33]

Großbritannien [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Vereinigten Konigreich wurde das Rechtsinstitut des Fideikommisses (fee tail) 1925 abgeschafft ( Law of Property Act 1925 , s.1).

Schweden [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In Schweden bestehen noch etwa zehn Fideikommisse adeliger Familien, die seit den 1960er Jahren auf Antrag verlangert wurden. [34]

Nachfolgeeinrichtungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Mit der Auflosung in Deutschland und Osterreich sind die Fideikommisse freies Eigentum in der Hand des jeweils letzten Inhabers geworden. Nach wie vor kann ein Erblasser seinem Interesse, das Nachlassvermogen in der Familie zu halten, rechtliche Geltung verschaffen:

  • Im deutschen Recht kann er dies durch Anordnung einer Vorerbschaft teilweise erreichen. Die Vorerbschaft ist aber auf die Dauer von 30 Jahren beschrankt. Diese Zeitbeschrankung gilt allerdings unter anderem in dem haufigen Fall nicht, in dem der Nacherbfall mit dem Tod des Vorerben eintritt und der Nacherbe bereits vor dem Tod des ursprunglichen Erblassers geboren war.
  • Im osterreichischen Recht kann der Erblasser eine Nacherbschaft anordnen und den Zeitpunkt festlegen, zu dem der Nacherbe die Erbschaft nach dem Vorerben ubernimmt. Mangels anderer Anordnung tritt der Nacherbfall mit dem Tod des Vorerben ein ( § 608 ABGB). Der Testator kann unbegrenzt viele naturliche Personen als Nacherben hintereinander einsetzen, wenn diese zur Zeit der Testamentserrichtung bereits geboren oder zumindest gezeugt sind ( § 611 ABGB). Will er jedoch andere als solche Zeitgenossen als Nacherben einsetzen, so beschrankt § 612 ABGB die Nacherbfolge bei Geld und anderen beweglichen Sachen auf zwei nichtzeitgenossische Nacherben, bei unbeweglichen Sachen auf einen nichtzeitgenossischen Nacherben. [35]
  • Auch mit der Grundung von Stiftungen ( Familienstiftung in deutschen Recht, Privatstiftung im osterreichischen) oder von Familienvermogensgesellschaften (Deutschland) respektive allgemeinen Immobilienverwaltungs firmen und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben , und der Eintragung von Nießbrauchsrechten zugunsten oder Beteiligung einzelner Familienmitglieder, und mit einer Einraumung von vorgemerkten Vorkaufsrechten , kann dieses Ziel teilweise erreicht werden.

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Allgemeines:

Deutschland:

Kontemporares (nach Datum):

  • Wilhelm Bornemann: Systematische Darstellung des Preußischen Civilrechts mit Benutzung der Materialien des Allgemeinen Landrechts. 2. vermehrte und verbesserte Ausgabe. Jonas, Berlin 1842?1845.
  • Ludwig Zimmerle : Das deutsche Stammgutsystem nach seinem Ursprunge und seinem Verlaufe. Laupp, Tubingen 1857 ( Digitalisat )
  • William Lewis: Das Recht des Familienfideikommisses. Weidmann, Berlin 1868 (Neudruck: Scientia-Verlag, Aalen 1969).
  • Hans Hermann von Schweinitz: Zum Fideikommißwesen der Gegenwart und Zukunft. Eine Betrachtung zu dem vorlaufigen Entwurf eines Gesetzes uber Familienfideikommisse. Walther, Berlin 1904 ( Digitalisat ).
  • Wilhelm Rakenius : Die Hausguter des hohen Adels und die gewohnlichen Familienfideicommisse. Heidelberg Diss. iur. 1905.
  • Hermann Ramdohr : Das Familienfideikommiß im Gebiete des preußischen Allgemeinen Landrechts. F. Vahlen, Berlin 1909 ( Digitalisat ).

Zeitgenossisches:

  • Siegfried Dorffeldt, Jan Nikolaus Viebrock: Hessisches Denkmalschutzrecht. 2. neubearbeitete Auflage. Deutscher Gemeindeverlag, Mainz-Kostheim 1991, ISBN 3-555-40132-7 ( Kommunale Schriften fur Hessen 38).
  • Jorn Eckert : Der Kampf um die Familienfideikommisse in Deutschland. Studien zum Absterben eines Rechtsinstitutes. Lang, Frankfurt am Main u. a. 1992, ISBN 3-631-44573-3 ( Rechtshistorische Reihe 104), (zugleich: Habilitationsschrift, Universitat Kiel 1991).
  • Barbara Brandner: Die Auflosung der Familienfideikommisse in Thuringen . Dissertation, Universitat Jena 2000.
  • Hartmut Fischer: Die Auflosung der Fideikommisse und anderer gebundener Vermogen in Bayern nach 1918 , Dissertation Munchen 2012; NOMOS Verlag 2013, ISBN 978-3-8487-0423-1 . [36]
  • Gottfried Schiemann : Zum Ursprung der Fideikommisse in Deutschland . In: Dagmar Coester-Waltjen u. a. (Hrsg.): Liber amicorum Makoto Arai. Nomos, Baden-Baden 2015, S. 573?590, ISBN 978-3-8487-2059-0 .
  • Thilo von Trott zu Solz: Erbrechtlose Sondervermogen: uber die Moglichkeiten fideikommißahnlicher Vermogensbindungen. Lang, Frankfurt am Main u. a. 1999, ISBN 3-631-33923-2 ( Europaische Hochschulschriften. Reihe 2: Rechtswissenschaft. 2544; zugleich: Dissertation, Universitat Potsdam 1998).
  • Sven Solterbeck: Blaues Blut und rote Zahlen. Westfalischer Adel im Konkurs 1700?1815. Waxmann Verlag, Munster 2018. ISBN 978-3-8309-3869-9 .

Osterreich:

Kontemporares:

Zeitgenossisches:

  • Otto Fraydenegg-Monzello: Zur Geschichte des osterreichischen Fideikommißrechtes. in: Berthold Sutter (Hrsg.): Reformen des Rechts. Festschrift zur 200-Jahr-Feier der Rechtswissenschaftlichen Fakultat der Universitat Graz. Leykam Verlag, Graz 1979, ISBN 3-7011-7096-7 , S. 777?808.
  • Roman Kovacs: Die Berichtigung des Grundbuchs gemaß § 136 GBG auf Ansuchen, am Beispiel der Vor- und Wiederkaufsrechte fur Familienfideikommisse. Diplomarbeit FH Wien, Marz 2005 ( pdf (PDF) wkimmo.info) ? mit einem grundlegenden Teil 2 Der Familienfideikommiss , S. 2?16.

Schweiz:

  • Marcel Lotscher: Familienfideikommiss und Trust ? Der Binnentrust als Vehikel der privatnutzigen Vermogensperpetuierung in Anlehnung an das altrechtliche Familienfideikommiss der Schweiz. Reihe Wissenschaftliche Beitrage aus dem Tectum Verlag: Rechtswissenschaften , Band 71, Tectum, Marburg 2014, ISBN 978-3-8288-3418-7 .

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Sven Solterbeck: Blaues Blut und rote Zahlen. Westfalischer Adel im Konkurs 1700?1815 . Waxmann Verlag, Munster 2018, ISBN 978-3-8309-3869-9 , S.   260?283 .
  2. Conversationslexikon . 6. Band. Verlag Brockhaus, Leipzig 1852.
  3. Lit. Kovacs: 2005, 3.1 Rechtsnatur des Fideikommisses , S. 4.
  4. § 626 ABGB i. d. F. 1811.
  5. a b Lit. Kovacs 2005, S. 11 f.
  6. Lit. Kovacs 2005, S. 7 f.
  7. Lit. Kovacs 2005, S. 15 f.
  8. §§ 15 resp. 11 Abs. 4 FidErlG (Weblinks s. u.). Lit. Kovacs 2005, S. 12 resp. 3.5.1, S. 13 f.
  9. Volkmar Weiss: Uber Familienverbande in Vergangenheit und Zukunft. In: Familie und Geschichte 10. Jg., 2001 (ganzer Artikel S. 145?151; Angabe nach Lit. Kovacs 2005, 3.2 Fideikommissarchiv , S. 8).
  10. Herbert Hausmaninger , Walter Selb : Romisches Privatrecht . Bohlau, Wien 1981; 9. Auflage; 2001, ISBN 3-205-07171-9 , S. 362 ff. (Bohlau-Studien-Bucher).
  11. Heinrich Honsell : Romisches Recht. 5. Auflage. Springer, Zurich 2001, ISBN 3-540-42455-5 , S. 197 f.
  12. Familienguter-Verordnung vom 30. Dezember. GS 1921 S. 77.
  13. Zwangsauflosungsverordnung fur Familienguter (ZwangsauflosungsVO) vom 19. November 1920. GS S. 463.
  14. a b Gesetz zur Vereinheitlichung der Fideikommißauflosung vom 26. Juni 1935 ( RGBl. I S. 785 ); in Osterreich in Kraft getreten per GBlO 479/1938 (eReader, ALEX Online ).
  15. Horst Romeyk: Verwaltungs- und Behordengeschichte der Rheinprovinz 1914?1945. 1985, ISBN 3-7700-7552-8 , S. 491?520
  16. Siehe am Beispiel des Bernstorffschen Besitzes Gartow Eckart Conze : Adeliges Familienbewußtsein und Grundbesitz. Die Auflosung des Graflich Bernstorffschen Fideikommisses Gartow nach 1919. In: Geschichte und Gesellschaft 25 (1999), S. 455?479 ( JSTOR )
  17. a b Gesetz uber das Erloschen der Familienfideikommisse und sonstiger gebundener Vermogen vom 6. Juli 1938 ( RGBl. I S. 825 ); osterreichische Fassung GBlO 254/1938 (online, ris.bka ), dort insb. Vierter Abschnitt: Besondere Bestimmungen fur Osterreich .
  18. a b Verordnung zur Durchfuhrung und Erganzung des Gesetzes uber das Erloschen der Familienfideikommisse und sonstiger gebundener Vermogen vom 20. Marz 1939 ( RGBl. I S. 509 )
  19. Niedersachsischer Landtag: Drucksache 11/2575 (PDF) S. 62 f.
  20. Art. 54 AGGVG
  21. Erste Verordnung zur Abwicklung der Fideikommisse und der sonstigen gebundenen Vermogen vom 22. Juli 1947 (GVBl. S. 66), § 1
  22. Text des Gesetzes zur Aufhebung von Fideikommiss-Auflosungsrecht ; Begrundung: BT-Drs. 16/5051, S. 45?48 (PDF; 1,0 MB)
  23. §§ 618 ff ABGB, Stf. JGS Nr. 946/1811 (eReader, ALEX Online ).
  24. Lit. Kovacs 2005, S. 5 f.
  25. Abschaffung der Fideikommisse (65 d.B./A-PN) . Parlamentarische Materialien, parlament.gv.at (eingebracht zur Provisorischen Nationalversammlung November 1981).
  26. Romische Konferenz: Ubereinkommen zwischen Osterreich, Ungarn, Italien, Polen, Rumanien und der Tschecho-Slowakei uber Fideikommisse. Kundgemacht BGBl. 152/1924 (eReader, ALEX Online).
  27. § 36 FidErlG 1938.
  28. Eintrag zu Fideikommiss im Austria-Forum  (im AEIOU- Osterreich-Lexikon ).
  29. Gemaß Art. III Abs. 1 Gesetz vom 3. Oktober 1945 uber Maßnahmen zur Wiederherstellung der osterreichischen burgerlichen Rechtspflege , StGBl. 188/1945.
  30. Vergl. Entscheidung des OGH vom 17. November 1977 , Gfz. 6 Ob 670/77, SZ 50/148 (i.d.g.F. online, ris.bka ).
  31. Bundesgesetz zur Bereinigung der vor 1946 kundgemachten einfachen Bundesgesetze und Verordnungen (Erstes Bundesrechtsbereinigungsgesetz ? 1. BRBG). BGBl. I Nr. 191/1999 (vgl. den Eintrag zum FidErlG in ris.bka ).
  32. Siehe Lit. Kovacs: Die Berichtigung des Grundbuchs … 2005.
  33. Fabian Vogt: Erbstreit in Luzerner Patrizierfamilie ? Eine Regelung, die vor hundert Jahren aufgehoben wurde, ist im Fall des Schlosses Castelen noch anzuwenden. In: Neue Zurcher Zeitung vom 12. Marz 2024, Seite 8 / Schweiz
  34. Der Spiegel 13/2021, S. 69, RGR: "Vorrecht fur Adelssohne"
  35. Peter Apathy, Thomas Aigner, Thomas Wolkerstorfer: Zivilrecht VII Erbrecht . 7. Auflage. LexisNexis, Wien 2022, ISBN 978-3-7007-8408-1 , S.   177 .
  36. Besprechung, Werner Schubert: auf koeblergerhard.de (abgerufen am 19. September 2018).