Deutsche Einigungskriege

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Niederwalddenkmal mit bekronender Germania zur Erinnerung an die Einigungskriege
Die Wilde Jagd 1870 . Karikatur aus der osterreichischen Satirezeitung Der Floh vom 25. Dezember 1870: Bismarck halt eine Flagge mit der Aufschrift ? Blut u Eisen Gewalt vor Recht.“

Mit den Deutschen Einigungskriegen setzte Preußen die Idee des deutschen Nationalstaates im Sinn der kleindeutschen Losung durch. Nach den Siegen im Deutsch-Danischen Krieg (1864), dem Deutschen Krieg gegen Osterreich (1866) und dem Deutsch-Franzosischen Krieg (1870/71) entstand das preußisch dominierte Deutsche Kaiserreich . Im historischen Ruckblick wurde die Nationalstaatsbildung mit der Politik von ? Blut und Eisen “ Otto von Bismarcks in Verbindung gebracht.

Vorgeschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach der niedergeschlagenen Deutschen Revolution 1848/49 war die Frage nach einer deutschen Einigung noch nicht geklart. Zwar wurde der Deutsche Bund wiederhergestellt, doch die nationalen Gefuhle wurden dadurch nicht befriedigt. Hinzu kam noch, dass auch der Adel den Nutzen einer nationalstaatlichen Einigung sah, besonders unter wirtschaftlichen Aspekten. Ein einheitlicher deutscher Binnenmarkt sollte die Grundlage sein fur die Fahrt aufnehmende industrielle Revolution in Deutschland .

Deutscher Dualismus [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In der Revolution von 1848/1849 zeichnete sich auch die Moglichkeit einer kleindeutschen Losung ab, dennoch war der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland noch nicht geklart. Die Habsburgermonarchie Osterreich stand dem Deutschen Bund immer noch vor, politisch ebenburtig aber wirtschaftlich starker als der Konkurrent im Suden war allerdings die Monarchie Preußen . Dieser Dualismus zwischen Preußen und Osterreich wurde in den deutschen Einigungskriegen zugunsten Preußen geklart.

Berufung Bismarcks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Rahmen des preußischen Verfassungskonflikts wurde Otto von Bismarck im Jahr 1862 vom preußischen Konig Wilhelm I. zum Ministerprasidenten ernannt. Bismarck regierte gegen die preußische Verfassung und legte in dieser Zeit den Grundstein fur die deutschen Einigungskriege. Seine Heeresreform war Grundlage fur die erfolgreichen preußischen Kriege. Auch seine Einstellung hinsichtlich der Losung politischer Probleme war bedeutend fur die folgende, kriegerische Haltung Preußens. Allerdings ist Bismarck vor allem anzurechnen, dass er die liberalen Krafte in Preußen fur eine deutsche ?Einigung von oben“ gewinnen konnte.

Deutsch-Danischer Krieg [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Erinnerung an den 1. Einigungskrieg bei Duppel , im Mai 1945 gesprengt

Ursachen und Grunde [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach der niedergeschlagenen Schleswig-Holsteinischen Erhebung ging es im Zweiten Schleswig-Holsteinischen Krieg im Wesentlichen um die nationale Anbindung des Herzogtums Schleswig . Vorausgegangen war ein Verfassungskonflikt innerhalb des Danischen Gesamtstaates . Danemark, das Schleswig, Holstein und Lauenburg verwaltete (Schleswig als danisches Lehen, Holstein und Lauenburg als Mitgliedstaaten des Deutschen Bundes), fuhrte im November 1863 nach der Ablehnung der vorherigen Gesamtstaatsverfassung durch den Deutschen Bund die sogenannte Novemberverfassung ein, die Schleswig verfassungsrechtlich enger an Danemark binden sollte. Dies verstieß aber gegen das Londoner Protokoll von 1852 , welches zwar die Integritat des danischen Gesamtstaates als ?standiges Prinzip“ betonte, aber auch vorschrieb, Schleswig verfassungsrechtlich nicht enger an Danemark zu binden als Holstein. Preußen nahm dies zum Anlass, um die Spannungen zwischen Danemark und dem Deutschen Bund zu verscharfen. Der Bundestag beschloss am 1. Oktober 1863 eine Bundesexekution gegen die danisch regierten Herzogtumer Holstein und Lauenburg im Deutschen Bund, am 23. Dezember 1863 ruckten schließlich Truppen des Bundes in Holstein und Lauenburg ein. Anfang Februar 1864 uberschritten Preußen und Osterreich die Eider und besetzten ohne Zustimmung des Bundestages auch Schleswig. [1]

Verlauf [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Armeen Preußens und Osterreichs besiegten innerhalb weniger Monate die danischen Truppen. Verhandlungen uber eine mogliche nationale Teilung Schleswigs im Sommer 1864 scheiterten. Kriegsentscheidend war die Ersturmung der Duppeler Schanzen am 18. April 1864 durch die Preußische Armee. [2] Das war aus preußischer Sicht auch notig; denn wegen des 1852 geschlossenen Londoner Protokolls furchtete Bismarck bei einem zu lange dauernden Krieg die militarische oder politische Einmischung Frankreichs oder Russlands.

Folgen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Osterreich annektierte das Herzogtum Holstein, Preußen das Herzogtum Schleswig. In diesem Krieg wurde somit die nordliche Grenze eines zukunftigen Deutschlands festgelegt. Die bald einsetzenden Konflikte zwischen Preußen und Osterreich bei der Verwaltung der Herzogtumer wurden zum außeren Anlass des folgenden preußisch-osterreichischen Krieges um die Vorherrschaft in Deutschland.

Deutscher Krieg [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Kriegsschauplatz in Bohmen

Ursachen und Grunde [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Anlasse fur diesen Krieg waren Streitigkeiten um die Verwaltung der Herzogtumer Holstein und Schleswig sowie Osterreichs Unterstutzung fur das Streben nach einem neuen Mittelstaat Schleswig-Holstein. Vorrangig ging es bei diesem Krieg jedoch um den deutschen Dualismus, den Fuhrungsanspruch, welcher nun endgultig ausgefochten werden sollte.

Verlauf [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Preußen und seine Verbundeten erwiesen sich gegenuber den osterreichischen und dessen verbundeten Kraften als deutlich uberlegen. Grunde hierfur waren zum einen die technische Uberlegenheit, die preußische Armee hatte zum Beispiel den Hinterlader , zum anderen eine besser ausgebaute Infrastruktur, welche schnelle Truppentransporte ermoglichte.

Folgen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Preußen annektierte infolge des Krieges das Konigreich Hannover , die Herzogtumer Holstein und Nassau , das Kurfurstentum Hessen sowie die Freie Stadt Frankfurt am Main. Somit hatte Preußen eine Verbindung zwischen seinem brandenburgischen Kernland und den wirtschaftlich wichtigen Rheinprovinzen . Als Folge dieses Krieges musste Osterreich auch noch Venetien an Italien abtreten. Osterreich hatte Venetien 1797 im Frieden von Campo Formio erhalten (siehe Geschichte Venetiens ).

Dagegen verschonte Bismarck das Kaisertum Osterreich beim Friedensschluss von Abtretungen , obwohl der preußische Konig, Wilhelm I. solche gewunscht hatte. Der Hintergedanke dabei war, dass Osterreich Preußen in Zukunft gewogener sein werde. Wichtiger war jedoch, dass der Krieg den Dualismus der beiden Rivalen durch die Auflosung des Deutschen Bundes zugunsten Preußens entschied, das seinerseits den Norddeutschen Bund als Vorstufe eines geeinten Deutschlands grundete. Osterreichs Interessenbereich verschob sich nunmehr in den Osten Europas.

Deutsch-Franzosischer Krieg [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Gottesdienst judischer Soldaten am Jom Kippur am 5. Oktober 1870 (10. Tischri 5631)
Deutsche Siegesparade in Paris

Ursachen und Grunde [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im spanischen Thronfolgestreit galt Prinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen als vielversprechender Kandidat auf den Thron Spaniens. Frankreich furchtete jedoch, von zwei Seiten durch von Hohenzollern regierte Staaten eingekreist zu werden, worauf Napoleon III. den Ruckzug der Kandidatur Prinz Leopolds forderte. Tatsachlich verzichtete Leopold auf die Kandidatur. Die franzosische Regierung forderte aber zusatzlich von Wilhelm I. als Chef des Hauses Hohenzollern eine schriftliche Zusicherung, dass niemals wieder Hohenzollern fur den spanischen Thron kandidieren wurden. Diese Forderung wies Wilhelm zuruck. Bismarck stellte den Vorgang der Presse gegenuber in der ? Emser Depesche “ besonders schroff dar, weshalb Napoleon III. hierauf Preußen den Krieg erklarte.

Verlauf [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Durch die Kriegserklarung an den Gliedstaat Preußen wurde der gesamte Norddeutsche Bund angegriffen. Preußen war schon vor Bundesgrundung außerdem mit den suddeutschen Staaten Schutz- und Trutzbundnisse eingegangen. Frankreich blieb hingegen, trotz anderer Erwartungen an Osterreich, Danemark und Italien, außenpolitisch isoliert. Nach der Gefangennahme des franzosischen Kaisers in der Folge der Schlacht bei Sedan kampfte Frankreich als Republik noch ein Jahr weiter. Zum deutschen Sieg trug unter anderem eine bessere Organisation der Armee bei.

Folgen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Reichstagsgebaude , Wappen von Elsaß-Lothringen ganz oben unter der Kaiserkrone

Wahrend des Krieges schloss der Norddeutsche Bund mit Baden , Bayern , Hessen-Darmstadt und Wurttemberg die Novembervertrage . Die Verfassung des Deutschen Bundes ? die Novemberverfassung von 1871 ? stellte den Beitritt fest und anderte den Namen des Norddeutschen Bundes in Deutsches Reich. Zum Prasidium des Bundes erhielt Preußens Konig den Titel Deutscher Kaiser . Am 18. Januar erging im Spiegelsaal von Versailles die sogenannte Kaiserproklamation , wenngleich Wilhelm den Titel nach der Verfassung bereits trug. Im Vorfrieden von Versailles musste Frankreich Teile Lothringens und das Elsass an das neue Reich abtreten. Es entstand das Reichsland Elsaß-Lothringen , das nicht einem Oberprasidenten, sondern direkt dem Kaiser unterstellt war. Hinzu kam eine Verpflichtung zu Kriegsreparationen in Hohe von 5 Mrd. Goldfranc . Der Friede von Frankfurt am 10. Mai 1871 besiegelte das Kriegsende.

Britische Stimmen zur Reichsgrundung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

?Dass trotz aller voreiligen und einfaltigen Außerungen eines gewissen Teiles der englischen Presse, die Erfolge, welche Deutschland in jungster Zeit durch die Erlangung seiner staatlichen Einheit, die Wiedererwerbung lange verlorener Provinzen, die Zuchtigung einer Nation und Herrscherfamilie, welche die ewigen Ruhestorer des europaischen Friedens waren, errungen hat, von dem großten Teil der Englander, deren Kenntnis der kontinentalen Geschichte der letzten vier Jahrhunderte ihrem Urteil einen besonderen Wert verleiht, mit richtiger Teilnahme und Freude verfolgt worden sind.“

? James Bryce, 1. Viscount Bryce [3]

?Der Ausgang des deutsch-franzosischen Krieges und die Entstehung des neuen Nationalstaates, ?die deutsche Revolution‘, [ist] ein großeres politisches Ereignis als die franzosische Revolution des vergangenen Jahrhunderts. […] Das Gleichgewicht der Macht [ist] vollig zerstort und das Land, welches am meisten darunter leidet und die Wirkungen dieser großen Veranderungen am meisten spurt, [ist] England.“

Die Kritik des Oppositionsfuhrers Disraeli richtete sich vor allem gegen die liberale Regierung Großbritanniens, weniger gegen den deutschen Nationalstaat. Die Absicht hinter dieser Aussage war: Der amtierende Premierminister William Ewart Gladstone versage in der Außenpolitik; er habe den Aufstieg Preußens zur europaischen Großmacht zugelassen.

Fur das Machtegleichgewicht war die deutsche Reichsgrundung von Vorteil. Mitteleuropa, das durch die Ambitionen Frankreichs jahrzehntelang eine Krisenregion darstellte, kam endlich zur Ruhe. Gleichzeitig stabilisierte Deutschland das europaische Gleichgewichtssystem: Sowohl Frankreich als auch Russland wurden nun von Preußen-Deutschland in Schach gehalten. Das war auch fur Großbritannien, dessen Weltmachtstellung vom Funktionieren des Gleichgewichtssystems abhing, sehr vorteilhaft.

In den Einigungskriegen praktizierte der preußische Ministerprasident Bismarck teilweise Vorsicht und Maßigung. Die Annexion einiger norddeutscher Staaten verletzte zwar die Vorstellungen Frankreichs, nicht aber die Interessen Russlands oder Großbritanniens. Osterreich wurde 1866 geschont ? aber nicht seine Verbundeten wie das Konigreich Hannover . Die deutsche Reichsgrundung in Versailles demutigte den ? Erbfeind “ ? die Franzosenzeit war unvergessen. Eine weitere Demutigung Frankreichs hatten die Nachbarn Russland und Großbritannien vermutlich nicht zugelassen. Bismarcks Standpunkt in der Außenpolitik von 1871 und danach, dass das Reich saturiert sei, sollte die Befurchtungen der Nachbarn beruhigen. [4]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Frank Becker : Bilder von Krieg und Nation. Die Einigungskriege in der burgerlichen Offentlichkeit Deutschlands 1864?1913. (= Ordnungssysteme. Bd. 7). Oldenbourg, Munchen 2001, ISBN 3-486-56545-1 (Zugleich: Munster, Universitat, Habilitations-Schrift, 1998), ( Volltext ).
  • Nikolaus Buschmann: ?Im Kanonenfeuer mussen die Stamme Deutschlands zusammengeschmolzen werden.“ Zur Konstruktion nationaler Einheit in den Kriegen der Reichsgrundungsphase , in ders., Dieter Langewiesche (Hrsg.): Der Krieg in den Grundungsmythen europaischer Nationen und der USA. Campus, Frankfurt am Main / New York 2003, S. 99?119, ISBN 978-3-593-37368-3 .
  • Thorsten Loch , Lars Zacharias: Wie die Siegessaule nach Berlin kam. Eine kleine Geschichte der Reichseinigungskriege 1864?1871 . Rombach, Freiburg i.Br. 2012, ISBN 978-3-7930-9668-9 .
  • Dennis Showalter : The wars of German unification. Arnold u. a., London u. a. 2004, ISBN 0-340-58017-8 .
  • Rudiger Dohler , Peter Kolmsee : Preußens Sanitatsdienst in den Einigungskriegen . Wehrmedizinische Monatsschrift 8/2016, S. 254?258.

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Jurgen Muller: Der Deutsche Bund 1815?1866 (=  Enzyklopadie deutscher Geschichte . Band   78 ). Oldenbourg, Munchen 2006, ISBN 3-486-55028-4 , S.   47 .
  2. Inge Adriansen und Jens Ole Christensen: Der Zweite Schleswigsche Krieg 1864 (Museum Sønderjylland)
  3. Das Heilige Romische Reich (1873), Vorwort
  4. Konrad Canis : Bismarcks Außenpolitik nach 1871. Die Frage der Alternativen. In: Rainer F. Schmidt : Deutschland und Europa. Aussenpolitische Grundlinien zwischen Reichsgrundung. Festgabe fur Harm-Hinrich Brandt zum siebzigsten Geburtstag, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-515-08262-X , S. 20?35, hier: S. 20.