Adolf ≪Dolf≫ Ogi
(*
18. Juli
1942
in
Kandersteg
,
Kanton Bern
) ist ein
Schweizer
Politiker
der
Schweizerischen Volkspartei, SVP
. Er war von 1987 bis 2000 Mitglied des
Bundesrats
und von 2001 bis 2007
Sonderberater fur Sport im Dienste von Entwicklung und Frieden
im Auftrag der
UNO
.
Seine Eltern waren Adolf und Anna Ogi, geborene Wenger. Sein Vater war Forster und Bergfuhrer sowie Gemeinderat, Prasident der Schulkommission, Gemeindeprasident und Gemeindekassier in Kandersteg. Am 12. Mai 1972 heiratete Ogi Katrin, geborene Marti. Zusammen haben sie zwei Kinder, Mathias († 2009) und Caroline. Heute lebt Ogi mit seiner Frau in
Fraubrunnen
.
Nach der obligatorischen Schulzeit in der Primarschule besuchte Ogi fur drei Jahre in
La Neuveville
die Handelsschule. Danach besuchte er in
London
einen sechsmonatigen Kurs an der
Swiss Mercantile School
. In
Formby
bei
Liverpool
absolvierte er ein Praktikum im Textilunternehmen des deutschen Industriellen S. Konnemann. Ogi ubernahm dann fur zwei Jahre die Leitung des Verkehrsburos
Meiringen
. 1964 wechselte er zum
Schweizer Skiverband
(SSV). Dort arbeitete er als Assistent von
Elsa Roth
und wurde 1975 zum Direktor des Ski-Verbandes gewahlt. Per Juli 1981 trat Ogi von seiner Funktion als Direktor des SSV zuruck und ubernahm bei der
Intersport
Schweiz den Posten als Generaldirektor. Er trat bei der Intersport zuruck, als er 1987 in den Bundesrat gewahlt wurde. Durch seine Arbeit im Skiverband wurde Ogi schweizweit bekannt. Deshalb versuchten verschiedene Parteien, ihn fur eine
Nationalratskandidatur
zu gewinnen. Seine Schwiegereltern waren Mitglied der
Schweizerischen Volkspartei
, welcher er 1978 beitrat. Fur die Nationalratswahlen 1979 kandidierte er fur die SVP und wurde mit einem sehr guten Ergebnis gewahlt. Er erhielt 56'235 Stimmen. 1984 wurde er zum Prasidenten der SVP gewahlt.
Fur die
Bundesratswahlen
von 1987 konnte sich Ogi parteiintern im Zentralvorstand gegen den Regierungsrat
Peter Schmid
, den Bruder des spateren Bundesrats
Samuel Schmid
, durchsetzen und wurde von der Partei als Kandidat nominiert. Im ersten Wahlgang der Wahlen vom 9. Dezember 1987 erreichte er 114 der fur das absolute Mehr notwendigen 121 Stimmen. Einige burgerliche Politiker wahlten ihn nicht im ersten Wahlgang, um ihn fur sein Verhalten bei
Otto Stichs
Wahl zu bestrafen. Damals hatte er sich fur die Kandidatin
Lilian Uchtenhagen
eingesetzt. Einige seiner Kontrahenten waren auch der Meinung, nur acht Jahre Politik seien zu kurz, um gleich Bundesrat zu werden. Im zweiten Wahlgang wurde Ogi dann mit 132 Stimmen zum Nachfolger von
Leon Schlumpf
gewahlt.
Nach seiner Wahl in den Bundesrat verstummten die meisten Attacken gegen seine Person. Von 1988 bis 1995 stand er dem
Eidgenossischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement
vor. Mit Engagement wandte er sich der grossten in diesem Departement anstehenden Aufgabe zu: der
Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (Neat)
. Nachdem das Referendum gegen den Neat-Bundesbeschluss ergriffen worden war, warb er nicht nur mit seinem Charisma fur die Vorlage, sondern auch mit der Behauptung, das Werk konne vollstandig aus den Beitragen seiner Nutzer finanziert werden. Die Abstimmung gewann Ogi klar, das Projekt kam aber wegen der hohen ungedeckten Kosten immer mehr in die Kritik. Vor allem der Vorsteher des Finanzdepartements,
Otto Stich
, setzte sich fur eine Etappierung der Neat und eine Neukonzeption ihrer Finanzierung ein. Schliesslich musste Ogi zugeben, dass die Rentabilitat bei der Abstimmung beschonigt worden war.
Seine grosste Niederlage war wohl die Annahme der
Alpeninitiative
am 20. Februar 1994 durch das Volk. Die Initiative forderte die Verlagerung des Transitguterverkehrs auf die Schiene und ein Verbot der Schaffung neuer alpenquerender Strassenkapazitaten. Ogi hatte auf drohende Vollzugsprobleme hingewiesen und beharrte ? entgegen den Gepflogenheiten ? auch nach dem Verdikt des Souverans auf seiner Sichtweise.
Nachdem im Sommer 1995 der Konflikt mit Otto Stich eskaliert war, kam es zu einem Arrangement, wonach beide Kontrahenten ihre Departemente abgaben. Ogi ubernahm in der Folge ? nach eigener Aussage freiwillig ? das
Militardepartement (EMD)
, welches 1997 in
Eidgenossisches Departement fur Verteidigung, Bevolkerungsschutz und Sport
(VBS) umbenannt wurde. Auch hier setzte er markante Akzente, und zwar in Richtung einer Anpassung an die nach Ende des
Kalten Krieges
veranderte Bedrohungslage. So trieb er den Beitritt der Schweiz zum
NATO
-Programm
Partnerschaft fur den Frieden
voran. Auch sorgte er 1999 fur die Entsendung von schweizerischen Soldaten (
Swisscoy
) nach
Kosovo
. In dieser Angelegenheit zog der Bundesrat den Zorn
Christoph Blochers
und von dessen
Aktion fur eine unabhangige und neutrale Schweiz
(AUNS) auf sich. ≪Wollen Sie, dass Ihr Sohn im Sarg zuruckkommt?≫, hiess es, erganzt durch Kriegsbilder, auf AUNS-Werbeplakaten. Ogi plante eine drastische Reduzierung des Armeebestandes und liess oft Soldaten fur Aktionen wie die Beseitigung von Unwetterschaden oder Sicherung von Kongressen einsetzen. Wahrend Ogis Zeit im VBS ereignete sich die Affare Nyffenegger um
Friedrich Nyffenegger
und die Affare Bellasi um
Dino Bellasi
.
1998 liess sich Ogi zum Prasidenten der Olympiakandidatur
Sion 2006
wahlen. In einem stark kritisierten Entscheid gewann
Turin
vor dem Favoriten
Sion
die
Olympischen Winterspiele 2006
. Eine Bewerbung um eine Mitgliedschaft im IOC scheiterte Eram 16. Juli 2001 mit 46:59 Stimmen. Er war
Bundesprasident
in den Jahren 1993 und 2000 und Vizeprasident in den Jahren 1992 und 1999.
Am 18. Oktober 2000 gab Ogi seinen Rucktritt als Bundesrat per Ende Jahr bekannt. Nach seinem Rucktritt ubernahm er bei der
UNO
ein Mandat als
Sonderberater fur Sport im Dienste von Entwicklung und Frieden
. Er war dabei direkter Berater des
UNO-Generalsekretars
. In dieser mit einem symbolischen Dollar pro Jahr entlohnten Tatigkeit engagierte er sich stark fur das Internationale Jahr des
Sports
, welches von der UNO fur 2005 ausgerufen wurde. Ogi kundigte Anfang 2006 an, nach dem Ausscheiden von
Kofi Annan
aus dem Amt des UNO-Generalsekretars Ende 2007 nicht mehr als Sonderberater fur Sport zur Verfugung zu stehen.
In einem Brief an Rentner und Rentnerinnen der Schweiz hat Ogi im Februar 2024, zusammen mit anderen burgerlichen alt Bundesraten, erfolglos
[1]
versucht, sich gegen die Einfuhrung einer 13. AHV Rente zu stemmen.
[2]
Er hat damit einen gewaltigen
Shitstorm
eingefangen.
[3]
Die Rechtmassigkeit der Beschaffung der entsprechenden alterssortierten Adressen ist nicht abschliessend geklart.
[4]
Nach der Volksabstimmung erklarte er: ≪Im Nachhinein kann man sagen: Der adressierte Brief war ein Fehler, tut mir leid!≫
[5]
Als der erste Schweizer
Astronaut
Claude Nicollier
die Erde umkreiste, begrusste ihn Ogi am 7. August 1992 mit seinem rasch zum
Bonmot
gewordenen ≪Freude herrscht≫.
[6]
[7]
Wie einst uber Bundesrat
Rudolf Minger
kursieren auch uber Ogi zahlreiche Witze: ≪Ogi sitzt vor einem Kreuzwortratsel. Verzweifelt sucht er nach einem Bundesrat mit drei Buchstaben. Da kommt ihm die Erleuchtung, und er schreibt in die Spalte: Ich.≫
[8]
[9]
Ogi erhielt neben dem Ehrendoktortitel der Universitat Bern, der International University in Geneva, der Geneva School of Diplomacy and International Relations, des American College of Greece in Athen, den Menschenrechtspreis der Internationalen Gesellschaft fur Menschenrechte Schweiz, den Europaischen Solarpreis, den
Karl-Schmid-Preis
der ETH Zurich, den Orde olympique vom Internationalen Olympischen Komitee und den
Max-Petitpierre
-Preis. 2012 wurde er am
SwissAward
fur sein Lebenswerk ausgezeichnet
[10]
. 2022 erhielt er den ersten ≪Prix de Joie≫ (deutsch: Preis der Freude), vergeben vom Schweizer Tourneetheater
≪Das Zelt≫
.
[11]
- Ehrenprasident der Swiss Olympic Association
- Ehrenmitglied der Organisation Green Cross International
- Patronatsprasident der Stiftung Swisscor
- Patronat Unesco-Welterbe Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch
- Direktionsmitglied der
NGO
Right to Play International
- Prasident der eigenen Stiftung
Freude herrscht
.
- In privatwirtschaftlichen Gesellschaften halt er diverse Verwaltungsratsmandate.
[12]
- Prasident der
Schweizer Berghilfe
(2002 bis 2005)
- Josef Aufdemstroh (d. i. Walter Schwarz):
Freude herrscht. Adolf-Ogi-Witze und Anekdoten.
Verlag Moosegg, Lauperswil 1999,
ISBN 3-9521927-1-6
.
- Andre Hafliger; Georges Wuthrich:
Dolf Ogi ? So wa(h)r es!
Weltbild, Olten 2012,
ISBN 978-3-03812-427-6
.
- Helmut Hubacher
:
Ogi ? Macht und Ohnmacht.
Opinio-Verlag, Basel 2001,
ISBN 3-03999-000-4
.
- Unser Dolf. 75 Wegbegleiter und Zeitzeugen wurdigen alt Bundesrat Adolf Ogi.
Weltbild; Werd-Verlag, Thun 2017,
ISBN 978-3-03812-701-7
(
Leseprobe
(PDF, Archiv);
Rezensionen
).
- Christoph Zurcher:
Ogi, Adolf.
In:
Historisches Lexikon der Schweiz
.
- Urs Zurlinden:
Der Ogi.
Werd-Verlag, Zurich 2001,
ISBN 3-85932-352-0
.
- Adolf Ogi
im
Munzinger-Archiv
(Artikelanfang frei abrufbar)
- ↑
https://www.derbund.ch/ticker-zur-13-ahv-rente-alle-resultate-zur-abstimmung-im-ueberblick-437549671293
- ↑
https://www.nzz.ch/schweiz/alt-bundesraete-warnen-vor-ja-zu-13-ahv-rente-ld.1777808
- ↑
https://www.blick.ch/politik/shame-on-you-ogi-geraet-wegen-brief-gegen-13-ahv-in-shitstorm-id19448160.html
- ↑
Christina Pirskanen:
So gelangten Ogi & Co. an die Adressen der Rentner - 20 Minuten.
In:
20min.ch.
9. Februar 2024,
abgerufen am 9. Marz 2024
.
- ↑
Nach Ja zur 13. AHV-Rente ? Ogi zum Bundesratsbrief: ≪Es war ein Fehler, tut mir leid≫.
In:
bernerzeitung.ch.
4. Marz 2024,
abgerufen am 14. Marz 2024
.
- ↑
SRF Archiv:
≪Freude herrscht, Monsieur Nicollier!≫ (1992) ! Schweizer Raumfahrt ! SRF Archiv
(ab 0:02:03) auf
YouTube
, abgerufen am 6. Mai 2023.
- ↑
Alois Feusi:
Blick zuruck: Freude herrscht!
In:
Neue Zurcher Zeitung
. 24. Juli 2017,
ISSN
0376-6829
(
nzz.ch
[abgerufen am 2. August 2017]).
- ↑
Martin Furrer:
≪Ogi sitzt vor einem Kreuzwortratsel...≫
In:
tagesanzeiger.ch.
3. Oktober 2011,
abgerufen am 9. Marz 2024
.
- ↑
https://www.nzz.ch/meinung/was-der-bundesrat-von-adolf-ogi-lernen-kann-ld.1693758
- ↑
Adolf Ogi erhalt den ≪LifeTimeAward≫ 2012.
In: SRF, 12. Januar 2012
- ↑
Schweizer Radio und Fernsehen
:
Freude herrscht! Adolf Ogi erhalt den ≪Prix de Joie≫.
In:
SRF News,
12. April 2022, abgerufen am 22. Februar 2023.
- ↑
Aktuelles und ehemaliges Firmennetzwerk von Adolf Ogi.
In:
monetas.ch.
Abgerufen am 2. Februar 2016
.