|
Turkische Streitkrafte
Turk Silahlı Kuvvetleri
|
|
|
Fuhrung
|
Oberbefehlshaber
:
|
Staatsprasident
(im Frieden)
(derzeit
Recep Tayyip Erdo?an
);
Generalstabschef
(im Kriegsfall)
(derzeit
Ya?ar Guler
)
|
Verteidigungsminister:
|
Ya?ar Guler
|
Militarischer Befehlshaber:
|
Metin Gurak
|
Militarische Fuhrung:
|
Generalstab der Turkei
|
Sitz des Hauptquartiers:
|
Genelkurmay Ba?kanlı?ı (
Ankara
)
|
Militarische Starke
|
Aktive Soldaten:
|
463.700
(2023)
[1]
|
Reservisten:
|
380.000
|
Wehrpflicht:
|
6 Monate
[2]
|
Wehrtaugliche Bevolkerung:
|
42.148.498
[3]
|
Wehrtauglichkeitsalter:
|
20. Lebensjahr
|
Haushalt
|
Militarbudget:
|
40 Milliarden
US-Dollar
(2024)
[4]
|
Anteil am
Bruttoinlandsprodukt
:
|
1,58 %
(2023)
[5]
|
Geschichte
|
Grundung:
|
1923
|
Faktische Grundung:
|
1919
|
Hochste Mannstarke:
|
ca. 1,4 Mio. aktive Soldaten (1941)
|
Die
turkischen Streitkrafte
(
turkisch
Turk Silahlı Kuvvetleri
, kurz
TSK
) umfassen die Teilstreitkrafte
Heer
,
Marine
und
Luftwaffe
sowie
Gendarmerie
und
Kustenwache
. Die
Republik Turkei
ist seit 1952 Mitglied der
NATO
und unterhalt innerhalb der NATO die zweitgroßte Anzahl an aktiven Soldaten nach den
USA
. Die turkischen Streitkrafte konnen im Rahmen der sogenannten
nuklearen Teilhabe
der NATO mit taktischen Sprengkopfen der
US-Streitkrafte
nuklear bewaffnet
werden. In der Turkei werden einsatzfahige
Atomsprengkopfe
am NATO-Stutzpunkt
Incirlik Air Base
unter Kontrolle der
United States Air Force
dafur bereitgehalten.
[6]
Aktuell fuhren die turkischen Streitkrafte eine Vielzahl von Einsatzen aus: zum einen die Unterstutzung multinationaler UN- und NATO-Missionen, aber auch eigenstandige
Invasionen
und
Besetzungen
in mehreren Nachbarlandern (
Nordzypern
seit 1974,
Nordirak
seit 1992,
Nordsyrien
seit 2016). Sie gelten aktuell als die schlagkraftigsten Streitkrafte im Nahen Osten. Gemaß dem Ranking Global Firepower 2024 haben die Turkischen Streitkrafte die achtstarkste militarische Kapazitat weltweit.
[7]
[8]
[9]
[10]
Seit 2019 fuhren die turkischen Streitkrafte auf Wunsch der libyschen Ubergangsregierung einen Einsatz in
Westlibyen
.
Die TSK haben laut der turkischen Verfassung den Auftrag, auf Sicherheitsprobleme angemessen zu reagieren, auf Krisen vorbereitet zu sein und bei internen und externen Bedrohungen und Risiken die Sicherheit des Landes jederzeit zu gewahrleisten.
[11]
Der Oberbefehl uber die turkischen Streitkrafte liegt beim
Generalstabschef
. Dieser wird vom Staatsprasidenten ernannt und ist dem Ministerprasidenten gegenuber verantwortlich. Am 4. August 2011 wurde der bisherige Gendarmeriechef
Necdet Ozel
von Staatsprasident
Abdullah Gul
zum Generalstabschef ernannt. Ozel wurde am 18. August 2015 von
Hulusi Akar
abgelost.
[12]
In Friedenszeiten unterstehen
Gendarmerie
und
Kustenwache
dem
Innenministerium
der Turkei, werden im Kriegsfall aber dem Heereskommando bzw. dem Marinekommando unterstellt.
Der Wehr- bzw. sogenannte Vaterlandsdienst ist laut Art. 72 der
turkischen Verfassung
in Verbindung mit Art. 1 des Gesetzes Nr. 1111 uber den Wehrdienst Recht und Pflicht jedes mannlichen Staatsburgers.
Nach Art. 2 des Gesetzes Nr. 1111 uber den Wehrdienst beginnt die
Wehrpflicht
am 1. Januar des Jahres, in dem das 20. Lebensjahr vollendet wird. Die Wehrpflicht endet mit Beginn des Jahres, in dem der Wehrpflichtige das 41. Lebensjahr vollendet. Geschwister bzw. Kinder von im Dienst getoteten Soldaten sind nicht wehrpflichtig.
Seit 2014 dauert der Wehrdienst in der Turkei 12 Monate.
[13]
Hochschulabsolventen dienen nur 6 Monate.
[14]
Im Jahr 2007 betrug der Anteil von
freiwillig dienenden Frauen
3,1 Prozent.
Turkische Staatsburger, die sich langer als drei Jahre
(1095 Tage)
im Ausland befinden und dort auch berufstatig sind, sind seit der gesetzliche Neuregelung vom 1. Januar 2012 komplett vom Wehrdienst befreit, wenn sie ? unabhangig von ihrem Alter ? im Gegenzug eine Zahlung von 30.000
turkischen Lira
(damals etwa 10.000 Euro) leisten.
[15]
Dieser Betrag wurde spater auf 1000 Euro herabgesetzt.
[16]
Fur das Jahr 2014 stand den Streitkraften ein
Budget
von etwa 22,5 Milliarden
US-Dollar
zur Verfugung. Die Turkei setzt bei ihren Waffensystemen zunehmend auf heimische Entwicklung und Produktion. So werden unter anderem
Marschflugkorper
,
Drohnen
,
Panzerhaubitzen
,
Fregatten
,
Korvetten
,
Kampfhubschrauber
und
Kampfpanzer
in Eigenregie und zum Teil in Lizenz produziert. Zudem gab die Turkei in den letzten Jahren hohe Summen fur Kriegsgerat aus. Haupthandelspartner dabei war die
Bundesrepublik Deutschland
. Die Turkei kaufte 354
[17]
Kampfpanzer des Typs
Leopard 2
und bestellte sechs Einheiten der
U-Boot-Klasse 214
. Zudem kaufte die Turkei das russische Luftabwehrsystem
S-400
. Die vier Batterien werden voraussichtlich 2019 geliefert. Der Kaufpreis fur die vier Batterien betragt 2,5 Milliarden Dollar.
[18]
Grunde fur das vergleichsweise hohe Militarbudget sind u. a. der jahrzehntelange
Konflikt zwischen der Republik Turkei und der PKK
(ab 1984 bewaffnet)
[19]
und ungeloste territoriale Konflikte mit Griechenland und das daraus entstandene
Wettrusten
.
[20]
Die Militarausgaben
[21]
zwischen 2003 und 2022 (Die Zahlen sind in Mio. US-Dollar angegeben, zu aktuellen Preisen, umgerechnet zum Wechselkurs des jeweiligen Jahres.) Die Daten der Jahre 2020 und 2021 sind geschatzt.
Militarbudget
|
Turkei
Turkei
|
Jahr
|
in Mrd. US-Dollar
|
|
2022
|
10.645
|
1,2 %
|
2021
|
15.567
|
1,9%
|
2020
|
17.478
|
2,4%
|
2019
|
20.437
|
2,7 %
|
2018
|
19.649
|
2,5 %
|
2017
|
17.823
|
2,1 %
|
2016
|
17.828
|
2,1 %
|
2015
|
15.669
|
1,8 %
|
2014
|
17.577
|
1,9 %
|
2013
|
18.428
|
1,9 %
|
2012
|
17.694
|
2,0 %
|
2011
|
17.006
|
2,0 %
|
2010
|
17.650
|
2,3 %
|
2009
|
16.048
|
2,5 %
|
2008
|
16.810
|
2,2 %
|
2007
|
14.988
|
2,2 %
|
2006
|
13.037
|
2,4 %
|
2005
|
12.081
|
2,4 %
|
2004
|
10.921
|
2,7 %
|
2003
|
10.278
|
3,3 %
|
Das turkische Heer (
TKK
, turkisch: Turk Kara Kuvvetleri) gliedert sich wie folgt:
Nach dem Kauf von 354
Leopard 2A4
aus Bestanden der
Bundeswehr
[22]
im Jahre 2007 entschied sich die Turkei zur Eigenproduktion eines auf dem sudkoreanischen
K2 Black Panther
basierenden Kampfpanzers unter dem Namen
Altay MBT
. In einem ersten Produktionslos sind 250 Stuck geplant.
[23]
Die turkische
TAI
(Turkish Aerospace Industries) entwickelte in Kooperation mit
Aselsan
und der italienischen
AgustaWestland
den Kampfhubschrauber
TAI T-129
Atak
(Advanced Attack and Tactical Reconnaissance Helicopter) fur das turkische Heer. Im Fruhjahr 2014 wurden die ersten drei Maschinen feierlich ubergeben.
Die turkischen Streitkrafte fuhren zwei Mal im Jahr große
Manover
durch, im Sommer das Efes-Manover und im Winter das Sarıkamı?-Manover. Fur das Sarıkamı?-Manover ist die
3. Armee
zustandig.
Die turkischen Luftstreitkrafte (
turkisch
Hava Kuvvetleri
) wurden 1911 als
Unterstutzungstruppe
innerhalb der
Landstreitkrafte
gegrundet und am 31. Januar 1944 eigenstandig.
[24]
Sie sind mit 60.100 Mann die zweitgroßte Teilstreitkraft. Sie verfugen uber zwei
taktische Luftkommandos
in
Eski?ehir
und
Diyarbakır
, ein Trainingskommando und ein Unterstutzungskommando. Das
Hauptquartier
befindet sich in
Ankara
.
Die Marine ist in vier Kommandos eingeteilt, die seit dem
großen Erdbeben
bei
Golcuk
/
?zmit
im August 1999 ihr Hauptquartier in
Izmir
haben. Die Marine hat eine Starke von 52.700 Mann. Sie verfugt uber moderne bzw. modernisierte
Fregatten
,
Korvetten
,
U-Boote
(sowohl in Deutschland als auch mit deutscher Lizenz in der Turkei gebaute
Typ 209/1200, 1400
,
U-214
), meist moderne
Schnellboote
(Ruzgar-, Kılıc-I-, Kılıc-II-, Yıldız-, Do?an-,
Kartal-Klasse
), Minensuch- bzw. -jagdboote, amphibische
Landungsschiffe
und
Patrouillenboote
. Die turkischen Marineflieger verfugen uber Flugzeuge verschiedener Typen (
CASA CN 235
D/K,
ATR72 ASW
sowie TB-20-Ausbildungsflugzeuge) und Hubschrauber (Agusta
Bell AB-212
und
Sikorsky S-70 Sea Hawk
).
[25]
Im September 2011 nahm die Marine die erste eigenstandig entwickelte Korvette
Heybeliada
der
Ada
-Klasse
in Dienst. 2012 wurde das zweite Schiff
Buyukada
in Dienst gestellt.
[26]
Die Sedef-Werft baut das erste
amphibische Angriffsschiff
fur die turkische Marine basierend auf der spanischen
Juan Carlos I
. Der Zulauf ist fur das Jahr 2019 geplant.
[27]
Die 203.100 Mann starke Gendarmerie
[28]
(
Jandarma
) ist neben ihren Aufgaben als
Militarische Polizei
auch fur innere Sicherheit, Aufrechterhaltung der offentlichen Ordnung, Strafverfolgung und Grenzschutz, insbesondere in den landlichen Regionen zustandig. Sie ist jedoch in Friedenszeiten dem
Innenministerium
unterstellt und nicht direkt dem Militar.
Die
turkische Kustenwache
(
Turk Sahil Guvenlik Komutanlı?ı
) umfasst 5563 Mann.
[28]
Sie ist in vier Kommandos eingeteilt (
Schwarzes Meer
,
Marmarameer
,
Agais
und
Mittelmeer
). Sie war von 1982 bis 1995 der Gendarmerie unterstellt, seit 1995 dem turkischen Innenministerium. Zu ihrer Ausrustung gehoren
Schnellboote
und Kustenschutzboote sowie Hubschrauber.
Neben den funf regularen Teilstreitkraften verfugt das turkische Militar uber mehrere Spezialkrafte. Hierzu gehoren folgende Spezialeinheiten:
- Bordo Bereliler
: Die
Bordo bereliler
(dt. bordeauxrote Baretttrager) haben
Korps
-Status (zuvor
Brigade
und
Division
) und gelten als die Eliteeinheit zu Land.
- Deniz-Kommando
: Die
SAT
(
S
u
A
ltı
T
aarruz; dt. Unterwasser-Offensive) und
SAS
(
S
u
A
ltı
S
avunma; dt. Unterwasser-Abwehr) sind als
Kampftaucher
-Einheiten im Deniz-Kommando zusammengefasst. Sie gelten als die Eliteeinheiten der turkischen Marine. Die Mitglieder bestehen ausschließlich aus Marineunteroffizieren
(Astsubay)
. Ihre Aufgabenbereiche liegen in der amphibischen Spionage, Sabotage und Befreiung. Ein bekannter Einsatz war 1996 bei der sogenannten
Kardak
-Krise
.
Fur die Aufrechterhaltung der Sicherheit innerhalb des Militars, die Bewachung von
Offizieren
in Kriegszeiten und die Verfolgung von
Fahnenfluchtigen
ist die turkische
Militarpolizei
Askeri ?nzibat
zustandig. Sie bildet keine Teilstruktur des Militars und hat daher lediglich eine einheitliche Uniform. Das wichtigste Erkennungsmerkmal der turkischen Militarpolizei ist die Aufschrift ?AS.?Z“ (fur
Askeri ?nzibat
) auf einer roten Armbinde und auf dem Helm. Zur turkischen Militarpolizei werden nur ausgewahlte Soldaten berufen. Es ist nicht moglich, durch das Losverfahren (wie bei den Teilstreitkraften) zum Dienst bei der Militarpolizei beordert zu werden.
Medizinisches Personal und Arzte fur die turkischen Streitkrafte werden von der
Gulhane Askeri Tıp Akademisi (Militarische Medizinakademie Gulhane)
ausgebildet und zur Verfugung gestellt. Die Akademie ist außerdem die wichtigste Beraterin der turkischen Streitkrafte in medizinischen Fragen.
[29]
Die Turkei ist seit dem 18. Februar 1952 Mitglied der
NATO
.
An folgenden Auslandseinsatzen beteiligten sich die turkischen Streitkrafte:
- Koreakrieg
(1950?1953)
[30]
- UNIMOG
, 1988?1991
[31]
- Operation Maritime Monitor
, 1992?1996
[31]
- UNITAF
, 1993?1994
[31]
- UNOSOM II
, 1993?1994
[31]
- Operation Deny Flight
, 1993?1995
[31]
- UNMIS
, 1993?1994
[31]
- UNPROFOR
, 1993?1995
[31]
- UNOMIG
, Georgien, 1994?2009
[31]
- IFOR
, 1995?1996
[31]
- SFOR
, 1996?2004
[31]
- TIPH
, Temporare Internationale Prasenz in der Stadt
Hebron
, 1997?2008
[31]
- OSCE KVM
, Kosovo, 1999
[31]
- UNTAET
, 2000?2002
[31]
- UNMIBH
, Bosnien und Herzegowina, 2001?2002
[31]
- UNMISET
, 2002?2004
[31]
- OSCE BMO
, Grenzkontrollmission zwischen Georgien und Tschetschenien, 2000?2004
[31]
- MONUC
, 2006
[31]
- EUPOL KINSHASA
, Polizeimission, 2006?2007
[31]
- OSCE Georgia Observer Mission
, Georgien, 2006?2009
[31]
- Operation Allied Provider
, 2008
[31]
- Operation Allied Protector
, 2009
[31]
- KFOR
, seit 1999
[31]
- ISAF
Afghanistan
(unter NATO-Mandat), seit 2001: Von Juni 2002 bis Februar 2003 stand der Einsatz unter turkischer Leitung. Derzeit sind 1795 turkische Soldaten im Einsatz. Von Februar bis August 2005 stand das Kommando erneut fur sechs Monate unter turkischer Fuhrung.
[31]
- Althea
, seit 2004
[31]
- UNMIS
, seit 2005
[31]
- UNAMID
, seit 2006
[31]
- UNIFIL
, seit 2006
[31]
- CTF-151
, seit 2009. Aktuell wird die
TCG GEDIZ
im Rahmen einer NATO-Aktion im
Golf von Aden
eingesetzt, um Transporte des Welternahrungsprogramms nach Somalia zu schutzen und Piratenangriffe abzuwehren.
[31]
- Operation Ocean Shield
, seit 2009
[31]
- NTM-I
, seit 2004
[31]
Der großte auslandische Militarstutzpunkt der Turkei liegt am
Horn von Afrika
. Turkische Militars bilden dort somalische Soldaten aus.
[34]
Die Turkei und
Katar
haben im Jahr 2014 einen Vertrag unterzeichnet, um turkische Truppen in Katar zu stationieren. Geplant war, dass 3000 Soldaten am Golfemirat stationiert werden und eine eigene Brigade bilden.
[35]
[36]
Dies wurde im Jahr 2019 realisiert.
[37]
Der Beginn der Geschichte des modernen turkischen Militars lasst sich auf das Ende des
Ersten Weltkrieges
und den dadurch ausgelosten Zusammenbruch des Osmanischen Reiches festlegen, nachdem das bereits geschwachte
Sultanat
noch auf Seiten der
Mittelmachte
in den Krieg gezogen war. Der deutsche General
Erich Ludendorff
beschrieb die Unterstutzung des turkischen Armeekorps an der Ostfront im Sommer 1916 so:
?Die Turken haben sich im Rahmen der deutschen Sudarmee gut geschlagen, obschon sie eine ihnen ganz neue Kampfweise zu lernen und zu fuhren hatten.“
[38]
Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg wurde das turkische Kernland von Briten, Franzosen, Italienern und Griechen besetzt und die
Osmanische Armee
aufgelost und sollte entwaffnet werden. Diese Maßnahmen blieben allerdings luckenhaft. In Ostanatolien beispielsweise blieb die Armeestruktur unter
Kazım Karabekir
erhalten und die dortigen Truppen bewaffnet. Sie fuhrten in der Folge den
Turkisch-Armenischen Krieg
. Im
Turkischen Befreiungskrieg
unter
Mustafa Kemal Pascha
(spater Ataturk genannt) wurde dann auch an den anderen Fronten im Suden und Westen eine neue regulare Armee aufgebaut. Nach dem Erfolg im Turkischen Befreiungskrieg, der Anerkennung der neuen Fuhrung in den Vertragen von
Moskau
,
Ankara
und
Lausanne
, und der Grundung der neuen Republik im Jahre 1923 wurden diese Streitkrafte unter ihrem neuen Namen die Streitmacht dieses neuen Staates.
Wahrend des
Zweiten Weltkriegs
unterhielt die Turkei Vertragsbeziehungen zu den Achsenmachten sowie den Alliierten und blieb fast bis zum Kriegsende neutral. Auf Druck der Alliierten erklarte die Turkei im Marz 1945 dem
Deutschen Reich
symbolisch den Krieg, um einen Sitz in den
Vereinten Nationen
zu erhalten und etwaige kriegerische Akte gegen das Land zu vermeiden.
Am 17. Oktober 1950 trat die Turkei mit einer aus 5090 Mann bestehenden
Brigade
auf Seiten der UNO in den
Koreakrieg
ein. Im Laufe des Krieges starben 731 turkische Soldaten, etwa 2000 wurden verwundet. Insgesamt wurden etwa 50.000 turkische Soldaten nach Sudkorea entsandt.
Am
27. Mai 1960 putschten
sich die turkischen Streitkrafte, angefuhrt von General
Cemal Gursel
, ein erstes Mal an die Macht. Das Militar setzte
Adnan Menderes
ab, stellte ihn vor Gericht und ließ ihn
hinrichten
. Am
12. Marz 1971
griff die Armee per Memorandum erneut in die Politik ein und setzte so ihre politischen Forderungen durch.
Durch die militarstrategisch sehr bedeutsame Lage zwischen
Europa
,
Asien
und
Afrika
, umgeben vom
Schwarzen
,
Agaischen
und
Mittelmeer
, steht die Turkei in einer besonderen geopolitischen Situation. Diese birgt aufgrund der Nahe zu den permanenten
Krisenherden
Balkan
,
Naher Osten
und
Kaukasus
besondere Risiken. Aus diesem Grund wurde die Turkei am 18. Februar 1952 Mitglied der
NATO
. Auf Initiative der USA wurde ein NATO-Sudostkommando eingerichtet, das von einem US-amerikanischen General und jeweils einem turkischen und einem griechischen Stellvertreter gefuhrt wurde. Im Zuge der Eingliederung in die NATO-Struktur begann die Turkei mit der Modernisierung ihrer Streitkrafte.
Am 20. Juli 1974 besetzten turkische Truppen im Rahmen der
Operation Attila
den
Nordteil
der
Republik Zypern
. Grund waren die dortigen politischen und ethnischen Turbulenzen. Die Turkei berief sich dabei auf ihren mit dem im
Londoner Garantievertrag
international anerkannten Status als Garantiemacht.
Am 12. September 1980 fuhrte General
Kenan Evren
den
dritten Militarputsch
der
turkischen Geschichte
an. Kenan Evren begrundete den Putsch damit, ?zu den Quellen des
Kemalismus
zuruckkehren“ zu wollen. Hintergrund waren Kampfe zwischen linken und rechten Gruppierungen, die in einen Burgerkrieg mit 50 bis 70 Toten taglich ausgeartet waren. Spater gab das Militar die Macht wieder an eine demokratisch gewahlte Regierung ab.
Am 9. November 2005 verubten Unteroffiziere der Gendarmerie einen Bombenanschlag auf eine Buchhandlung in der Stadt
?emdinli
. Ein Mensch starb dabei. Nachdem die große Strafkammer in
Van
die Unteroffiziere zu langjahrigen Haftstrafen verurteilt hatte, wurde der Prozess in der Revision vom
Militargericht
in
Van
neu aufgerollt. Die Soldaten wurden am ersten Verhandlungstag aus dem Gefangnis entlassen.
[39]
[40]
Am 6. April 2012 forderte Gul (anlasslich einer Rede vor der Kriegsakademie in Istanbul) als erster fuhrender Politiker eine Umstrukturierung und Modernisierung der turkischen Streitkrafte. Die Gefahren hatten sich verandert, und viele andere Armeen in der NATO hatten sich dem bereits angepasst. Die Turkei befinde sich am Rande einer der konfliktreichsten Regionen der Welt; darauf eine Antwort zu finden sei uberfallig. Er forderte die Schaffung einer Berufsarmee und die Verbesserung der Gefechtsfahigkeiten.
Gul setzte eine Arbeitsgruppe ein. Deren Bericht nahm er im August 2014 (kurz vor dem Ende seiner Amtszeit) entgegen. Von den 220 Seiten wurden nur 42 veroffentlicht. Die Arbeitsgruppe schlagt vor, die Streitkrafte zu verkleinern, mobiler zu machen und den Anteil der Kampfeinheiten zu erhohen;
die Wehrpflicht
solle abgeschafft werden; die drei Teilstreitkrafte sollten besser zusammenarbeiten.
[41]
Am Abend des 15. Juli 2016 begann ein
Putschversuch
gegen die islamisch-konservativ gepragte Regierung der
AKP
unter
Binali Yıldırım
und gegen den Prasidenten
Recep Tayyip Erdo?an
, der aber schon in der Nacht niedergeschlagen wurde.
[42]
Mit dem militarischen Zusammenbruch des Osmanischen Reiches erfolgte die Demobilisierung der
osmanischen Fliegertruppe
. Behelfsmaßig bildeten sich jedoch ab Marz 1920 erneut Fliegereinheiten; insgesamt griffen sie auf 17 Flugzeuge der Typen
Albatros
,
Breguet
,
Fiat
,
De Havilland
und
Societe de Production des Aeroplanes Deperdussin
vorwiegend aus alten Kriegsbestanden zuruck.
Ab dem 1. Juli 1932 wurden die Luftstreitkrafte eine eigenstandige Teilstreitkraft und verwendete ab 1933 die turkische Symbolfarbe Blau als Waffenfarbe. 1940 besaß sie bereits uber 500 Flugzeuge, die am 31. Januar 1944 alle unter ein Kommando gestellt wurden (?Turk Hava Kuvvetleri Komutanlı?ı“).
Eine der wichtigsten Veranderungen in der Geschichte der turkischen Luftstreitkrafte war der Wechsel von Propellerflugzeugen zu Dusenflugzeugen nach dem NATO-Beitritt 1952.
1950 nahm die Turkei ihre ersten
Strahlflugzeuge
in Betrieb, wobei die 191., 192. und 193. Flotte (turkisch:
filo
) die ersten Luftflotten der Turkei waren. In diesem Jahr begannen auch die ersten offentlichen
Kunstfluge
in der Turkei.
Nach dem Untergang des Osmanischen Reiches in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg 1918 war die
osmanische Flotte
so gut wie zerschlagen. Die ubrig gebliebenen
Kriegsschiffe
mussten laut dem
Waffenstillstand von Moudros
außer Dienst gestellt werden.
[43]
Das
Schlachtschiff
Turgut Reis
und die
Kreuzer
Hamidiye
und
Mecidiye
sowie der
Schlachtkreuzer
Yavuz Sultan Selim
wurden entwaffnet und außer Dienst gestellt. Nur eine kleine Anzahl von osmanischen Marineschiffen wurden von den Besatzungsmachten zugelassen.
[43]
So wurden die
Torpedoboote
Akhisar
und
Drac
von den Besatzungsmachten im Marmarameer zur Patrouille eingeteilt, das
Kanonenboot
Hızır Reis
hatte die gleiche Aufgabe im Golf von Izmir. Das
Minenboot
Nusret
wurde zur Minensauberung in der Bucht von Saros eingeteilt. Mit dem Beginn des
Turkischen Befreiungskrieges
im Jahre 1919 bildeten die Kanonenboote
Preveze
und
Aydin Reis
den Kern der logistischen Versorgungsflotte.
[43]
Sie bestand aus 26 meist kleinen Booten, mit denen die turkischen Soldaten um
Mustafa Kemal
Pa?a mit Waffen und Munition versorgt wurden. Nach dem Turkischen Befreiungskrieg wurden die
Turk Deniz Kuvvetleri
gegrundet. Da zu dieser Zeit die osmanische Flotte de facto ausgeloscht war, bildeten die Kanonenboote
Burakreis
,
Sakız
,
?sareis
und
Kemalreis
die Basis fur die
Turk Deniz Kuvvetleri
.
[43]
Das erste fur die turkische Marine in Dienst gestellte Kriegsschiff war die
Hamidiye
. Sie wurde 1924 von Mustafa Kemal Ataturk feierlich in Dienst gestellt. Mustafa Kemal Ataturk erkannte, dass eine starke und schlagkraftige Marine fur die Zukunft unerlasslich sein werde. Er begann umgehend mit der Aufrustung der Marine. So wurde in Golcuk 1924 eine Marinewerft gebaut. In den folgenden Jahren wurden die Kreuzer
Yavuz
,
Turgutreis
,
Mecidiye
und die Torpedo-Kreuzer
Peyk-i ?evket
,
Berk-i Satvet
wieder aufgerustet in Dienst gestellt. 1928 nahm die turkische Marine die
U-Boote
I.?nonu
und die
II.?nonu
in Dienst. 1931 wurden die in Italien gebauten U-Boote
Adatepe
,
Kocatepe
,
Tınaztepe
sowie die
Dumlupınar
und
Sakarya
und die Schnellboote der
Martı
-,
Denizku?u
- und der
Do?an
-Klasse in Dienst gestellt.
[43]
Der 1931 wieder in Dienst gestellte Kreuzer
Yavuz
war bis in die 1950er-Jahre das
Flaggschiff
der turkischen Marine. 1939 bestellte die turkische Marine bei den Briten vier
Zerstorer
, vier U-Boote sowie zwei Minenboote. Im selben Jahr wurden das in Deutschland gebaute U-Boot
Saldıray
sowie die zwei in der Turkei gebauten U-Boote
Atılay
und
Yıldıray
in Dienst gestellt. Namensgeber fur die letzteren beiden war Mustafa Kemal Ataturk.
[43]
So wurde bis in die 1980er-Jahre stetig aufgerustet. Nach dem Waffenembargo von 1974 gegen die Turkei beschloss diese den Bau eigener Schiffe. 2011 wurde die Tarnkappen-
Korvette
Heybeliada
(F-511) in Dienst gestellt, 2012 die
Fregatte
Buyukada
. Insgesamt sind zwolf solcher Kriegsschiffe geplant.
Die Rolle des Militars in Politik und Gesellschaft der Turkei
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Folgende Teile dieses Abschnitts scheinen seit 3. August 2013
nicht mehr aktuell
zu sein
:
Insbesondere fehlt der gescheiterte Militarputsch vom Juli 2016 und die Entwicklung danach.
Bitte hilf uns dabei, die fehlenden Informationen zu
recherchieren
und
einzufugen
.
Die turkischen Streitkrafte sind nach ihrem Selbstverstandnis seit der Ausrufung der Republik Turkei im Jahr 1923 auch Wachter der vom ehemaligen Offizier
Mustafa Kemal
(Ataturk) eingefuhrten
laizistischen
Staatsordnung.
1960
,
1971
,
1980
griffen die turkischen Generale durch
Staatsstreiche
jeweils in das politische Geschehen ein. 1981 veranlasste das Militar die Ausarbeitung einer bis heute gultigen
Verfassung
und ließ dann uber Neuwahlen wieder eine Regierung wahlen, ohne sich ein Letztentscheidungsrecht in zentralen Fragen nehmen zu lassen. 1997 griff das turkische Militar erneut in das politische Geschehen ein, jedoch anders als in der Vergangenheit, indem es die Regierung unter
Necmettin Erbakan
durch steigenden Druck zum Ruckzug zwang (
siehe
:
Intervention des Militars in der Turkei 1997
). In der Nacht vom 15. zum 16. Juli 2016 unternahm eine Gruppe innerhalb des Militars einen Putschversuch, der jedoch scheiterte (
Putschversuch in der Turkei 2016
).
Die turkischen Streitkrafte genießen innerhalb der Bevolkerung große Zustimmung und Akzeptanz. Das Ansehen ubersteigt das der anderen staatlichen Institutionen, der Politiker und gewahlten Regierung. Die Folge ist, ?dass die turkischen Streitkrafte sich als den eigentlichen ?Staat“ in der Turkei sehen. In ihrem Verstandnis habe dabei die Politik im Dienste ?ihres“ Staates zu stehen und nicht umgekehrt.“ Des Weiteren waren die auf Zeit berufenen Politiker bestechlich und wurden nicht im Sinne der staatlichen Interessen handeln, wahrend die Streitkrafte mit ihrer ?ruhmreichen Vergangenheit“ die wesentliche Konstante im turkischen Staat seien.
[44]
Im Juli 2011 trat die Armeefuhrung aus Protest gegen die langjahrige Inhaftierung von 250 Offizieren wegen angeblicher Verschworung
[45]
gegen die Regierungspartei
AKP
und
Recep Tayyip Erdo?ans
Regierung geschlossen zuruck.
Die Spitze des Militars wurde aus diesem Anlass von der Regierung unter Ministerprasident Recep Tayyip Erdo?an und Staatsprasident
Abdullah Gul
neu besetzt. Damit endete ein jahrelanger Machtkampf zwischen den islamisch gepragten Regierungen der
AKP
und dem traditionell
laizistisch
eingestellten Militar zugunsten der amtierenden Regierung.
Ein erneuter Austausch samtlicher Armeespitzen erfolgte am 3. August 2013, zwei Tage vor der Urteilsverkundung im
Ergenekon-Prozess
.
[46]
Kritik an den Streitkraften kann strafrechtlich belangt werden.
[47]
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