Sojus 1

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Missionsdaten
Mission Sojus 1
NSSDCA ID 1967-037A
Raumfahrzeug Sojus 7K-OK(A)
( GRAU-Index  11F615)
Seriennummer 4
Rufzeichen Рубин (? Rubin “)
Masse 6558 kg
Tragerrakete Sojus
(GRAU-Index 11A511)
Seriennummer U15000-03
Besatzung 1
Start 23. April 1967, 00:35:00  UT
Startplatz Baikonur 1/5
Landung 24. April 1967, 03:22:52 UT
Landeplatz 51° 22′  N , 59° 34′  O
Flugdauer 1d 2h 47min 52s
Erdumkreisungen 18
Umlaufzeit 88,52 min
Bahnneigung 51,67° [1]
Apogaum 224 km
Perigaum 209 km
?  Vorher / nachher  ?
Kosmos 140
(unbemannt)
Kosmos 186
(unbemannt)
Bemannte Missionen
Woschod 2 Sojus 3

Sojus 1 war die erste bemannte Mission mit dem sowjetischen Raumschifftyp Sojus . Sie fand vom 23. bis 24. April 1967 statt. Aufgrund erheblicher technischer Mangel der Energieversorgung und des Lageregelungssystems wurde der Flug vorzeitig beendet. Der Kommandant Oberst Wladimir Komarow kam bei der Landung durch Versagen des Fallschirmsystems ums Leben.

Situation [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die sowjetische bemannte Raumfahrt hatte von 1961 bis 1965 eine Reihe von Erstleistungen unter Einsatz der R-7 - Tragerrakete und verschiedener Versionen des Wostok/Woschod-Raumschiffes erzielt:

Danach verlor die Sowjetunion ihre Fuhrungsrolle an die USA, weil die Leistungsfahigkeit der bisherigen Tragerraketen und Raumschiffe ausgereizt war. Die Raumschiffe der Wostok - und Woschodfamilie boten, im Gegensatz zu den amerikanischen Gemini-Raumschiffen , keine Moglichkeit der aktiven Bahnanderung oder Kopplung.

Das sollte durch das neu entwickelte Sojus-Raumschiff geandert werden, das sich seit 1963 in der Entwicklung befand.

Drei aufeinanderfolgende unbemannte Tests schlugen fehl.

  • Beim ersten Start am 28. November 1966, unter der Tarnbezeichnung Kosmos 133 , konnte das Raumschiff (Seriennummer 2) in der Erdumlaufbahn nicht in eine stabile Lage gebracht werden. Ein zweites Raumschiff (Seriennummer 1), das als Partner fur ein Rendezvous mit Kosmos 133 hatte dienen sollen, blieb deshalb am Boden. Die Zundung der Bremsraketen von Kosmos 133 schlug mehrfach fehl. Als das Raumschiff schließlich wieder zur Erde zuruckkehrte, drohte es, in China zu landen, wobei ein Selbstzerstorungsmechanismus hatte auslosen mussen. Das Raumschiff wurde nie gefunden, sodass man davon ausging, dass es wie geplant explodiert sei.
  • Das Exemplar mit der Seriennummer 1 sollte ursprunglich das Rendezvous mit Kosmos 133 ausfuhren. Der wegen des Fehlschlages mit Kosmos 133 verschobene Start sollte nun am 14. Dezember 1966 erfolgen, jedoch versagte die Zundung einiger Triebwerke, sodass der Start abgebrochen wurde. Wahrend des Enttankens zundete der Rettungsturm, worauf die Rakete in Brand gesetzt wurde und kurz danach explodierte. Mindestens eine Person kam dabei ums Leben.
  • Ein drittes Raumschiff (Seriennummer 3) wurde am 7. Februar 1967 unter der Bezeichnung Kosmos 140 gestartet. In der Umlaufbahn konnte jedoch auch dieses Raumschiff nicht stabil gehalten werden. Der Wiedereintritt erfolgte steiler als geplant. Durch einen Fehler entwich die Luft aus der Ruckkehrkapsel, zudem brannte der Hitzeschild durch. Schließlich sturzte die Kapsel in den zugefrorenen Aralsee , wo sie von Tauchern geborgen werden konnte.
Typgleiches Modell Sojus 7K-OK(A) im National Space Centre in England

Das amerikanische Weltraumprogramm hatte schon ein Jahr zuvor, im Dezember 1965, mit Gemini 6 und Gemini 7 das erste bemannte Rendezvous durchgefuhrt, doch war das Apollo-Programm nach der Katastrophe von Apollo 1 im Januar 1967 vorerst zum Stillstand gekommen.

Fur die Sowjets bedeutete dies die Moglichkeit, das Rendezvous mit einer Kopplung zu ubertrumpfen und dazu noch den ersten Umstieg von Raumfahrern in der Erdumlaufbahn vorzuweisen. Somit wurde fur die nachsten beiden Sojus-Raumschiffe ein bemannter Doppelstart angesetzt.

Besatzung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Sojus 1 wurde von Wladimir Komarow gesteuert. Komarow hatte bereits mit Woschod 1 Weltraumerfahrung gesammelt. Als erster Ersatzmann fungierte sein Freund Juri Gagarin , der sechs Jahre zuvor als erster Mensch ins All geflogen war.

Flugverlauf und aufgetretene Probleme [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Start von Sojus 1 mit Wladimir Komarow an Bord erfolgte am 23. April 1967. Ein weiteres Sojus-Raumschiff ( Sojus 2A , Seriennummer 5) mit drei Mann Besatzung sollte am Tag danach folgen. Dabei waren eine Kopplung und der Umstieg von zwei Kosmonauten vorgesehen. Die Flugleitung unter der Leitung von Pawel Agadschanow befand sich in Jewpatorija auf der Krim . [2]

Solarmodul und Sonnensensor versagen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Schon kurz nach Erreichen der Umlaufbahn stellten sich die ersten Probleme ein. Eines der beiden Solarmodule hatte sich nicht entfaltet, die Energieversorgung war also nicht gewahrleistet. Das Raumschiff konnte nicht stabil zur Sonne ausgerichtet werden, sodass auch das zweite Solarmodul nicht genugend Leistung abgeben konnte. Diese Orientierung des Raumschiffes im normalen Flugbetrieb sollte uber einen Sonnensensor erfolgen, der eine Fehlfunktion aufwies. Da das Sojus-Raumschiff nur uber relativ schwache Batterien verfugte, war somit die vorgesehene Missionsdauer nicht moglich. Zudem schien der Kurzwellensender nicht fehlerfrei zu arbeiten, sodass eine sichere Verbindung nur uber UKW moglich war, wenn sich das Raumschiff uber der Sowjetunion befand.

Es wurde anfangs kurzzeitig erwogen, dass nach dem ursprunglich geplanten Start von Sojus 2A die Kosmonauten Jelissejew und Chrunow wahrend ihres Außenbordumstiegs das verklemmte Solarmodul von Hand ausfahren sollten, mit den zunehmenden Problemen der Lagekontrolle war aber ein sicheres Dockingmanover ohnehin nicht mehr moglich. Der Start von Sojus 2A wurde abgesagt, offiziell wurden die schlechten Wetterverhaltnisse am Startplatz als Grund angegeben.

Automatische Lagekontrolle versagt [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Drei Ionenflussdetektoren sollten die Korrekturdaten zur exakten Ausrichtung des Raumschiffes fur das Bremsmanover liefern. Dieses System misst die Abweichungen der Langsachse des Raumschiffes von seiner Flugrichtung im Orbit und wandelt diese in entsprechende Lagekontrollsignale um. Bei einer ungenauen Langsausrichtung kann die Arbeit des Bremstriebwerkes den Ubergang in eine sichere Abstiegsbahn nicht garantieren, die Zundung wird dann automatisch unterdruckt. Unter Nutzung dieses Systems wurde im 16. Umlauf (23. April 1967; 23:56:12 UT) der erste Versuch unternommen, die Bremsraketen zu zunden und Komarow vorzeitig zur Erde zuruckzubringen. Der Versuch schlug jedoch fehl, da die Sensoren widerspruchliche Daten lieferten. Sojus 1 verblieb in der Umlaufbahn. Die Flugleitung entschied, keinen weiteren Bremsversuch mit dem automatischen System im nachsten Umlauf durchzufuhren. Die Zeit drangte jedoch, weil Befurchtungen bestanden, dass die Energieversorgung ab Umlauf 20 oder 21 endgultig versagen werde.

Manuelle Landeprozedur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Stattdessen sollte der 17. Umlauf der Vorbereitung einer weitgehend manuell kontrollierten Landung dienen. Dazu wurden wahrscheinlich die rein optischen Orientierungssysteme in Kombination mit dem Gyroskop verwendet. Da eine optische Orientierung Tageslicht voraussetzt und der geplante Zundpunkt des Bremsmanovers auch im 18. Umlauf noch auf der Nachtseite lag, wurde das Raumschiff auf der gegenuberliegenden Seite der Erde (also etwa uber Papua-Neuguinea) mit optischen Mitteln ausgerichtet und dann mittels des inertialen Modus mit den Signalen des Gyroskops in dieser Lage stabilisiert. Dieses recht anspruchsvolle manuelle Manover gelang offensichtlich.

Wiedereintritt und Absturz [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach der notwendigen weiteren halben Umkreisung (noch im 18. Umlauf) zundete Komarow um 02:57:15 UT das Bremstriebwerk kurz nach dem Uberqueren des Aquators uber dem Atlantik manuell, wodurch eine Landung in der UdSSR bei Tageslicht moglich wurde. Gegen 03:14 UT meldete Komarow kurz vor dem Eintritt in die Atmosphare das erfolgreiche Bremsmanover und eine Lageabweichung von uber 8° gegenuber dem geplanten Eintrittswinkel. Dadurch erfolgte kein zweiteiliger Abstieg, sondern ein rein ballistischer, der den Landeort westlich verschob. In den Funk-Blackout geriet das Raumschiff zwischen 03:15 und 03:16 UT, wobei die Bremsverzogerung bis zu 8 g erreichte. In einer Hohe von etwa sieben Kilometern wurde das Hauptfallschirmsystem aktiviert. Der Hilfsschirm offnete sich, zog jedoch den Hauptschirm nicht aus dem Container. Die Kontrollsysteme detektierten die zu hohe Sinkgeschwindigkeit und aktivierten den Reservefallschirm. Dieser wurde vollstandig aus seinem Container gezogen, entfaltete sich jedoch ebenfalls nicht. Die Landekapsel von Sojus 1 schlug um 03:22:52 UT ca. 2 km entfernt der Ortschaft Karabutak ( Oblast Orenburg , damals RSFSR , heute Russland ) mit einer Geschwindigkeit von etwa 40 m/s (ca. 145 km/h) hart auf dem Boden auf. Komarow wurde dabei getotet.

Spekulationen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Dass er die Landung nicht uberleben wurde, durfte Komarow erst bewusst geworden sein, als sich nach dem Versagen des Hauptfallschirms auch der Reservefallschirm nicht entfaltete. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich nur noch in ca. 5000 m Hohe und konnte bereits nicht mehr uber UKW von auslandischen Funkstationen empfangen werden. Daher sind gelegentliche Berichte uber in der Turkei empfangene Schreie und Fluche in das Reich der Spekulation zu verweisen. Uber den tatsachlichen Funkverkehr zwischen dem Ende des Blackouts und dem Aufprall wurde offiziell nichts bekannt gegeben. Offiziell gab es den letzten Funkkontakt kurz vor dem Wiedereintritt.

Weit nach dem Ende der Sowjetunion beschaftigte sich eine Dokumentation des Fernsehsenders Perwy kanal mit dem Flug von Sojus 1 . Neben einer Filmaufnahme des Aufschlags enthalt der Beitrag Tonaufnahmen, bei denen es sich um ein Funkgesprach von Wladimir Komarow und Juri Gagarin sowie auch die letzte empfangene Durchsage von Wladimir Komarow handeln soll. [3]

Ursachen des Absturzes [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In ersten Berichten wurde angegeben, dass sich die Fangleinen des Hauptschirms verdreht hatten und sich daher der Hauptschirm nicht ganzlich entfaltet hatte. Bei der Untersuchung wurde auch das aus dem gleichen Fertigungslos stammende, aber nicht gestartete Raumschiff Sojus 2A intensiv untersucht. Dabei zeigten sich die gleichen Konstruktions- und Fertigungsmangel wie bei Sojus 1 . Eine Analyse des Fertigungsprozesses ergab, dass wahrend des Aushartens in einem Autoklaven Bindemittel des ablativen Hitzeschutzes in den Hauptschirmbehalter gelangt war. Dieses war an dessen Wandung kondensiert und hatte eine raue Schicht gebildet. Dadurch erhohte sich die Haftreibung zwischen Container und Schirm. Daneben soll sich durch den Druck der Kabinenatmosphare gegenuber dem relativ geringen atmospharischen Außendruck in ca. 7 km Hohe der Fallschirmcontainer nach seiner Offnung starker komprimiert haben als vorgesehen. Die dabei insgesamt entstehenden Reibungskrafte verhinderten, dass der Hilfsschirm den Hauptschirm aus dem Behalter zog. Dafur ware unter den oben genannten Bedingungen eine Zugkraft von ca. 30 kN notig gewesen, der Hilfsschirm erreichte aber maximal 18 kN und die Landekapsel der ersten Version 7K-OK des Sojus-Raumschiffes hatte eine Masse von 2,5 t, somit ein Gewicht von 25 kN. Ein direktes Abwerfen des Hilfsschirms war nicht moglich. Der Reserveschirm wurde zwar ausgelost, konnte sich aber nicht entfalten, da er genau in den Windschatten des noch unmittelbar uber der Landekapsel befindlichen Hilfsschirms des Hauptschirmsystems geriet. Beide Mangel waren in dem vorausgegangenen Testflug von Kosmos 140 nicht aufgetreten, bei dem sich der Hauptschirm entfaltet hatte. Hier war eine andere Abdichtung des Hauptschirmcontainers im Autoklaven verwendet worden. Daneben kam es wahrend des Wiedereintritts von Kosmos 140 zur Dekompression, sodass die nicht unerhebliche Druckdifferenz auf den Schirmcontainer entfiel. Diese Fehler in Konstruktion (Positionierung des Reserveschirmes, mangelnder Kompressionswiderstand des Hauptschirmcontainers) und Fertigung (Bindemittelkontaminierung) waren letztlich fur den todlichen Ausgang des Unternehmens ursachlich. Das gesamte Fallschirmsystem wurde fur die nachfolgenden Fluge uberarbeitet.

Auswirkungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Absturz von Sojus 1 und der Tod von Komarow waren ein schwerer Schlag fur die sowjetische bemannte Raumfahrt. Oberst Komarow galt zu diesem Zeitpunkt als einer der am besten qualifizierten aktiven sowjetischen Kosmonauten. Zum ersten Mal musste ein Fehlschlag vor der Weltoffentlichkeit zugegeben werden.

Bei der Untersuchung des Unglucks wurden mehrere Konstruktions- und Fertigungsmangel aufgedeckt. Unter anderem wurden auch die Konstruktionsfehler bei den Bremsschirmen entdeckt. Ware Sojus 2A wie geplant gestartet, waren bei der Aktivierung des Hauptschirmes auch diese drei Kosmonauten ums Leben gekommen. Eine sichere Landung mit dem Reserveschirm ware bei beiden Raumschiffen nur ohne vorherige Aktivierung des Hauptsystems moglich gewesen. Inwieweit eine solche Prozedur zur Rettung der Besatzung bei einem Start von Sojus 2A rechtzeitig genug erkannt und genutzt worden ware, ist unklar. Der abgesagte bemannte Raumflug erhielt offiziell keine Nummer, wird jedoch meist als Sojus 2A bezeichnet. Die ursprunglich geplante Bezeichnung Sojus 2 wurde spater fur ein unbemanntes Sojus-Raumschiff verwendet.

Durch die notwendig gewordenen Anderungen in Konstruktion und Fertigung verschob sich der nachste unbemannte Start von Sojus-Raumschiffen mit Kosmos 186 und Kosmos 188 . Der nachste bemannte Start erfolgte mit Sojus 3 im Oktober 1968, und das geplante Umsteigen von Kosmonauten wurde erst im Januar 1969 mit Sojus 4 und Sojus 5 erfolgreich durchgefuhrt.

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Bahndaten nach Soyuz-1 Mission Transcript, RGANTD, zitiert in: Asif Siddiqi: Fifty years later: Soyuz-1 revisited (part 1). The Space Review, 17. April 2017, S. 2 , abgerufen am 4. Mai 2017 (englisch).
  2. Asif Siddiqi: Fifty years later: Soyuz-1 revisited (part 1). The Space Review, 17. April 2017, S. 2 , abgerufen am 4. Mai 2017 (englisch).
  3. Ausschnitt aus einer Sendung von Perwy kanal zu Sojus 1. (Video) Abgerufen am 21. September 2015 (russisch).