Ngo đinh Di?m

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Ngo đinh Di?m (1957)

Ngo đinh Di?m ( Han Nom 吳廷琰 , eigentlich Jean-Baptiste Ngo đinh Di?m [1] ; * 3. Januar 1901 in Hu? ; † 2. November 1963 in Saigon-Cholon ) war der diktatorisch regierende erste Prasident der Republik Vietnam von 1955 bis 1963.

Lebensweg [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Jugend und Ausbildung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Di?m wurde in der Stadt Hu? , der alten Hauptstadt der Nguy?n-Dynastie , geboren. Die Familie Ngo gehort zum katholischen Adel Vietnams . Einer seiner Bruder, Pierre Martin Ngo đinh Th?c , war Erzbischof von Hu? , ein anderer Bruder, Ngo đinh Nhu , der zu seinen engsten Beratern zahlte, galt als Anhanger des Personalismus . [2] Di?m war gluhender Nationalist und Anti-Kommunist. In jungen Jahren wurde er Beamter in der franzosischen Kolonialverwaltung.

Kabinettsposten [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

1933 wurde er Innenminister unter Kaiser B?o đ?i , trat jedoch nach einem Kompetenzstreit mit den Franzosen bereits wenige Wochen spater wieder zuruck. [3] Wahrend der japanisch-franzosischen Verwaltung wurde er von den Franzosen verfolgt, aber vom japanischen Militargeheimdienst geschutzt. Zeitweise hielt er sich 1943 im Haus des Firmenchefs der Dainan K?shi versteckt. Aus Furcht vor einer Inhaftierung durch die Franzosen begab er sich im Juli 1944 zum japanischen Konsulat in Hu? . Auf Veranlassung von Konsul Ishida Masao flog ihn die japanische Geheimpolizei Kempeitai mit einer Militarmaschine nach Saigon in das Hauptquartier der japanischen 38. Armee . Dort erreichte er im August, dass auch die beiden Sohne Cong Des nach Bangkok in Sicherheit gebracht wurden, wo sie mit Tran Trong Kim kooperierten. Im Schattenkabinett von Cong De war fur ihn eine fuhrende Stellung vorgesehen. Die Japaner setzten nach der Entwaffnung der Franzosen am 9./10. Marz 1945 aber uberraschend weiterhin auf B?o đ?i.

Franzosische Rekolonialisierung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Jahre 1946 kam es zu bewaffneten Konflikten der zahlreichen nationalistischen Gruppen, die, besonders im chinesisch befreiten Tongking bis zum Anrucken der Franzosen ab Marz 1946, mehr und mehr die Macht ubernahmen. Nach der Augustrevolution lehnte er es ab, sich der Regierung von H? Chi Minh anzuschließen, und ging ins Exil in die USA. Dort lernte er einflussreiche Politiker kennen, bei denen er sich als anti-kommunistischer und anti-kolonialer vietnamesischer Nationalist profilierte. [4] Diese uberzeugten den US-Außenminister John Foster Dulles 1954, nach dem Ende des Indochinakriegs und dem Ruckzug der Franzosen, dass Di?m der geeignete Premierminister von Sudvietnam sei.

Prasident von Sudvietnam [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Prasident Ngo đinh Di?m (oben in der Mitte) auf einem Marineboot

Gemaß dem auf der Genfer Konferenz von 1954 erzielten Verhandlungsergebnis hatten bis 1956 freie Wahlen in ganz Vietnam und danach eine Wiedervereinigung durchgefuhrt werden sollen. Di?m war sich jedoch mit den USA einig, dies verhindern zu wollen, da freie Wahlen zu einem Sieg der Kommunisten gefuhrt hatten. Außenminister Dulles forderte Di?m zwar offentlich dazu auf, fur freie Wahlen einzutreten. Hinter den Kulissen versicherte man ihm, dass die amerikanische Regierung gesamtvietnamesische Wahlen als eine große Gefahr betrachte. [5] De jure stellte man sich auf den Standpunkt, dass die sudvietnamesische Regierung bei der Konferenz nicht vertreten gewesen war und deshalb an die Beschlusse nicht gebunden ware.

Sein Regierungsstil galt als autoritar. Zunachst wandte er sich mit Brutalitat gegen die Flusspiraten des Gangsterbosses Binh Xuyen , die unter den Franzosen in Saigon Polizeigewalt ausubten und sich mit Opiumschmuggel , Prostitution und Erpressung finanzieren durften. [6] Der sechstagige Hauserkampf in Saigon-Cholon im Mai 1955 kostete 500 Tote, 2000 Verletzte und machte 20.000 obdachlos. Dann ging er auch gegen die Sekten der Hoa Hao und der Cao-Daisten vor. Die Amerikaner honorierten seine Erfolge mit großzugigen finanziellen Zuwendungen, durch die Di?m etwa 80 % des Staatshaushaltes abdecken konnte. Sein Bruder und Berater Ngo đinh Nhu ließ zur Aufbesserung der Staatsfinanzen den Opiumhandel wieder zu, dabei bediente man sich der Gangster, die die Air-Opium -Gesellschaften betrieben. [7]

1955 ließ sich Di?m in einer manipulierten Wahl zum Prasidenten wahlen (in Saigon erzielte er 135 % der abgegebenen Stimmen) und schaffte gleichzeitig die Monarchie mit dem unbeliebten ehemaligen Kaiserreich Vietnam von B?o đ?i ab. Durch die Vernichtung der kaiserlichen Garde und kaisertreuer Milizen wurden die nationalistischen Krafte Vietnams wesentlich geschwacht.

Di?m festigte seine Herrschaft, indem er einflussreiche Positionen bevorzugt an Verwandte vergab und zwei sich gegenseitig bespitzelnde Geheimdienste aufbaute. Er begann eine brutale Kampagne nicht nur gegen Kommunisten, sondern auch gegen andere tatsachliche oder vermeintliche politische Gegner. Die nordvietnamesische Regierung behauptete, dass uber 65.000 Menschen inhaftiert und 2.148 getotet wurden. [8] Laut Gabriel Kolko waren bis Ende 1958 40.000 politische Gefangene eingesperrt worden. [9] Nach anderen unabhangigen Schatzungen wurden 150.000 Personen inhaftiert und allein zwischen 1955 und 1957 12.000 Menschen getotet. [10]

Trotz allem galt er in der US-amerikanischen Offentlichkeit immer noch als Alternative zu Ho Chi Minh . Man hoffte, er konne sich zum charismatischen Gegenpol entwickeln. Die Eisenhower -Administration war der machtpolitischen Ansicht, dass man angesichts seiner anti-kommunistischen Haltung uber die Grausamkeiten des Regimes und die massive Korruption hinwegsehen durfe. Sudvietnam blieb von den USA vollstandig abhangig und war ohne deren Hilfe nicht uberlebensfahig.

Seine Ablehnung einer auch von den USA fur notwendig gehaltenen Bodenreform trug dazu bei, dass Di?m in der Bevolkerung zunehmend unpopular wurde. Durch Zwangsumsiedlungen der Landbevolkerung in Wehrdorfer, dem sogenannten Taylor-Staley-Plan , sollte dem Vietcong (NLF) die Versorgung entzogen werden. Erreicht wurde eher das Gegenteil ? Di?m trieb auch diejenigen Vietnamesen, die bisher dem Sozialismus ablehnend gegenubergestanden hatten, in die Arme der NLF. Als der uberzeugte Katholik Di?m, gestutzt auf knapp zwei Millionen Katholiken, eine christliche Bekehrungskampagne durchfuhrte, riefen auch noch die Buddhisten Vietnams zum Umsturz auf. Di?m, der inzwischen fast alle relevanten Gruppierungen gegen sich aufgebracht hatte, reagierte auch hier mit Verhaftungen und Hinrichtungen .

Der amerikanische Vizeprasident Lyndon B. Johnson bezeichnete Di?m 1961 noch als ? Winston Churchill Sudostasiens“. Allmahlich begann jedoch auf der Seite der Amerikaner, die ihn weiterhin unterstutzten, ein Meinungsumschwung, weil offensichtlich wurde, dass das Fehlen demokratischer Strukturen, das Ausbleiben der Landreform und die ausufernde Korruption in Di?ms Regierung dem Fortkommen Sudvietnams schadeten.

Opposition und Putsch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Di?m, in Begleitung von US-Außenminister John Foster Dulles , bei seiner Ankunft auf dem Washington National Airport in 1957. Di?m und US-Prasident Dwight D. Eisenhower schutteln sich Hande.
Diem nach seiner Ermordung.

Im Jahr 1963 zeigten buddhistische Monche anlasslich des Geburtstages von Buddha trotz Verbotes auch buddhistische Flaggen . Daraufhin ließ Di?m seine Elitetruppen in die unbewaffnete Menge schießen, neun Menschen starben. Es kam zu weiteren Demonstrationen, die auch blutig niedergeschlagen wurden. Der Monch Thich Qu?ng đ?c verbrannte sich selbst aus Protest vor den Augen der internationalen Offentlichkeit. Studenten schlossen sich den Protesten an und auch die Armee war unzufrieden. Di?ms zynische Kommentare hieruber, vor allem aber auch die seiner Schwagerin Madame Nhu , brachten auch die Partner in Washington in Bedrangnis.

Die Buddhistenkrise uberzeugte die inzwischen in den USA regierende Kennedy-Regierung , dass Di?m an der Spitze Sudvietnams nicht die geeignete Person war, um weiterhin fur Stabilitat im Sinne Washingtons zu sorgen. Kennedy berief Henry Cabot Lodge zum neuen Botschafter in Saigon mit dem Auftrag, Di?m ?zur Vernunft“ zu bringen oder nach einer Alternative zu ihm zu suchen. Inzwischen freigegebene Dokumente belegen, [11] dass amerikanische Geheimdienste den Sturz und die Ermordung Di?ms aktiv herbeifuhrten. Bis dahin wurde behauptet, Lodge habe lediglich einigen unzufriedenen Militaroffizieren signalisiert, die USA hatten nichts gegen einen Putsch einzuwenden.

Im August schickte das Weiße Haus das Telegram 243 zur Ermutigung des US-Botschafters in Sudvietnam, Optionen fur eine neue Fuhrung zu prufen. Kurz danach stellten CIA-Mitarbeiter eine Gruppe von ARVN -Offizieren auf, angefuhrt von D??ng V?n Minh . Der Geheimdienst gab den Startschuss fur den Anti-Diem-Coup. Am 1. November 1963 kam es daraufhin zu einem Militarputsch von ARVN-Generalen um D??ng V?n Minh. Der Putsch stieß auf wenig nennenswerten Widerstand. Erst als der Prasidentenpalast umstellt war und Di?ms Eliteeinheiten entwaffnet waren, erklarte Di?m seine Bereitschaft zu Reformen und versuchte verzweifelt und vergeblich, die Unterstutzung des US-Botschafters Lodge zu gewinnen. Der gab vor, sich nicht in innere Angelegenheiten Sudvietnams einmischen zu konnen. Di?m und sein jungerer Bruder Ngo đinh Nhu konnten durch unterirdische Geheimgange zunachst fliehen. Spater wurden sie jedoch von Suchtrupps aufgegriffen, verhaftet und ermordet. Beide wurden erschossen und mit Bajonetten erstochen, als sie in einem Militarfahrzeug transportiert wurden. [12] Am nachsten Tag fand man sie in einem Lieferwagen. [13]

Zur Entscheidung des Weißen Hauses, den Diktator Di?m zu opfern, soll beigetragen haben, dass er zuletzt direkten Kontakt zu Ho Chi Minh aufnehmen wollte, um die USA aus dem vietnamesischen Burgerkrieg hinauszudrangen. [14] Die amerikanische Fuhrung druckte nach außen ihre vorgebliche Emporung uber die Totung Di?ms aus.

Kennedy hatte seinen engen Vertrauten Torby Macdonald nach Sudvietnam entsandt, der bei einem Treffen mit Di?m dringend zu Maßnahmen gegen die grassierende Korruption in dessen Regierung geraten hatte. Außerdem hatte er ihn vor moglichen Rebellen gewarnt und ihm empfohlen, sich in die sichere US-Botschaft zu begeben. Di?m ignorierte aber diese Warnung. [15]

Entgegen den Hoffnungen der US-Regierung konnte das Land nach Di?ms Tod allerdings nicht stabilisiert werden. Keiner der folgenden Regierungen gelang es, sich auf langere Zeit zu etablieren.

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Ngo đinh Di?m  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Bernard B. Fall : The Two Vietnams: A Political and Military Analysis Greenwood Publishing Group, Second Revised Edition 1967, ISBN 978-0-9991417-9-3 , S. 235
  2. Peter Scholl-Latour : Der Tod im Reisfeld . Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1979, ISBN 3-421-01927-4 , S. 86?90
  3. Marc Frey; Geschichte des Vietnamkrieges; Beck, Munchen 2000, ISBN 3-406-45978-1 , S. 47
  4. Frey (2000), S. 48
  5. Frey (2000), S. 51
  6. Scholl-Latour (1979), S. 87 f.
  7. McCoy, Alfred; The Politics of Heroin; New York 1991 (rev. ed.; Orig. 1972); ISBN 1-55652-126-X
  8. Robert F. Turner: Vietnamese Communism: Its Origins and Development . Hoover Institution Publications, 1975, ISBN 978-0-8179-6431-3 , S.   174?78 .
  9. Kolko, Gabriel (1987). Vietnam: Anatomy of a War, 1940?1975 . Unwin Paperbacks, S. 89
  10. Frey (2000), S. 60
  11. U. a. die Pentagon Papers ( Volltext )
  12. Jennifer Llewellyn, Jim Southey, Steve Thompson: Ngo Dinh Diem. Alpha-Geschichte, 16. Juni 2019, abgerufen am 24. August 2023 .
  13. Frey (2000), S. 97 f.
  14. Scholl-Latour (1979), S. 106
  15. Larry J. Sabato: The Kennedy Half-Century. The Presidency, Assassination, and Lasting Legacy of John F. Kennedy . Bloomsbury, New York 2013, S. 124 f.