Kurt Gscheidle
(*
16. Dezember
1924
in
Stuttgart
; †
22. Februar
2003
in
Saarbrucken
) war ein
deutscher
Politiker
(
SPD
). Von 1974 bis 1982 war er
Bundesminister fur das Post- und Fernmeldewesen
, von 1974 bis 1980 gleichzeitig
Bundesminister fur Verkehr
.
Von 1939 bis 1942 absolvierte Gscheidle eine Ausbildung zum
Feinmechaniker
bei der
Deutschen Reichspost
. Ab 1942 nahm er als
Soldat
am
Zweiten Weltkrieg
teil. 1948 wurde er aus der
Kriegsgefangenschaft
entlassen und war seit Ende 1948 im Postdienst als Fernmeldetechniker tatig. Von 1950 bis 1951 absolvierte er ein Studium an der
Sozialakademie Dortmund
. Es folgte dann eine Ausbildung zum
REFA
-
Ingenieur
.
1953 wechselte er als hauptamtlicher Funktionar zur
Deutschen Postgewerkschaft
(DPG) in
Frankfurt am Main
, wo er bis 1957 Leiter des Sekretariats fur Technik und Wirtschaft war, danach bis 1969 stellvertretender Bundesvorsitzender. 1969 war er zur Neuwahl des Vorsitzenden des
Deutschen Gewerkschaftsbundes
(DGB) von den Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften einstimmig als Kandidat nominiert. Seine Wahl galt als sicher. Nachdem er jedoch Forderungen zur Reform des DGB erhob, musste er noch vor der Wahl
Heinz Oskar Vetter
weichen.
Gscheidle war seit 1956 Mitglied der SPD. Er war dem
Godesberger Flugel
zuzurechnen, der sich spater zum
Seeheimer Kreis
entwickelte.
Gscheidle war Stadtverordneter in
Oberursel
. Von 1961 bis 1969 sowie von 1976 bis 1980 war er
Mitglied des Deutschen Bundestages
. Ab 1961 war er direkt gewahlter Abgeordneter des
Wahlkreises 135 Obertaunuskreis
im 4. Deutschen Bundestag. 1965 verlor er das Direktmandat an
Walther Leisler Kiep
und gelangte uber die hessische Landesliste in den 5. Deutschen Bundestag. In den 6. Deutschen Bundestag wurde er 1969 ebenfalls uber Platz drei der Landesliste gewahlt, legte jedoch wegen seiner Ernennung zum beamteten Staatssekretar das Mandat bereits am 7. November 1969 nieder. Von 1962 bis 1969 gehorte er auch dem Vorstand der SPD-
Bundestagsfraktion
an. Als Bundesminister kandidierte er 1976 im Wahlkreis 78 (Rheydt ? Grevenbroich II), wurde aber nur uber die Landesliste Nordrhein-Westfalen in den 8. Deutschen Bundestag gewahlt. 1980 verweigerte ihm der SPD-Bezirk Niederrhein einen Platz auf der Landesliste, nachdem Gscheidle eine weitere Direktkandidatur aus gesundheitlichen Grunden abgelehnt hatte.
Von 1969 bis 1974 war Gscheidle
beamteter Staatssekretar
im Bundesministerium fur das Post- und Fernmeldewesen. Als Leiter der so genannten
Kommission Deutsche Bundespost
war er fuhrend an der Erarbeitung von Grundsatzen fur die wirtschaftliche Unternehmensfuhrung der bis dahin als offentliche Verwaltung agierenden
Bundespost
beteiligt. Der von der Kommission vorgelegte Entwurf eines
Gesetzes uber die Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost
scheiterte, wesentliche Maßnahmen konnten dennoch umgesetzt werden.
Am 16. Mai 1974 wurde Gscheidle als Bundesminister fur Verkehr und fur das Post- und Fernmeldewesen in die von
Bundeskanzler
Helmut Schmidt
gefuhrte
Bundesregierung
berufen. Er erreichte nun in kurzer Zeit, dass die Bundespost wirtschaftlich arbeitete. Ahnliche Plane fur die hoch defizitare
Bundesbahn
konnte er in der Offentlichkeit nicht durchsetzen. Er privatisierte kleinere Teile von Bahn und Post und plante 1978 eine vollstandige Privatisierung der Bahn mit Ausnahme des Schienennetzes.
1980 wurde die von Gscheidle betriebene Einfuhrung eines Gebuhrenzeittakts fur Telefongesprache innerhalb der Ortsnetze vollzogen. Gscheidle hatte sich mittlerweile den Ruf erworben, der erste fachlich qualifizierte Verkehrsminister der Bundesrepublik zu sein, schuf sich mit seinen Reformen und Reformvorhaben aber zunehmend innerparteiliche Gegner. Auch vertrat er die konsequente Umsetzung des
Radikalenerlasses
bei Post und Bahn.
Nach der
Bundestagswahl 1980
wurde die Fuhrung von Post- und Verkehrsministerium getrennt und Gscheidle gab das Verkehrsministerium ab. Beim Poststreik im November 1980 ordnete er den Einsatz von Beamten auf bestreikten Arbeitsplatzen an, was nach umfangreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen schließlich 1993 vom Bundesverfassungsgericht fur unzulassig erklart wurde. Anlasslich einer Kabinettsumbildung schied Gscheidle am 28. April 1982 aus der Bundesregierung aus.
Bekannt wurde unter
Philatelisten
die so genannte
Gscheidle-Marke
.
Der ehemalige Postminister Gscheidle hatte drei Bogen der nicht herausgegebenen Sondermarke zu den
Olympischen Sommerspielen 1980
in Moskau in seinem privaten Besitz. Durch den so genannten
Gscheidle-Irrtum
seiner Frau, die diese amtlich nicht ausgegebenen Marken zur Frankierung benutzte, kamen 1982 und 1983 einige Exemplare in Umlauf.
- ↑
Aufstellung aller durch den Bundesprasidenten verliehenen Ehrenzeichen fur Verdienste um die Republik Osterreich ab 1952
(PDF; 6,6 MB)
Verkehrsminister der Bundesrepublik Deutschland
Hans-Christoph Seebohm
(DP/CDU, 1949?1966)
|
Georg Leber
(SPD, 1966?1972)
|
Lauritz Lauritzen
(SPD, 1972?1974)
|
Kurt Gscheidle
(SPD, 1974?1980)
|
Volker Hauff
(SPD, 1980?1982)
|
Werner Dollinger
(CSU, 1982?1987)
|
Jurgen Warnke
(CSU, 1987?1989)
|
Friedrich Zimmermann
(CSU, 1989?1991)
|
Gunther Krause
(CDU, 1991?1993)
|
Matthias Wissmann
(CDU, 1993?1998)
|
Franz Muntefering
(SPD, 1998?1999)
|
Reinhard Klimmt
(SPD, 1999?2000)
|
Kurt Bodewig
(SPD, 2000?2002)
|
Manfred Stolpe
(SPD, 2002?2005)
|
Wolfgang Tiefensee
(SPD, 2005?2009)
|
Peter Ramsauer
(CSU, 2009?2013)
|
Alexander Dobrindt
(CSU, 2013?2017)
|
Christian Schmidt
(CSU, komm. 2017?2018)
|
Andreas Scheuer
(CSU, 2018-2021)
|
Volker Wissing
(FDP, seit 2021)
Postminister der Bundesrepublik Deutschland
Hans Schuberth
(CSU, 1949?1953)
|
Siegfried Balke
(parteilos/CSU, 1953?1956)
|
Ernst Lemmer
(CDU, 1956?1957)
|
Richard Stucklen
(CSU, 1957?1966)
|
Werner Dollinger
(CSU, 1966?1969)
|
Georg Leber
(SPD, 1969?1972)
|
Lauritz Lauritzen
(SPD, 1972)
|
Horst Ehmke
(SPD, 1972?1974)
|
Kurt Gscheidle
(SPD, 1974?1982)
|
Hans Matthofer
(SPD, 1982)
|
Christian Schwarz-Schilling
(CDU, 1982?1992)
|
Gunther Krause
(CDU, komm. 1992?1993)
|
Wolfgang Botsch
(CSU, 1993?1997)
Kabinett Schmidt I ? 16. Mai 1974 bis 14. Dezember 1976
Kabinett Schmidt II ? 16. Dezember 1976 bis 4. November 1980
Kabinett Schmidt III ? 6. November 1980 bis 1. Oktober 1982