Juan Benet

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Juan Benet Goitia (* 7. Oktober 1927 in Madrid ; † 5. Januar 1993 in Madrid) war ein spanischer Schriftsteller und Ingenieur , der zur Generation der in den 1950er Jahren zum Durchbruch kommenden Vertreter des sozialen Realismus gehorte, in ihr jedoch ein Außenseiter war. Obwohl ihn mit den Realisten wie Rafael Sanchez Ferlosio , Carmen Martin Gaite , Ignacio Aldecoa oder die Bruder Goytisolo, Juan und Luis , die Auseinandersetzung mit der unmittelbaren Geschichte Spaniens ? Burgerkrieg , Franco-Diktatur ? verband, waren sowohl sein Stil und sein Literaturverstandnis als auch seine Vorbilder ( Faulkner , Conrad , Proust , Beckett , Kafka ) grundverschieden. [1] Er war daruber hinaus ein Spatling, wahrend seine Generationsgenossen um 1955 zu publizieren anfingen, kam sein erster Roman Volveras a Region 1968 heraus. Mit ihm initiierte Benet die Erneuerung der spanischen Literatur der ausgehenden Diktatur und der aufkommenden Demokratie. [2]

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Studium, erste Berufstatigkeit, literarische Anfange (1940?1965) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Juan Benet kam in einer gutburgerlichen, konservativen Familie zur Welt. Sein Vater Tomas Benet war ein Rechtsanwalt, seine Mutter Teresa Goitia hatte baskische Wurzeln. Er war der jungste von drei Kindern. Bei Ausbruch des Burgerkriegs 1936 wurde der Vater von anarchistischen Milizleuten ermordet, daraufhin floh die Familie nach San Sebastian , das sich in Handen der aufstandischen Militars befand, und kehrte erst nach Kriegsende 1939 wieder nach Madrid zuruck. Dort ging Benet in die streng katholische Privatschule Colegio del Pilar , an der er sein Abitur machte. Anschließend studierte er an der Madrider Technischen Hochschule ( Escuela de Ingenieros de Caminos ). In seinem Erinnerungsbuch Otono en Madrid beschreibt Benet diese Studienjahre im Madrid der grauen Nachkriegszeit, seine Besuche beim alten Romancier Pio Baroja , der mit Cervantes zu den spanischen Vorbildern Benets zahlt, seine Freundschaft mit dem Medizinstudenten und spateren Romancier Luis Martin-Santos , seine Streifzuge durch die Madrider Cafes. [3]

1949 reiste er zum ersten Mal ins Ausland, nach Paris , wohin sein Bruder Francisco (?Paco“) mit einem franzosischen Stipendium vor der Ode des spanischen politischen und kulturellen Lebens gefluchtet war. [4] Der altere Bruder mit seiner oppositionellen Haltung gegenuber dem Franco-Regime, die ihn endlich ins Exil fuhrte, war wegweisend fur den jungeren. Von ihm erhielt dieser auch die ersten Bucher von Sartre , Malraux und Camus , die ersten Nummern von Temps modernes . [5] Eine zweite Auslandsreise fand 1953 nach Finnland statt, wo der angehende Ingenieur als Werkstudent im stadtischen Elektrizitatswerk in Helsinki einen Sommer lang arbeitete. [6] Die Erlebnisse dieser zwei Reisen in das Europa der fruhen funfziger Jahre schlugen sich in einem ersten Erzahlungsband nieder, der mit dem Titel Nunca llegaras a nada 1961 im Selbstverlag erschien und von Kritik und Publikum vollkommen ubersehen wurde, obwohl es ?das erste Buch des großten literarischen Talents der Nachkriegszeit war“, wie Felix de Azua behauptet. [7] Benet schuf diese Erzahlungen 1958?1959 in Oviedo ( Asturien ), wo er, inzwischen mit Nuria Jordana verheiratet, am Bau der Eisenbahn zwischen Lugo de Llanera und Villabona tatig war. Damals waren in der Einsamkeit nach der Arbeit in der wilden Natur das Schreiben und das Lesen sein einziger Zeitvertreib. Sein Ingenieur-Beruf verschlug Benet von 1961 bis 1965 in die nordliche Provinz Leon , wo er im Tal des Porma-Flusses an einem großen Stauwerk arbeitete. ?Der Ort lag im kantabrischen Gebirgszug, in 1100 m Hohe uber dem Meer, umgeben von Waldern, Baren, Wildschweinen, Wolfen und Schnee“ schrieb Benet spater. [8] Dort entstand sein erster Roman Volveras a Region .

Schriftsteller und Ingenieur (1966?1993) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

1966 zog Benet mit seiner Familie nach Madrid. In den vorausgehenden Jahren hatte er gelegentlich mit Artikeln und Essays in Zeitschriften wie Cuadernos para el dialogo und Revista de Occidente in die literarische Szene eingegriffen. Sein Essayband La inspiracion y el estilo loste bei seinem Erscheinen 1965 durch seine indirekte aber scharfe Kritik an dem herrschenden, einseitig realistischen Literaturverstandnis eine regelrechte Realismusdebatte aus. Das erklart vielleicht, warum Benets Roman Volveras a Region , den er fur den Nadal , dem damals wichtigsten literarischen Preis Spaniens, prasentierte, nicht einmal unter die ersten 20 Finalisten gelangte. [9] Dennoch erweckte das Buch bei seinem Erscheinen im Dezember 1967 die Aufmerksamkeit einiger Kenner, darunter Carlos Barral , der in Barcelona den fortschrittlichen Verlag Seix Barral leitete. Barral, der einschlagige Autoren der europaischen Moderne und junge oppositionelle spanische Autoren trotz der wachsamen Zensur zu veroffentlichen wagte, holte Benet in seinen Verlag. 1969 erhielt er den dort vergebenen, hochbegehrten Preis Biblioteca Breve fur seinen zweiten Roman Una meditacion . Seine literarische Karriere war gestartet. ?Vielleicht ubertreibe ich wenn ich sage, dass Seix Barral im Barcelona der ausgehenden 60er etwas Ahnliches wie die Studios von Metro oder Paramount im Los Angeles der erfinderischen Jahre des Films war… Es ist nicht schwer zu verstehen, dass wer diese Welt durch die grosse Tur betrat ? und der Biblioteca Breve -Preis war eine solche Tur ? in seinem Leben eine Wendung zu einem weltmannischeren, lassigeren, mit etwas Gluck und Talent auch erspriesslicheren und womoglich eleganteren Kurs spurte“. [10]

In den 1970er Jahren wurde Benet mit seinen regelmaßig erscheinenden Romanen ? Un viaje de invierno (1972), La otra casa de Mazon (1973), En el Estado (1977) ? seinen anregenden Essaybanden und Artikeln eine offentliche Figur und ein Leitbild fur die jungeren Literaten. Nach dem Tod des Diktators 1975 trat er noch starker in den Vordergrund durch seine in der liberalen Tageszeitung El Pais erscheinenden Artikel, in denen er zur politischen und kulturellen Aktualitat Stellung nahm. Mit der Publikation des Romans El aire de un crimen (1980), der ihm den popularen Planeta -Preis einbrachte, erreichte Benet zum ersten Mal eine breite Leserschaft. Nach dem tragischen Tod seiner Frau (1974) reiste er weltweit. Nach China (1976), in die USA, um Vortrage zu halten (1980) oder wahrend eines Semesters an der Columbia University in New York zu lehren (1982). [11] Seine langjahrige Beschaftigung mit dem Thema des spanischen Burgerkriegs gipfelte in dem monumentalen, mehrbandigen Roman Herrumbrosas lanzas , der 1983 und 1985/86 erschien und mit dem Premio de la Critica ausgezeichnet wurde. Als Gegengewicht dazu kann der kleine Erinnerungsband Otono en Madrid 1950 (1987) gelten, in dem Benet, ein Bewunderer des Englanders Laurence Sterne , eine ?empfindsame Reise“ in die Jahre seiner Jugend in der Madrider Nachkriegszeit unternahm. Der Schriftsteller Manuel Vicent schrieb daruber: ?Sein meistgelesenes Buch, ein wahrhaft literarisches Juwel…, ist ein Milieubild der Zeit, in der Benet sein selbstbewusstes Talent, in der von ihm so verachteten Welt Galdos´ spazieren fuhrte“. [12] 1985 heiratete Benet die spanische Lyrikerin Blanca Andreu in New York. Anfang der 1990er Jahre erschienen noch La construccion de la torre de Babel , eine Essaysammlung, und El caballero de Sajonia , eine eigenwillige Interpretation Luthers .

Juan Benet starb unerwartet am 5. Januar 1993 nach kurzer Krankheit. [13] Er arbeitete an einer neuen Fassung seines 1980 verfassten Werks Saul ante Samuel .

Werke [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Romane [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Nunca llegaras a nada (1961)
  • Volveras a Region (1967)
  • Una meditacion (1970)
  • Un viaje de invierno (1972)
  • La otra casa de Mazon (1973)
  • En el Estado (1977)
  • El aire de un crimen (1980)
  • Saul ante Samuel (1980)
  • Herrumbrosas lanzas, I - IV (1983)
  • Herrumbrosas lanzas, VII (1985)
  • Herrumbrosas lanzas, VIII - XII (1986)
  • En la penumbra (1989)
  • El caballero de Sajonia (1991)

Erzahlungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Una tumba (1971)
  • 5 narraciones y 2 fabulas (1972)
  • Sub rosa (1973)
  • Cuentos completos 2 Bd. (1977)
  • Trece fabulas y media (1981)

Essays, Erinnerungen, Artikel [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • La inspiracion y el estilo (1965)
  • Puerta de tierra (1970)
  • El angel del Senor abandona a Tobias (1976)
  • En ciernes (1976)
  • ¿Que fue la Guerra Civil? (1976)
  • Del pozo y el Numa (1978)
  • La moviola de Euripides (1982)
  • Articulos 1962-1977 (1983)
  • Otono en Madrid 1950 (1987)
  • La construccion de la torre de Babel (1990)
  • Cartografia personal (1997)
  • Paginas impares (1996)
  • La sombra de la guerra. Escritos sobre la Guerra Civil espanola (1999)
  • Una biografia literaria (2007)
  • Infidelidad del regreso (2007)

Ubersetzungen ins Deutsche [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Ein Grabmal/Numa (1989)
  • Rostige Lanzen I - IV (1991)
  • Im Halbschatten (1991)
  • Du wirst es zu nichts bringen (1992)
  • Der Turmbau zu Babel (1994)

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Anna Marcos Nickol: El teatro de la guerra. Raum, Krieg und Theater bei Juan Benet . Narr Francke Attempto Verlag, Tubingen 2016, ISBN 978-3-8233-8050-4 .

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Juan Benet: Una biografia literaria. cuatro ediciones, Madrid 2007
  2. Diccionario de la literatura espanola e hispanoamericana. Bd. I, Alianza, Madrid 1993 S. 166?167
  3. Juan Benet: Otono en Madrid. Alianza, Madrid 1987
  4. Benet, "Otono", S. 17
  5. Benet: Otono. S. 18
  6. Benet: Otono. S. 100?108
  7. Felix de Azua: Prolog zu: Juan Benet: Nunca llegaras a nada. Debate, Madrid 1990 S. V
  8. Benet: Una biografia literaria. S. 9
  9. Juan Benet: Prolog in Volveras a Region. Alianza, Madrid 1974, S. 11
  10. Juan Benet: El efecto Barral. in Revista de Occidente. Nr. von Juli-August 1990 S. 14
  11. Juan Benet: Cronologia. in Cartografia personal-. Hrsg. Mauricio Jalon, Centro ediciones, Valladolid 1997
  12. Manuel Vicent: Juan Benet: en un tiempo de silencio. in El Pais. 30. Mai 2099
  13. James Kirkup: Obituary: Juan Benet. in The Independent. London 8. Januar 1993