Der
Finnwal
(
Balaenoptera physalus
) ist eine
Art
der
Furchenwale
und der nachste Verwandte des
Blauwals
.
Erwachsene Mannchen werden auf der Nordhalbkugel 18 bis 24 Meter und auf der Sudhalbkugel 20 bis 27 Meter lang. Weibliche Tiere sind etwas großer als mannliche, dabei ungefahr gleich schwer, mit etwa 40 bis 70 Tonnen. Der Finnwal ist sehr viel schlanker und leichter als ein gleich langer Blauwal und wiegt sogar weniger als manche kurzere Walarten wie
Gronlandwal
oder
Pottwal
.
Der Rucken von Finnwalen ist dunkelgrau bis schwarzbraun; der Bauch sowie die Unterseite von
Flipper
und
Fluke
sind weiß gefarbt. Sicher identifiziert werden kann die Art an der asymmetrischen Farbverteilung am vorderen Korperbereich: der Unterkiefer ist rechts weiß, links aber dunkel. Diese Farbung erstreckt sich auch auf die Barten. Mundinnenraum und Zunge sind umgekehrt gefarbt. Einige Dutzend Kehlfurchen erstrecken sich vom Unterkiefer bis zum Nabel.
Finnwale sind in allen Ozeanen verbreitet. Kustenregionen werden gemieden. Fur die Wintermonate wandern sie in subtropische, gemaßigt-warme Gewasser zur Paarung sowie der Geburt ihrer Jungen. Im Sommer wandern sie zur Nahrungsaufnahme in die kalteren Gewasser der Arktis bzw. Antarktis. Da die Jahreszeiten auf den Erdhalbkugeln einander entgegengesetzt sind, begegnen sich sudliche und nordliche Populationen am Aquator nie. Manche Zoologen sehen in ihnen getrennte
Unterarten
: den Nordlichen Finnwal (
B. p. physalus
) und den Sudlichen Finnwal (
B. p. quoyi
). Der Sudliche ist etwa 10 % großer als der Nordliche.
Finnwale werden meist alleine angetroffen, leben aber auch in Gruppen von etwa sechs Tieren. Auch großere Gruppen wurden regional gesichtet. Der Finnwal schwimmt schneller und taucht tiefer als die meisten anderen
Großwale
. Er ist bis zu knapp 50 km/h schnell und erreicht regelmaßig Tauchtiefen von weit uber 200 Meter. Dabei bleibt er etwa funfzehn Minuten unter Wasser. Die Nahrung besteht fast ausschließlich aus
Krill
, der durch die Barten gesiebt wird. Aber auch kleinere Schwarmfische werden akzeptiert. Der Schwarm wird in hoher Geschwindigkeit umkreist, so zu einem dichten Haufen zusammengetrieben, dann legt sich der Bartenwal auf die rechte Seite, um das Maul leichter schließen und die Fische verschlingen zu konnen. Dabei nimmt der Finnwal zwischen 60 und 82 Tonnen Meerwasser auf einmal vorn in seinen Korper auf und verdoppelt damit kurzzeitig sein Korpervolumen.
[1]
Am Tag werden bis zu zwei Tonnen Nahrung aufgenommen.
Das Kalb wird nach zwolfmonatiger Tragzeit im Spatherbst nach dem Eintreffen im Winterquartier geboren. Es ist etwa sechseinhalb Meter lang und wiegt 1800 Kilogramm. Es wird etwa sechs Monate gesaugt, bis es eine Lange von zehn bis zwolf Metern erreicht hat. Finnwale erreichen die sexuelle Reife, bevor sie ausgewachsen sind, im Alter von sechs bis zehn Jahren.
Durch seine Schnelligkeit und seinen Vorzug, im offenen Meer zu leben, hatte der Finnwal lange Zeit keine Jagdfeinde. Erst im spaten 19. Jahrhundert entwickelte der Mensch Moglichkeiten, Finnwale zu jagen. Zunachst blieb der Blauwal als Beute attraktiver. Erst als dieser nahezu ausgerottet war, ging man dazu uber, in großem Stil Finnwale zu jagen. So wurden 1937/38 im Sudpolarmeer uber 28.000 Finnwale erbeutet. Der
Walfang
ging bis in die spaten 1960er Jahre unvermindert weiter, bis die Bestande nahezu
geplundert
waren. 1982 stimmte die
Internationale Walfangkommission
(IWC) zu, ab 1986 den kommerziellen Fang von Finnwalen solange einzustellen, bis die Bestande sich erholt haben. Nachdem die islandische Regierung im Jahr 2006 beschlossen hatte, den kommerziellen Walfang wieder zu erlauben, wurde kurz danach, am 22. Oktober 2006, der erste erlegte Finnwal angelandet.
Der ursprungliche Bestand wird auf rund 400.000 Sudliche und 70.000 Nordliche Finnwale geschatzt. Seine exzessive Ausbeutung hatte den Bestand auf unter 5000 gedruckt. Finnwale kommen zwar deutlich haufiger vor als der Blauwal, gelten aber ebenfalls als
gefahrdete Art
. Die
American Cetacean Society
geht 2003 von etwa 15.000 Finnwalen auf der Sudhalbkugel und 40.000 auf der Nordhalbkugel aus.
Finnwale und Blauwale sind eng miteinander verwandt. Untersuchungen an der
mitochondrialen DNA
haben ergeben, dass Finnwale und Blauwale in der Lage sind,
Hybride
zu zeugen, obwohl die Entwicklungslinien beider Arten seit mindestens funf Millionen Jahren getrennt sind. Gelegentlich kommt es zu Kreuzungen zwischen beiden Arten. Weibliche Hybride konnen sogar fruchtbar sein. Die Ahnlichkeiten im
Karyotyp
helfen dabei, Inkompatibilitaten bei der
Meiose
zu reduzieren und die Wahrscheinlichkeit der Fruchtbarkeit zu erhohen.
[2]
[3]
[4]
Das Hochstalter des Finnwals liegt bei uber 100 Jahren. Anhand der chemischen Untersuchung der
Aminosauren
in der
Augenlinse
eines 17 Meter langen und 24 Tonnen schweren Finnwales, der im Sommer 2010 im danischen
Vejle Fjord
strandete, stellten Spezialisten ein Alter von 130 bis 140 Jahren fest. Das Tier litt aufgrund seines hohen Alters an
Arthrose
.
[5]
Auch wenn der Finnwal gewohnlich Bewohner großerer Meere ist, wird er gelegentlich auch in
Nord-
und
Ostsee
festgestellt, haufig als Totfund. So hielt sich im Sommer 2003 ein 15 Meter langer Finnwal mehrere Tage lang in der
Kieler Forde
auf.
[6]
Im Oktober 2003 und Juli 2007 wurde je ein toter Finnwal aus dem
Hamburger Hafen
geborgen.
Im Juli 2005 wurde in der Ostsee in der Nahe der Insel
Rugen
ein toter Finnwal entdeckt. Der Kadaver wurde am 11. Juli 2005 nach
Stralsund
geschleppt und im dortigen
Nautineum
auf dem
Danholm
mit zwei
Schwimmkranen
an Land gebracht und vor Ort untersucht, vermessen und prapariert. Dieser Wal, ein geschlechtsreifes mannliches Exemplar, hatte eine Lange von 17,1 Metern, ein Gewicht von ca. 40 Tonnen und ein geschatztes Alter von ca. 10 bis 15 Jahren. Es handelte sich um den großten bislang vor der Kuste Mecklenburg-Vorpommerns gefundenen Finnwal.
[7]
Am 14. Januar 2006 wurde in einer Bucht vor
Wismar
ein weiterer Finnwal-Kadaver in der Ostsee gefunden. Der Fund hat fur die Wissenschaftler eine besondere Bedeutung, weil Walkadaver in der Ostsee sonst nur im Sommer gefunden wurden und dann bereits stark aufgedunsen im
Verwesungszustand
waren. Das fuhrt u. a. dazu, dass die Waldarstellungen nicht immer exakt sind. Das Tier, das den Ausgang zum Ozean nicht mehr fand, ist offenbar verhungert. Sein
Skelett
wird aufbewahrt, um spater in einem Neubau des
Meeresmuseums Stralsund
, dem
Ozeaneum
, ausgestellt zu werden. Wegen Eises konnte der Kadaver nicht auf dem Wasserweg zum Nautineum verbracht werden. Die Umweltorganisation
Greenpeace
bot sich an, den Transport unentgeltlich zu ubernehmen, wenn sie den Kadaver einige Stunden fur eigene Vermessungszwecke haben durfe; mit den Maßen wolle man ein aufblasbares Walmodell in Originalgroße herstellen. Stattdessen transportierten Greenpeace-
Aktivisten
diesen Finnwal am 18. Januar 2006 nach Berlin, um damit vor der
Japanischen Botschaft
gegen den Walfang in Japan zu demonstrieren. Laut Auskunft des Direktors des Meeresmuseums, Benke, hat diese Aktion dank der niedrigen Außentemperaturen dem Kadaver nicht geschadet.
Am 16. August 2006 wurde wieder in der
Flensburger Forde
ein Finnwal gesichtet, der von der
Wasserschutzpolizei
auf den Namen ?Henry“ getauft wurde.
[8]
Zwischen dem 14. und 25. Marz 2007 wurde zum wiederholten Male ein Finnwal in der Flensburger Forde, insbesondere in der Wasserslebener Bucht und vor
Sonwik
, beobachtet. Im Stralsunder Meeresmuseum sowie im
Budapester
Naturwissenschaftlichen Museum
sind
praparierte
Skelette von Finnwalen ausgestellt.
Im Marz 2014 wurde auf der Kanareninsel
Fuerteventura
ein toter Finnwal angespult. Der Kadaver befand sich zum Zeitpunkt des Fundes in sehr gutem Zustand. Das Tier wurde von der Universitat von
Las Palmas
in Zusammenarbeit mit Experten der Gesellschaft fur Meeressauger auf den Kanaren untersucht. Das Skelett des 20 Meter langen Finnwals soll ebenfalls prapariert und ausgestellt werden.
[9]
Am 3. Mai 2014 wurde im
Golf von Triest
mehrmals ein ca. 10 bis 12 Meter langer Finnwal gesichtet und fotografiert.
Nach einer Meldung der
Berliner Zeitung
wurde am 7. August 2015 vor
Klaip?da
ein ca. 17 Meter langer und etwa 23 Tonnen schwerer Finnwal von litauischen Fischern gesichtet.
[10]
Moglicherweise war es dieses Tier, das wenige Tage spater in der
Danziger Bucht
tot angeschwemmt wurde.
[11]
Am 25. April 2017 wurde etwa 15
Seemeilen
vor der Kuste von
Tossa de Mar
an der spanischen Mittelmeerkuste ein etwa 24 Meter langer Kadaver eines Finnwals gefunden.
[12]
Der aufgeblahte Kadaver lasst vermuten, dass das Tier vermutlich schon mehrere Tage zuvor gestorben ist.
[13]
Am 20. August 2017 wurde am Strand der Nordseeinsel
Texel
ein etwa 19 Meter langer Kadaver eines weiblichen Finnwals angespult. Der Kadaver befand sich bereits in einem fortgeschrittenen Zustand der Verwesung. Es wird angenommen, dass das Tier infolge einer Kollision mit einem Schiff zu Tode gekommen ist.
[14]
Im Januar 2021 wurde im Mittelmeer ? im
Golf von Neapel
? der Kadaver eines 20?23 m langen und rund 70 Tonnen schweren weiblichen Finnwals entdeckt. Aufmerksam wurde die
italienische Kustenwache
zuvor auf ein Walkalb, das hilflos und verwirrt im Hafen von
Sorrent
gesichtet wurde; bei der Suche nach dem Kalb wurde das tote Muttertier von Tauchern in 20 m Tiefe gefunden. Als Todesursache wird eine
Masernvirus
-Infektion angenommen, die zu Entzundungen von Lungen und Hirnhaut sowie einer Schwachung des Immunsystems gefuhrt hat.
[15]
[16]
Im Januar 2022 wurde von der Sichtung einer Ansammlung von etwa 1000 Finnwalen im Seegebiet zwischen den Sudlichen Orkneyinseln und der Antarktischen Halbinsel berichtet. Dies wurde als eine der wahrscheinlich großten jemals dokumentierten Ansammlungen dieser Walart bezeichnet.
[17]
- Mark Carwardine
:
Wale und Delphine
. Delius Klasing, 1996 (hochwertiger Fuhrer).
- Ralf Kiefner:
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. Jahr Top Special Verlag, 2002 (Fuhrer der Zeitschrift ?tauchen“, sehr detailliert).
- Jochen Niethammer, Franz Krapp (Hrsg.):
Handbuch der Saugetiere Europas. Band 6: Meeressauger, Tel 1A: Wale und Delphine 1
. Aula-Verlag, Wiesbaden 1994 (sehr detailliertes Fachbuch).
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(Fuhrer mit zahlreichen Bildern).
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. White Star Guides, 2003,
ISBN 88-8095-943-3
(Bestimmungsbuch).
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Memento
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Stern:
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Memento
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Matthias Rub:
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FAZ, 21. Januar 2021.
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Riesiger Walkadaver im Golf von Neapel entdeckt.
Der Spiegel, 21. Januar 2021.
- ↑
Seeing 1,000 glorious fin whales back from near extinction is a rare glimmer of hope
, auf theguardian.com