Gabriel Bethlen von Iktar
(
ungarisch
Bethlen Gabor
,
slowakisch
Gabriel Betlen
, * um
1580
in
Elienmarkt
,
Furstentum Siebenburgen
; †
15. November
1629
in
Weißenburg
) war von 1613 bis 1629
Furst von Siebenburgen
und von 1619 bis 1626 Anfuhrer von anti-habsburgischen Aufstanden im
Konigreich Ungarn
auf dem Gebiet der heutigen
Slowakei
. Seine Feldzuge fanden im Rahmen des
Dreißigjahrigen Krieges
statt.
Das Gebiet des kleinen ehemaligen Furstentums Siebenburgen bildet heute geografisch das Zentrum und den Nordwesten Rumaniens und grenzt im Nordwesten an die heutige Ostgrenze von Ungarn.
Damals war das Furstentum Siebenburgen offiziell Teil des
Konigreich Ungarn
. Die Fursten von Siebenburgen waren zwar Vasallen der Krone von Ungarn, de facto aber waren sie unabhangig und schwankten politisch zwischen den
Osmanen
und den
Habsburgern
.
Gabriel
Bethlen
war der Sohn eines ungarischen, in Siebenburgen beguterten Aristokraten, der sich als hervorragender Reitergeneral in der Armee des Fursten von Siebenburgen unentbehrlich gemacht hatte. 1605 erwarb Gabriel Bethlen die
Burg Hunedoara
und erwies sich zweimal als ?Konigsmacher“, als er 1605
Stephan Bocskai
und 1608
Gabriel Bathory
die siebenburgische Furstenkrone verschaffte. Die Annaherung Bathorys an die
Habsburger
zwang Bethlen ? bereits damals ein erklarter Gegner der osterreichischen Herrscherfamilie ? jedoch zur Flucht zu den
Turken
. Im Oktober 1613 kehrte Bethlen mit einem turkischen Heer zuruck, besiegte Bathory und ließ sich durch den Landtag zu
Klausenburg
zum Fursten von Siebenburgen wahlen. Sein Weg zur Macht war voller Intrigen und ? wie seine Feinde sagten ? mit Morden erreicht worden. Bethlen konnte sich aber erfolgreich behaupten, weil er seine Untertanen jahrlich in Kriege fuhrte und ihnen Plunderungen ermoglichte. Als fahiger Soldat und geschickter Diplomat wechselte er immer wieder seine Bundnisse. Einen ersten Einfall in habsburgische Gebiete unternahm Bethlen bereits 1616.
Nach Beginn des
Dreißigjahrigen Krieges
fuhrte Bethlen, der
Calvinist
war, Verhandlungen mit protestantischen Heerfuhrern, mit Polen, Frankreich, Schweden und den Habsburgern, aber auch mit den Osmanen. Als Calvinist hatte er auch die Entwicklung des
Standeaufstands in Bohmen
und die Vorgange um die Bildung der
Bohmischen Konfoderation
verfolgt und wollte im Rahmen seines jahrlichen Sommerfeldzugs 1619 auf Seiten der Protestanten in Bohmen eingreifen.
Zu seinem ersten Feldzug gegen die
Habsburger
fiel er mit einem Heer im August 1619 im halbprotestantischen Ungarn zu der Zeit ein, als sich die Kurfursten des Reiches in Frankfurt zur Wahl des neuen Kaisers versammelt hatten. Die Eroberung der Stadt
Ko?ice
(dt.
Kaschau
, ung.
Kassa
) im August 1619 bildete den Auftakt seines Feldzuges. In der Folge konnte er fast die gesamte heutige
Slowakei
(samt den Gebirgen
Cserehat
und
Zemplenyi hegyseg
im heutigen Ungarn) einschließlich
Pressburg
erobern, d. h. das Hauptgebiet des damaligen
Konigreiches Ungarn
. In Ungarn schlossen sich viele Burger als Soldner dem Heer von Bethlen an und am 20. August konnte er einen Bundnisvertrag mit
Heinrich Matthias von Thurn
, dem militarischen Fuhrer des Standeaufstands der Protestanten in Bohmen, abschließen.
Am 26. August 1619 wurde in Prag Kurfurst
Friedrich von der Pfalz
mit 100 gegen 46 Stimmen zum neuen Konig von Bohmen gewahlt. Zwei Tage spater wurde in Frankfurt der in Prag abgewahlte Konig von Bohmen als
Ferdinand II.
zum Kaiser gewahlt. Zur gleichen Zeit brachen im Suden von Osterreich in der Steiermark Aufstande der Protestanten aus. Im Norden von Osterreich eroberte Gabriel Bethlen am 14. Oktober Pressburg, trieb unbezahlte kaiserliche Soldner uber die Donau und ruckte das Land verwustend auf Wien vor, wo Hungersnot und Pest herrschte. Der neu gewahlte Kaiser Ferdinand II. hatte am 8. Oktober in Munchen mit Herzog Maximilian I. (Bayern) einen militarischen
Unterstutzungsvertrag
geschlossen und traf Ende Oktober 1619 wieder in Wien ein. Das Heer von Gabriel Bethlen stand bereits vor den Toren der Stadt, musste aber die Belagerung abbrechen. Kaiserliche Truppen unter
Karl Bonaventura Graf von Buquoy
waren in
Oberungarn
(die heutige
Ostslowakei
) einmarschiert und mussten von Bethlen bekampft werden. Bethlen konnte die Gebiete verteidigen und eroberte sogar fur kurze Zeit auch das Gebiet um die Stadt
Sopron
in Westungarn.
[1]
Nach einem kurzen Waffenstillstand ließ sich Bethlen auf seinem Landtag von Neusohl (slowakisch
Banska Bystrica
, ung.
Besztercebanya
) am 25. August 1620
[2]
mit der Zustimmung der Turken zum Konig von Ungarn wahlen.
Es hatte ein Jahr gedauert bis Gabor Bethlen mit seinem Heer erneut Ungarn uberrannte, mit dem Ziel nach Bohmen vorzurucken, um dort in der Umgebung von Prag den Protestanten zu helfen. Die angeblichen Hilfen waren aber meist verbunden mit Plunderungen der Dorfer. Zur gleichen Zeit zog auch das Heer der
Katholischen Liga
mit dem Befehlshaber
Tilly
unter Verwustung der protestantisch gepragten Oberpfalz nach Norden und uberschritt am 26. September 1620 die bohmische Grenze. Vereinzelt hatten die Soldner des Tilly-Heeres auf dem Weg nach Prag auch Kontakte mit Soldnern des Bethlen-Heeres.
Der Aufmarsch des bohmischen Heeres zur bevorstehenden
Schlacht am Weißen Berg
vollzog sich teilweise im Feuerschein der von undisziplinierten Truppen des Bethlen-Heeres in Brand gesetzten Hauser, beobachtet von den feindlichen kaiserlich-bayerischen Truppen, die deshalb informiert waren uber Ort und Umgebung der bohmischen Stellungen. Auch den Bethlen-Truppen wurden Stellungen zugewiesen, jedoch bleibt unklar, ob diese Stellungen eingenommen wurden und ob sich die Bethlen-Truppen an der Schlacht beteiligten.
[3]
Nach dem Sieg der Habsburger in der Schlacht am Weißen Berg in Bohmen errangen habsburgische Truppen auch Erfolge gegen Bethlen und eroberten die heutige West- und Mittelslowakei zuruck (siehe auch
Schlacht bei Tyrnau
). Bethlen musste in der Folge am 31. Dezember 1621 mit den Habsburgern den
Frieden von Nikolsburg
(tsch.
Mikulov
) abschließen, in dem er auf die eroberten Gebiete im koniglichen Ungarn und auf die ungarische Krone verzichtete. Zum Ausgleich dafur wurden aber sieben oberungarische
Komitate
(in der heutigen Slowakei, Karpato-Ukraine und Nordost-Ungarn) sowie die
Furstentumer Oppeln
und
Ratibor
in Schlesien bis zu seinem Tod an Siebenburgen angeschlossen.
Da Bethlen mit dem Frieden von Nikolsburg unzufrieden war, unternahm er einen zweiten Feldzug (1623?1624). Mit dem Ziel, sich den mahrischen Standen anzuschließen, eroberte er wieder die ganze heutige Slowakei, musste aber am 8. Mai 1624 im Wiener Frieden den Frieden von Nikolsburg bestatigen und die schlesischen Furstentumer wieder aufgeben.
Bethlen blieb weiterhin eine wichtige Figur im Generalstab des politischen
Calvinismus
. Allerdings konnte er als Feldherr keine wirklich großen Siege erringen, da er mit seiner auf einen uberraschenden Angriff und schnellen Ruckzug ausgerichteten Reitertruppe keine Feldschlacht gegen eine mit Kanonen bestuckte Armee wagen konnte.
1626 begann Bethlens letzter Feldzug, diesmal mit dem Ziel sich im Rahmen des Dreißigjahrigen Kriegs den
Koalitions
-Truppen von
Ernst von Mansfeld
in Schlesien anzuschließen. Zum Teil hat ihn zu diesem Feldzug auch seine 1626 erfolgte Vermahlung mit
Katharina
, der Schwester des
Kurfursten von Brandenburg
, der ebenfalls Calvinist war, bewogen, da der Kaiser die Werbung Bethlens um die Hand seiner Tochter abgelehnt hatte. Nachdem Bethlen wieder die gesamte heutige Slowakei erobert hatte, wurde er jedoch vom kaiserlichen General
Albrecht von Wallenstein
schnell zum Ruckzug in die sudlichen Gebiete der heutigen Mittelslowakei gezwungen. Wallenstein eroberte Tyrnau (slow.
Trnava
, ung.
Nagyszombat
), Neutra (slow.
Nitra
, ung.
Nyitra
) und Neuhausel (ung.
Ersekujvar
, slow.
Nove Zamky
). Anfang Oktober 1626 trafen Wallensteins und Bethlens Truppen bei Dregely-Palank (slow.
Drege?ska Palanka
) am Fluss Eipel (ung.
Ipoly
, slow.
Ipe?
) aufeinander, beide Armeen zogen sich dann aber zuruck. Da sich Bethlen nicht mehr mit den Koalitions-Truppen verbinden konnte, bat er die Habsburger (Kaiser
Ferdinand II.
) um eine Beendigung des
Waffengangs
. Am 20. Dezember 1626 musste Bethlen den
Frieden von Pressburg (1626)
unterschreiben, mit dem mehr oder weniger die vorigen zwei Friedensvertrage bestatigt wurden.
In der Zeit danach blieb Bethlen ruhig, sorgte fur die Wohlfahrt seines Landes und forderte Kunste, Wissenschaften und Gewerbe.
Bethlens erste Gemahlin Susanna
Karolyi
starb 1622 kinderlos. Am 1. Marz 1626 heiratete er
Katharina von Brandenburg
(* 28. Mai 1602, † 27. August 1644), die Ehe blieb ebenfalls kinderlos.
Bethlen stiftete die Akademie zu
Weißenburg
und berief fremde Gelehrte, Kunstler und Handwerker.
1979 erschien in Ungarn eine 200 Forint Gedenkmunze (Silber-640 fein) zum 350. Todestag.
Historiker zeichnen von Bethlen ein unterschiedliches Bild. Ungarische Historiker sehen in ihm eher einen aufgeklarten
absolutistischen
Herrscher, der die Volkswirtschaft forderte, wahrend deutsche und slowakische Historiker ihn eher als einen grausamen und beutegierigen Plunderer betrachteten.
- Peter Broucek
:
Der Feldzug Gabriel Bethlens gegen Osterreich 1623.
In:
Jahrbuch fur Landeskunde von Niederosterreich
.
Neue Folge 59, 1993, S. 7?26 (
zobodat.at
[PDF]).
- Jorg-Peter Findeisen
:
Der dreißigjahrige Krieg.
Verlag Styria, Graz 1998,
ISBN 3-222-12643-7
, S. 101?105.
- Zsigmond Moricz
:
Der große Furst.
Historischer Roman, Verlag der Nation, Berlin 1977.
- Sandor Papp:
Friedensoptionen und Friedensstrategien des Fursten Gabor Bethlen zwischen dem Habsburger- und Osmanenreich (1619?1621).
In:
Arno Strohmeyer
, Norbert Spannenberger (Hrsg.):
Frieden und Konfliktmanagement in interkulturellen Raumen. Das Osmanische Reich und die Habsburgermonarchie in der Fruhen Neuzeit.
Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2013,
ISBN 978-3-515-10434-0
, S. 109?127.
- J. Torjai-Szabo:
Bethlen von Iktar Gabor, Furst von Siebenburgen.
In:
Mathias Bernath
(Hrsg.):
Biographisches Lexikon zur Geschichte Sudosteuropas.
Oldenbourg Verlag, Munchen 1974,
ISBN 3-486-47961-X
(Band 1:
A?F.
S. 200?201).
- Cicely Veronica Wedgwood
:
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List, Munchen 1990,
ISBN 3-471-79210-4
.
- Denis Pongracz: Atlas osobnych pe?ati I., Bratislava 2019,
ISBN 978-80-570-1194-1
.
- Gabor Karman (Hrsg.):
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.
- ↑
Cicely Veronica Wedgwood:
Der 30jahrige Krieg
. Cormoran Verlag, Munchen 1999,
ISBN 3-517-09017-4
, S. 85?88 und 92?97.
- ↑
Gabor Barta,
Gerhard Seewann
:
Kurze Geschichte Siebenburgens
. Hrsg.:
Bela Kopeczi
. Akademiai Kiado, Budapest 1989,
ISBN 963-05-5667-7
, Teil VI
Die Blutezeit des Furstentums (1606?1660)
, Kapitel
3. Siebenburgen und der Dreißigjahrige Krieg
(
Ausschnitt Teil VI Kapitel 3
[abgerufen am 8. August 2020] ungarisch:
Erdely rovid tortenete
. Ubersetzt von Harriett Ferenczi).
- ↑
Cicely Veronica Wedgwood:
Der 30jahrige Krieg
. Cormoran Verlag, Munchen 1999,
ISBN 3-517-09017-4
, S. 110f.