Schuldschein

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Schuldschein uber 10000 Mark der Bayerischen Staatsbank Nurnberg von 1923

Der Schuldschein ist eine vom Schuldner ausgestellte Urkunde , die zur Beweiserleichterung fur den Glaubiger das Bestehen einer Verbindlichkeit bestatigt.

Uber die Beweisfunktion des Bestehens einer Verbindlichkeit hinaus erfullt der Schuldschein auch den Zweck eines Finanzierungsinstruments , denn er bestatigt ein Schuldverhaltnis . Deshalb wird das Wort ?Schuldschein“ oft verkurzend fur das Schuldscheindarlehen selbst benutzt, dem aber kein einfacher Schuldschein, sondern ein umfangreicher Kreditvertrag zugrunde liegt.

Der Schuldschein ist rechtlich zunachst als Schuldanerkenntnis gemaß § 781 BGB zu qualifizieren, wonach der das Schuldverhaltnis anerkennende Vertrag in Schriftform abzufassen ist. Als Urkunde ist er im Zivilprozess ein Beweismittel , das auch Gegenstand eines Urkundenprozesses sein kann. Er ist nicht kapitalmarktfahig , weil die ? meist dem Mittelstand angehorenden ? Kreditnehmer uberwiegend nicht durch Ratingagenturen bewertet sind, und ist auch kein Wertpapier , da Fungibilitat und einfache Ubertragbarkeit fehlt.

Ein Schuldschein setzt nach § 344 Abs. 2 HGB voraus, dass der ihn ausstellende Schuldner die Kaufmanns ­eigenschaft nach § 1 HGB besitzt; es wird vermutet, dass der Schuldschein als im Betriebe seines Handelsgewerbes gezeichnet gilt. Das Eigentum am Schuldschein steht dem jeweiligen Glaubiger zu ( § 952 Abs. 1 BGB). Im Prozess erbringt der vom Schuldner eigenhandig unterschriebene Schuldschein vollen Beweis fur die entsprechende Erklarung des Schuldners ( § 416 ZPO ). Tilgt der Schuldner seine Verbindlichkeit, so kann er gegen Quittung die Ruckgabe des Schuldscheins verlangen ( § 371 Satz 1 BGB). Behauptet der Glaubiger, zur Ruckgabe des Schuldscheins außerstande zu sein, so kann der Schuldner Zug um Zug gegen Empfang der Leistung und auf Kosten des Glaubigers ein offentlich beglaubigtes Anerkenntnis des Erloschens der Schuld fordern ( negatives Schuldanerkenntnis oder veraltet Mortifikationsschein ; § 371 Satz 2 BGB).

Praktischer Einsatz

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Am haufigsten kommt der Schuldschein beim Schuldscheindarlehen vor. Hier erfullt der dem Darlehen zugrunde liegende Kreditvertrag (genauer: Darlehensvertrag) die Voraussetzungen eines Schuldscheines. Der Schuldschein gilt als Geldsurrogat und kann deshalb als Zahlungsmittel im Wege der Abtretung weitergegeben werden; ein Annahmezwang wie bei Bargeld besteht fur dritte Glaubiger nicht.

In der Schweiz darf der Schuldner gemaß Art. 88 OR bei Ruckzahlung eine Quittung und Ruckgabe des Schuldscheines verlangen. Besitzt in Osterreich der Glaubiger von dem Schuldner einen Schuldschein, so ist er nebst Ausstellung einer Quittung verpflichtet, denselben zuruckzugeben ( § 1428 ABGB ).

Im Common Law heißt der Schuldschein umgangssprachlich ?IOU“ (Abkurzung aus englisch I owe you , ?Ich schulde Ihnen“) und ist vom zugrunde liegenden Schuldverhaltnis losgelost (?abstrakt“). Er stellt ein bloßes Schuldanerkenntnis dar, das nicht ubertragbar ( englisch not negotiable ) ist. Er darf kein Falligkeitsdatum enthalten, weil er sonst als Solawechsel ( englisch promissory note ) gilt. [1] Das IOU erbringt auch Beweis fur den Abschluss eines Saldoanerkenntnisses ( englisch account stated ), nicht aber daruber hinaus auch fur den Bestand der anerkannten Schuld. [2] Das IOU ist im Regelfall nicht Gegenstand fur eine erforderliche Gegenleistung im Rahmen der Consideration (England und Wales) oder Consideration (Vereinigte Staaten) , erst recht nicht fur eine angemessene Gegenleistung ( lateinisch quid pro quo ), wenn es als gesiegelte Urkunde ( englisch deed ) ausgefertigt ist.

Wiktionary: Schuldschein  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen
Commons : Schuldscheine  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. Arthur Curti, Englands Privat- und Handelsrecht , Band 2, 1927, S. 219
  2. Max Rheinstein, Die Struktur des vertraglichen Schuldverhaltnisses im anglo-amerikanischen Recht , 1932, S. 109