Der
Schuldschein
ist eine vom
Schuldner
ausgestellte
Urkunde
, die zur
Beweiserleichterung
fur den
Glaubiger
das Bestehen einer
Verbindlichkeit
bestatigt.
Uber die Beweisfunktion des Bestehens einer Verbindlichkeit hinaus erfullt der Schuldschein auch den Zweck eines
Finanzierungsinstruments
, denn er bestatigt ein
Schuldverhaltnis
. Deshalb wird das Wort ?Schuldschein“ oft verkurzend fur das
Schuldscheindarlehen
selbst benutzt, dem aber kein einfacher Schuldschein, sondern ein umfangreicher
Kreditvertrag
zugrunde liegt.
Der Schuldschein ist rechtlich zunachst als
Schuldanerkenntnis
gemaß
§ 781
BGB
zu qualifizieren, wonach der das Schuldverhaltnis anerkennende
Vertrag
in
Schriftform
abzufassen ist. Als Urkunde ist er im
Zivilprozess
ein
Beweismittel
, das auch Gegenstand eines
Urkundenprozesses
sein kann. Er ist nicht
kapitalmarktfahig
, weil die ? meist dem
Mittelstand
angehorenden ?
Kreditnehmer
uberwiegend nicht durch
Ratingagenturen
bewertet
sind, und ist auch kein
Wertpapier
, da
Fungibilitat
und einfache
Ubertragbarkeit
fehlt.
Ein Schuldschein setzt nach
§ 344
Abs. 2
HGB
voraus, dass der ihn ausstellende Schuldner die
Kaufmanns
eigenschaft nach
§ 1
HGB besitzt; es wird vermutet, dass der Schuldschein als im Betriebe seines Handelsgewerbes gezeichnet gilt. Das Eigentum am Schuldschein steht dem jeweiligen Glaubiger zu (
§ 952
Abs. 1 BGB). Im
Prozess
erbringt der vom Schuldner eigenhandig
unterschriebene
Schuldschein vollen Beweis fur die entsprechende
Erklarung
des Schuldners (
§ 416
ZPO
).
Tilgt
der Schuldner seine Verbindlichkeit, so kann er gegen
Quittung
die Ruckgabe des Schuldscheins verlangen (
§ 371
Satz 1 BGB). Behauptet der Glaubiger, zur Ruckgabe des Schuldscheins außerstande zu sein, so kann der Schuldner
Zug um Zug
gegen Empfang der Leistung und auf Kosten des Glaubigers ein offentlich beglaubigtes
Anerkenntnis
des Erloschens der Schuld fordern (
negatives Schuldanerkenntnis
oder veraltet
Mortifikationsschein
;
§ 371
Satz 2 BGB).
Am haufigsten kommt der Schuldschein beim
Schuldscheindarlehen
vor. Hier erfullt der dem Darlehen zugrunde liegende
Kreditvertrag
(genauer: Darlehensvertrag) die Voraussetzungen eines Schuldscheines. Der Schuldschein gilt als
Geldsurrogat
und kann deshalb als
Zahlungsmittel
im Wege der
Abtretung
weitergegeben werden; ein
Annahmezwang
wie bei
Bargeld
besteht fur dritte Glaubiger nicht.
In der
Schweiz
darf der Schuldner gemaß
Art. 88
OR
bei Ruckzahlung eine Quittung und Ruckgabe des Schuldscheines verlangen. Besitzt in
Osterreich
der Glaubiger von dem Schuldner einen Schuldschein, so ist er nebst Ausstellung einer Quittung verpflichtet, denselben zuruckzugeben (
§ 1428
ABGB
).
Im
Common Law
heißt der Schuldschein umgangssprachlich ?IOU“ (Abkurzung aus
englisch
I owe you
, ?Ich schulde Ihnen“) und ist vom zugrunde liegenden Schuldverhaltnis losgelost (?abstrakt“). Er stellt ein bloßes Schuldanerkenntnis dar, das nicht ubertragbar (
englisch
not negotiable
) ist. Er darf kein
Falligkeitsdatum
enthalten, weil er sonst als
Solawechsel
(
englisch
promissory note
) gilt.
[1]
Das IOU erbringt auch Beweis fur den Abschluss eines
Saldoanerkenntnisses
(
englisch
account stated
), nicht aber daruber hinaus auch fur den Bestand der anerkannten Schuld.
[2]
Das IOU ist im Regelfall nicht Gegenstand fur eine erforderliche
Gegenleistung
im Rahmen der
Consideration (England und Wales)
oder
Consideration (Vereinigte Staaten)
, erst recht nicht fur eine angemessene Gegenleistung (
lateinisch
quid pro quo
), wenn es als gesiegelte Urkunde (
englisch
deed
) ausgefertigt ist.
- ↑
Arthur Curti,
Englands Privat- und Handelsrecht
, Band 2, 1927, S. 219
- ↑
Max Rheinstein,
Die Struktur des vertraglichen Schuldverhaltnisses im anglo-amerikanischen Recht
, 1932, S. 109