Die
Basilika
Santi Apostoli
, auch
Santi XII Apostoli
(
lateinisch
[Ecclesia] Sanctorum XII Apostolorum
‚[Kirche] der (zwolf) Apostel‘
) ist eine
Kirche
in
Rom
, die im 6. Jahrhundert gegrundet und bis 1827 mehrfach erneuert und erganzt wurde. Sie ist
Pfarrkirche
der gleichnamigen
Pfarrgemeinde
sowie
Titelkirche
der
romisch-katholischen Kirche
und enthalt u. a. die Grabstatten von
Papst
Clemens XIV.
, vier
Kardinalen
und des Komponisten
Girolamo Frescobaldi
. Die Kirche war die Familienkirche der romischen Familie
Colonna
und gilt als ?die letzte der großen romischen Basiliken“
[1]
. Kirchenamtlich tragt sie den Titel
Basilica minor
.
[2]
Die Basilika liegt im romischen
Rione
Trevi
und damit im historischen Zentrum Roms an der gleichnamigen
Piazza dei Santi Apostoli
etwa 200 m nordlich der
Piazza Venezia
. Sie grenzt unmittelbar an den
Palazzo Colonna
. Auf der Ruckseite der Basilika schließt sich das
Papstliche Bibelinstitut
in der
Via dei Lucchesi
an.
An diesem Ort wurde im vierten Jahrhundert von
Papst
Julius I.
die nach seinem Erbauer benannte Basilika Iulia gebaut. Im 5. Jahrhundert tauchte sie bereits als
titulus apostolorum
auf.
[3]
Da in ihr die vermeintlichen Reliquien der Apostel
Philippus
und
Jakobus, Sohn des Alphaus
aufbewahrt werden, wurde die Kirche und der Kardinaltitel als Santi Filippo e Giacomo bezeichnet.
[4]
Es wird angenommen, dass Papst
Pelagius I.
um 560 die Kirche als Dank fur die Vertreibung der
Goten
aus Rom gegrundet hat.
[5]
Es folgten zahlreiche Umbauten und Erweiterungen im Lauf der Jahrhunderte. Die letzte, bis heute pragende, fast vollstandige Erneuerung ab dem Jahr 1702 wurde von
Francesco Fontana
geplant und begonnen und nach seinem Tod 1708 von seinem Vater
Carlo Fontana
bis 1714 weitergefuhrt.
[6]
Die Kirche wurde als
Basilika
, also
dreischiffig
mit erhohtem Mittelschiff ohne
Kuppel
erbaut. Zu den Seitenschiffen hin offnen sich insgesamt sechs
Seitenkapellen
. Diese tragen
Laternen
uber ihren Kuppelgewolben, so dass die Beleuchtung der Basilika dahingehend ungewohnlich ist, dass die Seitenschiffe nicht, wie so haufig bei dreischiffigen Kirchen, ?im Dunklen liegen“, sondern seitlich beleuchtet werden.
Die Fassade wird im unteren Teil von einem
Doppelportikus
beherrscht. Diesen fuhrte 1475
Baccio Pontelli
aus. Hier scheinen zehn vorgeblendete achteckige
Pfeiler
neun Gewolbe zu tragen, tatsachlich ubernehmen diese Aufgabe die dahinterliegenden Viereckpfeiler. Auf der linken Schmalseite des Portikus befindet sich ein Denkmal fur
Giovanni Volpato
, geschaffen 1807 von
Antonio Canova
. Die rechte Schmalseite enthalt eine antike Marmorplatte vom
Trajansforum
, dargestellt ist der romische
eichenlaubumkranzte
Legionsadler
. Das Motiv soll ?Urbild einer langen Reihe von europaischen Staatssymbolen“
[1]
sein. Die Vorhalle enthalt eine Reihe weiterer Uberreste antiker und mittelalterlicher Kunstgeschichte. Das daruberliegende Stockwerk wurde ab 1702 im Zuge der Umgestaltung der Schauseite der Basilika von Carlo Fontana verandert, indem er Fenster in die ursprunglich offene
Arkadenreihe
einfugte. Der
Giebel
der Stirnseite wurde 1827 von
Giuseppe Valadier
errichtet und mit einer eher unauffalligen
Pilastergliederung
versehen.
Im Inneren der langen Basilika (die Lange des Mittelschiffs betragt 63 m) gliedern die schweren, mit Doppelpilastern ausgefuhrten Pfeiler der Basilika die Raumseiten. Diese offnen sich in hohen Arkadenbogen zu den Seitenschiffen, ebenfalls als Doppelpilaster ausgefuhrt. Im Bereich des
Chores
und der Apsis tragen
Saulen
die daruber angebrachten
Balustraden
. Das Innere ist reich in der Formensprache des
Spatbarock
gehalten. Es dominieren die Farben Weiß und Gold sowie uppiges blattgoldbelegtes
Stuckdekor
. Die Decke ist ein
Tonnengewolbe
, welches durch Fenster oberhalb des umlaufenden Gesimses durchbrochen wird. Das Fresko des Mittelschiffsgewolbes stellt den
Triumph des Franziskanerordens
dar und wurde 1707 von
Giovanni Battista Gaulli
, genannt ?Baciccia“ ausgefuhrt.
In einem steinernen Reliquienschrein unter dem
Hochaltar
sind
Reliquien
beigesetzt, die als die Gebeine der heiligen Philippus und Jakobs galten. Die dem Jakobus zugeschriebenen Knochen stammen einer im Januar 2021 veroffentlichten chemischen Analyse zufolge jedoch von einem Europaer und somit hochstwahrscheinlich nicht von Jakobus. Die Reliquien des um 81 gestorbenen Philippus konnten bei der Untersuchung nicht genau datiert werden; Begleitfunde deuten auf einen fruhchristlichen Ursprung hin.
[7]
Die Apsis enthielt bis zum Umbau von 1702 Fresken von
Melozzo da Forli
, entstanden 1472. Diese wurden dabei zerstort, Fragmente davon befinden sich im
Quirinalspalast
und in der
Vatikanischen Pinakothek
.
[5]
Das heutige Deckenfresko der Apsis wurde von
Giovanni Odazzi
geschaffen und stellt den
Aufruhr der Engel
dar. Das Gemalde des Hauptaltares wurde von
Domenico Mutatori
1704 gefertigt, es stellt das
Martyrium der hll. Philippus und Jakobus
dar und gilt als das großte
Tafelbild
in Rom.
[5]
Das Grab des Papstes befindet sich an der Stirnseite des linken Seitenschiffes; es wurde 1787 von
Antonio Canova
geschaffen, als sein erstes in Rom. Dem Werk ist der aufkommende
Klassizismus
deutlich anzumerken, der
Sarkophag
ist ein
klassizistisches
Element, die daruber dargestellte Figur des Papstes mit den beigefugten
Allegorien
(der
Bescheidenheit
(links) und der
Sanftmut
(rechts)) ist noch deutlich dem Barock verpflichtet.
[8]
Kardinal
Pietro Riario
starb 1474, sein Grabmal ist ein Gemeinschaftswerk von
Andrea Bregno
,
Mino da Fiesole
und
Giovanni Dalmata
. Dieses Grabmal befindet sich auf der linken Seite des Mittelschiffs in der Nahe des Chores. Auf der rechten Seite ist Kardinal
Raffaele Riario
bestattet, sein Grabmal soll nach einem Entwurf von
Michelangelo
gearbeitet worden sein.
[5]
Der Kardinal
Bessarion
, ein bekannter
Humanist
, starb 1472 in
Ravenna
. Er wurde in der Kirche Santi XII Apostoli beigesetzt, deren Kardinalpriester er zu Lebzeiten zeitweise gewesen war. Sein Grabmal befindet sich heute im
Kreuzgang
der Kirche an der Wand links und tragt eine Inschrift, die sich aus einem lateinischen und einem griechischen Teil zusammensetzt:
?Bessario episcopus Thusculanus / sanctae Romanae ecclesiae cardinalis / patriarcha Constantinopolitanus / nobili Graecia ortus oriundusque / sibi vivens posuit / anno salutis MCCCCLXVI. / Το?τ' ?τι Βησσαρ?ων / ζων ?νυσα σ?ματι / σ?μα / πνε?μα δε φευξε?ται / προ? Θε?ν αθ?νατον.“
(?Bessarion, Bischof von Tusculum, der heiligen romischen Kirche Kardinal, Patriarch von Konstantinopel, aus dem edlen Griechenland geburtig und entsprungen, hat (den Stein) fur sich selbst zu Lebzeiten gesetzt im Jahre des Heils 1466. ? Dieses Zeichen [oder: Grabmal] habe ich, Bessarion, zu Lebzeiten vollendet fur den Leib, doch der Geist wird entfliehen zu dem unsterblichen Gott.“
[9]
)
Im Innenraum der Kirche Santi XII Apostoli befindet sich am zweiten Pfeiler auf der linken Seite eine Ehreninschrift, die im Jahr 1682 dort angebracht wurde und in einem langeren lateinischen Text die Verdienste Bessarions um die westliche (= katholische) wie auch die ostliche (= orthodoxe) Kirche, um die Basilica Santi XII Apostoli selbst und den
Minoritenorden
betont. Auch wird hervorgehoben, dass er seine umfangreiche Bibliothek der
Republik Venedig
vermachte.
[10]
Die Inschriftentafel ist mit einem runden Relief versehen, das die Buste Bessarions in Seitenansicht zeigt. Haufig wird dieses Denkmal mit Bessarions eigentlichem Grabmal verwechselt.
Kardinalstaatssekretar
Agostino Casaroli
hatte die Kirche Santi XII Apostoli als
Titelkirche
und wurde nach seinem Tod 1998 hier bestattet.
Der bedeutende
Komponist
und
Organist
des
Fruhbarock
Girolamo Frescobaldi
starb 1643. Er wurde unter einer schlichten
marmornen
Grabplatte beerdigt.
Die Capella
Odescalchi
wurde von
Ludovico Sassi
, einem Schuler Carlo Fontanas ausgefuhrt. Bemerkenswert daran ist, dass der gesamte Fußboden in
Mosaik
gearbeitet ist, dieses stellt das Wappen Papst
Innozenz’ XI.
dar.
[6]
Im
Kreuzgang
der Kirche befindet sich an der Wand rechts das ehemalige Grab des Kunstlers
Michelangelo
. Dieser wurde nach seinem Tod 1564 zunachst in der Kirche Santi XII Apostoli beigesetzt, spater aber nach
Santa Croce
in Florenz uberfuhrt. Das Grabmal zeigt den Maler, Bildhauer und Architekten seitlich auf einer Liege ruhend, vor der ein kleiner Tisch und zwei
Eroten
stehen. Die daruber angebrachte Inschrift lautet:
?Michael Angelus / Bonarrotius / sculptor pictor architectus / maxima artificum frequentia / in hac basilica ss (sanctorum) XII apost(olorum) F(ratrum) M(inorum) C(onventualium) / XI kal(endas) mart(ias) a(nni) MDLXIV elatus est / clam inde Florentiam translatus / et in templo s(anctae) crucis eorumd(em) f(ratrum) / V id(us) mart(ias) eiusd(em) a(nni) conditus. / Tanto nomini / nullum par elogiam.“
(?Michelangelo / Buonarotti, / Bildhauer, Maler, Architekt, / ist mit einem uberaus zahlreichen Geleit von Kunstlern / in dieser Basilika der heiligen zwolf Apostel der
minderen Bruder, der Conventualen
, / am elften Tag vor den
Kalenden
des Marz des Jahres 1564 zu Grabe getragen worden; / heimlich ist er von da nach Florenz uberfuhrt / und im Tempel des heiligen Kreuzes derselben Bruder / am funften Tag vor den Iden des Marz desselben Jahres beigesetzt worden. / Einem so großen Namen / kommt keine Grabinschrift gleich.“)
[11]
Diese Kapelle, hinter der Capella Odescalchi, war bis zu ihrer Wiederentdeckung im Jahr 1959 jahrhundertelang verschollen und ist erst seit 2014 zuganglich (Freitag und Samstag 09:00 bis 12:00 Uhr; Eintrittsgebuhr). Die Grabkapelle wurde in der Mitte des 15. Jahrhunderts fur Kardinal
Bessarion
errichtet. Die heute nur in einigen Teilen erhaltenen Wandfresken gehoren zu den bedeutendsten Zeugnissen der Malerei der Renaissance. Sie werden dem
Antoniazzo Romano
in Zusammenarbeit mit
Melozzo da Forli
zugeschrieben. Vom Chor der Engel im Gewolbe der Apsis ist fast nichts erhalten. Die beiden erhaltenen Fresken im oberen Teil der Apsis zeigen Szenen im Zusammenhang mit dem Erzengel Michael als Beschutzer gegen das Bose (die Turken).
Das besser erhaltene Bild rechts zeigt den heiligen
Aubert
, Bischof von Avranches, im Bischofs
ornat
, in feierlicher Prozession, begleitet von zwei kirchlichen Wurdentragern. Rechts im Bild 6 sind Franziskaner- und funf Basilianermonche in Schwarz zu sehen. Der Heilige zeigt die Gesichtszuge des franzosischen Konigs
Ludwig XI.
Die beiden Wurdentrager hinter dem Heiligen sind: in Purpur gekleidet Francesco della Rovere, der spatere Papst
Sixtus IV.
, und in Violett sein Neffe, Giuliano della Rovere, der spatere Papst
Julius II.
[12]
Fresken des Antoniazzo Romano und Melozzo da Forli:
Die
Orgel
wurde 1925 von der
Orgelbaufirma Mascioni
erbaut und 1955 erweitert. Das Instrument hat 46
Register
auf drei
Manualen
und
Pedal
. Die
Trakturen
sind elektrisch. Die Werke sind auf zwei Sektionen aufgeteilt: Hinter dem Hauptaltar befinden sich die Manualwerke. Die Pedalregister befinden sich in einem seitlichen Gehause.
I Ruckpositiv
C?c
4
|
Quintade
|
16′
|
Principalino
|
8′
|
Bordone
|
8′
|
Salicional
|
8′
|
Flauto
|
4′
|
Nazard
|
2
2
⁄
3
′
|
Flautino
|
2′
|
Quinte
|
1
1
⁄
3
′
|
Terz
|
1
3
⁄
5
′
|
Cornetto
|
8′
|
Clarinetto
|
8′
|
Voce Celeste
|
8′
|
|
II Hauptwerk
C?c
4
|
Principal
|
16′
|
Principal
|
8′
|
Flauto
|
8′
|
Dulciana
|
8′
|
Ottava
|
4′
|
Oktave
|
2′
|
Sesquialtera II
|
Ripieno V
|
Tromba
|
8′
|
Tromba
|
4′
|
Voce Umana
|
8′
|
|
III Schwellwerk
C?c
4
|
Principale
|
8′
|
Bordone
|
8′
|
Viola
|
8′
|
Corno Camoscio
|
4′
|
Silvestre
|
2′
|
Pienino V
|
Oboe
|
8′
|
Coro Viole II
|
Tremolo
|
|
Pedalwerk
C?g
1
|
Acustico
|
32′
|
Contrabbass
|
16′
|
Subbass
|
16′
|
Bordone
|
16′
|
Quinta
|
10
2
⁄
3
′
|
Basso
|
8′
|
Dolce
|
8′
|
Bordone
|
8′
|
Bordoncino
|
8′
|
Quinta
|
5
1
⁄
3
′
|
Ottava
|
4′
|
Flauto
|
4′
|
Tromba
|
16′
|
Tromba
|
8′
|
Clarine
|
4′
|
|
- Koppeln:
Normalkoppeln, Sub- und Superoktavkoppeln
- Johann M. Wiesel:
Rom. Ein Kunst- und Reisefuhrer.
4. Aufl., Kohlhammer, Stuttgart 1966.
- Manfred Wundram (Hrsg.):
Reclams Kunstfuhrer, Italien. Band V. Rom und Latium.
Reclam, Stuttgart 1981.
ISBN 3-15-008679-5
.
- Marco Bussagli (Hrsg.):
Rom ? Kunst & Architektur.
Konemann, Koln 1999.
ISBN 3-8290-2258-1
.
- Georg Schelbert:
Der Palast von SS. Apostoli und die Kardinalsresidenzen des 15. Jahrhunderts in Rom.
Norderstedt 2007, S. 80?133 (
pdf auf ArtDok
).
- ↑
a
b
Wundram, Manfred (Hrsg.):
Reclams Kunstfuhrer, Italien. Band V. Rom und Latium.
S. 142.
- ↑
vgl.
Basilicas in Italy, Vatican City State, San Marino
, aufgerufen am 11. November 2009.
- ↑
V. Duchesne,
Liber Pontificalis,
I, S. 8 und 306
- ↑
David M. Cheney:
Santi XII Apostoli (Cardinal Titular Church) (Catholic-Hierarchy).
Abgerufen am 20. Juli 2017
.
- ↑
a
b
c
d
Wiesel, Johann M.:
Rom. Ein Kunst- und Reisefuhrer
, S. 225.
- ↑
a
b
Bussagli, Marco (Hrsg.):
Rom - Kunst & Architektur
, S. 576.
- ↑
katholisch.de:
Kein echter Jakobus: Romische Reliquien stammen wohl nicht vom Apostel. Ergebnisse zu Philippus-Reliquien nicht belastbar
, 5. Februar 2021.
- ↑
Wundram, Manfred (Hrsg.):
Reclams Kunstfuhrer, Italien. Band V. Rom und Latium
, S. 143.
- ↑
Ubersetzung nach
Klaus Bartels
:
Roms sprechende Steine. Inschriften aus zwei Jahrtausenden gesammelt, ubersetzt und erlautert.
4. Auflage, Philipp von Zabern, Darmstadt/Mainz 2012,
ISBN 978-3-8053-4478-4
, S. 36.
- ↑
Klaus Bartels:
Roms sprechende Steine. Inschriften aus zwei Jahrtausenden gesammelt, ubersetzt und erlautert.
4. Auflage, Philipp von Zabern, Darmstadt/Mainz 2012,
ISBN 978-3-8053-4478-4
, S. 36, Anmerkung 3.
- ↑
Ubersetzung leicht modifiziert nach Klaus Bartels:
Roms sprechende Steine. Inschriften aus zwei Jahrtausenden gesammelt, ubersetzt und erlautert.
4. Auflage, Philipp von Zabern, Darmstadt/Mainz 2012,
ISBN 978-3-8053-4478-4
, S. 37.
- ↑
Quelle: Fondo Edifici di Culto del Ministero dell’Interno; Gestione a cura di Spazio Libero societa cooperativa sociale
41.898111111111
12.483472222222
Koordinaten:
41° 53′ 53,2″
N
,
12° 29′ 0,5″
O