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Begrundung:
Wichtige Aspekte fehlen, z. B. Methoden, Tragergruppen oder der Vergleich mit anderen Staaten (insbesondere Abgrenzung der Rechtskreise)
Die
Rechtswissenschaft
(in Deutschland auch
Jura
, lateinisch fur ?die Rechte“; in Osterreich und der Schweiz
Jus
, fur ?das Recht“) oder
Jurisprudenz
(von
lateinisch
iuris
prudentia
, ?Klugheit des
Rechts
“), auch
Juristerei
genannt, ist die
Wissenschaft
vom Recht, seinen Erscheinungsformen und seiner
Anwendung
und in diesem Zusammenhang auch die Bezeichnung eines
Studienfachs
. Sie setzt sich mit der
Rechtsprechung
, den
Gesetzesvorhaben
und deren gesellschaftlichen Auswirkungen kritisch auseinander und leistet damit einen grundlegenden Beitrag zur
Fortbildung des Rechts
. Die Rechtswissenschaft ist nicht mit der Rechtspraxis zu verwechseln: Rechtspraktiker arbeiten zwar auf rechtswissenschaftlicher Grundlage, aber nur wenige von ihnen geben der Rechtswissenschaft auch Impulse, beispielsweise als Autoren von juristischen
Fachzeitschriften
oder von
Gesetzeskommentaren
.
Neben der
Theologie
,
Medizin
und
Philosophie
ist das Studium der Rechtswissenschaft eine der klassischen Universitatsdisziplinen. Es beinhaltet neben den drei Rechtsgebieten
Zivilrecht
,
Offentliches Recht
und
Strafrecht
auch Grundlagenfacher wie etwa
Juristische Methodenlehre
,
Rechtsphilosophie
,
Romisches Recht
,
Kriminologie
oder
Rechtsgeschichte
. Das Studium wird in Deutschland seit 2003 ublicherweise in Grundstudium, Hauptstudium und Schwerpunktbereich unterteilt und schließt mit der
Ersten Juristischen Prufung
ab. In Osterreich ist das klassische Jus-Studium ein vierjahriges
Diplomstudium
, welches sich je nach Universitat in zwei oder drei Abschnitte unterteilt.
Die Rechtswissenschaft im weiteren Sinne befasst sich mit der Auslegung, der systematischen und begrifflichen Durchdringung gegenwartiger und geschichtlicher juristischer Texte und sonstiger rechtlicher Quellen und hatte bereits in
vorchristlicher
Zeit Tradition.
Eine klassische Definition dessen, was Rechtswissenschaft ist, gibt der romische Rechtsgelehrte
Ulpian
: Jurisprudenz ist die Kenntnis der menschlichen und gottlichen Dinge, die Wissenschaft vom Gerechten und Ungerechten. ?Iuris prudentia est divinarum atque humanarum rerum notitia, iusti atque iniusti scientia“ (
Domitius Ulpianus
: Ulpian primo libro reg.,
Digesten
1,1,10,2). Das
Kirchenrecht
ist an deutschen
Universitaten
nach der Aufklarung als Pflichtfach aus den rechtswissenschaftlichen Lehrplanen entfernt worden. Die ehemalige Verknupfung des weltlichen mit dem
gottlichen
Recht ist in Deutschland noch heute an der Verwendung des
Pluralbegriffs
Jura (lateinisch fur ?die Rechte“) erkennbar ? die Singular-Form
Jus
oder das lateinische
ius
ist in Osterreich und der Schweiz gebrauchlich.
Gegenstand der Rechtswissenschaft sind neben dem Recht in seinen einzelnen
Rechtsgebieten
wie beispielsweise
Sozial-
,
Steuer-
oder
Verkehrsrecht
theoretische Facher, die sich in
exegetische
und nicht-exegetische Disziplinen unterteilen lassen.
Rechtsgebiete
Exegetische Facher
- Rechtsdogmatik
ist eigentliche Kerndisziplin der Rechtswissenschaft. Sie bemuht sich um eine systematische und begriffliche Durchdringung und Analyse der verschiedenen
Rechtsquellen
. Im kontinentaleuropaischen
Rechtskreis
sind ihre Methoden (im Unterschied zum
Common Law
, das auf Rechtsfindung und -entwicklung durch Analogiebildung zu Prazedenzfallen beruht) vor allem die der
Auslegung
geschriebenen Rechts sowie der Luckenfullung durch richterliche
Rechtsfortbildung
im Wege der
Analogie
. Sie wird auch heute noch am historischen Gegenstand wie der
Digestenexegese
und die Exegese anderer historischer Quellen betrieben. Bei den exegetischen nicht-dogmatischen Fachern werden insbesondere die Digestenexegese und die Exegese deutschrechtlicher Quellen betrieben. Selten werden z. B. keilschriftrechtliche Quellen (
Codex Hammurapi
) ausgelegt.
- Juristische Methodenlehre
: Die Lehre von der
Methodik
der Rechtsfindung.
Nicht Exegetische Facher
Die nichtexegetischen juristischen Facher sind oft zugleich Disziplinen von Nachbarwissenschaften.
- Die
Politische Jurisprudenz
zielt auf die aktive Gestaltung von Recht. Hierfur untersucht sie die Moglichkeiten und Bedingungen einer Veranderung des geltenden Rechts und erarbeitet auf Grundlage von Anderungswunschen Vorschlage zur Umgestaltung. Ein wesentlicher Teilbereich ist deshalb auch die
Rechtskritik
, die nach Schwachen im geltenden Recht fragt.
- Die
vergleichende Rechtswissenschaft
untersucht verschiedene Rechtssysteme auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Dabei geht es sowohl um die verschiedenen Losungswege fur ein identisches gesellschaftspolitisches Ziel als auch um die verschiedenen Auswirkungen, die ein bestimmtes
Rechtsinstitut
haben kann.
- Die
Rechtsphilosophie
arbeitet interdisziplinar und untersucht das Recht als Gegenstand mit den Methoden der
Philosophie
. Sie ist eng verwandt mit der
Rechtstheorie
, die bisweilen als ihr Teilbereich angesehen wird. Letztere betrachtet das Wesen des Rechts unabhangig von der konkreten Rechtsordnung und fragt nach seinen Geltungsbedingungen und der Struktur von Normen. Im Vergleich zu
Hochmittelalter
und
Renaissance
hat das Fach erheblich an Stellenwert verloren.
- Auch die
Rechtsgeschichte
arbeitet interdisziplinar, indem sie sich dem Recht mit den Methoden der
Geschichtswissenschaft
zuwendet. Traditionell wird ihr Forschungsgegenstand mit der Trias vergangener Normen, vergangener Rechtspraxis und vergangener Reflexion uber Recht umschrieben.
- Die
Rechtstatsachenforschung
beschaftigt sich mit dem tatsachlich gelebten Recht.
- Die
Rechtssoziologie
untersucht Recht als Phanomen der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Sie betrachtet die Funktion des Rechts in sozialen Funktionszusammenhangen.
- Die
Rechtsdidaktik
beschaftigt sich mit Fragen der Vermittelbarkeit von Recht. Sie gehort wohl zu den altesten Disziplinen der Rechtswissenschaft. In Deutschland erfuhr sie vor allem in den 1970er Jahren eine erhebliche Konjunktur. Nachdem sie anschließend fast in die Bedeutungslosigkeit verschwunden war, konnte sie sich in den letzten Jahren wieder etablieren.
Die Rechtswissenschaft zahlt zu den
Geisteswissenschaften
und ist eine
hermeneutische
Disziplin (Textwissenschaft). Die durch die Philosophie der Hermeneutik gewonnene Erkenntnis uber die Bedingungen der Moglichkeit von Sinnverstehen wendet sie als juristische Methode auf die
Auslegung
juristischer Texte an.
Ihre Sonderstellung gegenuber den ubrigen Geisteswissenschaften leitet sie, soweit sie sich mit dem geltenden Recht beschaftigt, aus der
Allgemeinverbindlichkeit
von
Gesetzes
texten ab, welche sie in Bezug auf konkrete Lebenssachverhalte in der
Rechtsprechung
anzuwenden hat. Unter diesem Blickwinkel lasst sich die Rechtswissenschaft im Idealfall auch als Erforschung von Modellen fur die Vermeidung und Losung gesellschaftlicher und zwischenmenschlicher Konflikte verstehen.
Die hermeneutische Methode unterscheidet sie anderseits von den
empirischen Wissenschaften
, wie der
Naturwissenschaft
, der
Medizin
, der
Wirtschafts-
und
Sozialwissenschaft
, deren Ziel nicht das Verstehen von Texten ist, sondern die Erforschung von naturlichen oder sozialen Regelmaßigkeiten, welche durch Erfahrung, Beobachtung und
Wissenschaftliche Methodik
uberprufbar und
widerlegbar
sind.
Die Rechtswissenschaft beschaftigt sich wie die anderen hermeneutischen Textwissenschaften (
Philologie
,
Theologie
) nicht mit objektiven Erkenntnissen uber sinnlich erfahrbare Erscheinungen.
[1]
Dies bleibt Nebenzweigen der Rechtswissenschaft vorbehalten, wie etwa der Rechtsphilosophie, der Rechtssoziologie und der
Kriminologie
.
Gemeinhin gilt die
romische Rechtswissenschaft
als alteste historisch belegte Rechtswissenschaft, die in der Zeit der
Klassik
zum Hohepunkt gelangt war. Fur fruhere Entwicklungen, etwa das
Rechtssystem Mesopotamiens
oder Agyptens sowie das
antike griechische Recht
geht man nach heutigem Forschungsstand aus, dass auch dort uber Recht reflektiert wurde, dies aber nicht die Schwelle zur Rechtswissenschaft uberschritten habe. Aufbauend auf der griechischen Philosophie (
Stoa
), wurde in Griechenland das Problem der Gerechtigkeit ausgiebig diskutiert. Im Gegensatz zu den Romern, die sich die Denkanstoße fur ihr
Zwolftafelgesetz
aus Griechenland geholt hatten, unternahmen sie aber nicht den Versuch, das geltende Recht systematisch zu durchdringen.
Die moderne Rechtswissenschaft nahm ihren Ausgangspunkt dann an der
Universitat von Bologna
.
[2]
Anfang des 12. Jahrhunderts wurde dort eine Handschrift der
iustinianischen
Digesten
aufgefunden, sodass die
Glossatoren
begannen, im
uberlieferten
romischen Recht auszubilden. Methodisch versuchte man das Recht im Geiste der
Scholastik
zu erfassen. Auch die ersten
Fakultaten
entstanden um diese Zeit in
Italien
, in denen Adelssohne in
Kirchenrecht
,
weltlichem Recht
und
Medizin
Bildung erhielten. Das in der
Spatantike
kodifizierte Recht des
Corpus iuris civilis
verbreitete sich in ganz Kontinentaleuropa. Ausnahmen waren
Skandinavien
und die
britischen Inseln
.
Mit unterschiedlichen Stromungen (insbesondere trugen die
Kommentatoren
und der
Usus modernus pandectarum
bei) kam dieses Projekt in Deutschland erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts zum vorlaufigen Abschluss.
War die Rechtswissenschaft in Mitteleuropa bis zum Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend
Privatrechtswissenschaft
, hat sie sich seitdem deutlich ausdifferenziert. Aus den Erfordernissen der Verwaltung entwickelte sich zusehends eine
Verwaltungswissenschaft
, die sich recht fruh schon zur wissenschaftlichen Beschaftigung mit
offentlichem Recht
ausweitete.
[3]
In modernen, hochkomplexen
Staaten
ist die Menge von
Rechtsnormen
nicht mehr uberschaubar. Allein in Deutschland gibt es mehr als 5000 Gesetze und Verordnungen des Bundes,
[4]
zu denen die Gesetze und Verordnungen der 16
Bundeslander
und die
Rechtsverordnungen
und
Satzungen
der Bezirke, Kreise, Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden hinzukommen. Hinzu kommen eine große Anzahl von Verwaltungsrichtlinien (wie z. B. die
TA Luft
, die
TA Larm
) und von Ausschussen und Verbanden geschaffene Normen, die faktisch ebenfalls Gesetzeskraft haben (wie z. B. die
VOB
, die
DIN-Normen
). Da viele dieser Normen sehr spezifische und hochtechnische Sachverhalte regeln, sind sie zum Teil nur fur Spezialisten vollstandig verstandlich.
Da nur ein vergleichsweise geringer Teil der alltaglichen Rechtsstreitigkeiten zu Auseinandersetzungen vor Gericht fuhrt, gelangt eben nur ein solch geringer Teil zur Aufmerksamkeit der Rechtswissenschaft. Nicht zur Kenntnis der staatlichen Gerichtsbarkeit gelangen ferner die Streitigkeiten, die aufgrund der wirtschaftlichen oder sozialen Machtverhaltnisse außergerichtlich geregelt werden. Insbesondere in der Wirtschaft werden Streitigkeiten manchmal bewusst von staatlichen Gerichten ferngehalten und allenfalls von Schiedsgerichten entschieden, die ihre Verfahren und Entscheidungen in seltenen Fallen publik machen. Auch die Gerichtspraxis setzt, aufgrund von zunehmenden Belastungen der Gerichte, aber auch wegen gesetzlicher Vorgaben, moglichst eine gutliche Einigung der Streitparteien herbeizufuhren, oft auf eine Streitbeilegung mittels gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs.
[5]
[6]
[7]
Die Rechtswissenschaft gilt manchen Autoren zufolge als uberdurchschnittlich stark herkunftsbedingt. In der Studie von
Michael Grunberger
,
Anna Katharina Mangold
,
Nora Markard
,
Mehrdad Payandeh
und
Emanuel Vahid Towfigh
,
Diversitat in Rechtswissenschaft und Rechtspraxis
(2021), heißt es, dass die Rechtswissenschaft die Fachergruppe mit der großten sozialen Geschlossenheit sei. Der ?rechtswissenschaftliche Habitus“ sei burgerlich, ganz dominant weiß, ziemlich uberwiegend mannlich, stark gepragt von Objektivitat, Neutralitat, ohne offene politische Positionierung und hierarchisch gepragt.
[8]
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(Post)Koloniale Rechtswissenschaft. Geschichte und Gegenwart des Kolonialismus in der deutschen Rechtswissenschaft.
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Die Digitalisierung von Forschung und Lehre ? auf dem Weg in eine ?offentliche“ Rechtswissenschaft?
In: Ruth Greve u. a. (Hrsg.):
Der digitalisierte Staat ? Chancen und Herausforderungen fur den modernen Staat. 60. Assistententagung Offentliches Recht, Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Wissenschaftlichen Assistentinnen und Assistenten
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- Fritz Schulz
:
Geschichte der Romischen Rechtswissenschaft.
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- Julius Hermann von Kirchmann
:
Die Werthlosigkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft. Eine Rede aus dem Jahr 1847.
Hrsg. von
Gottfried Neeße
. Kohlhammer, Stuttgart u. a. 1988.
- ↑
Vgl. den Vortrag ?
Die Wertlosigkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft
“ von
Julius von Kirchmann
, 1848.
- ↑
Encyclopaedia Britannica 2004, university.
- ↑
Michael Stolleis
:
Geschichte des offentlichen Rechts in Deutschland, Staatsrechtslehre und Verwaltungswissenschaft 1800 bis 1914
.
Band
2
. C.H.Beck, Munchen 2012,
ISBN 978-3-406-33061-2
.
- ↑
Uberblick beim BMJ zu wesentlichen Gesetzen.
- ↑
Vgl. § 278 ZPO, § 36 FamFG, § 106 VwGO.
- ↑
Claus-Wilhelm Canaris
:
Methodenlehre der Rechtswissenschaft
. 3., neu bearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 1999,
ISBN 978-3-540-59086-6
.
- ↑
Thomas Aigner:
Der zivilrechtliche Vergleich
. 1. Auflage. LexisNexis, Wien 2022,
ISBN 978-3-7007-8291-9
,
S.
31
ff
.
- ↑
Felix Hanschmann
im Interview mit Lamia Amhaouachlares und Felix Wurkert:
Zehn Fragen an… Professor Dr. Felix Hanschmann zu Habitus und Fremdheitsgefuhlen in der Rechtswissenschaft.
In:
JuWissBlog Nr. 50/2023.
17. August 2023,
abgerufen am 18. August 2023
.