Pfalzische Kirchenteilung

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In der Pfalzischen Kirchenteilung wurden die Kirchen in der Kurpfalz zwischen den Reformierten und den Katholiken aufgeteilt. Der Teilungsschlussel wurde in der Kurpfalzischen Religionsdeklaration 1705 festgelegt.

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Zuge der Reformation war die Kurpfalz , von kurzen lutherischen Zwischenspielen abgesehen, zum reformierten Bekenntnis gewechselt. Im Jahr 1685 erlosch die reformierte Linie Pfalz-Simmern , so dass die Kur auf die in Dusseldorf residierende katholische wittelsbachische Nebenlinie Pfalz-Neuburg uberging. Der aus diesem Ereignis vom franzosischen Konig Ludwig XIV. ausgeloste Pfalzische Erbfolgekrieg fuhrte zu schweren Zerstorungen der Kurpfalz und einer starken Dezimierung der Bevolkerung. Außerdem fuhrte Frankreich die katholische Religionsausubung wieder ein.

Der Frieden von Rijswijk beendete 1697 den Krieg. Die Rijswijker Klausel in dessen Artikel IV bestimmte, dass die katholischen Orte ihre Konfession beibehalten sollten. Das neue kurfurstliche Haus unter Kurfurst Johann Wilhelm (1690?1716) forderte die Gegenreformation , unterstutzte den Jesuitenorden und die Ansiedelung von Neuburgern aus katholischen Nachbarlandern. 1698 dekretierte der Kurfurst eine Simultannutzung der protestantischen Kirchen des Landes fur Reformierte, Lutheraner und Katholiken. Die inzwischen erbauten katholischen Kirchen blieben hingegen den Katholiken vorbehalten.

Durch diese Politik wurden zunehmende konfessionelle Spannungen ausgelost. Brandenburg-Preußen , das sich als reformierte Schutzmacht sah, protestierte scharf. Wahrend des Spanischen Erbfolgekriegs versuchte Johann Wilhelm die Oberpfalz und die vornehmere Kur von Bayern zuruckzugewinnen, wofur er die Stimmen der protestantischen Fursten benotigte und in Verhandlungen mit Preußen eintrat.

Kurpfalzische Religionsdeklaration [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nachdem Konig Friedrich I. in Preußen (1657?1713) seine Regierungen in Halberstadt , Magdeburg und Minden angewiesen hatte, die dortigen katholischen Guter, Gefalle und Renten genauso wie die der Reformierten in der Kurpfalz zu behandeln, einigten sich am 21. November 1705 die Kurpfalz und Brandenburg-Preußen auf die Kurpfalzische Religionsdeklaration. Kernpunkte waren die Garantie der Gewissensfreiheit und die Aufhebung der Simultaneen.

Die Kirchen im Land wurden mitsamt Pfarrhausern und Schulen zwischen den Reformierten und den Katholiken im Verhaltnis funf zu zwei aufgeteilt. Sonderregelungen gab es fur die drei Hauptstadte Heidelberg , Mannheim und Frankenthal sowie die Oberamtsstadte Alzey , Kaiserslautern , Neustadt an der Weinstraße , Oppenheim , Bacharach und Weinheim . In den Stadten mit zwei Kirchen sollte die eine den Protestanten und die andere den Katholiken zufallen; in den anderen, wo nur eine Kirche bestand, der Chor vom Langhaus durch eine Mauer geschieden, und jener den Katholiken, dieses den Protestanten eingeraumt werden. Eine der wenigen in Folge der Kurpfalzischen Religionsdeklaration heute noch durch eine Mauer aufgeteilte Kirche ist die Stiftskirche (Neustadt an der Weinstraße) . Hier wird die lange umstrittene Trennmauer inzwischen als Denkmal und Besonderheit verstanden. Auch die St.-Rufus-Kirche im kurpfalzischen Pfandbesitz Gau-Odernheim wurde damals entsprechend in zwei Halften geteilt. Die Abgrenzung zwischen Chor und Langhaus erfolgte jedoch mittels einer Bretterwand, die heutige Trennmauer wurde erst 1891 nachtraglich errichtet. Auch die Stiftskirche St. Juliana in Mosbach besitzt heute noch eine solche 300 Jahre alte Trennmauer, in welche zum 300. Jahrestag der Teilung wieder eine kleine Pforte gebrochen wurde. Diese wurde am 27. Juli 2008 feierlich als Okumene-Tur durch Weihbischof Bernd Uhl und Oberkirchenrat Gerhard Victor eroffnet. [1]

Den Lutheranern wurden nur jene Kirchen zugestanden, die sie im Jahr 1624 besaßen oder danach gebaut hatten.

Kirchenteilung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Fur die Zuteilung der Kirchen wurde eine Kommission eingerichtet, die aus je zwei Reformierten und Katholiken bestand. Sie tagte erstmals im Mai 1706 und begann mit den Inspektionen Ladenburg , Wiesloch und Weinheim. Die Kirchengebaude wurden in vier Klassen eingeteilt:

  • Kirchen in Orten, wo reformierte Pfarrer wohnten
  • gut erhaltene Filialkirchen
  • weniger gut erhaltene Filialkirchen
  • zerstorte Kirchen

In jedem Oberamt wurden in jeder Klasse Gruppen mit sieben Kirchen gebildet. Auf die erste und die dritte Kirche hatten die Reformierten das Zugriffsrecht, auf die zweite und vierte die Katholiken. Die ubrigen drei schließlich fielen wieder an die Reformierten.

Die ersten Kirchen wurden noch aus der Ferne vergeben, was schnell zu Streitigkeiten fuhrte. Daraufhin begann die Kommission die Oberamter zu bereisen. Immer wieder gab es jedoch um einzelne Orte Zwist. Nach zum Teil zahen Verhandlungen war die Kirchenteilung mit der Konferenz in Mannheim im November 1706 auf dem Papier im Wesentlichen beendet. Doch der Vollzug zog sich noch hin. Erst nach mehreren Fristsetzungen durch den Kurfursten wurden 1707 die Simultaneen aufgelost. Davon nicht betroffen waren die Kirchen, fur die aus anderen Rechtsgrunden, wie dem Bergstraßer Rezess , die Simultannutzung weiterhin galt.

Die Kommission bestand weiter. Sie hatte die Teilung zu uberwachen und kummerte sich um strittige Punkte. Erst 1713 stellte sie ihre Tatigkeit ein.

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Alfred Hans: Die Kurpfalzische Religionsdeklaration von 1705: ihre Entstehung und Bedeutung fur das Zusammenleben der drei im Reich tolerierten Konfessionen . Mainz 1973.
  • Meinrad Schaab : Geschichte der Kurpfalz. Bd 2. Neuzeit . Stuttgart 1992, ISBN 3-17-009877-2 .

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. http://www.erzbistum-freiburg.de/html/mosbach_ehemalige_stiftskirche_st_juliana.html?&stichwortsuche=stiftskirche+mosbach