Die
Niederlandischen Antillen
waren ein niederlandisches Uberseegebiet, das geographisch zur Inselgruppe der
Kleinen Antillen
in der Karibik gehorte. Von 1948 bis 1954 waren sie ein autonomes Gebiet und eine Kolonie in der Nachfolge des ehemals großeren
niederlandischen Kolonialreiches
. Mit dem
Statuut voor het Koninkrijk der Nederlanden
von 1954 bildeten die Niederlandischen Antillen ein weiteres
Land
innerhalb des
Konigreiches der Niederlande
, neben den (europaischen)
Niederlanden
und
Suriname
(bis 1975).
Aruba
schied Ende 1985 aus dem Verband der Niederlandischen Antillen aus (als eigenes
Land
innerhalb des Konigreiches). Am 10. Oktober 2010 wurde das politische Gebilde der
Niederlandischen Antillen
aufgelost:
Curacao
und
Sint Maarten
erhielten innerhalb des Konigreichs ebenfalls volle Autonomie, die verbleibenden Gebiete wurden auf eigenen Wunsch zu
Besonderen Gemeinden
des Lands
Niederlande
.
Die Niederlandischen Antillen umfassten ursprunglich sechs bewohnte
Karibik
-
Inseln
sowie einige kleinere, unbewohnte Inseln mit einer Gesamtflache von 980 km². Die nach dem Ausscheiden Arubas 1986 verbliebenen Inseln haben eine Gesamtflache von 800 km². Sie gliedern sich geographisch in zwei mehr als 800 Kilometer voneinander entfernte Gruppen:
1845 wurde die Kolonie
Curacao en Onderhorigheden
aufgestellt, die aus den sechs Inseln bestand. 1936 wurde sie umbenannt in
Gebiedsdeel Curacao
(deutsch: Gebietsteil Curacao). 1948 wurde sie in
Nederlandse Antillen
umbenannt.
1954 wurden die Niederlandischen Antillen zum Land innerhalb des Konigreichs der Niederlande mit vollstandiger Autonomie in Bezug auf interne Angelegenheiten. Fur Außenpolitik und
Verteidigung
war jedoch weiterhin das Konigreich der Niederlande zustandig.
Zum 31. Dezember 1985 schied
Aruba
aus den Niederlandischen Antillen aus und wurde ein eigenstandiges Land innerhalb des Konigreichs.
Nach der Neuordnung der politischen Situation am 10. Oktober 2010 sind
Curacao
und
Sint Maarten
autonome Lander innerhalb des Konigreichs der Niederlande, vergleichbar mit Aruba. Die Inseln
Bonaire
,
Saba
und
St. Eustatius
sind
Besondere Gemeinden
der Niederlande, gehoren jedoch keiner Provinz an. Seither spricht man allgemein von den
Niederlandischen Karibikinseln
, wenn man die sechs Inseln gemeinsam meint.
Die Verwaltung der Niederlandischen Antillen bestand seit 1954 aus einer Regierung und den
Staten
, dem Parlament. Der Gouverneur vertrat das Staatsoberhaupt des Konigreiches, Konigin Juliana bzw. Konigin Beatrix, und war formell Regierungsleiter. Die politische Verantwortlichkeit lag aber beim Ministerprasidenten und den Ministern. Die letzte Ministerprasidentin war
Emily de Jongh-Elhage
. Die
Staten
der Niederlandischen Antillen zahlten 22 Sitze, nach einer festen Formel auf die Inseln verteilt: 1954 bis 1985 12 fur Curacao, 8 fur Aruba, 1 fur Bonaire und 1 fur die SSS-Inseln; 1986 bis 2010 14 fur Curacao, 3 fur Sint Maarten, 3 fur Bonaire, 1 fur Sint Eustatius sowie 1 fur Saba. Regierungskoalitionen bildeten sich in der Regel aus den Parteien der verschiedenen Inseln. Am 9. Oktober 2010 losten sich die
Staten
in ihrer letzten Sitzung in Anwesenheit des seinerzeitigen Prinzen
Willem-Alexander
und der seinerzeitigen Prinzessin
Maxima
sowie der Vorsitzenden der Ersten und der Zweiten Kammer der
Staten-Generaal
der Niederlande selbst auf.
Die Niederlandischen Antillen waren nicht Teil der
Europaischen Union
, sondern hatten eine bevorzugte Beziehung unter dem Status von Uberseeischen Landern und Hoheitsgebieten (siehe:
Gebiet der Europaischen Union
).
Seit Anfang 2006 waren die Inseln Grund fur außenpolitische Differenzen zwischen
Venezuela
und dem Konigreich der Niederlande. Der venezolanische Prasident
Hugo Chavez
behauptete, die Niederlande wurden den
USA
die Errichtung von
Militarbasen
erlauben, die fur eine geplante Invasion Venezuelas genutzt werden sollten. Am 23. Mai 2006 begann ein internationales Militarmanover (
Joint Caribbean Lion 2006
) unter Beteiligung der
US-Navy
.
- Reform der Beziehungen innerhalb des Konigreichs
Anfang der 1990er Jahre begann eine Diskussion uber die politische Zukunft der Niederlandischen Antillen. Manche Politiker auf Curacao und Sint Maarten, unter diesen auch Mitglieder der damaligen Antillen-Regierung, befurworteten eine Autonomie
(Status aparte)
fur ihre Inseln nach dem Vorbild von Aruba. In Referenden auf den verschiedenen Inseln sprach sich 1993 und 1994 die Mehrheit der Stimmberechtigten jedoch fur den Fortbestand von ?neu strukturierten“ Niederlandischen Antillen aus. Auf Curacao z. B. stimmten damals 73,6 % fur einen Verbleib im Verband der Niederlandischen Antillen, 17,9 % fur Autonomie, 8 % fur Eingliederung in die Niederlande (als Provinz oder Gemeinde) und nur 0,5 % fur vollstandige Unabhangigkeit. Auf den anderen Inseln war das Ergebnis vergleichbar, nur auf Sint Maarten war eine große Minderheit von 32 % fur Autonomie. Die Regierung trat daraufhin zuruck.
Nachdem sich die Bevolkerung Sint Maartens in einem neuen Referendum im Juni 2000 mit 69 % fur Autonomie ausgesprochen hatte, begannen erneut Gesprache uber die Auflosung der Niederlandischen Antillen als politische Einheit. Ein spezieller Beratungsausschuss aus Politikern und Experten empfahl der niederlandischen Regierung 2004 die Auflosung des Landes Niederlandische Antillen, die Bildung zweier neuer Lander Curacao und Sint Maarten innerhalb des Konigreichs der Niederlande und die Eingliederung der ubrigen Inseln Bonaire, Saba und Sint Eustatius in die Niederlande. In neuen Referenden auf den Inseln (außerhalb Sint Maartens) bestatigte die Bevolkerung 2004 und 2005 die Empfehlungen des Ausschusses, nur auf Sint Eustatius stimmte eine Mehrheit weiterhin fur einen Fortbestand der Niederlandischen Antillen. Ende 2005 erreichten die Inseln Ubereinstimmung mit der niederlandischen Regierung uber die Auflosung der Niederlandischen Antillen 2008. Am 11. Oktober 2006 gelangten Bonaire, Saba und Sint Eustatius zu einem Ubereinkommen mit den Niederlanden uber ihren kunftigen Rechtsstatus als ?
Besondere Gemeinden
“ der Niederlande.
Entsprechend einem am 15. Dezember 2008 auf Curacao gefassten Beschluss wurden die Niederlandischen Antillen zum 10. Oktober 2010 als politisches Gebilde aufgelost.
Niederlandisch
und
Papiamentu
waren die zwei offiziellen Amtssprachen der Niederlandischen Antillen. Auf den Inseln uber dem Winde (St. Maarten, Saba, St. Eustatius) war Englisch die Verkehrssprache, auf den Inseln unter dem Winde (Bonaire, Curacao) war Papiamentu die Verkehrssprache und zweite Amtssprache. Der Unterricht in den Schulen fand in der Grundschule wahlweise auf Englisch oder Niederlandisch (St. Maarten, Saba, St. Eustatius) bzw. Papiamentu oder Niederlandisch (Bonaire, Curacao) statt. Ab der Mittelschule (5. Klasse) fand der Unterricht nur noch auf Niederlandisch statt, weil die Abschlussprufung auf Niederlandisch und die gleiche Prufung wie in den Niederlanden war. Der weitere Hochschulunterricht fand in den Niederlanden statt. Ab dem Schuljahr 2008/09 wurde auf Curacao der Unterricht nicht mehr auf Papiamentu gegeben, da zu viele Defizite zu Tage getreten waren (es gab z. B. ausschließlich niederlandischsprachige Lehrbucher). Der katholische Schulverband beschloss daher, ab dem Schuljahr 2008/09 wieder von der ersten Klasse an auf Niederlandisch zu unterrichten. Dies entsprach auch dem Wunsch des Großteils der Bevolkerung. Seit Jahren waren die Anmeldungen fur niederlandischsprachige Schulen um das Zigfache hoher, als Platze vorhanden waren. Die Abschlussprufungen wurden auf Niederlandisch gestellt.
Alle offentlichen Bekanntmachungen und Gesetze wurden auf Niederlandisch abgefasst. Die Literatur der Inseln der ehemaligen niederlandischen Antillen wurde hauptsachlich auf Niederlandisch und Papiamentu geschrieben, nur ein kleiner Teil auf
Englisch
und
Spanisch
. Die folgende Tabelle gibt einen Uberblick, welche Sprache wie viele Muttersprachler hatte.
Die am haufigsten gesprochenen Muttersprachen in Prozent der Bevolkerung (Volkszahlung 2001, fur Aruba Volkszahlung 2000)
Insel
|
Papiamentu
|
Englisch
|
Niederlandisch
|
Spanisch
|
Andere
|
Bonaire
|
75
|
3
|
9
|
12
|
2
|
Curacao
|
81
|
3
|
8
|
6
|
2
|
Saba
|
1
|
88
|
2
|
5
|
4
|
Sint Eustatius
|
2
|
83
|
4
|
6
|
6
|
Sint Maarten
|
2
|
68
|
4
|
13
|
13
|
Niederlandische Antillen
|
65
|
16
|
7
|
6
|
5
|
Aruba
|
69
|
8
|
6
|
13
|
3
|
Das
Stromnetz
der ehemaligen Niederlandischen Antillen hat 110
Volt
und 60
Hertz
.
Erwahnung verdient der Flughafen Sint Maartens, der
Princess Juliana Airport
, dessen Lage zahlreiche
Schaulustige
anlockt und begeistert. Der Landeanflug fuhrt in den meisten Fallen bis kurz vor dem Aufsetzen der Maschinen uber das Wasser. Unmittelbar vor der
Landebahn
befindet sich ein Strand, der gerne von Schaulustigen und anderen Interessierten aufgesucht wird, trotz bzw. gerade wegen des erheblichen Larmes und den mitunter heftigen Boen, die durch die Flugzeuge verursacht werden. Die Flugzeuge fliegen die Landebahn uber den Strand teilweise in nur etwa 20 Metern Hohe an.
Neben dem
Fremdenverkehr
, der die Haupteinnahmequelle der Inseln war, dienten die Inseln zahlreichen
Banken
als
Zentrum
. Daneben existierten auch kleinere
Olraffinerien
.
Der wohl bedeutendste Autor der Niederlandischen Antillen ist
Frank Martinus Arion
(1936?2015) aus
Curacao
. Sein auf Niederlandisch verfasster Roman
Dubbelspel
(1973) liegt auch in deutscher Ubersetzung (?Doppeltes Spiel“) vor. Der Diplomat
Carel de Haseth
ist einer der bekanntesten Schriftsteller und Dichter. Er schreibt in niederlandischer Sprache ebenso wie in
Papiamentu
.
[1]
In einer zweisprachigen Ausgabe in deutscher Sprache und Papiamentu liegt sein Buch
Sklave und Herr. Katibu di Shon
(2007) vor.
Amigoe
ist eine ansassige
Tageszeitung
in niederlandischer Sprache.
Antilliaans Dagblad
ist eine weitere Zeitung. Daneben gibt es zahlreiche Zeitungen in der lokalen Sprache Papiamentu. Die verbreitetste ist die Zeitung
Extra
.
- Cornelis Christiaan Goslinga:
A short history of the Netherlands Antilles and Surinam
. Martinus Nijhoff, Den Haag 1979.
ISBN 90-247-2118-0
.
- Walter Bodmer
:
Schweizer Tropenkaufleute und Plantagenbesitzer in Niederlandisch-Westindien im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts
. Verlag fur Recht und Gesellschaft, Basel 1946.
- ↑
Kurzbiographie auf vabene.at
1
Liegt auf dem
sudamerikanischen
Festlandssockel, wird aber politisch zu Nordamerika gezahlt.