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(7172) Multatuli
.
Multatuli-Museum im Geburtshaus des Dichters in Amsterdam, Korsjespoortsteeg 20
Portrat Multatulis von
Felix Vallotton
, in:
La Revue blanche
, 1896
Eduard Douwes Dekker
(*
2. Marz
1820
in
Amsterdam
; †
19. Februar
1887
in
Ingelheim am Rhein
) war ein
niederlandischer
Schriftsteller. Bekannt wurde er unter dem
Pseudonym
Multatuli
(lat. etwa: ?ich habe vieles ertragen“). In den Niederlanden zahlt sein Werk von der Schule an zum unabdingbaren
Bildungs- und Literaturkanon
. Das gegen die kolonialen Verbrechen in
Niederlandisch-Indien
(heute
Indonesien
) gerichtete Buch
Max Havelaar
wurde von der
Gesellschaft fur niederlandische Literaturwissenschaft
im Jahr 2002 zum wichtigsten in niederlandischer Sprache geschriebenen Werk erklart.
[1]
Um das Jahr 1900 herum waren Multatulis Bucher auch in Deutschland sehr verbreitet, mittlerweile ist er dort jedoch weitgehend vergessen.
Eduard Douwes Dekker wurde 1820 als Sohn eines Kapitans in
Amsterdam
geboren. Nach dem erfolglosen Besuch einer
Lateinschule
absolvierte er eine Textilhandlerlehre und fuhr dann mit seinem Vater zur See. Als 18-Jahriger war er mit seinem Vater nach
Java
in die Kolonie
Niederlandisch-Indien
gekommen und fand dort bei der Kolonialverwaltung eine Anstellung. Er heiratete 1846 die verarmte hollandische Baronesse Everdina Huberta van Wijnbergen (Tine), mit der er zwei Kinder hatte, Sohn Edu (* 1854) und Tochter Nonni (* 1857), und fuhrte gemeinsam mit ihr ein Leben zwischen Europa und Sudostasien.
[2]
Ab 1866 sah ihn seine Familie nicht mehr. Tine starb am 13. September 1874 in Venedig.
Wahrend seiner Zeit auf Java begann er Zeitungsartikel und Pamphlete gegen die Skandale in der niederlandischen Kolonialverwaltung und den Missbrauch des Kolonialsystems zu schreiben, die wenig Beachtung fanden. Erst mit seiner satirischen Novelle
Max Havelaar oder die Kaffeeversteigerungen der Niederlandischen Handelsgesellschaft
, die er unter dem Pseudonym Multatuli 1860 publizierte, hatte er Erfolg.
[3]
Das Buch wurde weit uber die Niederlande hinaus bekannt. Zu den Lesern zahlten
Sigmund Freud
,
Hermann Hesse
,
Thomas
und
Heinrich Mann
. Seine Karriere als Kolonialbeamter (er wurde 1856 zum Assistent-Residenten von Lebak auf Java ernannt) endete, als er
korrupte
Machenschaften anprangerte, in die der Regent
Karta Nata Negara
verstrickt war. Die auf dessen Antrag hin erfolgte Entlassung aus dem Arbeitsverhaltnis bewog Dekker zur Ruckkehr nach Europa.
Sein Leben in Europa war von einer Reihe von Frauengeschichten gepragt. Zu dem Kreis von Frauen, die ihn umgaben, zahlten unter anderem seine Nichte, eine aus einem
Bordell
freigekaufte Franzosin, eine rebellische Pfarrerstochter und die niederlandische Schriftstellerin
Marie Anderson
.
[4]
Die Schauspielerin Mina Kruseman sorgte 1875 fur den Erfolg seines Theaterstuckes ?Furstenschule“.
Die letzten zwanzig Jahre seines Lebens verbrachte er fast ausschließlich in Deutschland. Von 1870 bis 1879 lebte er in
Wiesbaden
. Hier schrieb er rund zwei Funftel der noch zu seinen Lebzeiten veroffentlichten Werke, darunter die
Millionenstudien
, in denen er seine Erlebnisse in der
Spielbank
verarbeitete und eine vermeintlich sichere Gewinnmethode fur das
Roulette
beschreibt.
Unter dem Pseudonym Multatuli veroffentlichte er Bucher, die sich kritisch mit der
Kolonialpolitik
, aber auch ? zum Teil sehr sarkastisch in Form von
Parabeln
? mit Autoritat, Religion und Kirche auseinandersetzten. Er veroffentlichte unter diesem
Pseudonym
, da er infolge seiner sehr kritischen Schilderungen der Verhaltnisse in den
niederlandischen Kolonien
Repressalien furchtete. Sein bekanntestes Werk ist der 1860 in Brussel erschienene
Roman
Max Havelaar oder Die Kaffeeversteigerungen der
Niederlandischen Handelsgesellschaft
.
1881 erwarb er eine Villa an der Chaussee von Mainz nach Ingelheim, die er mit seiner zweiten, zwanzig Jahre jungeren Ehefrau
Maria ?Mimi“ Hamminck-Schepel
(1839?1930), die er 1862 kennengelernt hatte, und seinem Adoptivsohn Wouter (Eduard (Wouter) Bernhold; 1876?1945) bezog.
[5]
Er litt unter
Asthma
und lebte dort die letzten Jahre seines Lebens zuruckgezogen. Dekker war einer der ersten Niederlander, die sich
einaschern
ließen, was nur im seinerzeit einzigen deutschen
Krematorium Gotha
moglich war.
Grabdenkmal von Multatuli auf dem Friedhof Westerveld.
- Jaap Grave, Olf Praamstra, Hans Vandevoorde (Hrsg./ed.):
150 Jahre Max Havelaar : Multatulis Roman in neuer Perspektive = 150 Years Max Havelaar : Multatuli's novel from new perspectives
. Frankfurt am Main : Lang, 2015,
ISBN 978-3-631-61644-4
- Erwin Leibfried:
Multatuli : Leben und Schreiben zwischen Amsterdam, Java und Wiesbaden
. Hessische Landesbibliothek, Wiesbaden, 2005,
ISBN 3-9808639-6-4
- Mitteilungen der Internationalen Multatuli-Gesellschaft Ingelheim
. Fernwald: Litblockin, 1992?2004. Bd. 1?9
- Jacqueline Bel, Rick Honings, Jaap Grave (Hrsg.):
Multatuli nu. Nieuwe perspectieven op Eduard Douwes Dekker en zijn werk.
Verloren: Hilversum, 2018,
ISBN 978-90-8704-709-2
- Frans Glissenaar:
D. D. Het leven van E. F. E. Douwes Dekker.
Verloren: Hilversum, 1999,
ISBN 90-6550-064-2
- Dik van der Meulen:
Multatuli. Leven en werk van Eduard Douwes Dekker.
Boom: Amsterdam, 2020,
ISBN 978-90-244-3187-8
- Multatuli, Dik van der Meulen:
Multatuli. Een zelfportret. Het leven van Eduard Douwes Dekker, door Multatuli verteld.
Bakker: Amsterdam, 2010,
ISBN 978-90-351-3436-2
(Autobiografie)
- ↑
Johanna Bundschuh-van Duikeren, Lut Missinne, Jan Konst:
Grundkurs Literatur aus Flandern und den Niederlanden I: 12 Texte ? 12 Zugange
, S. 150
- ↑
Eva Weissweiler
:
Wilhelm Busch. Der lachende Pessimist. Eine Biographie
. Kiepenheuer & Witsch, Koln 2007,
ISBN 978-3-462-03930-6
, S. 239
- ↑
Chisholm, Hugh (1911).
?Dekker, Edward Douwes“
. Encyclopædia Britannica. 7 (11. Ausgabe). Cambridge University Press. Seite 938
- ↑
Eva Weissweiler
:
Wilhelm Busch. Der lachende Pessimist. Eine Biographie
. Kiepenheuer & Witsch, Koln 2007,
ISBN 978-3-462-03930-6
, S. 240
- ↑
Das Anwesen wurde spater zu einem Hotel umgebaut und ist inzwischen ?Restaurant Multatuli“, Adresse: Mainzer Straße 255, Ingelheim am Rhein. Er beherbergt (noch?) einen kleinen Museumsraum der
Internationalen Multatuli-Gesellschaft Ingelheim
.