Matthias Wissmann
Matthias Wissmann
(*
15. April
1949
in
Ludwigsburg
) ist ein
deutscher
Lobbyist
[1]
und ehemaliger
Politiker
(
CDU
).
[2]
Er war 1993
Bundesminister fur Forschung und Technologie
und von 1993 bis 1998
Bundesminister fur Verkehr
. Seit 1999 ist er Partner der internationalen Anwaltskanzlei WilmerHale. Von 2007 bis 2018 war Wissmann Prasident des
Verbands der Automobilindustrie (VDA)
[3]
und von Oktober 2016 bis Februar 2019 außerdem Prasident der
Organisation Internationale des Constructeurs d’Automobiles
(OICA). Aktuell ist er Mitglied der europaischen Gruppe der
Trilateralen Kommission
.
[4]
Seit Oktober 2018 ist er zudem Senior-Berater der deutsch-franzosischen Privatbank
Oddo BHF
.
Nach dem
Abitur
1968 am
Friedrich-Schiller-Gymnasium in Ludwigsburg
absolvierte Matthias Wissmann ein Studium der
Rechtswissenschaft
,
Volkswirtschaftslehre
und
Politikwissenschaft
an den Universitaten
Tubingen
und
Bonn
, welches er 1974 mit dem ersten und 1978 mit dem zweiten juristischen
Staatsexamen
beendete. Anschließend war er als
Rechtsanwalt
in einer
Sozietat
in Ludwigsburg tatig.
Seit 1968 ist Wissmann Mitglied der CDU. Hier hatte er sich schon ab 1965 in der
Jungen Union
engagiert, deren Bundesvorsitzender er von 1973 bis 1983 war. Von 1975 bis Mai 2007 war er Mitglied im
CDU-Bundesvorstand
. Von 1976 bis 1982 war er daneben Prasident der
Europaischen Union Junger Christlicher Demokraten
(EUJCD). Von 1985 bis 2001 war er Vorsitzender der CDU Nordwurttemberg und Mitglied des Prasidiums der
CDU Baden-Wurttemberg
. Von Oktober 1991 bis Mai 2007 war er Stellvertretender Landesvorsitzender der CDU Baden-Wurttemberg. Von 1998 bis 2000 war er
Bundesschatzmeister
der CDU. Er wird dem
Andenpakt
zugerechnet.
Wissmann, 1978
Er war von 1976 bis zur Niederlegung seines Mandates am 31. Mai 2007
Mitglied des Deutschen Bundestages
. Dort war er von 1981 bis 1983 Vorsitzender der
Enquete-Kommission
Jugendprotest im demokratischen Staat
und von 1983 bis 1993 wirtschaftspolitischer Sprecher der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion
. Von November 1998 bis Oktober 2002 war Wissmann Vorsitzender des
Ausschusses fur Wirtschaft und Technologie
und von November 2002 bis Ende Mai 2007 Vorsitzender des
Ausschusses fur die Angelegenheiten der Europaische Union
.
Wissmann zog stets als direkt gewahlter Abgeordneter des
Wahlkreises Ludwigsburg
in den
Bundestag
ein. Bei der
Bundestagswahl 2005
erreichte er hier 46,3 % der
Erststimmen
. Nach seinem Mandatsverzicht gab es keinen
Nachrucker
, da in Baden-Wurttemberg drei von der CDU erreichte
Uberhangmandate
nicht neu besetzt werden durften.
Anlasslich einer Kabinettsumbildung wurde er am 21. Januar 1993 als
Bundesminister fur Forschung und Technologie
in die von
Bundeskanzler
Helmut Kohl
gefuhrte
Bundesregierung
berufen. Nach dem Rucktritt von
Gunther Krause
wurde ihm dann aber schon am 13. Mai 1993 das Amt des
Bundesministers fur Verkehr
ubertragen. Nach der
Bundestagswahl 1998
schied er am 26. Oktober 1998 aus der Bundesregierung aus.
1997 wurde bekannt, dass Wissmann als damaliger Bundesverkehrsminister mehrmals die
Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung
fur offensichtlich private Zwecke genutzt hatte. Bei den Ausflugen zu angeblich wichtigen Tagungen in der Schweiz und in Italien hatte er seine Golfausrustung im Gepack.
[5]
In seine Amtszeit als Bundesverkehrsminister fielen unter anderem die
Bahnreform
sowie die Modernisierung bzw. der Neubau von Verkehrswegen in
Ostdeutschland
und weiter die Planung des neuen
Flughafens Berlin Brandenburg
. 1993 trat Wissmann als Verfechter des
Transrapid
hervor.
[6]
1997 beurteilte Wissmann die Realisierung der Magnetschwebebahn, die auf der Strecke
Berlin
?
Hamburg
verkehren sollte, weniger optimistisch und wandte sich gegen einen ?Transrapid um jeden Preis“.
[7]
Im selben Jahr stellte Wissmann vor dem Hintergrund vorgeblich leerer Staatskassen Plane fur den Bau, Betrieb und die Finanzierung wichtiger Straßenprojekte durch Privatinvestoren in Form von
Offentlich-privaten Partnerschaften
vor.
Als Verkehrsminister legte er 1994 den Grundstein fur die Privatisierung der
Tank & Rast
.
[8]
Wissmann im Gesprach mit dem VW-Vorstandsvorsitzenden
Matthias Muller
, 2017
Unter anderem von der Initiative
Lobbycontrol
wurde kritisiert, dass Wissmann am 1. Juni 2007 mit seinem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag direkt Prasident des
Verbandes der Automobilindustrie
wurde, also in einem Bereich, den er politisch begleitet hatte.
[9]
Zudem vertritt er die Interessen der Automobilwirtschaft als Vizeprasident im Lobbyverband
Pro Mobilitat
. Die
Frankfurter Allgemeine Zeitung
bezeichnet ihn als ?ranghochsten Autolobbyist des Landes“.
[10]
Im August 2010 unterzeichneten Wissmann und etwa 40 andere Prominente den
Energiepolitischen Appell
fur eine
Laufzeitverlangerung deutscher Kernkraftwerke
.
Im Herbst 2017 intervenierte Matthias Wissmann in seiner Rolle als Lobbyist der Automobilindustrie bei Funktionaren der
Europaischen Union
um deren
CO
2
-Emissionsziele fur Autos zu beeinflussen. Der vorlaufige Entwurf sah eine Minderung des Ausstoßes von 25 bis 30 Prozent vor, Wissmann warb nach Presserecherchen fur 20 Prozent.
[11]
Als Nachfolger von Wissmann ubernahm zum 1. Marz 2018
Bernhard Mattes
das Amt des Prasidenten des Verbandes der Automobilindustrie.
[12]
1996 erhielt er das
Große Goldene Ehrenzeichen am Bande fur Verdienste um die Republik Osterreich
,
[13]
1997 das
Große Verdienstkreuz
der Bundesrepublik Deutschland.
Am 25. April 2009 erhielt Wissmann die
Verdienstmedaille des Landes Baden-Wurttemberg
.
Am 13. Oktober 2009 wurde er im Namen des Prasidenten der franzosischen Republik mit den Insignien eines Ritters der
Ehrenlegion
ausgezeichnet.
Wissmann veroffentlichte verschiedene Bucher, unter anderem:
- als Herausgeber mit Wulf Schonbohm:
Fur eine humane Gesellschaft. Zum Programmdenken der jungen Generation
(=
Ullstein-Bucher.
Nr. 3652). Ullstein, Frankfurt am Main u. a. 1976,
ISBN 3-548-13652-4
.
- als Herausgeber:
Marktwirtschaft 2000. Bausteine fur eine humane Industriegesellschaft
(=
Mitverantwortung.
Bd. 2). Sinus-Verlag, Krefeld 1983,
ISBN 3-88289-302-8
.
- als Herausgeber:
Einsteigen statt aussteigen. Geschichten, Erfahrungen, Perspektiven.
Thienemann, Stuttgart 1983,
ISBN 3-522-13670-5
.
- als Herausgeber:
Deutsche Perspektiven. Unser Weg zum Jahr 2000.
Universitas, Munchen 1990,
ISBN 3-8004-1237-3
.
- als Herausgeber:
Leitbild auch fur morgen. Die soziale Marktwirtschaft. Thesen zur Gestaltung Deutschlands und Europas.
Wirtschaftsverlag Langen-Muller/Herbig, Munchen 1998,
ISBN 3-7844-7388-1
.
Wissmann ist
romisch-katholisch
und unverheiratet. Eine Bemerkung der SPD-Politikerin
Ingrid Matthaus-Maier
im Bundestag 1998, Wissmann sei ?ausgewiesener Spezialist fur das partnerschaftliche Zusammenleben von Mann und Frau“, wurde von vielen als
Outing
aufgefasst und gab Anlass zu Spekulationen und offentlicher Diskussion uber seine sexuelle Orientierung, aber auch zu kritischer Diskussion uber Zulassigkeit und Grenzen von Fremd-Outings.
[14]
[15]
[16]
[17]
[18]
Wissmann engagiert sich seit uber drei Jahrzehnten in der Vietnamhilfe.
[19]
Fur den
HC Ludwigsburg
spielte Wissmann jahrelang Feldhockey in der Oberliga sowie von 1969 bis 1974 in der Bundesliga
[20]
und ist auch heute noch dem Hockeysport eng verbunden.
Ein Gericht verhangte gegen Wissmann im Marz 1989 einen Strafbefehl uber 10.800 DM wegen steuerrechtswidriger Wahlkampffinanzierung. Er war damit
vorbestraft
.
2001 geriet Wissmann in die Kritik 1998 an dem Verkauf von
Eisenbahnerwohnungen
unter Wert beteiligt gewesen zu sein.
[21]
?Vor dem Bundestags-
Untersuchungsausschuss
zur
CDU-Spendenaffare
sagte Wissmann, der Abschluss eines Vorvertrags uber den Verkauf von 114.000 Eisenbahner-Wohnungen im Jahre 1998 sei eine rein politische Entscheidung gewesen. Einen Zusammenhang mit einer Spende in Hohe von 3,35 Mio. DM des Hamburger Ehepaars
Ehlerding
habe es nach seinem Wissen nicht gegeben.“
[22]
Wissmann wird als eine von 33 Personen im
Schwarzbuch Autolobby
aufgefuhrt, einem von
Greenpeace
im April 2016 veroffentlichten
Schwarzbuch
uber Verflechtungen zwischen Politik und Autoindustrie auf deutscher und europaischer Ebene.
[23]
Darin wird sein 2007 erfolgter Wechsel vom ehemaligen Verkehrsminister zum Cheflobbyisten des deutschen
Verbandes der Automobilindustrie
(VDA) kritisiert.
[24]
Wissmann habe maßgeblich dazu beigetragen, dass die Fahrzeughersteller erheblich mehr Zeit bekommen, schadstoffarme Autos zu produzieren. Fur Beachtung sorgte 2013 ein
Bittbrief
an die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland,
Angela Merkel
, in dem er sich erfolgreich fur weniger strikte Regeln zum CO
2
-Ausstoß von Autos starkgemacht hat.
[25]
[26]
- ↑
Martin Gropp:
Der ahnungslose Autolobbyist.
In:
FAZ.net
.
26. Juli 2017,
abgerufen am 5. Marz 2022
.
- ↑
Matthias Wissmann.
Abgerufen am 26. September 2021
.
- ↑
VDA.
Abgerufen am 26. September 2021
.
- ↑
The Trilateral Commission
(PDF; 466 kB), trilateral.org, abgerufen am 19. November 2012.
- ↑
FOCUS Online:
Matthias Wissmann (CDU)
. In:
FOCUS Online
. (
focus.de
[abgerufen am 14. September 2017]).
- ↑
Transrapid: SYMBOL MIT VIELEN MACKEN
. In:
Der Spiegel
.
Nr.
8
, 1994 (
online
–
21. Februar 1994
).
- ↑
Transrapid in Frage gestellt.
In:
welt.de
.
15. Januar 1997,
abgerufen am 12. April 2020
.
- ↑
Markus Abrahamczyk:
Autobahn-Raststatten "Tank und Rast": So kommt es zu den Schamlos-Preisen.
In:
t-online.de.
7. Juni 2019,
abgerufen am 24. Februar 2024
.
- ↑
Ex-Verkehrsminister Wissmann wird Autolobbyist
. Lobbycontrol 26. Marz 2007.
- ↑
Martin Gropp:
Matthias Wissmann : Der ahnungslose Autolobbyist.
In: FAZ vom 26. Juli 2017, abgerufen am 27. Februar 2022.
- ↑
Markus Balser, Alexander Muhlauer:
Lobby-Manover in letzter Minute
Sueddeutsche Zeitung vom 2. November 2017.
- ↑
Archivierte Kopie
(
Memento
vom 22. April 2019 im
Internet Archive
)
- ↑
Aufstellung aller durch den Bundesprasidenten verliehenen Ehrenzeichen fur Verdienste um die Republik Osterreich ab 1952
(PDF; 6,9 MB)
- ↑
Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll 14/6 vom 13. November 1998
- ↑
Martin S. Lambeck:
Was ist offentlich, was ist privat?
In:
welt.de
.
13. November 1998,
abgerufen am 12. April 2020
.
- ↑
Cordt Schnibben:
Der Terror der Intimitat
. In:
Der Spiegel
.
Nr.
50
, 1998 (
online
–
7. Dezember 1998
).
- ↑
Stefan Berg, Klaus Brinkbaumer, Jurgen Dahlkamp, Per Hinrichs, Sebastian Knauer, Cordula Meyer, Andreas Ulrich und Christoph Schult:
Das rosa Rathaus
. In:
Der Spiegel
.
Nr.
35
, 2003 (
online
–
25. August 2003
).
- ↑
Politik und Liebe - Auch Politiker sind Menschen
RP Online, 17. April 2004
- ↑
Ich will meine Seele retten - Warum sich Manager sozial engagieren
CIO, 27. Juli 2009
- ↑
Kopfe der Wirtschaft: Matthias Wissman
, wiwo.de, abgerufen am 18. Juli 2012.
- ↑
twitter/Tagesschau vom 8. Marz 2001
- ↑
n-tv.de: Wissmann streitet Korruptionsvorwurfe ab, 8. Marz 2001
- ↑
Autolobby verhindert Aufklarung des Abgasskandals
greenpeace.de, 19. April 2016, abgerufen am 14. Oktober 2016.
- ↑
Greenpeace veroffentlicht Schwarzbuch zu Autolobbyisten
morgenpost.de, 19. April 2016, abgerufen am 14. Oktober 2016.
- ↑
Autolobbyist Wissmann schreibt Bittbrief an Merkel
spiegel.de, 21. Mai 2013, abgerufen am 14. Oktober 2016
- ↑
Greenpeace prangert Autolobby an
manager-magazin.de, 19. April 2016, abgerufen am 14. Oktober 2016.
Bundesvorsitzende der Jungen Union
Forschungsminister der Bundesrepublik Deutschland
Franz Josef Strauß
(CSU, 1955?1956)
|
Siegfried Balke
(CSU, 1956?1962)
|
Hans Lenz
(FDP, 1962?1965)
|
Gerhard Stoltenberg
(CDU, 1965?1969)
|
Horst Ehmke
(SPD, 1972?1974)
|
Hans Matthofer
(SPD, 1974?1978)
|
Volker Hauff
(SPD, 1978?1980)
|
Andreas von Bulow
(SPD, 1980?1982)
|
Heinz Riesenhuber
(CDU, 1982?1993)
|
Matthias Wissmann
(CDU, 1993)
|
Paul Kruger
(CDU, 1993?1994)
|
Jurgen Ruttgers
(CDU, 1994?1998)
|
Edelgard Bulmahn
(SPD, 1998?2005)
|
Annette Schavan
(CDU, 2005?2013)
|
Johanna Wanka
(CDU, 2013?2018)
|
Anja Karliczek
(CDU, 2018?2021)
|
Bettina Stark-Watzinger
(FDP, seit 2021)
Verkehrsminister der Bundesrepublik Deutschland
Hans-Christoph Seebohm
(DP/CDU, 1949?1966)
|
Georg Leber
(SPD, 1966?1972)
|
Lauritz Lauritzen
(SPD, 1972?1974)
|
Kurt Gscheidle
(SPD, 1974?1980)
|
Volker Hauff
(SPD, 1980?1982)
|
Werner Dollinger
(CSU, 1982?1987)
|
Jurgen Warnke
(CSU, 1987?1989)
|
Friedrich Zimmermann
(CSU, 1989?1991)
|
Gunther Krause
(CDU, 1991?1993)
|
Matthias Wissmann
(CDU, 1993?1998)
|
Franz Muntefering
(SPD, 1998?1999)
|
Reinhard Klimmt
(SPD, 1999?2000)
|
Kurt Bodewig
(SPD, 2000?2002)
|
Manfred Stolpe
(SPD, 2002?2005)
|
Wolfgang Tiefensee
(SPD, 2005?2009)
|
Peter Ramsauer
(CSU, 2009?2013)
|
Alexander Dobrindt
(CSU, 2013?2017)
|
Christian Schmidt
(CSU, komm. 2017?2018)
|
Andreas Scheuer
(CSU, 2018-2021)
|
Volker Wissing
(FDP, seit 2021)