Iod-Kaliumiodid-Losung

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Allgemeines
Name Iod-Kaliumiodid-Losung
Andere Namen
  • Lugolsche Losung
  • Kaliumtriiodid ( IUPAC )
  • Solutio Lugoli ( lat. )
Summenformel nicht zutreffend
Kurzbeschreibung

braune Flussigkeit [1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 12298-68-9
EG-Nummer 235-567-5
ECHA -InfoCard 100.032.321
PubChem 105053
Wikidata Q409860
Eigenschaften
Molare Masse nicht zutreffend
Aggregatzustand

flussig

Dichte

1,12 g·cm ?3 [1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Satze H: 373
P: 260 ​‐​ 314 [1]
Soweit moglich und gebrauchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen .

Iod-Kaliumiodidlosung (im Laborjargon Iod-Iodkalium , oft synonym mit Lugolscher Losung gebraucht, auch: Lugol-Losung, nach Jean Guillaume Lugol ) ist eine Losung von Iod und Kaliumiodid in Wasser, die meistens fur die Iodprobe zum Nachweis von Starke verwendet wurde. Elementares Iod ist in reinem Wasser schwer loslich, was hinderlich ist, wenn man sofort ein Resultat sehen mochte. Die schlechte Loslichkeit in Wasser ist jedoch zu vernachlassigen, wenn die Iod-Losung einen Tag vor ihrer ersten Verwendung angesetzt wird. [2] [3] Der Hilfsstoff Kaliumiodid (GHS 08) erhoht die Wasserloslichkeit durch die Bildung wasserloslicher Oligo- und Polyiodidionen, z. B.:

Daher wurde Iod fruher oft gemeinsam mit Kaliumiodid gelost, was heutzutage eine unnotig hohe GHS -Einstufung zur Folge hat.

Iod ist sehr viel besser in Ethanol loslich, aber manchmal ist Ethanol als Losungsmittel unerwunscht, weil es entflammbar ist und schnell verdunstet sowie zu unerwunschten Nebenreaktionen fuhren kann. Ist Iod in Ethanol gelost, bezeichnet man die Losung als Iodtinktur . Diese war fruher Bestandteil vieler Erste-Hilfe -Ausrustungen und diente zur Desinfektion von Wunden. In der heutigen Zeit werden aufgrund der verbreiteten Iodunvertraglichkeit andere Losungen zur Wunddesinfektion eingesetzt, z. B. Octenidin und Polyhexanid .

Anwendungsbereiche [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Iod-Kaliumiodid-Losungen wurden fruher fur verschiedene Zwecke, etwa in der analytischen Chemie und in der Medizin , verwendet. Beispiele sind: [4] [5]

Lugolsche Losung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Lugolsche Losung ( lateinisch Solutio Lugoli ) ist eine Iod-Kaliumiodid-Losung (von braunlichroter Farbe und charakteristischem Geruch) mit einem Massenverhaltnis von 1:2 von Iod zu Kaliumiodid in Wasser, die auch im Handel angeboten wird. Sie ist nach dem franzosischen Arzt Jean Guillaume Lugol (1786?1851) benannt, der sie 1835 erfand. [8] Lugolsche Losungen werden ublicherweise mit einem Iodgehalt von 1 %, 2 % und 5 % hergestellt. [9] Gemaß aktueller GHS-Einstufung erhalten alle diese Losungen die Einstufung GHS 08 ?Gesundheitsgefahr“. Da ein Starkenachweis mit einer geringer konzentrierten Iod-Losung ebenfalls erfolgreich ist, sind die klassischen Lugolschen Losungen zum Starkenachweis obsolet . [10]

Ersatzverfahren: Eine Iodlosung mit einer Konzentration von 0,025 mol/L (ca. 0,635 % Iod) besitzt derzeit keine Einstufung gemaß GHS, kann aber dennoch fur einen Starkenachweis verwendet werden. [3] [2] Gemaß Ersatzstoffprufung in der Gefahrdungsbeurteilung gemaß § 5 Arbeitsschutzgesetz [11] empfiehlt sich daher die Verwendung der geringer konzentrierten Losung. Ebenso ist die gleichzeitige Verwendung von Kaliumiodid (GHS08) obsolet, da die Anwesenheit von Iodid-Ionen den einzigen Zweck hat, eine bessere Loslichkeit in Wasser zu erzielen. Die schlechte Loslichkeit in Wasser spielt jedoch keine Rolle, wenn das Testreagenz einen Tag vor der ersten Verwendung angesetzt wird. [10]

Am 29. April 1986, drei Tage nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl, sprach die polnische Regierung die Empfehlung aus, Lugolsche Losung zu trinken. Die Aufforderung richtete sich vor allem an Kinder und Jugendliche und diente dem Zweck, eine Anreicherung radioaktiver Iodpartikel in den Schilddrusen der Kinder zu verhindern, indem diese mit nicht-radioaktivem Iod gesattigt wurden. [12] Die Wirksamkeit dieser Iod-Blockage konnte in Nachuntersuchungen zweifelsfrei bestatigt werden. Wahrend in Polen die Schilddrusenkrebserkrankungen bei Kindern unverandert blieben, erhohte sich die Haufigkeit im benachbarten Belarus, wo keine Iod-Blockade durchgefuhrt worden war, um das 100-Fache. [13] Trotzdem sollte Lugolsche Losung aufgrund seiner hohen Giftigkeit auf keinen Fall eigenmachtig prophylaktisch und ohne arztliche Konsultation angewendet werden. Frei verkaufliche Losungen sind zudem nicht fur den Verzehr geeignet. Bei unkontrollierter Einnahme drohen Organversagen, Hypotonie und Kreislaufkollaps. [14]

Mechanismus des Starkenachweises [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Starkenachweis beruht auf einer charakteristischen und sehr empfindlichen Farbreaktion. Die Polyiodionen konnen sich in das Innere der spiraligen Starke -Molekule einlagern. Entgegen einer fruheren Ansicht ist es nicht erforderlich, dass die eingelagerten Iodmolekule durch Adduktion von Iodidionen eine negative Ladung besitzen. [15] Je nach Starke-Typ (Starke aus Kartoffeln, Mais, Weizen, Reis …), industrieller Aufbereitung der Starkeprodukte und Konzentration der Reaktanden erscheint die Farbung der Iod-Starke-Einschlussverbindung rotlich, violett, blau oder schwarz. Hierzu lasst sich als Regel aufstellen, dass eine starkere Verzweigung der Molekulkette eine rotliche Verfarbung verursacht (20?30 Glucose-Einheiten bis zur nachsten Verzweigung) und eine weniger verzweigte Kette (uber 45 Einheiten bis zur nachsten Verzweigung) einen blauen Eindruck hervorruft. [16]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. a b c d Datenblatt Iod-Kaliumiodid-Losung (PDF) bei Carl Roth , abgerufen am 26. Januar 2016.
  2. a b Klaus Ruppersberg, Hanne Rautenstrauch, Stefan Thomsen: Know Thy Carbs! Safer Carbohydrate Detection Methods for School Labs ? Part 2 . In: ChemViews . 2022, doi : 10.1002/chemv.202200023 ( chemistryviews.org [abgerufen am 7. August 2022]).
  3. a b Hanne Rautenstrauch, Klaus Ruppersberg, Wolfgang Proske: Chemiedidaktik: Welcher Zucker ist in der Probe . In: Nachrichten aus der Chemie . Band   70 , Nr.   2 , Februar 2022, S.   15?20 , doi : 10.1002/nadc.20224116610 .
  4. F. Steinecke, Experimentelle Biologie, Quelle u. Meyer, 1983, 5. Aufl., S. 13.
  5. Mikrobiologie - Ein Arbeitsbuch fur Schuler, Volk und Wissen, 1991, 1. Aufl., S. 175f.
  6. Pschyrembel Online. Abgerufen am 20. Dezember 2023 .
  7. Atzen von Gold (PDF; 368 kB). microchemicals.de, 15. Dezember 2009.
  8. Eintrag zu Lugols Losung . In: Rompp Online . Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. Mai 2014.
  9. LUGOLsche Losung im Chemikalienlexikon. Abgerufen am 11. September 2019 .
  10. a b Hanne Rautenstrauch, Klaus Ruppersberg, Wolfgang Proske: Chemiedidaktik: Welcher Zucker ist in der Probe? In: Nachrichten aus der Chemie . Band   70 , Nr.   2 . Wiley-Verlag, Weinheim 1. Februar 2022, S.   15?20 , doi : 10.1002/nadc.20224116610 .
  11. Arbeitsschutzgesetz §5. Abgerufen am 11. September 2019 .
  12. Lugolsche Losung ? ein Gegenmittel gegen radioaktive Verseuchung? Abgerufen am 14. November 2023 .
  13. Bundesumweltministerium | Jodblockade - Schutz bei Reaktorunfall | Bundesumweltministerium. Abgerufen am 14. November 2023 .
  14. Lugolsche Losung ? ein Gegenmittel gegen radioaktive Verseuchung? Abgerufen am 14. November 2023 .
  15. Sheri Madhu, Hayden A. Evans, Vicky V. T. Doan?Nguyen, John G. Labram, Guang Wu: Infinite Polyiodide Chains in the Pyrroloperylene?Iodine Complex: Insights into the Starch?Iodine and Perylene?Iodine Complexes . In: Angewandte Chemie International Edition . Band   55 , Nr.   28 . Wiley-Verlag, Weinheim 4. Juli 2016, S.   8032?8035 , doi : 10.1002/anie.201601585 .
  16. Georg Schwedt: Faszinierende chemische Experimente fur Entdecker, Gesundheitsbewusste und Genießer . Wiley-Verlag, Weinheim 2019, ISBN 978-3-527-34624-0 .