Louis II. de Bourbon, prince de Conde
[1]
(*
8. September
1621
in
Paris
; †
11. Dezember
1686
in
Fontainebleau
), auch als ?Le Grand Conde“ bekannt, war
Erster Prinz von Geblut
des franzosischen Konigshauses
Bourbon
. Er gilt als einer der bedeutendsten Feldherren des 17. Jahrhunderts und spielte als Anfuhrer der adeligen Opposition gegen Kardinal
Mazarin
eine wichtige Rolle wahrend des Burgerkriegs der
Fronde
, in dessen Folge Conde gezwungen war, nach Spanien zu fliehen. Nach seiner Begnadigung durch
Ludwig XIV.
wurde er neben
Turenne
zum wichtigsten Befehlshaber des Konigs im
Devolutionskrieg
und
Hollandischen Krieg
.
Louis wurde als altester Sohn
Henris II. de Bourbon
(1588?1646), des dritten
Prince de Conde
, und dessen Frau
Charlotte-Marguerite de Montmorency
geboren. Dank seiner Eigenschaft als potentieller Thronanwarter sowie des Reichtums seiner Familie war der
Duc d’Enghien
, wie er in jungen Jahren hieß, eine der hochstrangigen Personen des Landes. Er erhielt fur jene Zeit, in der eine humanistische Bildung im Hochadel nicht unbedingt ein Ideal darstellte, eine außergewohnlich gute Erziehung, ab 1629 auf dem
Jesuitenkolleg
von Sainte-Marie in
Bourges
. Uber seine Fortschritte berichtete er in
lateinischen
Briefen an seinen Vater. Nach sechs Jahren, mit 14, verließ er das Kolleg und wandte sich einem Studium der
Militarwissenschaften
zu.
Im Jahre 1638 ubernahm er zum ersten Mal Verantwortung: Wahrend einer Abwesenheit seines Vaters amtierte er als
Gouverneur des Herzogtums Burgund
(Bourgogne). Zu diesem Zeitpunkt unterlag er jedoch noch immer der Autoritat seines Vaters, der sich sogar durch einen Erzieher vertreten ließ. Obwohl der Prinz bereits uber 18 Jahre alt war, regelte der Vater dessen Leben bis in das kleinste Detail, wie zum Beispiel die tagliche Garderobe.
[2]
Eine gewisse Erleichterung brachte erst Louis’ Dienst im franzosischen Heer, in das er 1640 als Freiwilliger eintrat. Im selben Jahr sammelte er erste Kriegserfahrungen wahrend der
Belagerung von Arras
, ohne sich jedoch besonders hervorzutun.
Vater Henri II. ging inzwischen daran, fur seinen Sohn eine vorteilhafte Ehe zu arrangieren. Seine Wahl fiel auf die gerade zwolfjahrige
Claire-Clemence de Maille-Breze
(1628?1694), eine Tochter des
Marechals
Urbain de Maille
, Marquis de Breze (1597?1650). Der Marechal selbst hatte eine Schwester des
Kardinals Richelieu
geheiratet, der damals die politische Fuhrung Frankreichs weitgehend kontrollierte. Somit war Claire Clemence die Nichte des Kardinals. Henri II. hoffte, durch eine Verbindung mit der Familie des Kardinals weitere Vorteile und Einfluss am Hof zu gewinnen. Louis dachte ahnlich, denn obwohl er seiner Gemahlin eher ablehnend gegenuberstand, war er sich bewusst, dass Richelieu seine politischen Ambitionen fordern und ihm zu einem Feldkommando im Heer verhelfen konnte. Die Ehe wurde am 11. Februar 1641 im
Palais Cardinal
in Paris geschlossen. Aus ihr gingen vier Kinder hervor, von denen nur ein Sohn,
Henri III. Jules
(1643?1709), uberleben sollte.
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Die Verbindung mit der Familie des Kardinals zahlte sich aus. Nach einigen kleineren militarischen Kommandos erhielt Louis d’Enghien im Fruhjahr 1643 den Befehl uber die franzosische Armee an der Grenze zu den
Spanischen Niederlanden
. Frankreich befand sich zu diesem Zeitpunkt im Krieg gegen Spanien (→
Franzosisch-Spanischer Krieg (1635?1659)
) und gegen den
habsburgischen
Kaiser des
Heiligen Romischen Reiches
(→
Dreißigjahriger Krieg
). Die zahlenmaßig uberlegene spanische Armee eroffnete den Feldzug mit der Belagerung der Grenzfestung
Rocroi
. Um sie zu entsetzen, zog Enghien mit der franzosischen Armee heran und griff die Spanier, entgegen dem Rat alterer Offiziere, am 19. Mai 1643 trotz seiner Unterlegenheit an. Es bereitete den spanischen Truppen eine vernichtende Niederlage, die sich daraufhin aus Frankreich zuruckziehen mussten. Die
Schlacht bei Rocroi
machte Enghien auf einen Schlag beruhmt. Sie gilt heute noch als ein Wendepunkt, aus dem Frankreich zur europaischen Hegemonialmacht aufstieg.
[4]
Enghien selbst drang nach dem Kampf auf einige Tage Urlaub, um sich in Paris als ruhmreicher Held feiern zu lassen. Hier zeigte sich schon die ihn kennzeichnende große Eitelkeit, aus der spater Uberheblichkeit werden wurde.
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Im folgenden Jahr 1644 kommandierte Enghien die franzosischen Armeen in Deutschland. Gemeinsam mit
Marechal de Turenne
(1611?1675) fuhrte er die blutige
Schlacht bei Freiburg
(3. bis 9. August 1644) und drangte die bayerische Armee vom Rhein ab. Durch diesen Erfolg fielen wichtige Festungen an Frankreich. Auch im folgenden Jahr operierten Turenne und Enghien gemeinsam und besiegten erneut die kaiserlichen und bayerischen Truppen in der
Schlacht bei Alerheim
(3. August 1645). Diese beiden Siege kosteten die franzosischen Streitkrafte jedoch große Verluste und wurden deshalb in Paris wenig enthusiastisch aufgenommen. Bei Hofe kam Kritik an Louis d’Enghien auf.
Im Jahre 1646 verstarb Henri II. und vererbte seinem Sohn Louis den Titel
Prince de Conde
sowie sein gesamtes Vermogen und alle Besitztumer. Enghien wurde damit zum machtigsten Adeligen in Frankreich. Er besaß nun großen Reichtum, weite Landereien, konigliches Blut, eine große Anhangerschaft und nach der Einnahme von
Dunkirchen
im selben Jahr eine glanzende militarische Reputation. All dies machte ihn in den Augen des
Kardinals Mazarin
(1602?1661) verdachtig. Richelieu war 1642 gestorben und bereits 1643 auch Konig
Ludwig XIII.
Zu diesem Zeitpunkt war der Thronfolger
Ludwig XIV.
erst funf Jahre alt. Seine Mutter
Anna von Osterreich
(1601?1666) ubte deshalb mit Hilfe des Kardinals die Regentschaft aus. Conde hatte aufgrund seiner hohen Geburt und sozialen Stellung großen Einfluss auf die Regierungsgeschafte, zumal er von seinem Vater auch dessen Platz im
Conseil d'Etat
(Koniglicher Rat/ Staatsrat) geerbt hatte.
Mazarin trachtete deshalb, den Prinzen vom Hof fernzuhalten. Zunachst betraute er ihn mit dem Kommando uber die franzosischen Truppen in
Katalonien
. Hier scheiterte Conde erstmals; es gelang ihm 1647 nicht, die Stadt
Lerida
einzunehmen. Er weigerte sich deshalb, noch einmal auf diesem Kriegsschauplatz zu kommandieren. Mazarin bot ihm ebenfalls an, eine Expedition nach
Neapel
anzufuhren, das zu dieser Zeit im Aufstand gegen Spanien stand. Dort hatte er einen Konigsthron gewinnen konnen, auch das hatte den Prinzen dauerhaft vom franzosischen Hof entfernt. Doch Conde lehnte das unsichere Unternehmen ab und ubernahm stattdessen 1648 wieder das Kommando uber die franzosischen Truppen in den Spanischen Niederlanden. Dort errang er am 20. August 1648 in der
Schlacht bei Lens
einen weiteren Sieg uber die spanischen Truppen. Der Ausgang war so schlagend wie kaum einer damals, denn das spanische Heer wurde fast vollstandig aufgerieben. Der Sieg bei
Lens
stand dem Erfolg von Rocroi funf Jahre zuvor in nichts nach. Er starkte die Verhandlungsposition Frankreichs auf dem Friedenskongress von Munster, der zwei Monate spater mit dem
Westfalischen Frieden
abgeschlossen wurde.
Wahrend des 1648 beginnenden
Fronde-Aufstands
unterstutzte Conde erst
Kardinal Mazarin
und die Regentin
Anna von Osterreich
. In der Folgezeit wurde er de facto der einflussreichste Mann in Frankreich, verhielt sich aber in den Augen seiner Umgebung hochmutig und anmaßend. So beleidigte er wiederholt Kardinal Mazarin und schreckte auch vor Handgreiflichkeiten nicht zuruck. Aufgrund dieser Tatsachen wurde er von Januar 1650 bis zum Februar 1651 in der Festung
Vincennes
inhaftiert, wodurch der zweite Teil des Aufstandes, der der ?Fursten“, ausbrach. Die Tatsache, dass er und sein Bruder
Conti
zerstritten waren, hinderte nicht.
Nach seiner Freilassung 1651 setzte er sich an die Spitze der Truppen der Fronde, wurde aber am 2. Juli 1652 von
Turenne
und seinen konigstreuen Truppen vor Paris geschlagen.
Am 27. Marz 1653 wurde er in Abwesenheit zum Tode durch
Enthauptung
verurteilt. Seine Besitztumer wurden beschlagnahmt.
Er fluchtete nach Spanien und diente dem spanischen Konig
Philipp IV.
als General. Nach dem fur Frankreich gunstigen
Pyrenaenfrieden
1659 wurde Conde amnestiert und kehrte nach Frankreich zuruck.
In der nachfolgenden kurzen Friedenszeit betatigte sich Conde u. a. als Mazen und protegierte zum Beispiel
Moliere
, indem er ihm Privatauffuhrungen des verbotenen Stucks
Le Tartuffe
ermoglichte.
1668 befehligte er die Truppen, die auf Befehl Konig
Ludwig XIV.
handstreichartig die damals spanische
Franche-Comte
einnahmen.
1672?1674 war er General der franzosischen Truppen im
Hollandischen Krieg
, durch den sich Ludwig Teile der spanischen Niederlande aneignete. 1675 war er kurz Oberkommandierender der franzosischen Truppen im
Elsass
.
1675 zog sich Conde auf sein
Schloss Chantilly
zuruck, wo er sich wieder als Sammler und Mazen betatigte. Er verstarb am 11. Dezember 1686 in
Fontainebleau
.
In Erinnerung an den ?Großen Conde“ nannte Konig
Friedrich der Große
von Preußen sein Lieblingspferd, einen Trakehner Grauschimmel,
Conde
.
[6]
- ↑
Weitere Titel: Herzog von Enghien, Albret, Bourbon, Montmorency, Chateauroux, Bellegarde, Damville, Beaupreau und Fronsac, Graf von Charolais und Chemille, Pair von Frankreich, Erster
Prinz von Geblut
, Gouverneur der Bourgogne, Großmeister von Frankreich und Ritter des
Ordens vom Heiligen Geist
- ↑
James Breck Perkins:
The Great Conde
, in:
The English Historical Review
3 (1888), Nr. 11, S. 481
- ↑
James Breck Perkins:
The Great Conde
, in:
The English Historical Review
3 (1888), Nr. 11, S. 482f
- ↑
Eine ubersichtliche Darstellung der Schlacht bietet etwa: Geoffrey Regan:
Battles that changed History
, London 2002, S. 109?112
- ↑
James Breck Perkins:
The Great Conde
, in:
The English Historical Review
3 (1888), Nr. 11, S. 485
- ↑
vgl.
Franz Kugler
,
Geschichte Friedrichs des Großen
, Leipzig: Reprint-Verlag o. J., S. 600 f.
- Jean de La Brune:
Memoires Pour Servir A L'Histoire De Louis De Bourbon, Prince De Conde
, Marteau, Koln 1693.
- Henri Cherot:
Le grand Conde, son fils, le duc d’Enghien, son petit-fils, le duc de Bourbon ; Trois educations princieres au dix-septieme siecle 1630-1684
, Descle de Brouwer & Company, Lille 1896.
- Pierre Coste:
Histoire de Louis de Bourbon II du nom, prince de Conde, premier prince du sang
, Koln 1693.
- Joseph Louis Ripault Desormeaux:
Histoire De Louis De Bourbon, Second Du Nom, Prince De Conde, Premier Prince Du Sang, Surnomme Le Grand - Ornee de Plans de Sieges et de Batailles
, Saillant, Paris 1766. (4 Bde.)
- Eveline Godley:
The great Conde - A life of Louis II. de Bourbon, Prince of Conde
, Murray, London 1915.
- Henri Malo:
Le grand Conde
, Michel, Paris 1937.
- Georges Mongredien:
Le Grand Conde
, Hachette, Paris 1959.
- James Breck Perkins:
The Great Conde
, in:
The English Historical Review
3 (1888), Nr. 11, S. 478?497.
- Philip Henry Stanhope:
The life of Louis, prince of Conde, surnamed the Great
, London 1845.
- Francois H. Turpin:
La vie de Louis de Bourbon, II. du nom, prince de Conde, faisant la suite des hommes illustres de la France
, Amsterdam/ Paris 1767. (2 Bde.)
- Simone Bertiere:
Conde : le heros fourvoye
, Paris : Ed. de Fallois, 2011,
ISBN 978-2-87706-777-5