Territorium im
Heiligen Romischen Reich
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Kurfurstentum Braunschweig-Luneburg
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Wappen
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Karte
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Das Kurfurstentum Hannover, 1789
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Alternativnamen
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Churfurstentum Braunschweig-Luneburg, Chur-Braunschweig-Luneburg,
Kurfurstentum Hannover, Churhannover, Kurhannover, Hannover
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Entstanden aus
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Furstentum Calenberg
(bis 1692)
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Herrschaftsform
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Kurfurstentum
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Herrscher
/
Regierung
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Kurfurst
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Heutige Region/en
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DE-NI
,
DE-SH
,
DE-ST
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Reichstag
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Kurfurstenrat
;
Reichsfurstenrat
,
weltliche Bank
: bis zu sieben
Virilstimmen
fur sich sowie die Furstentumer
Calenberg
,
Luneburg
(ab 1705) und
Grubenhagen
(1707?1735 verliehen) sowie die Herzogtumer
Sachsen-Lauenburg
,
Bremen
und
Verden
(1715); Teil einer
Kuriatstimme
(
Niederrheinisch-Westfalisches Reichsgrafenkollegium
) u. a. fur die Grafschaften
Hoya
(seit 1582),
Diepholz
und
Bentheim
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Reichsmatrikel
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verschiedene Furstentumer siehe oben
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Reichskreis
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niedersachsisch
,
niederrheinisch-westfalisch
(fur Hoya und Verden)
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Hauptstadte
/
Residenzen
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Hannover
,
Herrenhausen
,
London
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Dynastien
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Welfen
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Konfession
/
Religionen
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lutherisch
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Sprache
/n
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Niederdeutsch
,
Deutsch
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Aufgegangen in
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Konigreich Westphalen
(1807,
Frieden von Tilsit
);
Konigreich Hannover
(1814,
Rechtsnachfolge
)
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Das
Kurfurstentum Braunschweig-Luneburg
(auch
Chur-Braunschweig-Luneburg
), inoffiziell auch
Kurfurstentum Hannover
(auch
Chur-Hannover
oder
Kurhannover
) genannt, war ab 1692 das neunte
Kurfurstentum
des
Heiligen Romischen Reiches
. Bis zur
Personalunion
mit
Großbritannien
1714 war
Hannover
administratives Zentrum und
Residenzstadt
. Der Wahlspruch lautete
Nec aspera terrent
(?Auch Widrigkeiten schrecken nicht“).
[1]
Das Kurfurstentum ging aus dem Teilfurstentum
Calenberg
des
Herzogtums Braunschweig-Luneburg
hervor. Es endete 1810 mit der Angliederung an das
Konigreich Westphalen
bzw. nach dem
Wiener Kongress
1814, als aus dem ehemaligen Kurfurstentum das
Konigreich Hannover
geschaffen wurde.
Das Kurfurstentum lag im Gebiet des heutigen
Niedersachsen
und mit kleinen Teilen im Gebiet des heutigen
Sachsen-Anhalt
(
Amt Calvorde
und
Blankenburg
). Es umfasste folgende Territorien des
Heiligen Romischen Reiches
:
Furstentum Calenberg
,
Furstentum Grubenhagen
,
Grafschaft Hoya
,
Herzogtum Sachsen-Lauenburg
,
Furstentum Luneburg
(ab 1705), das
Herzogtum Bremen
und das
Herzogtum Verden
(ab 1715). Calenberg, Grubenhagen und Luneburg waren nominell Teilfurstentumer des mittelalterlichen
Herzogtums Braunschweig und Luneburg
. (Die Fursten des eigenstandigen Furstentums
Braunschweig-Wolfenbuttel
nannten sich ebenfalls Herzoge von Braunschweig und Luneburg.) Ursprunglich war das Kurfurstentum ein reines Binnenland. Erst mit dem Erwerb des Herzogtums Bremen konnte sich Kurhannover zur Nordsee ausweiten. Der Großteil des Kurfurstentums gehorte zum
Niedersachsischen Reichskreis
. Die Grafschaft Hoya und das Herzogtum Verden waren Teile des
Niederrheinisch-Westfalischen Reichskreises
.
Nach dem Tod seines Bruders
Johann Friedrich
erbte
Ernst August
1679 das
Furstentum Calenberg
. Wichtigstes politisches Ziel Ernst Augusts war der Erwerb der kurfurstlichen Wurde fur sein calenbergisches Haus.
[2]
Seit 1689 fuhrte er deshalb Unterhandlungen mit Kaiser
Leopold I
. Bereits 1682 hatte Ernst August fur sein Land das
Primogeniturrecht
proklamiert, welches eine Voraussetzung fur die Erlangung der Kurwurde war. Gemaß dieser Regelung sollte der alteste Sohn,
Georg Ludwig
, der alleinige Erbe der welfischen Furstentumer Calenberg und Grubenhagen werden. Durch einen Erbschaftsvertrag mit seinem alteren Bruder, dem Celler Herzog
Georg Wilhelm
, war zudem sichergestellt, dass nach dessen Tod das Furstentum Luneburg ebenfalls an die in Hannover residierenden Welfen fiel. Auch wurde der Landeshaushalt ins Gleichgewicht gebracht und die gesamte Verwaltung vom Kabinett des Fursten unter Zuziehung weniger vertrauter Minister,
Franz-Ernst Graf von Platen
und
Otto Grote zu Schauen
, geleitet. Als oberste beratende und kontrollierende Behorde stand dem Fursten der wieder zu Ansehen gelangte
Geheime Rat
zur Seite. Unter diesem bestanden die verschiedenen Verwaltungskollegien, die
Kanzlei
, hauptsachlich fur Rechtssachen, die Kammer fur das Finanzwesen, das
Konsistorium
und der
Kriegsrat
, alle mit streng getrennten Ressorts.
1692 wurde vom Kaiser die neue (neunte) Kur des
Heiligen Romischen Reiches
kreiert. Der im
Furstentum Calenberg
regierenden Linie der Welfen wurde diese neunte
Kurwurde
verliehen. Dies wurde moglich durch einen Vertrag zwischen dem
romisch-deutschen Kaiser
und den beiden Linien des Hauses Luneburg, nach dem gegen Erteilung der Kurwurde an das Haus Hannover unter eventueller Beteiligung von Celle eine ewige Union zwischen den Hausern Habsburg und Luneburg stattfinden sollte. Fur alle kunftigen
Konigswahlen
sagten die hannoverschen Welfen fest die Zustimmung zur Wahl des habsburgischen Erstgeborenen zu. An den langwierigen Verhandlungen war neben Otto Grote auch der braunschweigische Gesandte am kaiserlichen Hof in Wien
Johann Christoph von Limbach
beteiligt, der dann zum Gesandten des neuen Kurfurstentums am
Reichstag
in Regensburg bestellt wurde. Dort sollte Limbach die Zustimmung des Reichstags zum Vertrag erreichen, was ihn ? nach Aussage der Inschrift auf seinem Grabdenkmal auf dem
Gesandtenfriedhof
?
16 Jahre lang viel Muhe und Fleiß
kostete.
[3]
Der
Reichstag
stimmte der Erhebung erst 1708 zu, zwei Jahre vor dem Tod Limbachs. Umgangssprachlich wurde das neue
Kurfurstentum Braunschweig-Luneburg
auch
Kurfurstentum Hannover
oder kurz
Kurhannover
genannt.
Die
Belehnung
mit der Kurwurde stieß nicht nur am Reichstag auf Widerstand, sie hatte auch Auseinandersetzungen mit der braunschweigisch-wolfenbuttelschen Linie des Hauses Braunschweig-Luneburg zur Folge. Die beiden bis 1704 gemeinsam regierenden wolfenbuttelschen Welfenfursten, die Bruder
Rudolf August
und
Anton Ulrich
, empfanden die Erhohung der
calenbergischen
Linie in Hannover als unertragliche Zurucksetzung, weil damit die jungere Linie Hannover trotz des Seniorats die Kurwurde erhielt. Das Seniorat hatten die Herzoge
Bernhard
und
Heinrich
1414 eingefuhrt. Im Jahr 1555 war es vom Kaiser
Karl V.
und danach von dessen
Nachfolger
bestatigt worden.
[4]
Als alle Proteste ungehort verhallten, verbanden sie sich 1700 mit anderen deutschen Fursten in Nurnberg zum ?Bunde der korrespondierenden Fursten“. Notfalls wollte man mit Waffengewalt die Kurerhohung Hannovers verhindern. Anton Ulrich wurde durch kaiserliches Mandat vom 8. Februar 1702 zur Strafe fur seine Allianz mit Frankreich von der Mitregentschaft ausgeschlossen (siehe dazu
Zwietrachttaler
). Im selben Jahr uberrumpelten Georg Wilhelm und Georg Ludwig unter Mithilfe des Kaisers die wolfenbuttelschen Fursten und notigten sie 1706 zur Anerkennung der Kurwurde.
Georg Ludwig
, Ernst Augusts Nachfolger seit dem 23. Januar 1698, erbte 1705 nach dem Tod seines Onkels
Georg Wilhelm
das
Furstentum Luneburg
. Mit Ausnahme des
Furstentums Braunschweig-Wolfenbuttel
waren damit alle Lande des Hauses Braunschweig-Luneburg in der Hand der hannoverschen Linie der Welfen.
Nach dem Tode der Konigin
Anne Stuart
von
Großbritannien
, die keine Nachkommen hinterließ, erbte der Kurfurst 1714 die britische Konigskrone. Gemaß dem
Settlement Act
von 1701 fiel die Krone an die nachsten protestantischen Verwandten, also an das Haus Hannover. Georg Ludwigs Mutter
Sophie von der Pfalz
war eine Enkelin des englischen und schottischen Konigs
Jakobs I.
Georg verband durch diese
Personalunion
Großbritannien mit dem deutschen Kurfurstentum, das damit zu einem der machtigsten im Heiligen Romischen Reich wurde. Die Personalunion endete erst 1837 mit der Thronbesteigung von Konigin
Victoria
, da in Hannover (das mittlerweile zum Konigreich erhoben war) nur mannliche Nachkommen den Thron erben konnten. Daher ging die Herrschaft auf Victorias Onkel,
Ernst August
,
Herzog von Cumberland
, uber.
[5]
Der großte Teil der Regierung Georg Ludwigs wurde von zwei großen Kriegen ausgefullt (dem
Spanischen Erbfolgekrieg
und dem
Nordischen Krieg
), an denen Georg sowohl als Kurfurst wie auch als Konig starken Anteil nahm. Sein kriegerisches Engagement endete mit einer betrachtlichen Vergroßerung seiner Lander.
Die Union mit Großbritannien verwandelte Kurhannover in ein
Nebenland
, dessen Adel in Abwesenheit des Regenten Freiheiten ausnutzte. In wirtschaftlicher Hinsicht profitierte das Land von neuen handelspolitischen Beziehungen. Das stark agrarisch gepragte Land produzierte weit mehr, als es fur den eigenen Gebrauch benotigte, und fand im britischen Empire einen Abnehmer seiner Uberschusse. Die im Entstehen begriffene Industrie Großbritanniens konnte im Gegenzug das Kurfurstentum mit fehlenden Gutern versorgen. Zwar war Kurhannover wahrend des 18. Jahrhunderts in politischer Beziehung praktisch ein Trabant Großbritanniens, dennoch hoben sich das Ansehen und die Bedeutung des Landes im Reich infolge dieser Verbindung betrachtlich. In innerdeutschen Angelegenheiten war es hinter
Habsburg
und Brandenburg-Preußen die dritte Große.
Georgs I. Regierung war fur die kurbraunschweigisch-luneburgischen Lande, wie sie seit 1705 offiziell genannt wurden, in jeder Beziehung bedeutend. Von der
Kampagne am Rhein
(Ende 1709) zuruckgekehrt, wandte der Kurfurst den auch an seinen Grenzen gefuhrten Kampfen des Nordischen Kriegs seine ganze Aufmerksamkeit zu.
[6]
Der mit
Danemark
(1712) geplante Defensiv- und Offensivbund gegen
Karl XII.
von Schweden kam freilich nicht zustande. Dennoch stand das militarisch gut gerustete Kur-Braunschweig-Luneburg bereit, im geeigneten Augenblick einzugreifen, um die im
Westfalischen Frieden
1648 vergeblich erstrebten reichen Herzogtumer Bremen und Verden zur Abrundung des territorialen Besitzes zu erobern. Inzwischen begnugte sich der Kurfurst damit, die Protestanten in den Hochstiften
Munster
,
Paderborn
und
Hildesheim
in seinen Schutz zu nehmen, wahrend er andererseits den Katholiken in seinen Landen vollige Glaubensfreiheit gewahrte. Hildesheim wurde kurzzeitig militarisch besetzt. Am 1. Oktober 1714 starb die britische Konigin
Anna
aus dem
Hause Stuart
. Der Kurfurst siedelte zwar von Hannover nach
London
um, dies fuhrte aber zu keiner direkten Verfassungsanderung im Kurfurstentum. Erst allmahlich zeigte es sich, dass Statthalter
[7]
und Geheimer Rat fortan die eigentlichen Regenten waren. Der Geheime Rat behielt die eigentliche Regierung des Landes in der Hand (unter der Bedingung regelmaßiger Berichterstattung an den fernen Landesherrn). Die Einkunfte aus den Domanen und die Steuern hatten selbst wahrend der glanzenden Hofhaltung der Fursten der letzten Generation zeitweise Uberschusse ergeben. Trotz relativ hoher Ausgaben fur die Beamtenschaft, das
stehende Heer
und die in Hannover weiter bestehende Hofhaltung wanderten dennoch erhebliche Betrage in die Kasse des Kurfursten-Konigs und ermoglichten die Begrundung eines bedeutenden Hausschatzes.
Inzwischen fuhrten die Hartnackigkeit Karls XII. von Schweden, die drohende Nahe der russischen Truppen in Mecklenburg sowie die Furcht, dass der Nordische Krieg ganz Niederdeutschland ergreifen und zuletzt nur dem Zaren helfen wurde, eine Annaherung des danischen Konigs
Friedrich IV.
an Kur-Braunschweig-Luneburg und die ubrigen daran interessierten deutschen Fursten herbei. Dies fuhrte Anfang 1712 zum
Braunschweiger Kongress
[8]
zwecks Einigung uber die nordischen Friedenstraktate und ein Jahr spater zu einer Offensiv- und Defensivallianz zwischen Danemark und Kur-Braunschweig-Luneburg mit gegenseitiger Garantie. Danemark sicherte das Verbleiben der damals unter danischer Verwaltung stehenden schwedischen Herzogtumer Bremen und Verden bei Kurhannover. Auf der anderen Seite sollte die dauernde Verbindung Schleswigs mit Danemark garantiert werden. Eine endgultige Sicherung im Besitz der Herzogtumer
Bremen
(nicht die
Freie Reichsstadt
Bremen
) und
Verden
, die wegen ihrer reichen Einkunfte (jahrlich eine Viertelmillion
Reichstaler
) wertvoll waren, gewahrte der Vertrag von Stockholm (November 1719), worin Schweden gegen Zahlung von einer Million Reichstaler sein Anrecht auf die Herzogtumer an das Kurfurstentum abtrat. Die kaiserliche Belehnung mit denselben, in die auch Braunschweig-Wolfenbuttel aufgenommen wurde, erfolgte allerdings erst 1733.
Georg I. vereitelte in den 1720er Jahren Plane der Habsburger gegen Frankreich, indem Kurhannover mit dem preußischen Konig
Friedrich Wilhelm I.
in
Herrenhausen
die ?Hannoversche Allianz“ zur Erhaltung des bestehenden Rechtszustandes schloss.
Mit seinem Vater Georg I., der u. a. die
Gewehrschlossfabrik Linden
mit initiierte, teilte sein Sohn Georg II. die Vorliebe fur das deutsche Stammland, wo er sich gern aufhielt. Mit seinem Vetter und Schwager
Friedrich Wilhelm I.
von
Preußen
stand er aus personlicher Antipathie und gegenseitiger Rivalitat durchweg in einem sehr misslichen Verhaltnis. Die Vorliebe des Preußenkonigs fur die
?Langen Kerls“
und die unter anderem damit verbundene Rucksichtslosigkeit seiner Werbeoffiziere im Hannoverschen fuhrten 1731 zu einer ernsten Verwicklung. Die Heere beider Fursten standen einander an der Landesgrenze bereits kampfbereit gegenuber, doch durch Vermittlung der Herzoge von Gotha und Braunschweig wurde noch im letzten Augenblick ein Krieg verhindert.
1/6
Taler
Georg II. 1737 auf die Einweihung der Universitat Gottingen am 17. September 1737
Georg II. stiftete 1737 die
Universitat Gottingen
, die durch die Bemuhungen des Ministers
von Munchhausen
bald die ausgezeichnetsten Gelehrten Deutschlands und eine große Zahl Studenten anzog.
Als Kurfurst des Reichs und Garant der
Pragmatischen Sanktion
stand Georg II. wahrend des
osterreichischen Erbfolgekriegs
von 1741 bis 1748 auf Seiten Maria Theresias. In der
Schlacht bei Dettingen
(27. Juni 1743) gelang ihm der letzte Sieg, den ein britischer Konig an der Spitze seiner Truppen selbst errang. Der Siebenjahrige Krieg traf Kurhannover als eines der Hauptkampfgebiete schwer. Der Bund Osterreichs mit dem alten Feind Frankreich hatte die politischen Verhaltnisse umgekehrt und Hannover im Gefolge Großbritanniens zum Bund mit
Friedrich II. von Preußen
gefuhrt. In den ersten Jahren waren die preußisch-britischen Streitkrafte meist in schlechter Lage. Das große militarische Geschick des Herzogs
Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbuttel
, den der preußische Konig bereitwillig seinem Bundnispartner als Oberbefehlshaber des alliierten Heeres uberließ, konnte die Verluste der beiden ersten Jahre nicht vollig ausgleichen, vor allem die Niederlage des Herzogs von Cumberland bei
Hastenbeck
(1757) und die sich daran anschließende
Konvention von Kloster Zeven
, die das ganze Land ein Jahr lang den Franzosen uberließ.
Georgs II. Nachfolger wurde 1760 sein Enkel
Georg III.
(1760?1820). Die Art der Regierung anderte sich unter dem neuen Regenten nicht; allerdings konnten Statthalter und Geheimer Rat selbstandiger agieren, weil der Konig-Kurfurst standig in England blieb, dem Land seiner Geburt, wo er freilich ein stehendes Kabinett fur die Kurlande einrichtete. Bis zur franzosischen Revolution herrschte im Kurfurstentum (und ganz Deutschland) Frieden. An der innerdeutschen Politik begann Kurhannover sich erst seit dem
Bayerischen Erbfolgekrieg
engagierter zu beteiligen, und zwar diesmal in Ubereinstimmung mit der preußischen Politik und gegen die
josephinischen
Expansionsbestrebungen. Die Habsburgermonarchie wollte Bayern annektieren, was einen Umsturz des inneren politischen Machtverhaltnisses bedeutet und katholische wie protestantische, große wie kleine Fursten gleichermaßen gefahrdet hatte. Georg III. trat wie die 13 weiteren Fursten dem 1785 von
Friedrich II. von Preußen
initiierten
Furstenbund
bei, dessen Statuten auf Vereinbarung Preußens, Kurhannovers und Kursachsens noch zwei nur fur diese drei Vertragspartner verbindliche geheime Separatartikel hinzugefugt wurden. Diese sahen fur den Fall eines Krieges gegenseitige Unterstutzung und gemeinsame Maßnahmen vor, um die Absicht des Kaisers zunichtezumachen, der die Mitglieder seines Hauses Habsburg in die
Koadjutorschaften
samtlicher wichtigen
geistlichen Reichsstande
zu bringen suchte.
An den Kampfen gegen die
Franzosische Revolution
nahm Hannover nicht direkt teil. Allerdings wurde dem Konig von Großbritannien ein 16.000 Mann starkes Korps unter der Fuhrung des Feldmarschalls Freytag uberlassen, das mitkampfte, bis es beim Ruckzug des britischen Hauptheers in die Heimat zuruckgesandt wurde. Der Abschluss des
Basler Friedens
durch Preußen (1795) und die darin vereinbarte Demarkationslinie bewahrten Hannover vor den Einfallen der Franzosen.
Das nachste Jahrzehnt war voller Reibungen zwischen Hannover und Preußen und brachte Hannover gerade infolge seiner Verbindung mit Großbritannien, das sich nicht an den
Frieden von Luneville
(9. Februar 1801) halten wollte, sondern den Krieg noch zwolf Monate langer fortsetzte, in eine missliche Lage. Zwar erhielt Hannover im genannten Frieden das
Hochstift Osnabruck
, doch
Napoleon
plante schon Hannovers Untergang, und zwar so, dass auch Preußen, das sich Napoleon gegenuber zuruckhielt, mit verwickelt werden sollte. Napoleon forderte in den Jahren 1796?1801 Friedrich Wilhelm III. dreimal auf, Kurhannover wegen Verletzung der Bestimmungen des Basler Friedens und zur Deckung gegen Großbritannien zu besetzen. Der preußische Konig hielt es schließlich fur das beste, der Aufforderung zu folgen, da Russland ihm zuvorzukommen suchte. Angesichts der Krafteverhaltnisse schien eine Verteidigung des Landes nicht ratsam, also besetzte der preußische General von Kleist mit 24.000 Mann Hannover. Diese Besatzung musste ein Jahr lang, bis zum
Frieden von Amiens
am 27. Marz 1802, von den Besetzten selbst unterhalten werden.
Der
Reichsdeputationshauptschluss
vom Februar 1803 bestatigte Kurhannover im Besitz von Osnabruck; jedoch konnte es seinen gleichzeitigen Anspruch auf das ebenfalls sakularisierte Hochstift Hildesheim gegen das konkurrierende Preußen nicht durchsetzen.
Mit der Wiederaufnahme des Kriegs durch Großbritannien ging Frankreich 1803 auch gegen das Kurfurstentum vor. Die Armee unter der Leitung von Feldmarschall
Johann Ludwig von Wallmoden-Gimborn
war geschwacht und demoralisiert. Wallmoden schloss am 3. Juni 1803 in
Sulingen
eine Konvention mit General
Edouard Adolphe Mortier
ab, der von der Weser her gegen Hannover mit einem franzosischen Heer anruckte. Kampflos erklarte sich so das rund 16.000 Mann starke hannoversche Heer einem nicht starkeren Feind gegenuber fur besiegt. Gimborn unterschrieb die Bedingung, jenseits der Elbe, im Lauenburgischen, fur die Dauer des Kriegs in einer freiwilligen Internierung zu bleiben. Napoleon lehnte jedoch die Ratifikation der Konvention ab, und so diktierte der franzosische Feldherr Wallmoden in der
Konvention von Artlenburg
an der Elbe (5. Juli 1803) folgende Bedingungen: Das hannoversche Heer wird entwaffnet und aufgelost; Munition und Pferde werden dem Sieger ubergeben; das ganze Land bleibt unter franzosischer Verwaltung.
Jean-Baptiste Bernadotte
, der spatere Konig von Schweden und Norwegen, war dort vom 14. Mai 1804 mehrere Monate lang franzosischer Gouverneur. Als Folge des von
Christian von Haugwitz
mit Napoleon geschlossenen Vertrags von Paris vom 15. Februar 1806 besetzt Preußen Hannover, was eine Kriegserklarung seitens Großbritanniens zur Folge hatte.
[9]
1807 bzw. 1810 ging Hannover schließlich im
Konigreich Westphalen
auf, das von Napoleons jungstem Bruder
Jerome
regiert wurde. Der Nordwesten des Kurfurstentums wurde 1811 als Teil der
Hanseatischen Departements
Bestandteil des
franzosischen Kaiserreichs
.
Auf dem
Wiener Kongress
erklarte sich das neuerstandene Kurfurstentum am 12. Oktober 1814 selbst zum
Konigreich Hannover
.
Mit Erlangung der Kurfurstenwurde entwickelte sich auch die staatliche Struktur des Territoriums. Dabei wirkten neben neuzeitlichen Verwaltungsstrukturen auch alte standische Organisationsformen fort. Auch im Kurfurstentum Braunschweig-Luneburg bestand ein starker Dualismus zwischen dem Landesherrn und den Landstanden. Der Kurfurst war aber ? insbesondere als Konig von Großbritannien ? zunehmend auf eine zentrale Verwaltung angewiesen, ohne dass er die Landstande in den bis zu sieben verschiedenen Landschaften in Frage stellen wollte. Grundlage fur die kurfurstliche Regierung war das Regierungsreglement von 1714, das auf dem von
Ernst August
von Calenberg niedergelegten Reglement von 1680 aufbaute.
[10]
- Kurfursten von Braunschweig-Luneburg
-
Ernst August
-
Georg I.
-
Georg II.
-
Georg III.
Ausgehend von der territorialen Zersplitterung des nominell noch bestehenden
Herzogtums Braunschweig-Luneburg
und anliegender Furstentumer konnte das Kurfurstentum nach und nach eine Vielzahl von
Landschaften
mit jeweiligen
Landstanden
vereinigen. Wahrend der großten territorialen Ausdehnung des Kurfurstentums waren es sieben Landschaften. Durch die Regierungsferne des zunehmend in
London
regierenden Kurfursten konnten die Landstande ein relatives Eigenleben entwickeln. Die Verflechtung des hoheren Adels mit dem Hofe und hohen Verwaltungs- und Militarstellen minderte aber Konflikte.
1714 gliederte ein Reglement die Landesregierung in funf Zentralbehorden: Geheimes Ratskollegium, Kammer, Justizkanzlei, Konsistorium und Kriegskanzlei. Die
Deutsche Kanzlei
in London bildete das Verbindungsburo zwischen Chur-Braunschweig-Luneburg und der britischen Regierung.
[11]
Die Kurfurstenwurde bewirkte, dass das Territorium nicht mehr der Reichsgerichtsbarkeit unterstand. Als oberster Gerichtshof wurde deshalb 1711 das
Oberappellationsgericht in Celle
eingerichtet.
Die Ursprunge der
kurhannoverschen Armee
werden allgemein auf das Jahr 1617 fur die Furstentumer Grubenhagen und Calenberg festgelegt.
[12]
Aber erst wahrend des
Dreißigjahrigen Krieges
entwickelte sich ein stehendes Heer. 1705 wurden die kurfurstlichen Truppen mit Regimentern des Furstentums Luneburg/Celle erweitert. Vor allem als Teil der
Reichsarmee
auf
kaiserlicher
Seite kampften kurfurstlich hannoversche Truppen in unterschiedlichen Kriegen, so im
Großen Turkenkrieg
1685?1699 und im
Spanischen
,
Polnischen
und
Osterreichischen
Erbfolgekrieg.
Bedingt durch die engen Beziehungen zur britischen Armee des Konigs und Kurfursten kampften hannoversche Truppen haufig an der Seite
britischer
Truppen. Im
Siebenjahrigen Krieg
(1756?1763) bestand eine Allianz neben hannoverschen und britischen Truppen aus
Braunschweig-Wolfenbutteler
,
Hessen-Kasseler
und
preußischen
Truppen. Im Vorfeld des
Amerikanischen Unabhangigkeitskrieges
ersetzten 1775 kurhannoversche Truppen die nach Ubersee abgeruckten britischen Truppen auf
Menorca
und in
Gibraltar
. Die hannoverschen Truppen in Gibraltar verteidigten die Stellungen erfolgreich gegen
spanische
Angriffe.
[13]
Hannoversche Truppen nahmen auch am britischen Krieg gegen Frankreich in Ostindien teil (1782?1792). Ebenfalls unter britischem Sold nahmen kurfurstliche Truppen im
Ersten Koalitionskrieg
(1792?1797) gegen das revolutionare Frankreich teil (1793?1795). Die Armee des Kurfurstentums wurde 1803 aufgelost, aber ein großer Teil der Offiziere und Soldaten ging nach Großbritannien und wurde dort als
King’s German Legion
wieder aufgestellt. Sie war die einzige deutsche Truppe, die sich kontinuierlich im Kampf gegen die franzosische Armee befand, und nahm an den Gefechten auf der
iberischen Halbinsel
, in Norddeutschland (
Gohrde
) und
Kopenhagen
teil. In der
Schlacht bei Waterloo
1815 verteidigten sie den wichtigen Vorposten
La Haye Sainte
.
Offiziere des Hannoverschen Ingenieurkorps erstellten zwischen 1764 und 1784 die
Kurhannoversche Landesaufnahme
, die erste umfangreiche
kartografische
Landesaufnahme des Kurfurstentums.
- Heide Barmeyer
(Hrsg.):
Hannover und die englische Thronfolge
(=
Hannoversche Schriften zur Regional- und Lokalgeschichte
, Band 19). Bielefeld 2005.
- Richard Drogereit
:
Quellen zur Geschichte Kurhannovers im Zeitalter der Personalunion mit England 1714?1803
(
Quellenhefte zur Niedersachsischen Geschichte
). Hildesheim 1949.
- Wilhelm Havemann:
Geschichte der Lande Braunschweig und Luneburg
. Band 3, Gottingen 1857.
- William von Hassell
:
Das Kurfurstentum Hannover vom
Frieden
bis zur
preußischen
Occupation
im Jahre 1806. Nach archivalischen und historischen Quellen
. Meyer, Hannover 1894.
- Joachim Niemeyer, Georg Ortenburg (Hrsg.):
Die Chur-braunschweig-luneburgische Armee im Siebenjahrigen Kriege
. In:
Das ?Gmundener Prachtwerk“
. Beckum 1976.
- Torsten Riotte
:
Hannover in der britischen Politik, 1792?1815. Dynastische Verbindung als Element außenpolitischer Entscheidungsprozesse
(=
Historia profana et ecclesiastica
, Band 13). LIT Verlag, Munster 2005,
ISBN 3-8258-7551-2
.
- Torsten Riotte, B. Simms (Hrsg.):
The Hanoverian Dimension in British History
.
Cambridge University Press
, Cambridge 2007,
ISBN 978-0-521-84222-8
.
- Christoph Barthold Scharf
:
Der politische Staat des Churfurstenthum Braunschweig-Luneburg samt dazu gehorigen Herzogthumern, und Grafschaften in welchem dessen Stadte, Flecken, Dorfer, adeliche Guther, und einzelne Hofe nach ihren Gerichts-Obrigkeiten und Einpfarrungen aus privat Nachrichten zusammengetragen und in Alphabetischer Ordnung entworfen
. Lauenburg 1777 (
Digitalisat
).
- Georg Schnath
:
Geschichte Hannovers im Zeitalter der neunten Kur und der englischen Sukzession 1674?1714
(=
Veroffentlichungen der Historischen Kommission zu Hannover
, Band XVIII). Hildesheim 1938.
- [Felix] Schutz von Brandis:
Ubersicht der Geschichte der Hannoverschen Armee von 1617 bis 1866. Von einem hannoverschen Jager
(=
Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens
, Band 14). Bearbeitet von J[ohann Karl Hermann] Freiherr von Reitzenstein. Hannover und Leipzig 1903. Reprint: LTR-Verlag, Buchholz-Sprotze 1998.
- Wilhelm von Wersebe:
Geschichte der hannoverschen Armee
. Hannover 1928 (
Digitalisat
).
- Hannoverische Chur-Wurde.
In:
Johann Heinrich Zedler
:
Grosses vollstandiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Kunste
.
Band 12, Leipzig 1735, Sp. 482 f.
- ↑
So auf den Fahnen der
kur-braunschweig-luneburgischen Armee
und dem braunschweigischen Landeswappen:
Nec aspera terrent
auf
zeno.org
bzw. aus
Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon
, Band 2. Funfte Auflage, Leipzig 1911, S. 251.
- ↑
Vgl. Havemann,
Geschichte der Lande Braunschweig und Luneburg
, Band 3, Gottingen 1857, S. 322 ff. (
Google-Books
).
- ↑
Albrecht Klose / Klaus-Peter Rueß:
Die Grabinschriften auf dem Gesandtenfriedhof in Regensburg. Texte, Ubersetzungen, Biographien, Historische Anmerkungen
. In: Stadtarchiv Regensburg (Hrsg.):
Regensburger Studien
.
Band
22
. Stadtarchiv Regensburg, Regensburg 2015,
ISBN 978-3-943222-13-5
,
S.
58–60
.
- ↑
Johann David Kohler:
Historischer Munz-Belustigung
Band 16, 41. 42. Stuck, S. 326
- ↑
Vgl. Drogereit 1949, Barmeyer 2005.
- ↑
Der danisch-schwedische Kampf hatte einen Teil Niederdeutschlands betroffen. Die Herzogtumer
Bremen
,
Verden
und
Vorpommern
waren noch in
schwedischem
Besitz.
- ↑
Der erste Statthalter war der General der Kavallerie
von Bulow
.
- ↑
Carl Ludolf Friedrich Lachmann
:
Geschichte der Stadt Braunschweig, seit ihrer Entstehung bis zum Ende des Jahres 1815
, Ludwig Lucius, Braunschweig 1816, S. 247
- ↑
Karl Otmar von Aretin
:
Vom deutschen Reich zum Deutschen Bund
.
Seite 103
,
ISBN 978-3-525-33583-3
, abgefragt am 14. Februar 2009.
- ↑
Vgl. zum Reglement 1714: Drogereit 1949, S. 5?15; zum Reglement von 1680: Schnath 1938, S. 686?694.
- ↑
Vgl. Drogereit 1949, S. 5.
- ↑
Schutz von Brandis,
Ubersicht der Geschichte der Hannoverschen Armee von 1617 bis 1866
.
- ↑
Vgl. Wersebe, 1928, S. 208 ff.
- ↑
Niemeyer/Ortenburg 1976: 47
- ↑
Peter Hofschroer:
The Hanoverian Army of the Napoleonic Wars
. Osprey, 1989, S. 11 (
online
).
Kurfurstenkollegium des Heiligen Romischen Reiches