Karl II. (Spanien)

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Karl II. von Spanien (Gemalde von 1685)
Triumph Karls II. auf dem Grand-Place von Brussel

Karl II. ( spanisch Carlos II ) (* 6. November 1661 im Real Alcazar de Madrid , Madrid ; † 1. November 1700 ebenda) war ein Angehoriger der spanischen Linie des Hauses Habsburg (Casa de Austria) . Er war von 1665 bis zu seinem Tod im Jahr 1700 Konig von Spanien mitsamt dem Spanischen Kolonialreich . Als Carlo V war er Konig von Neapel und Sizilien , als Carlos II Konig von Sardinien . Aufgrund korperlicher und geistiger Behinderung war er faktisch regierungsunfahig und erhielt den Beinamen El Hechizado (?Der Verhexte“).

Karl starb ohne erbfolgeberechtigte Nachkommen, was den Spanischen Erbfolgekrieg (1701?1714) ausbrechen ließ und den Beginn der Herrschaft der Bourbonen in Spanien nach sich zog.

Familie und Kindheit

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Kinderportrait Karls (Gemalde des Hofmalers Juan Carreno de Miranda , 1666)
Karl II. in Rustung (Gemalde von Juan Carreno de Miranda , 1681)

Infant Karl von Spanien wurde am 6. November 1661 in Madrid geboren. Als Kronprinz trug er den Titel Furst von Asturien .

Er war der funfte Nachkomme und einzige uberlebende Sohn aus der Ehe des spanischen Konigs Philipp IV. mit dessen zweiter Gemahlin Maria Anna von Osterreich . Diese Verbindung war eine Reaktion des Monarchen auf den Tod seines Thronerben Baltasar Carlos , der im Oktober 1646 gestorben war, nur kurze Zeit nach der Vereinbarung mit Kaiser Ferdinand III. , dass er dessen Tochter Maria Anna heiraten sollte. Daraufhin hatte der 42-jahrige Philipp beschlossen, die Braut seines gestorbenen Sohnes selbst zu heiraten, obwohl diese seine leibliche Nichte und erst 13 Jahre alt war. Maria Anna traf im Herbst 1649 in Madrid ein, sodass sie bei der Vermahlung 15 Jahre zahlte. Mit seinen Matressen hatte Philipp IV. eine Reihe gesunder Kinder gezeugt, wohingegen die Nachkommen aus der Ehe mit Maria Anna entweder kurz nach der Geburt starben oder bereits tot zur Welt kamen. Nach neunjahriger Ehe hatte nur die Tochter Margarita Theresa uberlebt, die spater ahnlich wie ihre Mutter mit ihrem Onkel, Kaiser Leopold I. , verheiratet wurde. Die Geburt Karls war daher aus dynastischer Sicht von enormer Bedeutung, sollte er doch als einziger legitimer mannlicher Nachkomme des Konigs den Herrschaftsanspruch des Hauses Habsburg auf die spanische Krone sichern. Hartnackig hielten sich Geruchte, es handle sich bei Karl um eine Tochter, die man aus Furcht vor dem Aussterben der Dynastie als Knaben ausgegeben hatte.

Karl war von Geburt an ein schwachliches, krankes Kind, bei dem die klassische habsburgische Physiognomie ? die charakteristische Unterlippe ( Progenie ) und langliche Schadelform ? besonders ausgepragt war. [1] Er lernte erst mit vier Jahren sprechen und konnte erst im Alter von acht Jahren gehen. Korperlich derart beeintrachtigt, wurde sein Zustand im Aberglauben der Zeit auch als Verhextheit gedeutet, weshalb er den Beinamen ?el Hechizado“ (der Verhexte) erhielt. Zu den ergebnislosen medizinischen Heilungsversuchen kamen auch mystische Praktiken sowie kirchliche Exorzismen . Karls Zustand zeigte deutliche Anzeichen von Degeneration und Inzucht , die auf die jahrhundertelange Heiratspolitik zwischen blutsverwandten Angehorigen der Furstenhauser zuruckzufuhren war: Aufgrund von Ahnenverlust zahlte die funfte Generation der Vorfahren Karls statt der moglichen 32 lediglich zehn Personen und alle seine sechs Urgroßeltern stammten direkt von Johanna von Kastilien (?der Wahnsinnigen“) ab.

Unter Berucksichtigung seiner schwachen Gesundheit wurde Karl als Kind ubermaßig geschont. Seine Erziehung unterstand dem Jesuiten Juan de Mariana, jedoch war das Verhalten des Infanten von Infantilismus und Geistesschwache gepragt, weshalb er von hoherer Bildung ausgeschlossen blieb.

Regentschaft der Mutter

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Beim Tod Philipps IV. am 17. September 1665 erbte Karl dessen Lander und Kronen. Da er jedoch erst drei Jahre alt war, trat seine Mutter als Regentin und Vormund ihres minderjahrigen Sohnes ein. Unterstutzt durch eine Regierungskommission (Junta de gobierno) fuhrte sie bis zur Volljahrigkeit Karls 1676 die Regierungsgeschafte und stand dabei unter dem Einfluss des osterreichischen Jesuiten Johann Eberhard Neidhardt . Der anhaltende Machtkampf zwischen Maria Anna und Juan Jose de Austria , einem unehelichen Sohn Philipps IV., der sich großer Popularitat in der Bevolkerung erfreute, fuhrte zu einem politischen Stillstand und dem Unterlassen von Entscheidungen. Auf Druck der spanischen Granden musste der zunehmend unbeliebte Neidhardt das Land 1669 verlassen und Don Juan Jose wurde mit dem Amt des Vizekonigs von Aragonien betraut.

Gemaß den testamentarischen Bestimmungen Philipps IV. sollte Karl bei Erreichung seines 14. Geburtstages am 6. November 1675 fur großjahrig erklart werden und die Regierung selbst ubernehmen. Karl berief daraufhin seinen Halbbruder aus Saragossa nach Madrid und wollte ihn zum leitenden Minister ernennen, wurde jedoch von seiner Mutter unterdessen umgestimmt und verlangerte ihre Regentschaft um weitere zwei Jahre.

Marmorbuste (1695 von Paul Strudel )
Marie Louise d’Orleans, Portrat eines unbekannten Kunstlers
Wilhelm Humer : Maria Anna von der Pfalz

Die andauernden Konflikte Maria Annas mit Vertretern des spanischen Adels fuhrten zu einem Manifest, in welchem sie am 15. Dezember 1676 die Entfernung der Regentin aus der Umgebung des Konigs, die Festnahme des Ministers Fernando de Valenzuela und die Einsetzung Don Juan Joses als Ratgeber des Konigs forderten. Im Januar 1677 verließen Maria Anna und Valenzuela den Hof; Don Juan Jose wurde zum leitenden Minister ernannt. Dieser bemuhte sich bis 1679 um die strukturelle Reorganisation der Monarchie, doch die Versuche, den Staatshaushalt zu sanieren, scheiterten an einer Pestepidemie . Juan Jose forderte die Entwicklung des schwachen Halbbruders, und eine Besserung schien sich einzustellen. Als Resultat der Annaherungspolitik an Frankreich vermittelte Don Juan Jose die Heirat Karls mit der franzosischen Prinzessin Marie Louise d’Orleans .

Nach dem Tod Juan Joses am 17. September 1679 wurde der Herzog von Medinaceli erster Minister, dem durch eine drastische Geldentwertung und eine Neuordnung des Steuerwesens eine Stabilisierung der Staatsfinanzen gelang. Dieser Kurs wurde unter dem Conde de Oropesa fortgesetzt, sodass es am Ende des 17. Jahrhunderts gelang, die seit etwa achtzig Jahren anhaltende Phase wirtschaftlicher Depression zu uberwinden. Verschiedene Gruppierungen bei Hofe hatten Interesse an einem schwachen Konig und versuchten, den Monarchen fur ihre Zwecke zu instrumentalisieren, weshalb Karl zeitlebens unter wechselndem Einfluss konkurrierender Parteien stand. Karl war leicht zu beeinflussen und folgte jeweils den Einflusterungen der Umgebung, in deren Abhangigkeit er geriet. Nach dem Tod Juan Joses gelangte er wieder unter den Einfluss der Mutter. Doch auch Karls zweite Ehefrau, die politisch ambitionierte Maria Anna von Pfalz-Neuburg , beeinflusste den Konig zu ihren Gunsten, der so zur Nebenfigur in einem Machtstreit zwischen Mutter und Gattin degradiert war. Nach dem Tod der Mutter 1696 erlangte Karls zweite Ehefrau eine dominierende Stellung am Hof, wurde jedoch von weiten Teilen des spanischen Adels als Fremde abgelehnt.

Außenpolitisch traten Karl II. und seine Regierungen nicht hervor. [2]

Um den Ausgleich zwischen Spanien und Frankreich zu vertiefen, wurde im Frieden von Nimwegen (1678) die Vermahlung Karls II. mit Prinzessin Marie Louise d’Orleans vereinbart. Diese war eine Nichte des franzosischen Konigs Ludwig XIV. , der sich von dieser arrangierten Ehe eine engere Bindung Spaniens an Frankreich erhoffte. Einen Tag nach Unterzeichnung des Heiratsvertrages wurde Marie Louise am 31. August 1679 auf Schloss Fontainebleau per procurationem mit Karl verheiratet, dem sie erstmals am 19. November 1679 personlich begegnete. An diesem Tag wurde eine einfache Hochzeitszeremonie in Quintanapalla nahe Burgos abgehalten. Anlasslich dieser ehelichen Verbindung fand in Madrid ein offentliches Autodafe statt, bei dem 22 Personen verbrannt und 60 weitere korperlichen Zuchtigungen ausgesetzt wurden. Die Ehe des spanischen Konigspaars verlief trotz der schwierigen Verhaltnisse relativ gut, blieb allerdings kinderlos und wurde nie vollzogen, weil Karl impotent war. [3] Die Ehejahre gelten dennoch als die glucklichste Zeit in Karls Leben, seine Gattin ubte einen positiven Einfluss auf den Konig aus. Ansonsten agierte die junge Gemahlin jedoch unbedarft und ohne politischen Ehrgeiz und verspielte durch ihre Extravaganzen sowohl die Sympathien im Volk als auch bei Hofe. Marie Louise verstarb am 12. Februar 1689.

Aufgrund der drangenden Forderung nach einem Thronerben setzte Karls Mutter mit der Wittelsbacherin Maria Anna von Pfalz-Neuburg eine Braut durch, die der habsburgischen Partei im Heiligen Romischen Reich angehorte. Sie war eine Tochter des pfalzischen Kurfursten Philipp Wilhelm und dessen zweiter Gemahlin Elisabeth Amalie von Hessen-Darmstadt . Die Ehe wurde am 4. Mai 1690 im Kloster San Diego nahe Valladolid geschlossen und blieb ebenfalls kinderlos. Karls zweite Gattin war politisch sehr ambitioniert und erkampfte sich bald eine gewichtige Position bei Hofe, wobei sie oft in Opposition zu ihrer Schwiegermutter geriet.

Lebensende und Thronfolge

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Aufgrund fehlender Nachkommen neigte sich die Herrschaft der Habsburger uber die Lander der spanischen Krone Ende des 17. Jahrhunderts ihrem Ende zu, und die spanische Thronfolge wurde zum Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit der europaischen Diplomatie. Karl II. schien die politischen Vorgange nicht mehr vollig zu verstehen, wurde mehrmals zur Unterschrift einander widersprechender Vertrage und Testamente genotigt. Auf Initiative der Niederlande und Englands wurde 1698 mit Frankreich und Osterreich ein Kompromiss erzielt, nach dessen Inhalt dem Wittelsbacher Kurprinzen Joseph Ferdinand von Bayern , einem Großneffen Karls, die spanische Krone zufallen sollte. Der muhsam erzielte Vertrag wurde jedoch durch den plotzlichen Tod des sechsjahrigen Prinzen 1699 hinfallig.

Durch den sich rapide verschlechternden Gesundheitszustand des Konigs, der an Ohnmachtsanfallen und Bewusstseinsstorungen litt, war er Beeinflussungsversuchen von seiner zweiten Gattin, Hoflingen und Diplomaten ausgesetzt. Bereits schwer krank und kaum mehr zu eigenem Willen fahig, vererbte Karl in seinem Testament vom 2. Oktober 1700 die spanischen Konigreiche dem Bourbonen Philipp von Anjou , einem Enkel Ludwigs XIV.

Karl II. starb am 1. November 1700 in Madrid und wurde im Pantheon der Konige innerhalb der Palastanlage des El Escorial beigesetzt.

Trotz der testamentarisch festgelegten Thronfolge Philipps von Anjou, der als Philipp V. (Felipe V) den Thron bestieg, wurde die Nachfolge nicht von allen europaischen Machten anerkannt, und es entbrannte der Spanische Erbfolgekrieg (1701?1714). Die Haager Große Allianz um Kaiser Leopold I., Großbritannien und die Niederlande bekampfte Frankreich mit seinen Verbundeten ( Kurkoln , Savoyen , Kurfurstentum Bayern ). Letztlich gelang es Frankreich, Philipp V. als Konig von Spanien durchzusetzen, wodurch die Dynastie Bourbon-Anjou begrundet wurde.

Grablege der spanischen Monarchen im Pantheon der Konige
Ahnentafel Karls II.
Ururur-großeltern Konig

Philipp I. von Kastilien (1478?1506)

? 1496

Johanna von Kastilien (1479?1555)

Konig

Manuel I. von Portugal (1469?1521)

? 1500

Maria von Aragon (1482?1517)

Kaiser

Ferdinand I. (s. unten)

? 1521

Anna von Bohmen und Ungarn (s. unten)

Kaiser
Karl V.
(s. u.)

? 1526
Isabella von Portugal
(s. u.)

Konig

Philip I. von Kastilien (s. u.)

? 1496

Johanna von K. (s. u.)

Konig

Vladislav II. (1456?1516)

? 1502

Anne de Foix-Candale (1484?1506)

Herzog

Wilhelm IV. von Bayern

(1493?1550)

? 1522

Maria Jakobaa von Baden

(1507?1580)

Kaiser
Ferdinand I.
(s. u.)

? 1521
Anna von Bohmen und Ungarn
(s. u.)

Herzog
Albrecht V.

von Bayern
(s. unten)
? 1546
Anna von Osterreich
(s. unten)

Herzog

Franz I. von Lothringen (1517?1545)

? 1541

Christina von Danemark

(1521?1590)

Ururgroßeltern


Kaiser
Karl V.
(1500?1558)
? 1526
Isabella von Portugal
(1503?1539)

Kaiser
Maximilian II.
(1527?1576)
? 1548
Maria von Spanien
(1528?1603)

Kaiser
Ferdinand I.
(1503?1564) ? 1521
Anna von Bohmen und Ungarn
(1503?1547)

Herzog
Albrecht V. von Bayern
(1528?1579)
? 1546
Anna von Osterreich
(1528?1590)

Erzherzog
Karl II. von Innerosterreich
(siehe unten)
? 1571
Maria Anna von Bayern
(siehe unten)

Herzog
Wilhelm V. von Bayern
(1548?1626)
?
Renata von Lothringen
(1544?1602)




Urgroßeltern


Konig Philipp II. von Spanien (1527?1598)
? 1570
Anna von Osterreich (1549?1580)

Erzherzog Karl II. von Innerosterreich (1540?1590)
? 1571
Maria Anna von Bayern (1551?1608)

Kaiser Ferdinand II. (1578?1637)
? 1600
Maria Anna von Bayern (1574?1616)


Konig Philipp III. von Spanien (siehe unten)
? 1599
Margarete von Osterreich (siehe unten)

Großeltern


Konig Philipp III. von Spanien (1578?1621)
? 1599
Margarete von Osterreich (1584?1611)

Kaiser Ferdinand III. (1608?1657)
? 1631
Maria Anna von Spanien (1606?1646)

Eltern


Konig Philipp IV. von Spanien (1605?1665)
? 1649
Maria Anna von Osterreich (1634?1696)


Karl II. von Spanien (1661?1700)

Commons : Karl II. (Spanien)  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Malen Ruiz de Elvira: La endogamia mato a los Austrias . In: El Pais . 14. April 2009, ISSN   1134-6582 ( elpais.com [abgerufen am 16. April 2023]).
  2. Friedrich Edelmayer : Die spanische Monarchie der katholischen Konige und der Habsburger (1474?1700) . In: Peer Schmidt (Hrsg.): Kleine Geschichte Spaniens . Bonn, 2005. ISBN 3-89331-652-3 , S. 193 f., S. 199.
  3. Leonhard Horowski : Das Europa der Konige. Macht und Spiel an den Hofen des 17. und 18. Jahrhunderts. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2017, ISBN 3-550-07360-7 , S. 246.
Vorganger Amt Nachfolger
Philipp IV. Konig von Spanien
1665?1700
Philipp V.
Philipp IV. Konig von Neapel
1665?1700
Philipp V.
Philipp IV. Konig von Sizilien
1665?1700
Philipp V.
Philipp IV. Konig von Sardinien
1665?1700
Philipp V.
Philipp IV. Herzog von Mailand
1665?1700
Philipp V.

Philipp IV.
franzosische Herrschaft
Herzog von Luxemburg
1665?1684
1697?1700

franzosische Herrschaft
Philipp V.
Philipp IV. Großmeister des Ordens vom Goldenen Vlies
1665?1700
Philipp V. in Spanien
Karl VI. in Osterreich
Philipp Prospero von Spanien und Osterreich Furst von Asturien
1661?1665
Ludwig von Bourbon und Savoyen