Kalman (Koloman) Tisza von Borosjen?
(
ungarisch
borosjen?i Tisza Kalman
, *
16. Dezember
1830
in
Geszt
,
Komitat Bihar
; †
23. Marz
1902
in
Budapest
) war als langjahriger
Ministerprasident
Ungarns
von 1875 bis 1890 ein fuhrender Politiker
Osterreich-Ungarns
.
Die Tiszas waren ursprunglich
Calvinisten
aus dem niederen Adel
Siebenburgens
. Kalman war der Sohn des Lajos Tisza und der Julia, geborene Grafin
Teleki
. Sein Bruder war der 1883 in den ungarischen Grafenstand erhobene
Lajos Tisza
. Als Knabe erhielt er Privatunterricht im vaterlichen Schloss. Nach der
Niederlage von Solferino
wurde Tisza 1861 in die neue ungarische Regierung aufgenommen und nahm 1866 an den osterreichisch-ungarischen
Ausgleichsverhandlungen
teil. Als Fuhrer der
Beschlusspartei
, welche die Rechtsgultigkeit der
1848er Gesetze
durch einfachen Beschluss erklaren wollte, konnte er sich gegenuber der
Adresspartei
von
Ferenc Deak
nicht durchsetzen. Daneben war Tisza, der ein umfangreiches Erbe erhalten hatte, bis 1875 Vizedirektor der
Ungarischen Nordostbahn
.
[2]
1875 grundete Tisza die
Liberale (Freiheitliche) Partei
, hervorgegangen aus der politischen Gruppe um Deak, als Sammelbecken fur den niederen Adel und Wirtschaftstreibende und ubernahm die Leitung der Regierung. Er fuhrte als Ministerprasident umfangreiche Reformen zur Modernisierung des Landes im Bereich Wirtschaft, Justiz, Sozialwesen und Politik durch. Mit Finanzminister
Sandor Wekerle
konnte er einen
Staatsbankrott
abwenden. Durch eine Steuerreform, die auch den großen Landbesitz einschloss, wurden die Staatseinnahmen vervielfacht.
[3]
Seine Regierung vergroßerte außerdem die Unabhangigkeit gegenuber dem osterreichischen Reichsteil
Cisleithanien
, auch der ungarische Einfluss auf die gemeinsame Außenpolitik der Monarchie nahm stark zu. Die beachtlichen wirtschaftlichen Erfolge wahrend Tiszas Regierungszeit
begrundeten das Prestige des Landes und modifizierten das Selbstverstandnis der ungarischen Politik
.
[4]
Trotz der anfanglichen Reformen regierte Tisza bald nach dem Prinzip
Quieta non movere
(
was ruht, soll man nicht aufruhren
).
[5]
Die lange Regierungsperiode Tiszas vermittelte den Eindruck großer Stabilitat, vor allem verglichen mit dem osterreichischen Teil der Doppelmonarchie, wo sich in dieser Zeit elf Regierungen ablosten. Die soziale Entwicklung konnte jedoch nicht mit der relativ konstanten wirtschaftlichen Entwicklung des Landes Schritt halten. Unruhen und wachsender
Antisemitismus
waren die Folge.
[6]
Die Bedeutung des politischen Antisemitismus in
Transleithanien
konnte von Tisza vorubergehend zuruckgedrangt werden.
[7]
Unter der Regierung Tisza begann die Politik der forcierten kulturellen
Magyarisierung
Ungarns. Die nichtmagyarische Bevolkerung sollte durch mehr oder weniger sanften Druck die
magyarische Sprache
und Nationalitat annehmen.
[8]
In mehreren Etappen, zunachst noch zogerlich, wurde unter Tisza jede nationale Außerung etwa der Slowaken zusehends unmoglich gemacht, die
nationale Wiedergeburt der Slowaken
wurde durch Tisza bekampft.
[9]
Das damalige
Meyers Konversations-Lexikon
fuhrt an, Tisza habe ?freie Hand“ besessen ?fur die rucksichtslosen Maßregeln zur Magyarisierung Ungarns, welche zu den schreiendsten Ungerechtigkeiten, so gegen die siebenburgischen Sachsen, fuhrten“.
[10]
Zwischen 1880 und 1910 stieg der Prozentsatz der sich als Magyaren bekennenden Burger Ungarns (ohne
Kroatien
) von 45 auf uber 54 Prozent.
[11]
Tisza erklarte 1875 ohne Umschweife: ?Innerhalb Ungarns kann es nur eine lebensfahige Nation geben: Diese politische Nation ist ungarisch. Ungarn kann niemals die Schweiz des Ostens werden, dann wurde es aufhoren, zu existieren.“
[12]
Sein Sohn
Istvan Tisza
ubernahm des Vaters politisches Erbe, seine liberale Partei und wurde ebenfalls langjahriger ungarischer Ministerprasident.
- Friedrich Gottas
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. 11. Auflage.
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S.
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Volltext
[
Wikisource
]).
- Z. Szasz:
Tisza von Borosjen?, Kalman (Koloman).
In:
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(OBL). Band 14, Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2015,
ISBN 978-3-7001-7794-4
, S. 356 f. (Direktlinks auf
S. 356
,
S. 357
).
- ↑
1883 zu Wien mit dem erblichen ungarischen Grafenstand und mit Hinzugabe des Pradikats ?von Szeged“ verliehen an den Bruder Lajos Tisza von Borosjeno, wirklicher Geheimer Rat und koniglicher Comissar
- ↑
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Das einsamste Volk Europas ? Nur ein aufrichtiger Umgang mit der eigenen Vergangenheit kann Ungarn vor der mentalen Verwahrlosung bewahren
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S.
33
.
Ministerprasidenten Ungarns in Osterreich-Ungarn