Jesuiten
sind die Mitglieder der
katholischen
Ordensgemeinschaft
Gesellschaft Jesu
(
Societas Jesu
,
Ordenskurzel
SJ
), die aus einem Freundeskreis um
Ignatius von Loyola
entstand und im Jahre 1540 papstlich anerkannt wurde. Neben den
evangelischen Raten
? Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam ? verpflichten sich die Ordensangehorigen auch zu besonderem Gehorsam gegenuber dem
Papst
. Die Bezeichnung
Jesuiten
wurde zunachst als Spottname gebraucht, spater aber auch vom Orden selbst ubernommen.
Generaloberer
ist seit 2016
Arturo Sosa
; der Sitz der Ordensleitung ist in
Rom
.
Die Jesuiten gehoren zu den
Regularklerikern
. Sie haben keine besondere Ordenskleidung und kein gemeinsames Chorgebet.
[1]
Sie leben nicht in Klostern, sondern in
Kommunitaten
ohne
Klausur
. Mitglieder des Ordens tragen hinter ihrem Nachnamen den
Namenszusatz
SJ (Abkurzung fur
Societas Jesu
).
[2]
Symbol
des Ordens ist das in
Majuskeln
geschriebene
Nomen sacrum
IHS
(die Anfangsbuchstaben lassen noch die Ubernahme aus der griechischen Schrift erkennen), das oft auch als
Iesum habemus socium
(
Wir haben Jesus als Gefahrten
) oder
Iesus hominum Salvator
(
Jesus, der Erloser der Menschen
) gedeutet wurde. Motto des Ordens ist die lateinische Wendung:
Omnia ad maiorem Dei gloriam
(
Alles zu großerer Ehre Gottes
), oft abgekurzt OAMDG oder AMDG.
Die
Exerzitien
des Ignatius von Loyola bilden den Kern der
Spiritualitat
des Ordens. In diesen 30-tagigen
Geistlichen Ubungen
betrachtet der Exerzitant (derjenige, der die Ubungen durchfuhrt) im Gebet und in der Meditation sein Leben und das Leben Jesu und wird dabei von jenem, der die Exerzitien gibt, begleitet. Heutzutage werden ignatianische Exerzitien auch von Laien und anderen Orden angeboten und durchgefuhrt.
Der Orden hatte am 1. Januar 2017 insgesamt 16.090 Mitglieder, davon 11.574
Priester
, 2.694 Scholastiker (Mitglieder zwischen den ersten und den letzten Gelubden), 1.133
Bruder
und 734
Novizen
. Der Orden ist weltweit in 75 Provinzen, 4 unabhangige und 6 abhangige Regionen gegliedert.
[3]
Eine große Zahl von Jesuiten weltweit arbeitet in Schulen und Universitaten. Wichtige andere Tatigkeitsfelder sind die Begleitung von
Exerzitien
, die Sozial- und Fluchtlingsarbeit und die Medienarbeit.
Der Orden der Jesuiten wurde von
Ignatius von Loyola
gegrundet und wesentlich gestaltet. Ignatius (geboren 1491) stammte aus baskischem Adel, war zunachst Offizier, bis ihm im Alter von dreißig Jahren eine Kriegsverwundung den weiteren Aufstieg in dieser Karriere versperrte.
Mystische
Erfahrungen nach diesem Lebenseinschnitt brachten ihn auf einen religiosen Lebensweg. In seinem autobiographischen
Pilgerbericht
bezeichnet er sich als
Pilger
und beschreibt, wie ihn in allem Gott gefuhrt habe. Nach teils abenteuerlichen, teils fruchtbaren Vorstufen studierte er an verschiedenen Orten, seit 1528 in Paris, wo er 1535 zum
Magister artium
promovierte
. In Paris sammelte er auch Gefahrten (wie
Franz Xaver
und
Peter Faber
) um sich und verband sich mit ihnen am 15. August 1534 (Tag Maria Himmelfahrt) auf dem
Montmartre
durch gemeinsame Gelubde. Die beabsichtigte, gelobte
Wallfahrt
mit anschließender Seelsorgearbeit in Jerusalem erwies sich als undurchfuhrbar. Stattdessen stellte sich die Gruppe Ende 1537 in Rom Papst
Paul III.
zur Verfugung. Dieser genehmigte zwei Jahre spater das Grundstatut der Gemeinschaft (
Formula Instituti
) und bestatigte mit der
Bulle
Regimini militantis ecclesiae
vom 27. September 1540 die Gemeinschaft als Orden. Ignatius wurde zum ersten Oberen gewahlt und leitete den rasch wachsenden Orden von Rom aus bis zu seinem Lebensende am 31. Juli 1556. Die detaillierten Satzungen (
Constitutiones
, an Stelle einer
Ordensregel
) wurden erst nach der Ordensgrundung hauptsachlich von Ignatius erarbeitet und 1558 in Kraft gesetzt. Aufgrund des stark betonten Gehorsams, seiner straffen Hierarchie und einer großtmoglichen personlichen Flexibilitat und Unabhangigkeit (ignatianisch: Indifferenz) konnte der Orden schnell wachsen und in vielen Landern aktiv werden.
Die Ordensgrundung war Teil einer katholischen Erneuerungsbewegung, die eine
Reform
der Kirche von der inneren Erneuerung und einer personlichen
Christusbeziehung
erwartete, ahnlich wie dies auch
Martin Luther
wollte. Diese personliche Christusbeziehung ermoglichte in den Anfangsjahren auch eine fur die damalige Kirche ungewohnte Offenheit gegenuber Menschen, die (wie Jesus) judischer Abstammung waren. Von Ignatius ist der Satz uberliefert, dass er gerne aus dem Volk Jesu stammen wurde.
[4]
Mehrere fruhe Jesuiten stammten aus zum Christentum konvertierten judischen Familien (
Marranen
), unter anderem
Diego Lainez
, der Nachfolger von Ignatius im Amt des Generaloberen, und der erste Jesuitenkardinal
Francisco de Toledo
. Dennoch wurden ab 1593 Christen judischer Abstammung am Ordenseintritt gehindert. Diese Regelung wurde wiederholt modifiziert, in Einzelfallen von ihr auch dispensiert; aber erst 1946 wurde sie endgultig abgeschafft.
In Europa hatten Jesuiten einen bedeutsamen Anteil an der
Gegenreformation
, der katholischen Erneuerung in Reaktion auf den von ihr als
Haresie
betrachteten
Protestantismus
. Der Orden grundete dazu in fur den katholischen Glauben gefahrdeten Landern zunachst Ordenshauser. Wo dies nicht moglich war, wie in Irland,
England
oder in einer Anzahl deutscher Territorien, wurde das entsprechende Ordenshaus in Rom eroffnet, und die Patres reisten zum Teil illegal ins Land. Da der Orden keine verbindliche Tracht hatte, konnte das oft unbemerkt gelingen.
Von den Ordenshausern aus entfalteten die Jesuiten eine rege Tatigkeit, die vor allem die
Predigt
und die
Seelsorge
einschließlich der
Beichte
umfasste. Hier entwickelten sie eine besondere
Kasuistik
, die bei der Zumessung von
Bußen
fur Sunden auch die mildernden Umstande bei der Begehung berucksichtigten. Da sie haufig die Seelsorger und Beichtvater von Konigen und Fursten waren, ubten sie auch einen gewissen politischen Einfluss aus.
Ein weiteres wichtiges Arbeitsfeld der Jesuiten war ihrem Gelubde gemaß die
Bildung
der Jugend: Die von den Jesuiten gegrundeten Schulen und Universitaten wie die Universitat in
Dillingen
und im damals
polnisch-litauischen
Wilna
sollten Gewahr dafur bieten, dass kommende Generationen fest verwurzelt im katholischen Glauben heranwuchsen.
Die Jesuiten setzten sich dafur ein, den katholischen Glauben durch prunkvolle
Zeremonien
zu zelebrieren, forderten in diesem Kontext auch die
barocke
Baukunst. Im Zuge der gegenreformatorischen
Propaganda
forderten sie das
Barocktheater
und entwickelten mit dem
Jesuitentheater
eine eigene Tradition.
Als großter Erfolg der gegenreformatorischen Anstrengungen des Ordens wird
Polen
angesehen. Die adelige Oberschicht des Landes, die
Szlachta
, hatte sich bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts in nicht unbedeutendem Maße dem Protestantismus zugewandt, die Burger einiger Stadte waren sogar mehrheitlich evangelisch geworden, wenngleich die Zersplitterung zwischen Lutheranern, Calvinisten, Bohmischen Brudern und
Unitariern
groß war. Hierbei hatte die traditionelle polnische Toleranz ebenso eine Rolle gespielt wie der Einfluss der
Hussiten
hundert Jahre zuvor. Gleichwohl hielten insbesondere die polnischen Konige am katholischen Glauben fest. Konig
Stephan Bathory
(1533?1586) gestattete die Errichtung jesuitischer Ordenshauser im heutigen Polen, angefangen 1564 mit
Braunsberg
in Preußen, im exemten
Bistum Ermland
, dann 1567 in
Vilnius
, 1574 in
Posen
. Von hier begannen die Jesuiten, die durch ihren hoheren Bildungsstand und ihre straffere Disziplin den anderen Orden und den Weltgeistlichen uberlegen waren, mit Predigten, Seelsorge, Armenpflege und nicht zuletzt durch ihre Bildungsarbeit gerade in der Oberschicht die
Rekatholisierung
des Landes. Stephans Nachfolger Konig
Sigismund III. Wasa
(1586?1632) war bereits von Jesuiten erzogen worden, tolerierte ihre immer aggressivere gegenreformatorische Arbeit und ernannte nur noch Katholiken zu
Senatoren
. Beim Erfolg der Gegenreformation in Polen spielte neben den jesuitischen Bemuhungen aber auch eine Rolle, dass die Landbevolkerung vom Protestantismus nur zu geringen Teilen erfasst worden war und Sigismunds Kriege gegen das protestantische Schweden und das orthodoxe Russland den Katholizismus quasi als Nationalreligion erscheinen ließen. In dieser Zeit kam es auch zu gelegentlichen Brandstiftungen und Zerstorungen evangelischer Kirchen, die ein durch jesuitische Predigten aufgestachelter Mob verubte, zum Beispiel 1603?1616 in Posen, 1591 in
Krakau
, 1611 in Vilnius. Diese zunehmend intolerante Religionspolitik fand ihren Abschluss, als der
Sejm
1717 den Neubau evangelischer Kirchen verbot und alle seit 1632 erbauten niederzureißen befahl; fur den Abfall vom katholischen Glauben war nun die Todesstrafe vorgesehen. Den Jesuiten war es in gerade einmal einem halben Jahrhundert gelungen, den Katholizismus dauerhaft im Land zu verankern.
Jesuiten arbeiteten als
Missionare
in
China
,
Japan
,
Indien
,
Amerika
. Die Briefe des Jesuitenmissionars
Franz Xaver
fanden weite Verbreitung und weckten bei vielen Katholiken eine neue Begeisterung fur die
Mission
. Im 18. Jahrhundert pragten Jesuiten in erheblichem Maße das kulturelle Leben am chinesischen Kaiserhof, wo diese unter anderem als Maler und Astronomen tatig waren.
In
Paraguay
bestand von 1610 bis 1767 ein
Jesuitenstaat
, in welchem die Jesuiten unter den
indigenen Volkern
ein christliches Sozialsystem eingefuhrt hatten. Auf diese Art konnten die
Indianer
in so genannten
Reduktionen
unabhangig von den spanischen und portugiesischen Kolonialherren und in relativer Sicherheit leben. Die Jesuiten setzten dabei Musik ? liturgische Lieder, Gesange in einheimischen Sprachen, komponierte Messen, Lamentationen, Passionen sowie Opern- und Theaterauffuhrungen ? als Mittel der Missionierung ein.
[5]
Da aus den
Guarani
auch eine bis zu mehreren tausend Mann starke Armee rekrutiert wurde, welche zeitweise die einzige Verteidigung der Kolonisten gegen feindliche Indianer und Angriffe anderer Kolonialmachte bildete, hatten die jesuitischen Reduktionen auch eine stark stabilisierende Wirkung auf das spanische Kolonialreich.
Die jesuitische Mission in
Lateinamerika
wurde in Europa kontrovers beurteilt, besonders von
Spanien
und
Portugal
, wo man sie als Behinderung fur die
kolonialen Unternehmungen
der eigenen Regierungen ansah. 1767 wurden die Jesuiten von den Spaniern aus Paraguay vertrieben.
Kritik kam auch aus dem Klerus. Der Bischof von Puebla,
Juan de Palafox
, berichtete an den Papst mit Abscheu vom materialistischen Profitstreben jesuitischer Unternehmungen. Er beschwerte sich uber riesige Haziendas, mehrere große Zuckerplantagen sowie Fabriken und Laden, welche vom Handel mit den
Philippinen
profitierten und mit Hilfe schwarzer Sklavenarbeit betrieben wurden. Zugute kam den Jesuiten dabei auch die Steuerbefreiung durch das spanische Kolonialreich. Nach Ansicht des britischen Historikers
Henry Kamen
zahlten die Jesuiten zu den großten Sklavenhaltern Sudamerikas in der Mitte des 18. Jahrhunderts.
[6]
Die Jesuiten spielten lange eine große Rolle im Bildungssystem Europas. Die Anregung zur Einrichtung von
jesuitischen Bildungsstatten
ging auf Ignatius von Loyola selbst zuruck, der 1551 vorschlug, dort außer
Theologie
, auch
Logik
und die
antiken
Klassiker zu lehren; spater kamen noch
Mathematik
,
Astronomie
,
Physik
und
Philosophie
hinzu. Im 17. Jahrhundert verbreitete der Orden das
Thesenblatt
, die großformatige und in
Kupfer gestochene
Ankundigung der akademischen
Disputation
, im gehobenen katholischen Bildungswesen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts gab es in ganz Europa zahlreiche Schulen, an denen zum Beispiel die Sohne von Adligen, aber auch Angehorige niedrigerer sozialer Klassen unterrichtet wurden. Aus den Reihen der Schuler kamen u. a.
Rugjer Josip Bo?kovi?
,
Rene Descartes
,
Voltaire
,
Marie Jean Antoine Nicolas Caritat, Marquis de Condorcet
,
Denis Diderot
und
Henry Humphrey Evans Lloyd
. Ein weiterer wichtiger Beitrag war, dass in Publikationen des Ordens, etwa dem
Journal de Trevoux
, offentlich zeitgenossische Literatur diskutiert werden konnte, ohne dabei
Inquisition
oder Zensur furchten zu mussen. Aus diesem Grund bedauerte selbst der
Vordenker der Aufklarung
Voltaire den Niedergang des Ordens im spateren Verlauf des 18. Jahrhunderts. ? Andererseits gehorten Jesuiten an vorderster Front zu denjenigen, die in der zweiten Halfte des 17. Jahrhunderts fur das Verbot des Werks von Rene Descartes eintraten, als nach seinem Tod Klagen aufkamen, er habe bei seinen naturwissenschaftlichen Studien keinen Raum fur Gott gelassen.
[7]
Der Mathematikhistoriker Amir Alexander nennt den weltanschaulich gepragten Kampf der Jesuiten gegen die Verwendung von
Infinitesimalzahlen
als wesentlichen Grund fur den Niedergang der Jahrhunderte alten Mathematiktradition in
Italien
Ende des 17. Jahrhunderts, und die Verlagerung der Hauptzentren des mathematischen Fortschritts in Gebiete nordlich der Alpen, wo die Jesuiten weniger Einfluss hatten.
[8]
Weltweit fuhren die Jesuiten heutzutage Hochschulen, Schulen und Internate, in denen sie insgesamt mehr als zwei Millionen jungen Menschen allgemeine Bildungsinhalte vermitteln. Der Orden verfolgt dabei die Absicht, sie zugleich auf ihr spateres Leben nach den Grundsatzen des christlichen
Menschenbildes
vorzubereiten: zu
Menschen fur andere
heranzureifen.
Der Jesuitenorden war lange Zeit starken Anfeindungen ausgesetzt, da er haufig von seinen Gegnern zahlreicher
Verschworungen
verdachtigt wurde: Das Bild eines finsteren, romhorigen Jesuiten, der im Geheimen Intrigen spinnt, um nationale, protestantische oder aufklarerische Bestrebungen zu torpedieren, steht am Anfang der Geschichte der politischen
Verschworungstheorien
der Neuzeit. Der Hintergrund dieser Verschworungstheorien liegt in der von den Ordensmitgliedern geforderten Unterwerfung unter die Lehre der
katholischen Kirche
. So erklarte Ignatius zwar nicht in der Ordensregel, aber im Exerzitienbuch: ?Wir mussen, um in allem das Rechte zu treffen, immer festhalten: ich glaube, dass das Weiße, das ich sehe, schwarz ist, wenn die Hierarchische Kirche es so definiert.“
[9]
Ihren Ausgangspunkt nahm die Jesuitenfeindschaft in einem gescheiterten Mordanschlag auf Konig
Heinrich IV.
von Frankreich am 27. Dezember 1594. Der Attentater
Jean Chatel
war ein Jesuitenschuler, was den Verdacht aufkommen ließ, die Societas Jesu stecke dahinter.
[10]
Die klassische Textgrundlage dieser Verschworungstheorie lieferten die
Monita Secreta
(
Latein
fur
geheime Ermahnungen
), die 1614 in
Krakau
erschienen. Sie gelten als ?eine der wichtigsten
Falschungen
in der Geschichte der Neuzeit“.
[11]
Sie wurden von dem Ex-Jesuiten Hieronymus Zahorowski verfasst, der vorgab, sie enthielten Instruktionen des funften Ordensgenerals
Claudio Acquaviva
an die Patres. Bis ins 20. Jahrhundert wurde der Text immer wieder als Beleg fur angebliche Verschworungstatigkeit des Jesuitenordens nachgedruckt.
[12]
Die
Monita secreta
sollen angeblich von Herzog
Christian von Braunschweig
entdeckt worden sein, der jedoch zum Zeitpunkt ihres ersten Auftauchens gerade einmal zwolf Jahre alt war. Auch widersprechen sich die Angaben des Fundortes. Genannt werden
Paderborn
,
Prag
,
Luttich
,
Antwerpen
,
Glatz
sowie ein gekaperter Ostindiensegler. Den
Monita Secreta
zufolge seien die Jesuiten aufgefordert, buchstablich jedes Mittel anzuwenden, um Macht und Wohlstand des Ordens zu vermehren, wobei diese
wahren
Ziele strikt geheim zu halten waren. So wird zum Beispiel empfohlen, Einfluss auf die Großen und Machtigen dieser Welt zu gewinnen, indem man sich als Beichtvater großzugiger zeigt als Geistliche anderer Orden, die man durch Verleumdungen und andere Mittel von einflussreichen kirchlichen Amtern moglichst fernhalten solle; politische und private Geheimnisse der Fursten gelte es durch Bestechung ihrer Gunstlinge und Diener herauszubekommen; reiche Witwen solle man dazu bewegen, nicht wieder zu heiraten, damit sie ihr Vermogen dem Orden vermachen konnen; ihre Kinder sollten aus dem gleichen Grund dazu gebracht werden, dem Orden beizutreten; dringend wird dazu geraten, die wahren Vermogensverhaltnisse des Ordens nicht an den Papst zu melden, sondern sich stattdessen ihm gegenuber und in der Offentlichkeit stets als bedurftig, gegenuber den Armen aber als großzugig hinzustellen.
Damit sind bereits die zentralen Vorwurfe der darauf folgenden Geschichte umrissen: Die Jesuiten seien habgierig und machtlustern, sie wurden
Intrigen
spinnen und
konspirativ
arbeiten, sie wurden auf unrechtmaßige Weise Einfluss auf die Politik ausuben und geheime Anweisungen aus dem Ausland bekommen, sie seien bedenkenlos in der Wahl ihrer Mittel und lax in ihrer Moral. Diese
Stereotype
, die vor allem im England vor der
Glorious Revolution
weit verbreitet waren und in der vorgeblichen
Papisten-Verschworung
von 1678 ihren blutigen Hohepunkt fanden, gingen im 18. Jahrhundert auch in den
Diskurs
der
Aufklarung
ein, etwa in der
Encyclopedie
und bei dem radikal antiklerikalen Voltaire, die dabei den Vorwurf moralischer Laxheit gegen den des religiosen
Fanatismus
austauschten.
[13]
In der zweiten Halfte des 18. Jahrhunderts setzten verstarkte Angriffe auf den Jesuitenorden ein, bei denen die Verschworungstheorien jeweils aktualisiert und auf die spezifische Situation des Landes zugeschnitten wurden. Vor allem die Vertreter des
Absolutismus
in Portugal, Frankreich und Spanien storten sich an der autonomen Stellung des international tatigen Ordens:
- In Portugal wurde den Jesuiten vorgeworfen, die
Indios
in ihren
Reduktionen
zum Aufstand angestachelt (1750) und einen Mordanschlag auf Konig
Joseph I.
(1758) geplant zu haben. Im Januar 1759 ordnete daraufhin der Konig an, den Ordensbesitz zu beschlagnahmen. Schließlich wurden auf der Basis eines Ausweisungsgesetzes vom September 1759 die Jesuiten im Oktober aus Portugal vertrieben.
- In Frankreich wurde der Orden von den Vertretern des
Gallikanismus
, der
Aufklarung
und des
Jansenismus
angefeindet. Der Bankrott des Generaloberen der Jesuitenmissionen in Lateinamerika fuhrte 1764 zu einem Prozess vor dem jansenistisch dominierten
Parlement de Paris
, welches den Ordensbesitz in Frankreich einzog. Aufgrund der Enthullung der bisher geheimen
Constitutiones
des Ordens, einschließlich des absoluten Gehorsams gegenuber dem Papst, verwies Konig
Ludwig XV.
jene Jesuiten, die den Treueeid auf ihn verweigerten, des Landes.
- Auch in Spanien, welches von einer Nebenlinie der franzosischen
Bourbonen
regiert wurde, blickte man argwohnisch auf die Reduktionen und machte den Orden fur den
Madrider Hutaufstand
(1766) verantwortlich, woraufhin die Jesuiten im Februar 1767 aus Spanien vertrieben und ihr Besitz beschlagnahmt wurde.
Ein Territorialkonflikt zwischen dem ebenfalls bourbonisch regierten Herzogtum
Parma
und dem
Kirchenstaat
bot schließlich Spanien, Frankreich und Portugal einen Hebel, um verstarkten Druck auf die papstliche Kurie auszuuben, den verhassten Orden ganzlich aufheben zu lassen. Nach zahen Verhandlungen fugte sich
Clemens XIV.
und hob am 21. Juli 1773 durch das
Breve
Dominus ac Redemptor
den Orden auf. Im Jahr darauf wurden dem Kirchenstaat drei kleinere Territorien zuruckgegeben, die von bourbonischen Machten besetzt worden waren, um Druck auf die Kurie auszuuben.
In den Niederlanden (
Republik der Sieben Vereinigten Provinzen
) konnten die Jesuiten ? ungeachtet des papstlichen Breves ? ihre Arbeit auch nach 1773 fortfuhren.
[14]
In den
Osterreichischen Niederlanden
wurden die Jesuiten hingegen unter strenge behordliche und kirchliche Aufsicht gestellt.
[15]
In Russland und in Preußen, wo die nicht-katholischen Regierungen die papstliche Autoritat sowieso nicht anerkannten, fanden einige der Jesuiten Zuflucht, vor allem weil die Zarin
Katharina II.
und Konig
Friedrich II.
die Vorteile des jesuitischen Schulsystems nicht aufgeben wollten und weil beide Herrscher fur die katholische Bevolkerung Polens, welches zwischen Russland und Preußen aufgeteilt worden war, Seelsorger benotigten.
[16]
1814 wurde die Gesellschaft Jesu von Papst
Pius VII.
kraft der Bulle
Sollicitudo omnium ecclesiarum
vom 7. August 1814 wieder zugelassen. Trotz immer neuer Vertreibungen und Verbote wuchs der Orden schnell wieder zu alter Große.
In Deutschland wurden jesuitische Einrichtungen kurz nach der
Reichsgrundung
wahrend des
Kulturkampfes
am 4. Juli 1872 aufgehoben und auslandische Ordensangehorige des Landes verwiesen. Gegen Ende des Ersten Weltkriegs wurden 1917 diese
Jesuitengesetze
wieder aufgehoben. Wahrend der
Zeit des Nationalsozialismus
wurden die Jesuiten wie die
Freimaurer
unter die ?
Volksschadlinge
“ gerechnet. Mehrere Patres wurden mit Predigtverboten belegt, in ihrer Tatigkeit eingeschrankt, verfolgt und in Konzentrationslagern interniert. Pater
Rupert Mayer
, ein bedeutender Mannerseelsorger und Prediger an der
Munchener Jesuitenkirche St. Michael
, wurde in
Ettal
isoliert. Pater
Alfred Delp
wurde als Mitglied des
Kreisauer Kreises
inhaftiert und in
Berlin-Plotzensee
hingerichtet. Zahlreiche weitere Ordensmitglieder aus ganz Europa waren im sogenannten
Pfarrerblock
im
KZ Dachau
interniert. Der Jesuitenpater
Vincent A. Lapomarda
[17]
listet die Namen von 30 Jesuiten auf, die allein im Pfarrerblock ihren Tod fanden (insgesamt 43 Jesuiten starben in Konzentrationslagern).
[18]
[19]
In der
Schweiz
wurde 1844 die Forderung nach Vertreibung der Jesuiten laut. Die Berufung der Jesuiten nach Luzern gab Anlass zu heftigen Reaktionen und fuhrte zu den
Freischarenzugen
und dem
Sonderbund
. Nach dem
Sonderbundskrieg
wurden alle Jesuiten aus der Schweiz ausgewiesen und die Tatigkeit des Ordens in der
Bundesverfassung von 1848
verboten. 1874 wurde das Verbot erweitert, so dass allen Jesuiten jede Tatigkeit in Staat und Kirche untersagt war. Der sogenannte
Jesuitenartikel
wurde 1973 aufgehoben.
In Spanien wurde die Gesellschaft Jesu mehrmals verboten, so etwa unter
Isabella II.
im Zuge des
Ersten Carlistenkriegs
und spater erneut in der Zweiten Republik, die im
Spanischen Burgerkrieg
unterging.
In
San Salvador
ermordeten im Jahre 1989 Militarangehorige acht Angehorige der zentralamerikanischen
Universitat Jose Simeon Canas
(UCA), darunter Studenten, Bedienstete und den Rektor
Ignacio Ellacuria
. Die UCA ist eine 1965 von Jesuiten gegrundete Universitat.
Ignatius erwirkte 1547 unter dem Druck der kirchenpolitischen Umstande und einiger Mitbruder von Papst
Paul III.
ein
Dekret
, das einen weiblichen Zweig des Jesuitenordens verhindern sollte (siehe auch Enzyklika
Regimini militantis ecclesiae
).
Mary Ward
grundete gleichwohl 1609 das Institut der Englischen Fraulein, und zwar von vornherein mit der Absicht, fur diesen Orden die Konstitutionen zu ubernehmen, die Ignatius fur die Gesellschaft Jesu verfasst hatte. Dies wurde ihrem Orden jedoch erst nach langem Bemuhen im Jahr 2003 vom Vatikan gestattet. Der Orden, der bis dahin im kirchenamtlichen Sprachgebrauch ?Institutum Beatae Mariae Virginis“ (Abkurzung IBMV), ?Institut der Seligen Jungfrau Maria“, hieß, ist seither als weiblicher Zweig anerkannt. Seit 2004 tragt er den Namen
Congregatio Jesu
, der sich an die Selbstbezeichnung der Jesuiten, Societas Jesu, anlehnt. Die neue Abkurzung 'CJ' wurde in Analogie zu derjenigen der Jesuiten, SJ, gewahlt.
Theologisch war der Orden zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter seinem Generaloberen
Franz Xaver Wernz
in den
Modernismus
-Streit
verwickelt, der sich um die Frage nach der Berechtigung der
historisch-kritischen Bibel-Auslegung
drehte. Papst
Pius X.
hatte in der Enzyklika
Pascendi
neuere rationalistische Tendenzen in der
Exegese
und der Dogmengeschichte verworfen und 1910 einen fur alle Priester verpflichtenden
Anti-Modernisten-Eid
eingefuhrt. Der Streit fuhrte zur Grundung des
Papstlichen Bibelinstituts
Biblicum
, das unter jesuitischer Leitung stand. Unter Kardinal
Augustin Bea
gingen spater aber auch maßgebliche Impulse aus, mit der ubrigen, von der historisch-kritischen Methode gepragten Forschung in einen Dialog einzutreten.
Zu den bedeutenden Mitgliedern des Ordens in Mittel- und Nordwesteuropa gehorten im 20. Jahrhundert der Philosoph
Erich Przywara
und die Theologen
Jean Danielou
,
Henri de Lubac
und
Karl Rahner
, deren Arbeiten das
Zweite Vatikanische Konzil
maßgeblich beeinflussten. Sie waren bemuht, die seit dem 19. Jahrhundert in der katholischen Kirche herrschende neuscholastische Schultheologie aufzubrechen, indem sie an die zeitgenossische Philosophie anknupften. Der Palaontologe, Geologe und Theologe
Pierre Teilhard de Chardin
versuchte, das biblische
Schopfungsverstandnis
mit der naturwissenschaftlichen
Evolutionstheorie
zu verbinden. Im Bereich der Sozialwissenschaften vertieften
Heinrich Pesch
,
Gustav Gundlach
und
Oswald von Nell-Breuning
die Ansatze der
katholischen Soziallehre
. Pesch und Gundlach ubten bis etwa 1950/60 einen wichtigen Einfluss auf den politischen
Katholizismus
aus; der Einfluss von Nell-Breuning auf sozialpolitische Positionen deutscher Politiker, nicht nur solcher katholischer Konfession, ist bis heute spurbar.
Papst
Paul VI.
erteilte dem Orden den speziellen Auftrag, den
Atheismus
zu bekampfen, wahrend
Pedro Arrupe
als Pater General den Orden pragte und gleichzeitig reformierte. Erstmals wurden neue Akzente in der
Option fur die Armen
, des Zusammenhangs von Glaube und Gerechtigkeit und einer konstruktiv kirchenkritischen Linie gesetzt. So formulierte die 32. Generalkongregation (1974/75):
≪Der Auftrag der Gesellschaft Jesu heute besteht im Dienst am Glauben, zu dem die Forderung der Gerechtigkeit notwendig dazugehort.≫
[20]
Seit
Pedro Arrupe
als Generaloberer besonders
soziale Anliegen
in den Orden einbrachte und auf Erneuerung drangte ? wie andere auch schon zuvor ? gab und gibt es unter den Jesuiten auch kirchenkritische Positionen. Die Betonung der Anliegen wie
Option fur die Armen
stießen allerdings bei einigen im Orden auf weniger Verstandnis. Besonders in der Zeit von 1981 bis 1983 waren interne Spannungen offenkundig, als Arrupe krankheitsbedingt sein Generalat nicht mehr weiterfuhrte und Papst
Johannes Paul II.
mit
Paolo Dezza
SJ (zusammen mit
Giuseppe Pittau
SJ als
Koadjutor
) erstmals eine Ordensleitung einsetzte, die nicht von den Mitgliedern gewahlt worden war. Es war das Verdienst des Generaloberen
Peter Hans Kolvenbach
, diese Spannungen mit dem Vatikan wieder auszugleichen.
1995 fand die 34. Generalkongregation seit der Ordensgrundung in Rom statt. Sie verabschiedete 26 Dekrete, die aktuelle Schwerpunkte im Orden beschreiben.
Zahlreiche Prominente besuchten
Jesuitenschulen
, darunter
James Joyce
,
Fidel Castro
,
Mario Draghi
,
Peter Scholl-Latour
und
Heiner Geißler
. Von den Mitgliedern des US-Kongresses hat 2013 ein Zehntel eine jesuitische Schule oder ein jesuitisches College besucht.
[21]
Vor der 35. Generalkongregation schrieb Papst
Benedikt XVI.
am 10. Januar 2008 in einem Schreiben an Pater General Kolvenbach u. a.:
?Um der ganzen Gesellschaft Jesu eine klare Ausrichtung zu geben, die Unterstutzung ist fur eine großzugige und treue apostolische Hingabe, ware es heute wie noch nie nutzlich, wenn die Generalkongregation, im Geist des Hl. Ignatius, ihr vollstandiges Festhalten an der katholischen Lehre bestatigt, besonders in einigen neuralgischen Punkten, die heute von der sakularen Kultur sehr stark angegriffen werden, wie zum Beispiel das Verhaltnis von Christus und den Religionen, einige Aspekte der
Theologie der Befreiung
sowie verschiedene Punkte der Sexualmoral, besonders, was die Frage der Unaufloslichkeit der Ehe und die Pastoral fur die homosexuellen Personen betrifft.“
[22]
Derselbe Papst bestatigte in einer Ansprache an die Generalkongregation am 21. Februar 2008 zugleich die besondere Sendung der Jesuiten an die Grenzen der heutigen Welt und Kultur:
?Die Kirche braucht euch, sie zahlt auf euch und wendet sich weiterhin voll Vertrauen an euch, besonders um jene physischen und geistigen Orte zu erreichen, wo andere nicht oder nur schwer hingelangen. Eurem Herzen eingepragt haben sich die Worte Pauls VI.: ?Uberall in der Kirche, an den schwierigsten und vordersten Fronten, bei ideologischen Auseinandersetzungen, dort, wo soziale Konflikte aufbrechen, wo die tiefsten menschlichen Wunsche und die ewige Botschaft des Evangeliums aufeinanderstoßen, da waren immer und sind Jesuiten.‘“
[23]
Am 19. Januar 2008 wahlte die 35. Generalkongregation
Adolfo Nicolas
zum neuen Generaloberen, der Kolvenbach abloste. Neben Fragen der inneren Struktur zeigt sich auch die stetig an Bedeutung gewinnende Zusammenarbeit mit den
Laien
als wichtiges Thema der Gegenwart.
Die inhaltlichen Schwerpunkte der internationalen Ordenstatigkeit liegen vorwiegend in folgenden Bereichen: Afrika, China,
Spiritualitat
,
Migration
und
interreligioser Dialog
.
Mit insgesamt 16.090 Brudern und Priestern (Anfang 2017) ist der Jesuitenorden zahlenmaßig der großte Orden der katholischen Kirche. Dieser ist heute Teil eines ignatianischen Netzwerkes verschiedener Ordens- und Laiengemeinschaften, das sich auf die ignatianische Spiritualitat beruft. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit aller in der gemeinsamen Sendung fur die Note der Zeit ist das große Anliegen der Gegenwart geworden.
Die interne Vielfalt der Meinungen hinsichtlich der großen und aktuellen Themen in der Kirche blieb aber bestehen. Die Generation der 30- und 40-Jahrigen vertritt in der westlichen Welt eine teils konservativere Linie, sowohl in der Ordenspolitik als auch in allgemeinen kirchlichen Fragen. Seit den 1970er Jahren verlor der Orden etwa ein Drittel seiner Mitglieder und ist derzeit in Sorge um seine zahlenmaßige Vorrangstellung unter den Orden und im kirchlichen Einflussbereich. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist die Zusammenarbeit mit
Laien
wichtig geworden. Deshalb versucht der Orden verschiedene Gruppierungen zu fordern, die in seinen Werken mitarbeiten oder auch andere inhaltliche Schwerpunkte des Ordens teilen. Zu diesen Gruppierungen gehoren die
Gemeinschaft Christlichen Lebens
, die
ignatianischen Assoziierten
, die
Jesuit Volunteers
(ein Freiwilligendienst fur Erwachsene ab 18 Jahren) und weitere.
Erstmals steht seit dem 13. Marz 2013 mit Papst Franziskus ein Jesuit an der Spitze der Katholischen Kirche. Auf fast allen Auslandsreisen trifft er sich immer wieder mit Jesuiten vor Ort.
[24]
Vom 2. Oktober bis 14. November 2016 fand in Rom die 36. Generalkongregation statt.
[25]
Sie wahlte am 14. Oktober 2016 den
Venezolaner
P. Arturo Sosa Abascal
zum Generaloberen.
[26]
Papst Franziskus, der selbst dem Jesuitenorden angehort, besuchte am 24. Oktober als erster Papst eine Generalkongregation und ermutigte den Orden, gemeinsam weiter voranzugehen ?frei und gehorsam ? bis an die Rander gehen[,] an die andere nicht gelangen“.
[27]
Am 27. April 2021 schlossen sich die Deutsche Provinz (mit Schweden), die Osterreichische Provinz, die Schweizerische Provinz und die Litauisch-Lettische Provinz zur
Zentraleuropaischen Provinz der Jesuiten
(
Europa Centralis
) zusammen.
[28]
Die zentraleuropaische Provinz umfasst 36
Kommunitaten
, zu ihr gehoren 442 Jesuiten.
[29]
Diese Provinzen hatten bereits in verschiedenen Bereichen zusammengearbeitet, so wurden ungarische und litauische Novizen seit 1989 in Nurnberg ausgebildet.
[30]
Zum
Provinzial
der neuen Provinz bestimmte
Ordensgeneral
P. Arturo Sosa am 31. Juli 2020 den Provinzial der Osterreichischen Provinz, P.
Bernhard Burgler
.
[31]
Ab dem 31. Juli 2024 wird der Deutsche P. Thomas Hollweck sein Nachfolger, bis dahin Novizenmeister und Delegat des Provinzials fur Junge Menschen und Berufung. Er wurde im Januar 2024 nach einem Beratungsverfahren vom Generaloberen P. Sosa ernannt.
[32]
Sitz der Provinz Zentraleuropa ist Munchen.
Im August 2023 entzog die autoritare Regierung
Nicaraguas
dem Jesuitenorden den Rechtsstatus als zivile Organisation und beschlagnahmte das Vermogen der Gemeinschaft. Dem Orden wurde vorgeworfen, in den vergangenen drei Jahren keine Finanzberichte vorgelegt zu haben, zu denen sie als gemeinnutzige Organisation verpflichtet sei.
[33]
Zuvor wurde die von Jesuiten geleitete Universitat von Zentralamerika in Nicaragua (
Universidad Centroamericana
) beschlagnahmt mit der Begrundung, ein ?Zentrum des Terrorismus“ zu sein. Der Jesuitenorden sprach in einer Stellungnahme von einem ?nationalen Kontext systematischer Unterdruckung“, den auch die UN-Expertengruppe fur Menschenrechte als ?Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ durch das
Ortega-Regime
bezeichnet habe.
[34]
Die Ausbildung der Jesuiten gliedert sich in mehrere Bereiche: Kandidatur,
Noviziat
, gegebenenfalls Scholastikat und
Terziat
. Der Prozess der Bildung dauert den Impulsen des Zweiten Vatikanischen Konzils zur
formatio continua
entsprechend wie auch in den meisten anderen Orden ein Leben lang. Die Ausbildung ist auf den verschiedenen Kontinenten je nach Bedarf und Vorbildung der eintretenden Interessenten unterschiedlich entfaltet und akzentuiert. Fur Interessenten, die zu Beginn der Ausbildung schon uber bestimmte Qualifikationen oder Erfahrungen verfugen, verkurzt sich das Programm entsprechend.
Am Anfang stehen meist dreitagige Kurzexerzitien (Triduum), in denen die Kandidaten das Noviziatsversprechen ablegen. Im Noviziat muss sich der Interessent dafur entscheiden, ob er Jesuitenbruder oder Priester werden will. Unterbrochen wird die Zeit im Noviziatshaus von den verschiedenen Experimenten in pastoralen oder sozialen Tatigkeiten. Zentrales Experiment sind die 30-tagigen
Exerzitien
. Zum Abschluss dieser zweijahrigen Prufungszeit werden die ersten
Gelubde
der Armut, der
Keuschheit
und des
Gehorsams
abgelegt. Fur alle Jesuiten, die Priester werden wollen, schließt sich nun die Zeit als Scholastiker an. Sie umfasst das Studium der Philosophie und der
Theologie
, unterbrochen von einer etwa zweijahrigen praktischen Tatigkeit, dem sogenannten Magisterium oder
Interstiz
. Zahlreiche Jesuiten haben außer dem Philosophie- und Theologiestudium noch ein Vollstudium in einem anderen Hauptfach absolviert, zum Beispiel in einer sprach-, literatur- oder religionswissenschaftlichen Disziplin, in Medizin oder einer der Naturwissenschaften. Andere verfugen uber theologische Zusatzqualifikationen von wissenschaftlicher oder praktischer Relevanz, zum Beispiel eine Promotion in einem Teilfach der Theologie oder ein pastoralpsychologisches Aufbaustudium.
Das Terziat, das nach etwa zehn Jahren stattfindet, ist eine etwa halbjahrige Sabbat- und Studienzeit, wahrend der zum zweiten Mal die 30-tagigen Exerzitien durchgefuhrt werden. Nach dem Terziat ladt der Generalobere den Jesuiten ein, die ?Letzten“ Gelubde abzulegen: die drei Evangelischen Rate sowie (meist) auch als viertes Gelubde den besonderen Gehorsam gegenuber dem
Papst
in Bezug auf Sendungen und Missionen. Dieses Gelubde ist ein Merkmal des Jesuitenordens und seit 2004 auch der
Congregatio Jesu
.
Peter Faber
und vor allem
Petrus Canisius
, der erste deutsche Jesuit, pragten die Anfangsjahre. 1544 entstand in Koln die erste Jesuitenniederlassung Deutschlands, hier wurde die erst abfallige Bezeichnung ?Jesuiten“ fur die Mitglieder der Gesellschaft Jesu zuerst benutzt. 1556 wurden die ersten beiden deutschen Provinzen gegrundet (die
Niederdeutsche
, darin das heutige Holland und Belgien, und die
Oberdeutsche
, darin die osterreichischen Territorien). Nach weiteren Teilungen gab es (ohne die habsburgischen Lander) drei deutsche Provinzen: die Niederrheinische (unter Koln),
Oberrheinische
(Mainz) und
Oberdeutsche
(Munchen), zu der auch die Schweiz und Tirol gehorten. Der in Suddeutschland aktive Canisius legte als erster deutscher
Ordensprovinzial
(1556?1569) den Grundstein fur die Gegenreformation in Deutschland.
[35]
Mit dem
Neuen Welt-Bott
unterhielten sie im 18. Jahrhundert eine eigenstandige Missionszeitschrift. Nach der Grundung vieler hoherer Schulen, die oft bis heute Bestand haben, hatten Jesuiten lange eine zentrale Stellung in der Bildung inne, die 1773 mit der Ordensaufhebung vorerst endete (Beispiele:
Wilhelmsgymnasium Munchen
,
Dreikonigsgymnasium
Koln,
Rabanus-Maurus-Gymnasium
Mainz).
1849 begannen die Jesuiten, die in der Schweiz ihre Arbeit einstellen mussten, wieder in Deutschland zu wirken. Aber 1872 vertrieb das im
Kulturkampf
erlassene
Jesuitengesetz
sie erneut aus dem Deutschen Reich ins ?Exil“: Ausbildungshauser befanden sich in den Niederlanden (Theologische Hochschule 1895?1942 in
Valkenburg
), z. T. auch in Großbritannien (
Ditton
Hall),
[36]
in den Missionen tat uber die Halfte der ausgebildeten Jesuiten ihren Dienst. Sie lagen in den skandinavischen Landern (seit 1873 Danemark, seit 1879 Schweden), außerhalb Europas vor allem in den fur deutsche Auswanderer gegrundeten Missionen in den USA (
Canisius-College
) und Sudbrasilien,
[37]
besonders in
Rio Grande del Sul
. Schließlich gab es die
Bombay-Pune-Mission
in Indien, die Missionen in
Rhodesien
(Bischof
Helmut Reckter
) und (seit 1908) Japan, wo sie die heutige
Sophia-Universitat
grundeten.
[38]
Das Jesuitenverbot wurde 1904 gemildert und 1917 (noch vor dem Ende des Kaiserreiches) aufgehoben.
[39]
Die bis dahin eine Deutsche Provinz wurde 1921 in die
Niederdeutsche
(Sitz Koln) und Oberdeutsche (Sitz Munchen), zu welcher auch noch die Schweiz gehorte, geteilt.
[40]
Der erste oberdeutsche Provinzial
Augustin Bea
wurde spater
Kurienkardinal
und pragte das
Zweite Vatikanische Konzil
mit. Jesuitische Hochschulen bestanden nun in der Weimarer Zeit in
St. Georgen
und
Pullach
. 1931 entstand als dritte die
Ostdeutsche
Provinz (Sitz Berlin). Der bekannteste Jesuit in der
Zeit des Nationalsozialismus
ist heute der Widerstandler
Alfred Delp
(s. Verfolgungen). Bundeskanzler
Konrad Adenauer
pflegte ein enges Verhaltnis zu mehreren Jesuiten, darunter zum Klassenkameraden
Max Pribilla
und zum Sozialphilosophen
Gustav Gundlach
.
[41]
Zum 31. Juli 2004 schlossen sich die Oberdeutsche und die Norddeutsche Provinz zur Deutschen Provinz der Jesuiten zusammen, der auch Schweden zugeordnet war. Sie zahlte Anfang 2019 323 Mitglieder. Der Sitz des Provinzialates der Deutschen Provinz war in Munchen. Pater
Stefan Dartmann
SJ leitete seit 2004 als erster
Provinzial
die vereinte Deutsche Provinz der Jesuiten mit Sitz in Munchen. Sein Nachfolger war von 2010 bis 2017 Pater
Stefan Kiechle
SJ. Seit dem 1. Juni 2017 war Pater
Johannes Siebner
SJ Provinzial. Wegen einer schweren Erkrankung wurde er ab Anfang 2020 vertreten und starb am 16. Juli 2020.
[42]
Zu seinem Nachfolger ernannte der Generalobere Arturo Sosa am 31. Juli 2020 Pater Jan Roser SJ.
[43]
Seit dem 27. April 2021 gehoren die Jesuiten in Deutschland zur Provinz Zentraleuropa (siehe oben). Kommunitaten bestehen in Munchen, Nurnberg, Mannheim und Ludwigshafen, Frankfurt, Berlin, Hamburg, Bonn-Bad Godesberg und St. Blasien.
[44]
Das Noviziat befindet sich in Innsbruck.
[45]
Der Orden unterhalt diverse Einrichtungen im Bildungsbereich. Dazu gehoren die
Philosophisch-Theologische Hochschule Sankt Georgen
mit
Priesterseminar
in Frankfurt am Main, die
Hochschule fur Philosophie Munchen
sowie Gymnasien in Berlin (
Canisius-Kolleg Berlin
), Hamburg (
Sankt-Ansgar-Schule
), St. Blasien (eine Internatsschule,
Kolleg St. Blasien
) und Bonn-Bad Godesberg (
Aloisiuskolleg
). In Ludwigshafen (
Heinrich-Pesch-Haus
) und Nurnberg (
Caritas-Pirckheimer-Haus
) gibt es katholische Akademien, an denen Jesuiten mitarbeiten und die teils auch von ihnen geleitet werden. Sie bieten eine breite Palette von Bildungsangeboten, die außer Themen aus den Bereichen Theologie und Spiritualitat auch aktuelle Fragen aus Politik, Gesellschaft und Kultur aufgreifen.
Der zweite Schwerpunkt liegt im Bereich der Geistlichen Begleitung und der Exerzitienarbeit. Dazu gehoren die Exerzitienhauser des Ordens in Dresden (
Haus HohenEichen
),
Elten
am Niederrhein (Haus Hoch-Elten) und
Wilhelmsthal
in Oberfranken (Haus
Gries
). Daruber hinaus arbeiten Jesuiten in Exerzitienhausern anderer Trager mit, zum Beispiel in Munchen (
Schloss Furstenried
), oder bieten Exerzitienkurse an anderen Einrichtungen des Ordens an.
[46]
Außerdem gibt es seit 2000 ein Angebot ohne feste Hauser:
Exerzitien auf der Straße
.
[47]
[48]
Einige Jesuiten arbeiten auch als
Spiritual
an Priesterseminaren und in Ordenshausern.
Die unter Leitung des Ordens stehende Pfarrgemeinde und Kunststation
St. Peter
in Koln hat sich auf die Vermittlung moderner Kunst und die Forderung zeitgenossischer
Orgelmusik
spezialisiert. Weitere aktive Jesuitenkirchen befinden sich zum Beispiel in Berlin (
St. Canisius
), Frankfurt (
St. Ignatius
), Gottingen (
St. Michael
), Hamburg (
Kleiner Michel
), Nurnberg (
St. Klara
) und Munchen (
St. Michael
, jetzt
Meditationskirche
). Viele dieser Kirchen sind sogenannte
Citykirchen
; sie versuchen mit einem speziellen geistlichen und kulturellen Programm die urbane Bevolkerung auch jenseits der klassischen Pfarreien anzusprechen.
Die deutschen Jesuiten geben drei Zeitschriften heraus:
Jesuiten,
[49]
Stimmen der Zeit
sowie
Geist und Leben
.
Der
Jesuiten-Fluchtlingsdienst
Deutschland
[50]
ist ein Teil des weltweiten Fluchtlingsdienstes der Jesuiten (Jesuit Refugee Service, JRS), der seit 1980 besteht.
[51]
Er macht beispielsweise Besuche in Anstalten fur die
Abschiebungshaft
;
Fluchtlinge
und
Migranten
werden begleitet und unterstutzt.
Jesuiten in Deutschland arbeiten auch in der
Hochschulseelsorge
, in der Krankenhaus- und Gefangnispastoral. Neben den klassischen Aufgabenfeldern gibt es aber auch vielfaltige alternative Projekte wie zum Beispiel bis 2016 Jesuiten als Arbeiter in der Industrie, in deren multikulturellen Gemeinschaft in
Berlin-Kreuzberg
die ?
Exerzitien auf der Straße
“ entstanden sind.
[52]
In
Leipzig-Grunau
leitet der Jesuitenpater Bernd Knufer seit 1998 ein Diskussionsforum namens
Club der Nachdenklichen
.
[53]
[54]
Ferner gibt es zahlreiche ehemalige Jesuitenkirchen, die nicht mehr vom Orden genutzt werden, zum Beispiel
- in Aschaffenburg die Stadtische Galerie ?Kunsthalle
Jesuitenkirche
“,
- in Bonn die
Namen-Jesu-Kirche
,
- in Buren (Westfalen) die
Kirche Maria Immaculata
,
- in Dusseldorf
St. Andreas
,
- in Eichstatt die
Schutzengelkirche
,
- in Ellwangen die heutige
Evangelische Stadtkirche
,
- in Heidelberg die
Jesuitenkirche
,
- in Hof die
St.-Konrad-Kirche
,
- in Konstanz die
Christuskirche
,
- in Munster (Westfalen)
St. Petri
,
- in Meppen die
Gymnasialkirche
,
- in Koln die
St.-Maria-Himmelfahrt-Kirche
,
- die
Jesuitenkirche St. Ignatius
in Landshut,
- in Landsberg am Lech die
Heilig-Kreuz-Kirche
,
- die
Marktkirche
in Paderborn
- sowie Kirchen in
Trier
und
Freiburg im Breisgau
.
[55]
- Das
Canisianum
im
saarlandischen
Saarlouis
wird inzwischen von der
Petrusbruderschaft
genutzt.
Die litauisch-lettische Provinz hatte bis 2021 ihren Sitz in
Vilnius
, der
litauischen
Hauptstadt.
Vom Orden werden neben den Jesuitenkirchen
St. Ignatius
und
St. Kasimir
das dortige
Jesuitengymnasium
wie auch
Jesuitengymnasium Kaunas
und die Jesuitenschule in
?iauliai
unterhalten.
Osterreich gehorte mit 69 Jesuiten (1. November 2017) zu den kleinen Provinzen des Ordens. Zentren der Prasenz des Ordens sind Wien, wo sich das Provinzialat befindet, und Innsbruck. Letzter Provinzial war seit dem 31. Juli 2014 Pater Bernhard Burgler SJ.
In Wien arbeiten Jesuiten unter anderem an der
Jesuitenkirche
und am
Kardinal Konig Haus
(Bildungs- und Exerzitienhaus) Wien-Lainz. In Innsbruck betreut der Orden vor allem das internationale Theologenkonvikt
Canisianum
sowie in Kooperation mit Nichtjesuiten die Theologische Fakultat der
Universitat
. Weitere Standorte sind Graz und Linz. Einzelne Jesuiten arbeiten auch in diozesanen Einrichtungen (zum Beispiel Exerzitienreferat, Ordensvikariat), in Priesterseminaren, in der Gefangnis-, Hochschul- und Pfarrseelsorge.
Die Ausbildung des Ordensnachwuchses findet im
Noviziat
in Innsbruck statt, die Studien an verschiedenen europaischen Studienorten des Ordens.
Einrichtungen (teilweise in Kooperation mit anderen Tragern):
Fruhere Einrichtungen der Jesuiten (Auswahl):
Die Schweiz gehorte mit 48 Jesuiten (1. November 2017) zu den kleinen Provinzen des Ordens. Letzter Provinzial war seit dem 31. Juli 2012 Pater
Christian Rutishauser
SJ.
Standorte sind die jesuitischen Gemeinschaften in
Bad Schonbrunn
ob Zug, Basel, Genf, Luzern und Zurich (Provinzialat). Schweizer Jesuiten wirken auch in China, Deutschland und Italien. Die Schweizer Jesuiten engagieren sich in zwei Bildungshausern (
Lassalle-Haus
mit
Lassalle-Institut
in Bad Schonbrunn sowie
Notre-Dame de la Route
in
Villars-sur-Glane
), funf Hochschulgemeinden und als Herausgeber von einer Zeitschrift (Zeitschrift Revue Choisir).
Ab 1848 waren die Jesuiten in der Schweiz in der Verfassung verboten.
[56]
Erst mit der Volksabstimmung von 1973 wurden die
Jesuitenartikel
aufgehoben.
[57]
Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wurde den Jesuiten vorgeworfen, sie seien ausfuhrendes Organ der ?Weltherrschaftsabsicht der romischen Curie“
[58]
und ?Werkzeug des kirchlichen Absolutismus“.
[59]
Wegen der in der Ausbildung angelegten stark intellektuellen Ausrichtung des Ordens (bzw. des
Jesuitismus
[60]
) und der dessen Mitgliedern nachgesagten Bereitschaft, die Realitat aus theologischen Erwagungen umzudeuten, sind Jesuiten seit jeher als stark polarisierend wahrgenommen worden.
[61]
Das Kurzel SJ (fur Societas Jesu) hinter dem Namen wird im
Volksmund
auch als ?schlaue Jungs“ interpretiert.
Jesuiten verpflichten sich nach der Weisung ihres Ordensgrunders am Tag ihrer Letzten Gelubde auch, kein Bischofsamt anzustreben. Da sie zugleich dem Papst besonderen Gehorsam ?de missionibus“ geloben, d. h. sich dazu verpflichten, sich vom Papst uberallhin senden zu lassen, konnen sie sich jedoch auch nicht verweigern, wenn der Papst beschließt, sie auf einen Bischofsstuhl zu berufen. Deshalb gab und gibt es auch Bischofe aus dem Jesuitenorden, wenngleich nicht viele. So war zum Beispiel der fruhere Erzbischof von Mailand und Kardinal
Carlo Maria Martini
, einer der Favoriten bei der Papstwahl nach dem Tode von Johannes Paul II., Jesuit. Mit Jorge Mario Bergoglio aus
Argentinien
wurde am 13. Marz 2013 erstmals ein Jesuit zum
Papst
gewahlt (Papstname
Franziskus
).
In mehreren Landern verubten auch Mitglieder des Jesuitenordens
sexuelle Missbrauchshandlungen
an Kindern und Jugendlichen. Der deutsch-amerikanische Historiker
Ulrich L. Lehner
hat festgestellt, dass es auch vor 1773 sexuellen Missbrauch in der Gesellschaft gab und diesen detailliert dargestellt.
[62]
Die Jesuitenprovinz Oregon im Nordwesten der USA, die Einrichtungen in den
US-Bundesstaaten
Oregon, Washington State, Idaho, Montana und Alaska unterhalt, einigte sich 2009 mit einem Teil der betroffenen Missbrauchsopfer. Anschließend meldete sie Insolvenz nach
Chapter 11
an und beugte damit einer moglichen Sammelklage von weiteren Missbrauchsopfern auf finanzielle Entschadigung vor.
[63]
Nachdem die Opfer argumentiert hatten, dass diese Jesuitenprovinz immer noch wohlhabend sei, weil sie mehrere Universitaten, Schulen und Grundstucke besitze, einigte sich die Nordwest-Provinz im Marz 2011 mit etwa 500 Missbrauchsopfern auf Entschadigungszahlungen in Hohe von etwa 166 Millionen US-Dollar. Viele der Betroffenen waren Indianer oder Ureinwohner Alaskas. Die Missbrauchsopfer warfen den Jesuiten vor, die Region als Abschiebeplatz fur Problempriester missbraucht zu haben.
[64]
In Deutschland
loste ein Brief des Jesuiten
Klaus Mertes
Anfang 2010 eine gesamtgesellschaftliche Debatte uber
Missbrauchsfalle innerhalb der katholischen Kirche
sowie in Bildungseinrichtungen aus. Der vom Jesuitenorden beauftragte Untersuchungsbericht zu Missbrauch in deutschen Einrichtungen des Jesuitenordens sprach im Mai 2010 von mindestens 205 Opfern, die korperlich misshandelt oder sexuell missbraucht worden waren, unter anderem am
Canisius-Kolleg Berlin
, am
Kolleg St. Blasien
und am
Aloisiuskolleg
in
Bonn-Bad Godesberg
. Der Bericht kritisierte unter anderem auch, dass die Taten durch Angehorige des Ordens systematisch vertuscht worden waren.
[65]
Den Opfern bot der Jesuitenorden Anfang 2011 ? anders als spater die deutschen Bistumer mit gestaffelten Betragen bis maximal 5000 Euro
[66]
? eine pauschale Anerkennungszahlung von jeweils 5000 Euro an, was von Vertretern der Opfer als zu niedrig zuruckgewiesen wurde.
[67]
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