Die
Pfalzgrafschaft Pfalz-Neuburg
, auch als
Herzogtum Pfalz-Neuburg
oder
Junge Pfalz
[1]
bekannt, war ein selbstandiges, 1505 entstandenes Territorium des
Heiligen Romischen Reiches
und staatsrechtlich eigentlich ein
Furstentum
. Genealogisch war
Pfalz-Neuburg
die Bezeichnung mehrerer unterschiedlicher Linien der
pfalzischen
Wittelsbacher
.
Residenzstadt
des Furstentums war
Neuburg an der Donau
, Nebenresidenz
Lauingen
. Gegliedert war es in die Landesteile Oberland,
Pfalz-Sulzbach
,
Nordgau
und
Franken
(um
Allersberg
zwischen
Nurnberg
und
Eichstatt
). Das stark zergliederte Territorium umfasste 2750 km² und zahlte gegen Ende seines Bestehens ca. 100.000 Einwohner.
Das Furstentum wurde zurnachst unspezifisch als ?Herzogtum in Ober- und Niederbayern“ bezeichnet, um die Anspruche auf das bayerische Erbe zu betonen. Unter Ottheinrich wurde der Name ?Junge Pfalz“ gebrauchlich und seinen Nachfolgern setzte sich die Bezeichnung ?Pfalz-Neuburg“ oder ?Furstentum Neuburg“, im 18. Jahrhundert auch (reichsrechtlich fragwurdig) ?Herzogtum Neuburg“ durch.
[2]
Das Furstentum Neuburg entstand 1505 als Folge des
Landshuter Erbfolgekrieges
durch den
Kolner Schiedsspruch
Konig
Maximilians I.
und des Ingolstadter Vertrags von 1509.
[3]
Es hatte bis 1808 Bestand. Durch die kaiserliche Entscheidung wurden Teile des Erbes von
Georg dem Reichen
mit jahrlichen Einkunften von 24.000 Gulden aus bayerischen Gebieten, hauptsachlich nordlich der
Donau
, fur die beiden Sohne des
Wittelsbacher
Pfalzgrafen
Ruprecht von der Pfalz
,
Ottheinrich
und
Philipp
geschaffen. Da Ottheinrich und Philipp noch minderjahrig waren, wurde als Vormund zunachst ihr Großvater Kurfurst
Philipp
eingesetzt, ab 1508 Pfalzgraf
Friedrich II.
(bis 1522). Bald nach dem Ende der Regentschaft trat Philipp in kaiserliche Dienste und uberließ die Herrschaft seinem Bruder. 1535 kehrte er jedoch zuruck und erzwang eine Teilung des Furstentums. Wahrend Ottheinrich den sudlichen Landesteil um Neuburg erhielt, regierte Philipp den nordlichen Landesteil um
Schwandorf
,
Burglengenfeld
und
Sulzbach
. 1541 verzichtete der verschuldete Philipp endgultig zugunsten seines Bruders auf die Herrschaft.
Der nun allein herrschende Ottheinrich trat im folgenden Jahr zum
Luthertum
uber. Seine aufwendige Lebensfuhrung fuhrte 1544 zum Staatsbankrott, woraufhin die
Landstande
unter Vorsitz von Hanns
Krafft
von
Vestenberg
auf
Schloss Fronberg
(
Schwandorf
) die Regierung des Landes ubernahmen. Im
Schmalkaldischen Krieg
besetzten Truppen Kaiser
Karls V.
das Land, da Ottheinrich im (begrundeten) Verdacht stand, den
Schmalkaldischen Bund
im Krieg gegen den Kaiser zu unterstutzen. Der
geachtete
Furst ging ins Exil, wahrend das Land von kaiserlichen Statthaltern verwaltet wurde. Nach dem Ende des
Furstenaufstands
und dem anschließenden
Passauer Vertrag
konnte Ottheinrich 1552 nach Neuburg zuruckkehren.
Nachdem Ottheinrich 1556 pfalzischer Kurfurst geworden war, trat er sein altes Furstentum, die sogenannte
Junge Pfalz
, 1557 im
Heidelberger Sukzessionsvertrag
an
Wolfgang von Pfalz-Zweibrucken
ab. Nach dessen Tod 1569 fiel Neuburg an dessen altesten Sohn
Philipp Ludwig
, der damit die jungere Linie Pfalz-(Zweibrucken-)Neuburg begrundete.
Pfalz-Sulzbach
wurde jedoch zuerst unter Philipp Ludwigs Bruder
Otto Heinrich
(bis 1604) und unter seinem Sohn
August
(ab 1614) abgetrennt.
Die 1574 geschlossene Ehe Pfalzgraf Philipp Ludwigs mit Herzogin
Anna von Julich-Kleve-Berg
(1552?1632) legte die Grundlage fur eine reiche Erbschaft des Hauses Neuburg am Niederrhein.
[4]
Den Pfalzgrafen von Neuburg fielen dann im
Julich-Klevischen Erbfolgestreit
1609/1614 die niederrheinischen Lander
Julich
und
Berg
zu, 1685 auch die
Kurpfalz
. Unter Pfalzgraf
Wolfgang Wilhelm
wurde Neuburg 1616/1617 wieder katholisch. Wolfgang Wilhelm hielt bis 1631 abwechselnd in Neuburg und Dusseldorf Hof, ab 1636 nur noch in Dusseldorf. 1717 bis 1718 residierte
Karl III. Philipp
fur etwas mehr als ein Jahr wieder in Neuburg, wahrend ansonsten von den Herrschern nun die Residenzen in Dusseldorf, Heidelberg und Mannheim bevorzugt wurden. Mit ihm starb Ende 1742 die Hauptlinie der Neuburger Pfalzgrafen aus und der Zweig Sulzbach des Hauses Neuburg trat mit Kurfurst
Karl Theodor
die Nachfolge an. Mit dem Tod von
Maximilian III. Joseph
1777 beerbte Karl Theodor auch die bayerischen
Wittelsbacher
, so dass unter der Linie Pfalz-Sulzbach die großen wittelsbachischen Lander in Personalunion
[4]
mit
Kurpfalz-Bayern
wiedervereinigt wurden.
Als mit dem Ende des Alten Reiches die lehensrechtlichen Beschrankungen infolge der Souveranitat des neugeschaffenen Konigreichs Bayerns weggefallen waren, hob Konig
Maximilian I.
bzw. sein erster Minister, Graf
Montgelas
, die Furstentumer Neuburg und Sulzbach 1808 auf. Die zugehorigen Gebiete wurden dem jeweils nachstgelegenen Kreis (
Regierungsbezirk
) zugeordnet. Dies war fur Neuburg ab 1808 der
Oberdonaukreis
, der seit 1819 etwa dem heutigen
Bezirk Schwaben
entsprach und seit 1837 auch so genannt wurde. Die Gebiete um Sulzbach wurden 1810 dem
Regenkreis
und 1837 der
Oberpfalz
angeschlossen.
Das Territorium der ?Jungen Pfalz“ war durch die Vertrage bis 1512 in seinen Grundzugen festgelegt. Der neue Staat erstreckte sich uber 60
Quadratmeilen
im heutigen Oberbayern, in Schwaben, Franken und in der Oberpfalz. Sein Territorium bestand aus sechs verstreut liegenden Teilen, die selber wiederum keine geschlossenen Flachen bildeten. Die Verwaltung des jungen Furstentums unterschied seine Landesteile im Oberland und auf dem Nordgau und bis zur Ablosung 1509 auch im Niederland.
Ursprunglich waren auch die Amter im nordwestlich von Passau gelegenen ?Niederland“ dem neuen Furstentum zugesprochen worden.
Auf diesen Landesteil zwischen der Donau und dem Bayerischen Wald mit den Amtern
Barnstein
,
Ranfels
,
Dießenstein
,
Hilgartsberg
, (Lkreis Freyung-Grafenau), Hilgartsberg (Landkreis Passau),
Egg
und
Hengersberg
(beide Landkreis Deggendorf), verzichtete Pfalz-Neuburg 1509 gegen Geldzahlung.
[3]
Im Hauptvertrag vom 13. August 1509 (Ingolstadter Vertrag) wurden diese Amter fur eine jahrliche Summe von 4.250 Gulden an das Herzogtum Bayern verkauft.
[5]
Im ?Oberland“ lagen zwei großere Komplexe mit den Amtern Neuburg, Graisbach, Monheim, Reichertshofen, Rennertshofen, Burgheim einerseits und Hochstadt, Gundelfingen, Lauingen, Staufen, Faimingen und Dattenhausen andererseits. Dazu kamen die drei Amter Allersberg, Heideck und Hilpoltstein auf der frankischen Alb.
[5]
Im ?Nordgau“ nordlich von Regensburg erhielt das neue Furstentum sein großtes zusammenhangendes Gebiet mit dem Hauptort Burglengenfeld und den Amtern Hemau, Velburg, Schwandorf, Kallmunz, Hainsacker, Regenstauf und Laber (mit der Exklave Heilsberg).
Von diesem Landesteil getrennt lagen im Norden zwei weitere: das Landgericht Sulzbach und die Amter Parkstein-Weiden mit Flossenburg und Vohenstrauß.
[5]
Zur Verwaltung des Territoriums waren folgende Amter und Gerichte eingerichtet:
[6]
- 1505?1522: Regentschaft fur die minderjahrigen Fursten
- 1522?1523: gemeinsame Regierung der Bruder
- 1523?1535: alleinige Regierung Ottheinrichs
- 1535?1541: Landesteilung:
- Ottheinrich regiert sudlichen Landesteil (Neuburg)
- Philipp regiert nordlichen Landesteils (Schwandorf,
Sulzbach
)
- Ottheinrich, 1541?1557 alleiniger Furst, fuhrt 1557 den
Protestantismus
in der Kurpfalz und Neuburg ein
- 1544?1546 Verwaltung durch die
Landstande
unter Vorsitz von Hans Krafft von
Vestenberg
- 1546?1552 kaiserliche Besatzung und Verwaltung nach dem
Schmalkaldischen Krieg
- Wolfgang
, 1557?1569,
durch die Erbaufteilung unter seinen Sohnen trennen sich Zweibrucken, Sulzbach und Neuburg wieder
Jungere Neuburger Linie (Pfalz-Zweibrucken-Neuburg) (1569?1742)
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]
- Michael Cramer-Furtig:
Landesherr und Landstande im Furstentum Pfalz-Neuburg. Staatsbildung und Standeorganisation in der ersten Halfte des 16. Jahrhunderts.
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ISBN 3-406-10686-2
(Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte, Bd. 100; zugleich Diss., Regensburg 1992).
- Helmut Eikam:
Landstandschaft und Landschaftskommissariat im Furstentum Pfalz-Neuburg. Ein Beitrag zu den Rechtsformen und Institutionen des neuzeitlichen Standestaates.
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- Stephan Lippold:
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ISBN 3-937974-03-2
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- Karl Mayr:
Pfalz-Neuburg und das Konigreich Neapel im 17. und 18. Jahrhundert.
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- Horst H. Stierhof (Red.):
475 Jahre Furstentum Pfalz-Neuburg.
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- Alfred Tausendpfund:
Die Manufaktur im Furstentum Neuburg. Studien zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte unter besonderer Berucksichtigung der großbetrieblichen Entwicklung im Zeitalter des Merkantilismus.
Stadtarchiv Nurnberg, Nurnberg 1975,
ISBN 3-87432-034-0
(Nurnberger Werkstucke zur Stadt- und Landesgeschichte, Bd. 16; zugleich Diss., Erlangen/Nurnberg 1975).
- Siegrid Westphal
:
Frau und lutherische Konfessionalisierung. Eine Untersuchung zum Furstentum Pfalz-Neuburg 1542?1614.
Lang, Frankfurt am Main 1994,
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.
- Suzanne Baumler, Evamaria Brockhoff und
Michael Henker
(Hrsg.):
Von Kaisers Gnaden. 500 Jahre Pfalz-Neuburg
. Katalog zur Bayerischen Landessausstellung 2005 in Neuburg an der Donau. Bayerisches Staatsministerium fur Wissenschaft, Forschung und Kunst, Pustet, Regensburg/Augsburg 2005,
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.
- Gunter Frank und Georg Paulus:
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. In:
Regensburger Beitrage zur Heimatforschung
.
Band
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. Regensburg / Kollersried 2009 (
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).
- Sarah Hadry:
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, Munchen 2020,
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.
- ↑
Historische Spurensuche ? ?Die Junge Pfalz in Bayern“.
Haus der Bayerischen Geschichte
, 2005,
abgerufen am 19. Juni 2016
.
- ↑
Markus Nadler:
Belehnung, Reichsunmittelbarkeit und Bezeichnung
In:
Pfalz-Neuburg, Herzogtum: Politische Geschichte
- ↑
a
b
Markus Nadler:
Ingolstadter Vertrag
In:
Pfalz-Neuburg, Herzogtum: Politische Geschichte
- ↑
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b
Markus Nadler:
Pfalz-Neuburg, Herzogtum: Politische Geschichte
In: Historisches Lexikon Bayerns
- ↑
a
b
c
Wolfgang Kaps: S. 9
- ↑
Markus Nadler:
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In:
Pfalz-Neuburg, Herzogtum: Territorium und Verwaltung
- ↑
Adalbert Prinz von Bayern
:
Die Herzoge von Pfalz-Neuburg bis zum Ende der Linie Neuburg 1742.
In:
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Prestel Verlag Munchen 2005
Tafel VII