Die
Geschichte Englands
umfasst die Entwicklungen auf dem Gebiet
England
, des bevolkerungsreichsten Landesteils des
Vereinigten Konigreichs Großbritannien und Nordirland
, von der Urgeschichte bis zur Gegenwart. Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen, welche die Existenz des damaligen
Britanniens
belegen, sind Berichte von
Caesar
uber seine Landung im Jahr 55 v. Chr.
[1]
Die Bezeichnung ?England“ stammt aus der Zeit nach der Einwanderung der
Angelsachsen
. Nachdem zunachst
Wales
in den Rechtsraum Englands eingegliedert worden war, aber vor allem nach der Besteigung des englischen Throns durch
Jakob VI.
von
Schottland
im Jahr 1603, wurde es immer schwieriger, zwischen englischer und britischer Geschichte zu unterscheiden. Durch die Vereinigung mit dem
Konigreich Schottland
1707 ging das
Konigreich England
im Konigreich Großbritannien auf. Das englische Parlament in London ubernahm die Rolle des Parlaments von Großbritannien.
Die altesten menschlichen Spuren Englands reichen etwa 850.000 bis eine Million Jahre zuruck. Doch klimatisch bedingt wurde die Insel mindestens neun Mal weitgehend oder vollstandig von Menschen geraumt.
[2]
In der
Mesolithischen
Periode, etwa um 8500 v. Chr., stieg der Meeresspiegel wahrend der letzten Eisschmelze an und machte Britannien ca. 7000 v. Chr. zur Insel. In der
Jungsteinzeit
, die auf der Insel erst um 4000 v. Chr. begann, begannen Ackerbau und Viehzucht. Ob dies auf Einwanderung vom Kontinent oder die Akkulturation einheimischer
Jager und Sammler
zuruckgeht, ist in der Forschung umstritten. Etwa ab 3200 v. Chr. wurden auf den Britischen Inseln zahlreiche
Henges
(
Woodhenge
,
Durrington Walls
,
Marden Henge
,
Avebury
) und
Steinkreise
(
Castlerigg
, vor allem aber das bekannte
Stonehenge
) als
Megalithstrukturen
errichtet. Die
Eisenzeit
begann ab 800 v. Chr. Im Suden gibt es viele Uberreste von Hugelforts aus dieser Zeit, die als System von konzentrischen Erdhugeln und -wallen uberdauert haben: vom großen
Maiden Castle
in
Dorset
bis hinunter zu den viel kleineren wie
Grimsbury Castle
in
Berkshire
.
Die
Romer
landeten unter der Fuhrung
Caesars
erstmals 55 und 54 v. Chr. in England, zunachst jedoch nicht als Eroberer. Erst ein knappes Jahrhundert spater, 43 n. Chr., wurde England unter Kaiser
Claudius
von den Romern besetzt und als
Provinz
Britannia
unterworfen; der bedeutendste Aufstand der
keltischen
Bevolkerung ereignete sich schließlich 61 unter der Fuhrung von
Boudicca
(
Boudicca-Aufstand
). Um sich vor den Plunderungen der
Pikten
, der Einwohner
Schottlands
zu dieser Zeit, zu schutzen, wurde unter Kaiser
Hadrian
in der Hohe des
Solway Firth
ein Schutzwall von Osten nach Westen errichtet, der
Hadrianswall
.
Im klassischen romischen Stil bauten die Romer eine hocheffiziente
Infrastruktur
auf, um ihre militarischen Eroberungen zu festigen, und erschlossen so Britannien, wobei der Grad der Romanisierung sehr unterschiedlich ausgepragt war: Am starksten war der romische Einfluss im Suden und Osten, wo auch die Urbanisierung starker ausgepragt war. Ab dem 2. Jahrhundert machte in diesen Regionen auch die
christliche Missionierung
erste Fortschritte.
Ab dem 4. Jahrhundert wurde Britannien mehrfach von
Usurpationen
heimgesucht.
Flavius Theodosius
stellte in den 360er Jahren noch einmal die Ordnung auf der Insel her. Doch nur wenige Jahrzehnte spater wurden die meisten Truppen abgezogen; sie wurden auf dem Festland dringender gebraucht, wo nach dem
Vordringen germanischer Stamme
die Rheingrenze kollabiert war. 407/8 zog der Großteil der romischen Truppen ab und 409 erhob sich die Insel gegen die romische Regierung. Einige Zeit spater (die Quellenlage ist dafur sehr durftig) erlosch auch die romische Prasenz auf der Insel; die
Civitates
mussten sich nun so gut wie eben moglich selber schutzen, wozu auch germanische Soldner eingesetzt wurden.
In das entstehende Machtvakuum drangen immer wieder
piktische
Gruppen nach Suden vor. Da die
romano-britische
Bevolkerung keine Hilfe vom romischen Imperium erwarten konnte, warben sie
sachsische
Truppen zu ihrer Verteidigung an. Diese
Soldner
siedelten sich mit ihren Familien an. In der Folgezeit stromten jedoch infolge der
Volkerwanderung
Gruppen von
Angeln
,
Juten
und
Sachsen
ins Land, um dem Bevolkerungsdruck auf dem Festland auszuweichen. Damit begann in Britannien das
Fruhmittelalter
.
Die Ankommlinge siedelten in
Ostanglien
, den
Midlands
, dem ostlichen
Yorkshire
und in
Lincolnshire
und vertrieben dabei teilweise die einheimische Bevolkerung. Sudlich der Themse organisierten die Stadte unter Fuhrung einheimischer
Magnaten
eine entschlossene Verteidigung und nahmen dazu nach romischem Vorbild meist sachsische
Foderaten
in Dienst. Die
Historia Brittonum
berichtet, dass ab 430 so auch jutische Gruppen ins Land kamen und sich in
Kent
niederließen. Unter diesen Foderaten kam es 442/443 zu einer Revolte; nach langwierigen Kampfen wurde die britische Bevolkerung nach Westen abgedrangt und musste
Sussex
(Sudsachsen),
Middlesex
(Mittelsachsen) und
Essex
(Ostsachsen) ? die spateren sachsischen Siedlungsgebiete ? aufgeben. Ende des 7. Jahrhunderts hatten die Angelsachsen die Insel von
Cornwall
bis zum
Firth of Forth
unterworfen. Ausnahmen bildeten die westlichsten Gebiete von
Dumnonia
und
Wales
sowie das nordliche Gebiet von
Cumbria
, außerdem konnte
Schottland
seine Unabhangigkeit behaupten.
Die neuen Siedlungsgebiete waren zunachst gemaß der Stammes- und Gruppenstruktur der kontinentalen Gebiete organisiert. Mit dem Ende des 6. Jahrhunderts entwickelten sich die Konigsherrschaft und sieben miteinander konkurrierende angelsachsische
Kleinkonigreiche
:
- Northumbria
, (aus dem Zusammenschluss von
Deira
und
Bernicia
),
Ostanglien
und
Mercien
als Grundungen der Angeln
- Sussex
,
Wessex
und
Essex
als Grundungen der Sachsen
- Kent
als Grundung der Juten gilt als das erste konsolidierte Reich, da die Einwanderer die noch intakte romische Verwaltung und die stadtische Kultur nutzten. Fruher als in anderen Regionen ging man zum Christentum uber. Bereits nach 650 findet eine intensive Schreib- und Gesetzgebungstatigkeit statt.
Die politische Vorrangstellung der einzelnen Konigreiche dokumentierte sich in der Person eines Oberherrschers, der erst im 9. Jahrhundert als
Bretwalda
bezeichnet wurde. Er ubte jedoch keine Herrschaft uber ganz England aus, sondern eher eine besondere Machtposition im Kreis der ubrigen Konige. Im 7. Jahrhundert dominierte Northumbria, im 8. Jahrhundert Mercia, und schließlich errang Wessex eine politische Vormachtstellung. Ab etwa 750 bestanden nur noch diese drei Konigreiche, denn die anderen waren in ihnen aufgegangen.
Die Besiedelung durch die Angelsachsen stellte einen deutlichen Bruch gegenuber der romischen Herrschaft dar. Die Kultur der Eroberer unterschied sich grundlegend von der stadtischen Lebensweise der Romer. Die Angelsachsen lebten in landlichen
Haufendorfern
und waren in
Sippen
sowie in Familiengemeinschaften mit Gesinde um einen Hausvater (Lord) organisiert. Das Anwachsen dieser Hausgemeinschaften fuhrte zur Bildung des angelsachsischen Adelssystems mit
Gefolgschaften
als unmittelbaren Machtzentren eines Adligen. Daruber hinaus bildete sich ein
Heerkonigtum
, das auf der Wahl des Anfuhrers durch die machtigsten Mitglieder des Heeres beruhte. Dem wirkte die Bestrebung der Heerkonige entgegen, dieses Amt in der jeweiligen Familie erblich zu machen.
Die angelsachsischen Volker brachten bei ihrer Eroberung ihre eigene
germanische
und speziell
angelsachsische Religion
mit und drangten die romano-britische Bevolkerung mit dem
christlichen Glauben
in die walisischen Grenzgebiete.
[3]
Vom Kloster auf
Iona
, das der irische Monch
Columban
von Iona (irisch
Columcille
) 563 gegrundet hatte, nahm die
iro-schottische Missionierung
der Angelsachsen von Norden her ihren Anfang. Dort trat
Oswald von Northumbria
zum Christentum uber und berief als Konig von
Northumbria
den Monch
Aidan
zum Bischof und Missionar.
Im Suden landete 597 der
Benediktiner
Augustinus
auf der Insel und begann auf Bitten des Konigs
Æthelberht
von Kent, dessen Frau christlichen Glaubens war, mit der Missionierung der Angelsachsen.
Zwischen den beiden christlichen Stromungen entstanden Differenzen, die vor allem auf den unterschiedlichen Organisationsstrukturen beruhten. Wahrend die iro-schottischen Missionare sich auf Kloster stutzten und nur flache Hierarchien kannten, beruhte die romische Mission auf der Bischofshierarchie mit ihren Machtzentren in den stadtischen Bischofssitzen. Daruber hinaus fuhrte die unterschiedliche Berechnung des Osterfestes im Alltag der Menschen zu Verwirrung. Auf der
Synode von Whitby
setzten sich die Vertreter des romischen Ritus durch, und die Bindungen an die kontinentale romische Kirche wurden enger.
[4]
Das Christentum wurde allgemein zuerst von den Herrscherfamilien angenommen und von dort auf die Untertanen ubertragen. Den Adeligen bot der neue Glauben die Moglichkeit,
Eigenkirchen
zu grunden und damit sakrale Macht auszuuben. Mit den gebildeten Klerikern und Monchen standen ihnen außerdem fahige Helfer bei der Verwaltung ihrer Territorien zur Verfugung. Den Heerkonigen schließlich bot die
Salbung
eine Moglichkeit, ihre Macht zusatzlich zur Wahl durch das Gefolge zu rechtfertigen, damit ihre Abhangigkeit von dieser zu verringern und der Erblichkeit der Herrschaft einen Schritt naher zu kommen.
Das christliche Zeitalter brachte Meisterwerke der
insularen Buchmalerei
hervor wie das
Book of Durrow
, das
Book of Lindisfarne
und das
Book of Kells
. Es war gepragt von so bedeutenden Lehrern wie
Beda Venerabilis
. Etwa zu Beginn des 9. Jahrhunderts war die Christianisierung Englands abgeschlossen, wenn auch starke heidnische Elemente im Volksglauben weiterwirkten.
Erste Angriffe und Entstehung des danischen Siedlungsgebiets
[
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Beginnend 789 und zum ersten Mal historisch bedeutsam mit dem Raubzug von 793 gegen das
Kloster Lindisfarne
landeten die
danischen
Wikinger
in England, was den Beginn der
Wikingerzeit
markiert. Zunachst fuhrten sie nur blitzartige Raubzuge aus, nach denen sie sich auf das Meer zuruckzogen. Dort waren sie sicher, da die englischen Konige kaum uber Schiffe verfugten, die in großerer Entfernung von der Kuste operieren konnten. Kurz darauf uberwinterten jedoch einzelne Wikingergruppen auf der Insel und legten dazu zumindest periodische Siedlungen an. 865 landeten Wikinger in
East Anglia
mit der offenbaren Absicht, sich dort langer einzurichten. Sie forderten Tributzahlungen von umliegenden angelsachsischen Siedlungen und errichteten eigene Dorfer. Ein Jahr spater eroberte das
Große Heer
York
und setzte im
Konigreich Jorvik
einen angelsachsischen
Vasallen
als Konig ein. Sofort begannen die Uberfalle auf Mercien auszugreifen, 869 erreichten erste danische Truppen die Themse, den Grenzfluss zu Wessex, dem dominierenden angelsachsischen Reich.
Alfred der Große
, Konig von Wessex, trat der danischen Bedrohung entgegen. Der standige Kampf gegen die Wikinger, in dem Alfred zunachst in der
Schlacht bei Englefield
und der
Schlacht von Reading
keinen durchschlagenden Erfolg erzielte, wirkte als Katalysator zur weitgehenden Einigung Englands unter dem Konig von Wessex. Er zwang ihn außerdem zur Reorganisierung des Heeres, zum Bau einer schlagkraftigen Flotte, zum Errichten zahlreicher Burgen und zum Anlegen des auf Grafschaften (
Shires
) beruhenden Systems, das England erstmals seit der romischen Zeit eine mehr oder minder einheitliche Verwaltung gab. 878 schlug Alfred ein großes danisches Heer bei
Edington
. Daraufhin ließ sich der danische Konig
Guthrum
, der bereits zuvor in Kontakt mit dem Christentum gekommen war, mit 30 seiner Manner taufen. Anschließend zogen sie sich in ihr Kerngebiet in East Anglia (
Danelag
) zuruck. Dieser Erfolg fuhrte zur Anerkennung Alfreds als Herrscher auch in Mercien. 886 eroberte er schließlich
London
und gab dem Reich damit ein Zentrum. In den folgenden Jahren erkannten ihn auch die ubrigen angelsachsischen Territorien, auch solche unter danischer Herrschaft, als ihren Herrscher an (vgl.
Entstehung Englands
).
Alfreds Nachfolger bauten das von ihm angelegte Verwaltungssystem aus, in dem als Kronbeamte
Sheriffs
an der Spitze eines
Shires
standen. Die Shires wurden vor allem fur das Gerichtswesen und das Heeresaufgebot wichtig. Zudem entwickelte sich eine fruhe Form eines englischen ?Nationalbewusstseins“. Alfreds Sohn
Eduard
fugte den Danen 910 in der Schlacht von
Tettenhall
eine weitere schwere Niederlage zu und war danach vor allem in Auseinandersetzungen mit den sudlichen danischen Reichen erfolgreich. 918 erkannten die Konige dieser Reiche ihn als Herren an, spater auch die Herrscher Schottlands.
Unterdessen veranderten sich auch die danischen Gebiete im Osten Englands, die als
Danelag
bezeichnet wurden. Die einstigen Wikinger gingen immer mehr zu einer bauerlichen Lebensweise uber, bauten Burgen und Ansiedlungen und nahmen das Christentum an.
Konig
Æthelstan
vertrieb 936 die
Cornishmen
aus
Exeter
und sicherte den Fluss
Tamar
als Grenze von Wessex. Er nannte sich
Rex totius Britanniae
, konnte Wales und Schottland aber nur unter eine lockere Oberhoheit bringen. Dagegen eroberte er
Northumbria
dauerhaft. Seine Urkunden nach 930 wurden von einer einzigen Kanzlei in
Winchester
hergestellt, was auf eine Art Hauptstadt seines Konigreiches schließen lasst. Auf Æthelstan folgte bis ins spate 10. Jahrhundert eine Phase mit vergleichsweise wenigen kriegerischen Auseinandersetzungen, dafur aber mit politischer und kirchlicher Konsolidierung des Reiches vor allem unter Konig
Edgar
.
Um 980 begann eine neue Welle Wikingerangriffe von See aus. Großere Kampfe blieben jedoch weitgehend aus, da die angelsachsischen Herrscher Tribute zahlten und die Wikinger wieder abzogen. Um diese Tribute aufzubringen, fuhrte Konig
Æthelred
auf Anraten des Erzbischofs
Sigeric von Canterbury
und seiner ?
Großen
“ als erster mittelalterlicher Herrscher eine allgemeine
Grundsteuer
ein, das
Danegeld
. Dennoch setzten die Wikinger ihre Bestrebungen fort, die angelsachsischen Gebiete zu erobern. Nach der verlorenen
Schlacht von Maldon
991 zahlte Æthelred 10.000 Pfund (3.732 kg) Silber Tribut, um den Abzug der Wikinger zu erkaufen. Diese Summen steigerten sich mit der Zeit. 994 mussten 7250 kg Silber fur den Abzug
Olaf Tryggvasons
aufgebracht werden, 1012 sogar 22 Tonnen Silber.
1002 heiratete Æthelred die normannische Herzogstochter
Emma
in Erwartung
normannischer
Unterstutzung gegen die Wikinger. Damit legte er einen Grundstein fur die spatere normannische Eroberung Englands. Im gleichen Jahr befahl er aus Angst vor einem Mordanschlag, am
13. November 1002
samtliche Danen in seinem Herrschaftsbereich zu ermorden. Doch darauf reagierten die Danen sogar mit verstarkten Angriffen.
1013 segelte der danische Konig
Sven Gabelbart
fur einen Raub- und Eroberungszug nach England, woraufhin Konig Æthelred in die
Normandie
floh und ihm die Macht uberließ. Als Gabelbart 1014 nur wenige Monate nach seiner Kronung starb, verbundete Æthelred sich mit dem spateren norwegischen Konig
Olaf Haraldsson
und kehrte auf den Thron zuruck. Knut, der Sohn Gabelbarts, beanspruchte den Thron jedoch ebenfalls fur sich und segelte 1015 mit einer großen Flotte aus Danemark nach England, wo er Edmund Ironside, den Sohn des wahrend der Belagerung verstorbenen Æthelreds, besiegte.
[5]
Knut der Große
wurde 1016 zum Konig von England gekront und regierte ab 1018 England und
Danemark
in
Personalunion
sowie weite Teile Norwegens und Sudschwedens. England war damit Teil eines durch Seefahrt zusammengehaltenen Großreiches. Knuts Herrschaft uber England stellte fur das Land eine außerordentlich lange Friedensperiode dar. England erholte sich nach jahrzehntelangen Wikingerraubzugen und das Danegeld wurde abgeschafft.
[5]
Knut heiratete
Emma
, die Witwe
Æthelreds
, und konvertierte zum
Christentum
. Die
Christianisierung in Danemark
und im 1028 von Knut eroberten
Norwegen
begann mit angelsachsischen Priestern. Neben der Einbeziehung der Kirche in seine Herrschaftsstrukturen bemuhte Knut sich um die Integration sowohl der Angelsachsen als auch der sesshaft gewordenen Danen in seinem neugeschaffenen
Nordseereich
. Die Bevolkerungsgruppen wurden vom Konig weitgehend gleich behandelt, unterschieden sich aber durch die verschiedenen, jeweils fur sie geltenden Rechtsordnungen, die sich aus
germanischen Stammesverfassungen
entwickelt hatten. Wichtigstes rechtliches Werkzeug des Konigs war der
Konigsfriede
, mit dem Ansiedlungen, Gutshofe, Einrichtungen (beispielsweise Kirchen, Straßen oder Brucken) und Personengruppen (etwa die Juden) in den personlichen Haushalt des Konigs ubernommen und damit geschutzt wurden. Als zusatzliche Verwaltungsebene uber den Shires richtete der selten in England anwesende Konig vier
Earldoms
(
Wessex
,
Mercia
,
East Anglia
und
Northumbria
) ein, die jeweils von einem
Ealdorman
verwaltet wurden. Bei politischen Entscheidungen holte er in der Regel den Rat der Großen des Landes ein.
Nach dem Tode von Knuts Sohn
Hardiknut
zerbrach das englisch-danische Großreich, und der normannische Einfluss in England wuchs zusehends. 1042 ubernahm Hardiknuts Halbbruder
Eduard der Bekenner
, ein Sohn Æthelreds und Emmas, den englischen Thron. Durch seinen 25-jahrigen Aufenthalt in der Normandie war Eduard den heimischen Verhaltnissen entfremdet. Unter ihm kam es zu zwei Entwicklungen, die schnell Konflikte hervorriefen: Einerseits wuchs der Einfluss sowohl des alten angelsachsischen als auch des danischen Hochadels, insbesondere der Earls der Herzogtumer, andererseits bevorzugte Eduard normannische Adlige an seinem Hof. Dies fuhrte zu einem Konflikt zwischen dem eingesessenen Adel und den Normannen. Eduards Schwiegervater
Godwin, Earl of Wessex
stellte sich an die Spitze der Oppositionsbewegung gegen die Normannen. Zunachst besiegte Eduard Godwin und schickte ihn 1051 in die Verbannung. Ein Jahr spater kam Godwin jedoch zuruck und setzte sich schnell wieder als machtigster Adliger des Landes durch. Eduard hatte bis zu diesem Zeitpunkt die neue Herrschaftsorganisation eingefuhrt, die die normannischen Konige spater durchsetzen sollten, insbesondere mit der direkten koniglichen Einsetzung von
Klerikern
auf Verwaltungsposten und Bischofsstuhle nach dem Vorbild des
ottonischen Reichskirchensystems
. Als Godwin nach England zuruckkehrte, begann Eduard sich zunehmend aus seinen Regierungsgeschaften zuruckzuziehen und sich nur noch um den Bau von
Westminster Abbey
und seine personlichen Glaubensubungen zu kummern.
Harold Godwinson
, ein Sohn Godwins, erreichte, dass der kinderlose Eduard ihn zu seinem Nachfolger bestimmte. Damit war die Nachfolgefrage jedoch keineswegs geklart. Harold war zwar die machtigste politische Figur Englands und besaß nach eigenen Angaben die Zusage Eduards, dass er dessen Nachfolger werden sollte, doch war umstritten, ob diese Zusage wirklich erfolgt und ob sie rechtlich bindend war. Daruber hinaus war Harold nicht mit dem Konigshaus verwandt. Auf verwandtschaftliche Legitimation konnten sich ein noch minderjahriger Urenkel Æthelreds, der in Ungarn lebte, und der Norwegerkonig
Harald III. Hardrade
als Enkel Knuts des Großen berufen.
Wilhelm, Herzog der Normandie
war uber seine Großtante Emma zumindest entfernt mit dem angelsachsischen Konigshaus verwandt. Zudem berief er sich auf einen umstrittenen Eid Harold Godwinsons, den dieser ihm geleistet habe, als er auf einer Reise in normannische Gefangenschaft geraten sei, und der Wilhelm die Thronfolge in England zugesichert habe.
Nach dem Tod Eduards 1066 wurde zunachst Harold Godwinson von den Großen des Reiches als neuer Konig anerkannt. Harald von Norwegen und Wilhelm von der Normandie begannen sofort nach der Wahl mit Vorbereitungen fur Feldzuge nach England. Harald erreichte als Erster die Insel und landete mit 300 Langschiffen in Yorkshire. Bei der
Schlacht von Stamford Bridge
am 25. September 1066 schlug Harold diese Invasionsarmee zuruck. Am Morgen des 28. September landeten die Normannen im Sudwesten bei
Pevensey
. Harold musste sein von der Schlacht geschwachtes Heer in Eilmarschen dem neuen Angreifer entgegen fuhren. Am 14. Oktober 1066 unterlagen die englischen Truppen in der
Schlacht von Hastings
, bei der Harold und seine Bruder fielen. Danach stieß Wilhelm kaum noch auf Widerstand. Am Weihnachtstag 1066 wurde er in Westminster zum englischen Konig gekront.
Der Sieg
Wilhelms
fuhrte zur Einfuhrung des effektiven
Lehnssystems
der
Normannen
. Eine kleine normannische Oberschicht ersetzte den eingesessenen Adel fast vollstandig. Wilhelm befahl die Erstellung des
Domesday-Buches
, welches Steuern der gesamten Bevolkerung, ihrer Landereien und Besitztumer erfasste. Anders als in vielen anderen europaischen Landern setzte sich mit Wilhelm das englische Konigtum als alleiniges Zentrum des Feudalsystems durch. Letztlich befand sich der gesamte Grundbesitz auf der Insel in der Hand des Konigs, der ihn an seine Lehnsnehmer weitergab, die wiederum ihnen
untergeordnete Lehnsnehmer
hatten. Grundherrschaft aus eigener Macht der Fursten wie etwa im Heiligen Romischen Reich gab es nicht. Auch die Verwaltung Englands wurde von Wilhelm neu geregelt: Mit wenigen Ausnahmen wurden die Countys als neue, kleinere Gebiete eingefuhrt. An ihrer Spitze standen Earls oder Counts als konigliche Lehnsnehmer. Darunter entstand aber eine weitere Schicht von
Sheriffs
als direkt dem Konig verantwortliche Beamte. Auch kirchliche Amter wurden zunehmend von Normannen besetzt. Insgesamt fuhrte die normannische Dominanz in der englischen Fuhrungsschicht dazu, dass
Anglonormannisch
und Latein zu den dominierenden Sprachen wurden. Angelsachsisch wurde nur noch im einfachen Volk gesprochen. Im Rechtssystem machte sich der normannische Einfluss vor allem durch das neue Element der Geschworenengerichte bemerkbar sowie durch die klare Trennung der weltlichen und geistlichen Gerichtsbarkeit.
Unter Wilhelms I. Sohnen kam es zu Auseinandersetzungen um das Erbe, aus denen schließlich
Heinrich I.
als Sieger und als Herrscher sowohl uber England als auch uber die Normandie hervorging. Im Jahre 1100 musste Heinrich zur Absicherung seiner Herrschaft dem Adel die
Charter of Liberties
, den Vorlaufer der
Magna Carta
, zugestehen. Unter ihm wurde außerdem der
Investiturstreit
zwischen der englischen Krone und der katholischen Kirche ausgefochten, der mit der Regelung endete, dass die Kirche die Bischofe mit geistlichen Vollmachten ausstatten durfte, sie aber zuvor zu
Vasallen
des Konigs werden mussten. Bis zum Ende seiner Herrschaft richtete Heinrich mit dem Schatzamt (
Lord High Treasurer
), einem Verwaltungsgerichtshof und den Reiserichtern weitere Elemente einer zentralen Konigsherrschaft ein. Der Verlust seines Sohnes
William
1120 beim Untergang des ?
Weißen Schiffs
“ leitete Auseinandersetzungen uber die Nachfolge ein, die rund 20 Jahre andauern sollten.
Die Herrschaft von
Stephan I.
(1135?1154), einem Neffen Heinrichs, war von zunehmenden Unruhen und dem Verfall der Konigsherrschaft zu Gunsten des Adels gepragt. Heinrichs I. Tochter,
Matilda
, hatte zunachst den deutschen Kaiser
Heinrich V.
geheiratet und dann
Gottfried von Anjou
. Zusammen mit ihm und ihrem Halbbruder
Robert von Gloucester
sowie einem Invasionsheer kehrte sie im Herbst 1139 auf die Insel zuruck. Stephan wurde 1141 gefangen genommen. Matilda erklarte sich zur Konigin, stieß aber schnell auf Ablehnung in der Bevolkerung und wurde aus London vertrieben.
Aufstande und Burgerkrieg
dauerten an, bis Matilda 1148 in die Normandie zuruckkehrte. Stephan regierte bis zu seinem Tod 1154 weiter, nachdem er 1153 unter dem Druck einer drohenden Invasion eine Ubereinkunft mit Heinrich aus dem Haus
Anjou-Plantagenet
, dem Sohn Matildas und Gottfrieds und spateren
Heinrich II.
von England, getroffen hatte, die diesem die Nachfolge zusicherte.
Heinrich II. begrundete mit seinem Herrschaftsantritt und der Heirat mit
Eleonore von Aquitanien
das
Angevinische Reich
, das neben England auch Teile Frankreichs und der
Iberischen Halbinsel
umfasste. Zugleich stand Heinrich dadurch aber als machtigster Furst Frankreichs im direkten Konflikt mit der franzosischen Krone, in den auch England hineingezogen wurde.
Unter seiner Herrschaft erstarkte das Konigtum wieder, was sich vor allem im Ausbau der Rechtsordnung ausdruckte. Alle
Freien
erhielten das Recht, sich bei juristischen Streitfallen direkt an den Konig zu wenden, Selbsthilferechte des Adels wurden eingeschrankt. Um diese Neuerungen durchzusetzen, wurden verstarkt Reiserichter
(Justice in Eyre)
und
Geschworenengerichte
eingesetzt. Durch Burgenbau und das Aufstellen eines Soldnerheeres machte sich der Konig von seinen Rittern weitgehend unabhangig. Im Verhaltnis zur Kirche setzte Heinrich sich nur teilweise durch: Die
Konstitutionen von Clarendon
wurden 1164 von ihm erlassen. Sie sollten die konigliche Gerichtsbarkeit auch auf Kleriker ausdehnen, die Kirchengerichtsbarkeit einschranken und die Appellation englischer Priester an den Papst verbieten. Dies fuhrte zum Widerstand des Kanzlers
Thomas Becket
, Erzbischof von Canterbury. 1170 wurde Becket (vermutlich auf ?Anraten“ Heinrichs) ermordet. Die sofort einsetzende Martyrer-Verehrung richtete sich auch gegen den Konig, der sich darauf offentlich demutigen und das Appellationsverbot aufheben musste. 1169 rief ein
irischer
Konig englische Soldner zur Unterstutzung bei internen Kampfen ins Land und nahm Kontakt zu Heinrich auf. Nachdem die englischen Ritter schnell weite Teile der Nachbarinsel erobert hatten, begab sich Heinrich II. 1171 selbst nach Irland, um zu vermeiden, dass die Ritter dort zu eigenstandig wurden. Auf der
Synode von Cashel
ließ sich Heinrich huldigen, wodurch Irland aus englischer Sicht zu einer der Krone unterworfenen Lordschaft wurde. Seit 1155 genoss zudem Heinrich durch die
papstliche Bulle
?
Laudabiliter
“ des englischen Papstes
Hadrian IV.
das Recht, die Unterwerfung der irischen Kirche unter die romische Oberhoheit durchzusetzen.
Heinrich II. war es allerdings nicht gelungen, eine belastbare Erbregelung fur sein Reich aufzustellen. Sein altester Sohn
Richard Lowenherz
war bei Heinrichs Tod 1189 mit Feldzugen in Frankreich und dem
Dritten Kreuzzug
beschaftigt. Bei seiner Ruckkehr aus dem Heiligen Land geriet er in die
Gefangenschaft
Kaiser
Heinrichs VI.
Insgesamt verbrachte er in zehn Jahren Herrschaft nur wenige Monate in England. Nachdem fur Richards Freilassung 1194 ein hohes Losegeld gezahlt worden und er in sein Reich zuruckgekehrt war, kampfte er erfolgreich gegen
Philipp II. August
von Frankreich, doch gelang es ihm nicht, alle Gebiete zuruckzuerobern, die in der Zeit seiner Abwesenheit verloren gegangen waren. So begann ein Schrumpfungsprozess des Angevinischen Reiches. In den folgenden Jahren konzentrierte Richard sich auf die Auseinandersetzung mit dem aufstandischen Adel in Aquitanien. Bei der Belagerung der
Burg Chalus-Chabrol
wurde er von einem
Armbrustbolzen
getroffen. Er starb am 6. April 1199.
Die Herrschaft ubernahm sein Bruder
Johann
. Als dieser im
Franzosisch-Englischen Krieg von 1202 bis 1214
einen noch weit großeren Teil seiner Festlandsbesitzungen verlor und sich auch in Auseinandersetzungen mit der Kirche nicht durchsetzen konnte, trotzte ihm der Adel eine Reihe von Zugestandnissen ab, die in der
Magna Carta
von 1215 festgelegt sind. Als Johann diese Zugestandnisse widerrief, kam es zum
Ersten Krieg der Barone
. Johann starb wahrend des Krieges, der Regentschaftsrat fur seinen minderjahrigen Sohn
Heinrich III.
bestatigte wieder die Magna Carta. Dadurch konnte der Burgerkrieg beendet werden und ein franzosisches Heer, das zur Unterstutzung der Rebellen in England gelandet war, musste 1217 wieder England verlassen. Auch als Heinrich III. volljahrig geworden war, bestatigte er mehrfach die Magna Carta, die dadurch eine Grundlage der englischen Politik wurde.
Unter den schwachen Konigen nach Heinrich II. zeigte sich die Stabilitat des durch ihn geschaffenen Systems. Die Institutionen und der Adel hielten das
Konigreich England
trotz der Abwesenheit des Herrschers und der haufigen Opposition gegen ihn aufrecht. England begann sich schon fruh vom
Personenverbandsstaat
zu einer vergleichsweise modernen
parlamentarischen Monarchie
zu entwickeln. Unter
Heinrich III.
wuchs die Macht des Adels weiter: Zunachst fuhrte ein Regentschaftsrat die Regierungsgeschafte fur den unmundigen Konig. Nachdem Heinrich selbst die Herrschaft angetreten hatte, uberspannte er schnell seine Krafte durch
Engagements in Sizilien
, im Reich und durch den ebenso erfolglosen Versuch, die franzosischen Gebiete zuruckzuerobern. Zudem stieß der wachsende Einfluss franzosischer Hofadliger auf den Widerwillen des englischen Adels. Als der Konig, um finanzielle Unterstutzung zu erhalten, 1258 eine Versammlung des Großen Rates, auch
Parlament
genannt, einberief, kam es zu einer Rebellion einer Gruppe von
Magnaten
. Sie forderten, dass der Konig in Zukunft die Zusammensetzung und Einberufung des Parlaments sowie den Aufbau seines standigen Beraterkreises nicht mehr selbst bestimmen sollte. In den
Provisions of Oxford
und in den
Provisions of Westminster
wurde 1258 und 1259 unter anderem festgelegt, dass ein Magnaten-Ausschuss mit 15 Mitgliedern in Zukunft alle Regierungsgeschafte uberwachen sollte und der Konig verpflichtet war, dreimal im Jahr ein Parlament einzuberufen. Als Heinrich III. versuchte, die Provisions zu widerrufen, kam es 1264 zum
Zweiten Krieg der Barone
. Die Adelsopposition unter Heinrichs Schwager
Simon V. de Montfort
konnte den Konig zunachst schlagen und die Regierung ubernehmen. Um weitere Unterstutzung zu erlangen, berief Montfort Anfang 1265
De Montfort’s Parliament
ein, zu dem auch Vertreter der Stadte und des niederen Adels geladen wurden. Montfort verlor jedoch die Unterstutzung eines Großteils der Magnaten, die ihn 1265 unter Fuhrung des Thronfolgers
Eduard
in der
Schlacht von Evesham
entscheidend schlugen.
Eduard wurde bereits vor seinem Herrschaftsantritt 1274 zum wichtigsten Trager der koniglichen Herrschaft in England. Er starkte das Konigtum, beließ aber sowohl die Magna Carta als auch die Provisionen von Westminster in Kraft. In Zusammenarbeit mit Parlament und Magnaten setzte er daruber hinaus eine umfassende Rechtsreform durch, die vor allem eine Abkehr vom germanischen Gewohnheitsrecht hin zu
kodifizierten
und verbindlichen Gesetzen bedeutete.
In zwei Feldzugen konnte Eduard I. von 1277 bis 1283 die walisischen Fursten schlagen
und das Land erobern. Anschließend leitete er durch Siedlungsgrundungen und Burgenbau eine gezielte Anglisierung des Landes ein. Die eroberten Gebiete wurden nach englischem Vorbild in Grafschaften aufgeteilt und dem englischen Rechtssystem unterworfen. Walisische Aufstande konnten bis zu Beginn des 14. Jahrhunderts schnell niedergeworfen werden. In Schottland wurde Eduard zunachst als
Schiedsrichter in einem Thronfolgestreit
aktiv und versuchte den dortigen Adel uber seinen Kandidaten in ein Vasallenverhaltnis zur englischen Krone zu drangen. 1296 griff er direkt
militarisch
im nordlichen Nachbarreich ein, setzte den Konig
John Balliol
ab und beanspruchte selbst die schottische Krone. Es kam zu schottischem Widerstand und bis 1314 folgten mehrere wechselseitige
Feldzuge
, in denen sich keine Seite durchsetzte. 1314 gelang den Schotten in der
Schlacht von Bannockburn
ein entscheidender Sieg, worauf Schottland bis 1603 unabhangig blieb. 1169 hatten
anglonormannische Adlige mit der Eroberung Irlands
begonnen. Bis Mitte des 13. Jahrhunderts hatte sich eine dunne englische Adelsschicht als Herrscher uber weite Teile der Insel ausgebreitet. Die herrschaftlichen Institutionen Englands sowie das fortschrittlichere Wirtschaftssystem waren weitgehend ubernommen worden. Bereits 1172 hatte Heinrich II. jedoch seine Oberherrschaft uber Irland durchgesetzt, das so als
Lordschaft Irland
den englischen Konigen unterstand. Allerdings setzte bereits im
Hochmittelalter
ein gegenlaufiger Prozess ein: Die englische Herrscherschicht nahm langsam die galische Kultur an und vermischte sich mit der verbleibenden einheimischen Adelsschicht. Teilweise wurden niedere Adlige englischer Herkunft und englische Siedlungen sogar galischen Herren gegenuber tributpflichtig. In den Strukturen des englischen Staatsrechts setzte sich das galische Zivil- und Strafrecht zunehmend wieder durch. Bis zum Spatmittelalter kann man von einer tatsachlichen englischen Herrschaft nur noch in der Region unmittelbar um Dublin sprechen.
In der Zeit von der Mitte des 10. bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts kam es schatzungsweise zu einer Verdreifachung der englischen Bevolkerung, vermutlich auf bis zu sechs Millionen Menschen. Diese Entwicklung hatte eine Reihe wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Folgen: Der Ackerbau wurde mit der Einfuhrung der
Dreifelderwirtschaft
und der
Urbarmachung
weiter Flachen intensiviert. Die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln gelang jedoch nur in klimatisch gunstigen und politisch stabilen Zeiten. Haufig wurde Getreide importiert, ebenso in großeren Mengen Wein und Holz. Wichtigste Exportartikel waren Wolle, Eisen und Zinn. Der Fernhandel lag mehrheitlich in der Hand kontinentaleuropaischer und judischer Kaufleute. Es gab kaum englische Handelsschiffe.
Die normannische Eroberung zog eine Veranderung der Dorfstrukturen nach sich, indem sich landliche Siedlungen zunehmend um die Herrenhauser des Adels gruppierten und nicht mehr in genossenschaftlich aufgebauten Dorfern nach angelsachsischer Tradition. Vor allem auf wikingische Impulse ging das Wachstum von
Stadten
zuruck. Schnell bildeten sich jedoch auch außerhalb des
Danelag
große Siedlungen, die bald vom Konig den Status von
Boroughs
mit Selbstverwaltung und eigener
Gerichtsbarkeit
erhielten. Mit Ausnahme von London, das im Hochmittelalter rund 50.000 Einwohner hatte, blieben die englischen meist deutlich kleiner als kontinentale Stadte. Der Hochadel wird fur das Hochmittelalter auf rund 170 Familien geschatzt. Ihnen waren rund 5000 bis 6000
Ritter
nachgeordnet, die wiederum die unfreien Bauern als Leibeigene hatten. Freie Bauern waren direkte Untertanen des Konigs und genossen den Unfreien gegenuber rechtliche Privilegien. Da die Ritter im Verlauf des Mittelalters ihre Vasallendienste zunehmend durch Geldzahlungen ablosten, blieb ihnen zunehmend Zeit zur eigenen Bewirtschaftung eines Teils ihrer Guter, die dann nicht durch unfreie Bauern, sondern durch Landarbeiter auf den Rittergutern erfolgte. Eine Veranderung erlebte die Sozialstruktur, als 1290 alle
Juden
aus England ausgewiesen wurden.
Nach der normannischen Eroberung orientierten sich Wissenschaft und Kunst in England an der Entwicklung in Frankreich mit ihren Zentren in Paris und an den nordfranzosischen Kathedralenschulen. Auch in England wurden Schulen zunachst in den Bischofsstadten gegrundet, um die Kirche mit Nachwuchs an gebildeten Klerikern zu versorgen.
Universitaten
begannen kurz vor 1200 in
Oxford
und ab 1209 in
Cambridge
zu entstehen, zunachst als lose Zusammenschlusse von Gelehrten und Studenten, kurz darauf gezielt von Konig und Kirche gefordert und kontrolliert und ab der Mitte des 13. Jahrhunderts auch mit festen Universitatsgebauden. Die Universitaten waren um 1220 auch die ersten Zentren des Wirkens der neuen Bettelorden, der
Dominikaner
und
Franziskaner
, in England.
Sprachlich hatte die normannische Eroberung zu einer Zweiteilung gefuhrt: Wahrend die Oberschicht
Anglonormannisch
sprach, blieb Englisch die Sprache der Mehrheit. Nachdem die franzosischen Teile des Angevinischen Reiches verloren gegangen waren, setzten sich zunachst beim Landadel verschiedene
mittelenglische
Dialekte durch. Spater dominierte der Dialekt der Region um London und wurde zum Ursprung der modernen englischen Sprache.
Das Erstarken des franzosischen Konigtums fuhrte dazu, dass
Philipp VI.
1337 die
Gascogne
konfiszierte, weil der englische Konig
Eduard III.
seine Vasallenpflicht ihm gegenuber verletzt hatte. Eduard wollte den endgultigen Verlust der franzosischen Besitzungen nicht hinnehmen. Daruber hinaus war die Gascogne fur den englischen Weinhandel von großer Bedeutung. Eine Rolle spielte auch die Tatsache, dass sich der geflohene schottische Konig
David II.
am franzosischen Hof aufhielt. Im Gegenzug zur Konfiskation erhob Eduard III. Anspruch auf den franzosischen Thron, was den Hundertjahrigen Krieg ausloste. Nach einem Sieg in der
Seeschlacht von Sluis
(1340) landete Eduard mit vier auf breiter Front operierenden Heeren auf dem franzosischen Festland. Nach dem Sieg in der Schlacht von
Crecy-en-Ponthieu
(1346) und der
Eroberung von Calais
durch die Englander musste der franzosische Konig einen Waffenstillstand eingehen. Der neue Beginn der Kampfe 1355 und ein weiterer englischer Sieg unter der Fuhrung des ?
Schwarzen Prinzen
“ 1356 in der
Schlacht bei Maupertuis
zogen eine tiefe Krise Frankreichs nach sich. Im
Frieden von Bretigny
sicherte sich Eduard III. 1360 große Gebietsgewinne in Frankreich.
Danach setzte eine Phase militarischer Misserfolge fur die Englander ein. Zudem belastete die gesamte Kriegsfuhrung die Staatskasse immer mehr und auch die katastrophalen Folgen der ersten
Pestwelle
von 1348 erschutterten die englische Wirtschaft schwer. Die schwierige militarische Lage bei gleichzeitiger Wirtschaftskrise und Kampfermangel sturzte die Krone in erhebliche Finanzschwierigkeiten. Der Geldmangel konnte nur mit neuen Steuern beseitigt werden, die die Parlamente dem Konig auch gewahrten. Als Gegenleistung erhielten sie ein Bewilligungsrecht fur alle zukunftigen Steuererhebungen. Damit bekamen die Parlamente ihr uber Jahrhunderte hinweg entscheidendes Machtmittel dem Konig gegenuber in die Hand. Daruber hinaus setzten sie die Abschaffung der Reiserichter und damit einer Kontrollinstanz durch, die durch die stationaren Friedensrichter ersetzt wurden. 1376 setzte das ?
Gute Parlament
“ erstmals in Zusammenarbeit von Commons und Lords eine Umgestaltung des koniglichen Beraterkreises durch. 1383 scheiterte ein Feldzug
Richards II.
nach Flandern. Darauf folgte bis 1415 eine Phase fortgesetzter Waffenstillstande, in denen der Hundertjahrige Krieg weitgehend ruhte.
Richard II. hatte in der Spatphase seiner Herrschaft mit Aufstanden zu kampfen. Als er sich auf einem Feldzug gegen den aufstandischen spateren
Heinrich IV.
in Irland befand, formierte sich in Nordengland unter der Fuhrung des Erzbischofs von Canterbury eine bewaffnete Opposition. Nach seiner Ruckkehr wurde Richard 1399 in England von Heinrich gefangen gesetzt, im Londoner Tower eingekerkert und zur
Abdankung
gezwungen. Das Parlament sanktionierte dieses Vorgehen und sprach Heinrich die Krone zu. Damit hatte es eine bis dahin einmalige Machtfulle erreicht.
1415 nutzte der Sohn Heinrichs IV.,
Heinrich V.
, Thronfolgeunruhen in Frankreich, um erneut militarisch auf dem Kontinent aktiv zu werden. In der
Schlacht von Azincourt
erzielte er einen uberragenden Sieg, eroberte bis 1419 die gesamte Normandie und schloss ein Bundnis mit
Burgund
. Nach dem Tod Heinrichs V. 1422 flammte der Krieg erst 1428 wieder auf.
Jeanne d’Arc
entwickelte sich auf franzosischer Seite zur charismatischen Fuhrungsfigur, zudem zerbrach das englisch-burgundische Bundnis. Es folgte eine Reihe franzosischer Erfolge, die 1453 in der
Schlacht bei Castillon
mit der Eroberung Bordeaux’ gekront wurden. Damit war der Hundertjahrige Krieg beendet, und England verlor bis auf
Calais
seine festlandischen Besitzungen.
In der Kirchenpolitik lasst sich in der Zeit des Krieges mit Frankreich eine zunehmende Distanzierung der englischen Kirche von dem durch das
Schisma
geschwachten Papsttum ausmachen. In mehreren Statuten aus der zweiten Halfte des 14. Jahrhunderts errang die Krone die Kontrolle uber das
Pfrundewesen
und schrankte die Moglichkeiten zur Appellation nach Rom ein. Schließlich wurden die Kleriker dem Konig steuerpflichtig. Dennoch verschwand der papstliche Einfluss nicht ganz. Eine geistliche Herausforderung entstand mit der vorreformatorischen
Lollarden
-Bewegung des
John Wycliff
, die ein
mystisches
Christentum mit allgemeinem Priestertum propagierte. Ab 1380 gewann Wycliff Unterstutzer in Parlaments- und Adelskreisen. Daruber hinaus entwickelten sich im Umfeld der Lollarden 1381, 1414 und 1431 Bauernaufstande.
Die Absetzung Richards II. durch den spateren Heinrich IV. und die Misserfolge im Hundertjahrigen Krieg waren die Grunde fur den Ausbruch der
Rosenkriege
. Bei ihnen handelte es sich um einen Machtkampf um die englische Krone, der zwischen dem
Haus von Lancaster
, dessen Wappen eine rote Rose enthielt, und dem
Haus von York
, welches eine weiße Rose im Wappen fuhrte, ausgetragen wurde. Gesellschaftliche und wirtschaftliche Grunde waren das Vorhandensein großer Armeen nach dem Hundertjahrigen Krieg, die keine Betatigungsfelder außerhalb Englands mehr hatten, sowie die Folgen der Pest.
Die Usurpation Heinrichs IV. hatte betrachtliche Unsicherheit uber die Erbfolge des englischen Throns hinterlassen. Die Regentschaft von
Heinrich VI.
schwachte dann, wegen seiner Minderjahrigkeit und spater wegen geistiger Krankheiten, die Konigsherrschaft weiter. In dieser Lage beanspruchten York und Lancaster, beide mit den Plantagenets verwandt, die Herrschaft. Nach wechselvollen Kampfen ließ sich Eduard von York 1461 als
Eduard IV.
kronen. Bis 1471 hatte er sich auch militarisch durchgesetzt, worauf er Heinrich VI. ermorden ließ. Ein erfolgreicher Feldzug nach Frankreich sicherte 1475 Eduards Herrschaft auch finanziell. Die Rosenkriege flammten 1483 noch einmal auf, als Eduards Bruder
Richard III.
seine Neffen, die Thronerben, gefangensetzen und vermutlich auch ermorden ließ und sich selbst zum Konig erklarte. Darauf kam es zu Aufstanden in England, die sich der nach Frankreich geflohene letzte Lancaster-Erbe
Heinrich Tudor
zu Nutze machte. In der
Schlacht von Bosworth Field
1485, wurde Richard III. erschlagen. Heinrich Tudor wurde als Heinrich VII. zum neuen Konig, heiratete 1486 Elisabeth von York, die Tochter des toten Eduard des IV und vereinte dadurch die beiden verfeindeten Hauser. Damit leitete er eine Phase der Stabilitat der englischen Krone ein.
Zuvor war es ab 1400 zu einer
Rebellion in Wales
gekommen, in der sich der Waliser
Owain Glynd?r
zum Fursten von Wales erklarte und weite Teile des Landes unter seine Kontrolle brachte. Erst nach mehreren Feldzugen gelang es Prinz Henry (dem spateren
Heinrich V.
) bis 1409, Wales zuruckzuerobern und bis 1412 die Rebellion endgultig niederzuschlagen. Dieser Versuch, die englische Herrschaft abzuschutteln, war die letzte großere Erhebung der Waliser. 1497 fuhrte
Michael An Gof
Rebellen aus Cornwall in einem Marsch auf London. In einem Kampf am Fluss
Ravensbourne
in der
Schlacht von Deptford Bridge
, kampften An Gof und seine Manner am 17. Juni 1497 fur die Unabhangigkeit von
Cornwall
, wurden aber besiegt. Dieser Kampf war die letzte großere Rebellion bis zum
Burgerkrieg
.
Nach der Wachstumsphase des Fruh- und Hochmittelalters pragte im Spatmittelalter die
Pest
die Entwicklung in England. Nach zwei schweren Pestschuben 1348 und 1361/62 kam es zu mehreren kleinen Ausbruchen der Seuche, die die Bevolkerung in etwa halbierten. Diese Entwicklung zog einen verbreiteten Arbeitskraftemangel nach sich, von dem nach einer anfanglichen schweren Wirtschaftskrise vor allem die uberlebende Landbevolkerung profitierte: Landarbeiter erhielten hohere Lohne, freie Bauern kauften das frei gewordene Land und stiegen teilweise zu Großbauern (
Yeomen
) auf. Die Konkurrenz durch selbst bewirtschaftete Guter der Adligen ging zuruck, da diese sich angesichts der steigenden Lohne aus der Landwirtschaft zuruckzogen und sich vom Ackerbau ab- und der Schafzucht zuwendeten. Zwar gerieten auch einige kleinere freie Bauern neu in die Abhangigkeit, doch erhielt die Mehrheit der Unfreien von ihren Herren weitergehende Rechte, die zunehmend auch schriftlich fixiert und damit gerichtlich einklagbar wurden. Bis zum Ende des Mittelalters war die
Leibeigenschaft
dadurch weitgehend verschwunden. Insgesamt wuchs das Standesbewusstsein der Landbevolkerung, was sich am deutlichsten im
Bauernaufstand von 1381
um
Wat Tyler
ausdruckte. Auf den Adel hatte insbesondere die erste, erfolgreiche Phase des Hundertjahrigen Krieges grundlegende Auswirkungen. Das klassische Vasallenverhaltnis wandelte sich zu Vertragsbeziehungen, bei denen die Krone oder Hochadlige sich mit lebenslangen Unterhaltszahlungen die militarischen Dienste des Landadels erkaufte. Dies steigerte einerseits die Fahigkeit der Krone zu lang anhaltenden Kriegszugen, stellte aber andererseits den Magnaten schlagkraftige Privatarmeen zur Verfugung.
Nachdem die großen Pestzuge vorbei waren, beschleunigte sich die Entwicklung der Stadte, allen voran London. Erstmals entstand eine großere Schicht einheimischer Fernkaufleute. London profitierte vor allem von seiner ab dem 13. Jahrhundert feststehenden Funktion als Konigssitz. Zur Versorgung des Hofes erhielten Handler- und Handwerkergilden Privilegien. Der Geldbedarf des Konigs legte den Grundstein fur das Londoner Bankenwesen. Die Eroberungen in der Fruhphase des Hundertjahrigen Krieges steigerten die in England im Umlauf befindliche Geldmenge, so dass sich die
Geldwirtschaft
in der zweiten Halfte des 14. Jahrhunderts endgultig durchsetzte.
Parallel zum Ausbau der Schafzucht und des Fernhandels wurde die Rohwolle verstarkt im Land zu Tuch weiterverarbeitet, was eine großere Wertschopfung und gut bezahlte Arbeitsplatze fur die Landbewohner nach sich zog.
Spatestens mit der Geburt seines Sohnes Arthur am 19. September 1486 war die Position Heinrichs VII. als Konig weitgehend stabil. In den folgenden Jahren bemuhte er sich vor allem, das Aufstandpotenzial unter den verbliebenen Anhangern des Hauses York zu bekampfen und die koniglichen Finanzen zu stabilisieren. Dazu schuf er eine Reihe von Amtern, deren Inhaber Gebuhren abzutreten hatten. Besondere Steuern, die ein Parlament hatte bewilligen mussen, nahm er nur selten in Anspruch, um die Abhangigkeit von der Versammlung klein zu halten. Den Einfluss der großen Adelshauser drangte Heinrich in der Endphase seiner Herrschaft durch die Einrichtung des
Council of the North
und des
Council of Wales
zuruck. Diese beiden Versammlungen bezogen jeweils unter dem Vorsitz eines Bischofs nicht nur die Magnaten, sondern auch den niederen Landadel in die politischen Entscheidungen uber die jeweilige Region ein. Daruber hinaus richtete Heinrich VII. weitere Beratergremien ein, in denen nicht mehr die Magnaten dominierten, sondern zum Teil auch Mitglieder des Burgertums einflussreich wurden.
Sein Sohn, Konig
Heinrich VIII.
, versuchte noch einmal, die Festlandsgebiete zuruckzuerobern. Die Feldzuge in Frankreich brachten jedoch keine dauerhaften Erfolge. Lediglich 1513 gelang mit einem uberproportionalen militarischen Aufwand die Eroberung von
Therouanne
und
Tournai
. Diesen Feldzug nutzte
Jakob IV.
von Schottland, um in Nordengland einzufallen. Sein zahlenmaßig uberlegenes Heer wurde von den englischen Verteidigern in der
Schlacht von Flodden Field
geschlagen, bei der auch der Konig fiel. Sein Sohn
Jakob V.
war minderjahrig und so ubernahm seine Mutter
Margaret Tudor
, eine Schwester Heinrichs VIII., die Regentschaft, was dem englischen Konig großen Einfluss in Schottland sicherte. Abgesehen von seinen Feldzugen kummerte sich Heinrich VIII. allerdings wenig um Politik. Dieses Feld uberließ er weitgehend seinem Berater
Thomas Wolsey
. Der Mann von einfacher burgerlicher Herkunft wurde zu einem der machtigsten Manner Englands, sturzte aber 1529 uber seine gescheiterten Versuche, bei den Auseinandersetzungen zwischen dem Habsburgerreich und Frankreich als Schiedsrichter aufzutreten sowie eine Scheidung der koniglichen Ehe zu erreichen.
Im Verlauf der ersten Herrschaftsjahre Heinrichs VIII. ruckte die Frage nach der Thronfolge und damit nach der Ehe des Konigs in das Zentrum der Politik. Mit
Katharina von Aragon
, die zuvor mit Heinrichs verstorbenem Bruder verheiratet gewesen war, hatte er nur die 1516 geborene
Maria
als Kind. Mehrere Fehlgeburten folgten. Ein fehlender Thronerbe hatte aber katastrophale Folgen fur das Fortbestehen der Tudor-Dynastie gehabt. In dieser Lage lernte Heinrich
Anne Boleyn
kennen, die sich aber nicht mit der Position der Matresse bescheiden wollte, sondern verlangte, dass sie Konigin wurde. Verhandlungen mit dem Papst uber eine Scheidung Heinrichs von Katharina begannen. Sie blieben jedoch weitgehend erfolglos, vor allem auf Betreiben von Kaiser
Karl V.
, einem Neffen Katharinas. Uber diesen Misserfolg sturzte Wolsey endgultig. Sein Nachfolger als Kanzler wurde
Thomas More
, der sich aber weigerte, die Scheidungsverhandlungen weiterzufuhren.
Zugleich wurde in dieser Zeit in der Bevolkerung die Unzufriedenheit mit der katholischen Kirche immer großer. Vor allem die Einnahmen der Kleriker aus
Pfrunden
und die oft mangelhafte Seelsorge in den Gemeinden losten wachsende Emporung aus. Im Herbst 1529 formulierten in einem Parlament vor allem Londoner Kaufleute und Juristen die Kritik an der Kirche in einer bis dahin unbekannten Scharfe. 1530 erhob der Konig Anklage gegen den gesamten englischen Klerus wegen angeblicher Verstoße gegen das Kirchenrecht. Im Januar 1531 zwang Heinrich VIII. die englische Bischofsversammlung, die Hoheit des Konigs uber das Kirchenrecht zu akzeptieren. Daruber hinaus forderte der Konig die Abschaffung des Rechts zur
Appellation
an den Papst, was ihm nicht nur freie Hand bei seiner Scheidung verschafft, sondern die englische Kirche weitgehend dem Zugriff Roms entzogen hatte. Außerdem sollte der Erzbischof von Canterbury als hochster Kleriker in England anerkannt werden, eine Stellung, die er zuvor gemeinsam mit dem Erzbischof von York innehatte. Den theoretischen Unterbau fur diese Anspruche bildete der in der Forschung so genannte
Caesaropapismus
, der dem weltlichen Herrscher auch die Hoheit uber die Kirche in seinem Territorium zusprach. Diese Machtposition wollte Heinrich VIII. erreichen. Unterstutzung bekam er vom Erzbischof von Canterbury,
Thomas Cranmer
. Im Januar 1533 erklarte Anne Boleyn, dass sie von Heinrich VIII. schwanger sei. Cranmer traute die beiden daraufhin sofort. Im Mai erklarte ein von ihm dominiertes Gericht die Ehe zwischen Heinrich und Katharina fur ungultig, was bedeutete, dass die Tochter Maria unehelich und damit nicht erbberechtigt sei. Der Papst annullierte das Urteil und
exkommunizierte
Cranmer und den Konig. In dieser Lage kam am 7. September 1533
Elisabeth
, die Tochter Heinrichs und Anne Boleyns, zur Welt.
Mit der
Suprematsakte
legten Konig und Parlament 1534 endgultig die Unabhangigkeit der englischen Kirche von Rom und die Stellung des Konigs als ihr Oberhaupt fest. Daruber hinaus wurden zahlreiche, vor allem juristische, Sonderrechte des Klerus abgeschafft. Dies war die Geburtsstunde der
Anglikanischen Kirche
. In den folgenden Jahren wurden, vor allem auf Betreiben des Generalvikars
Thomas Cromwell
, zahlreiche Verordnungen erlassen, die auch in
Liturgie
und Kirchenlehre eingriffen. Das Vorgehen des Konigs loste erheblichen Widerstand aus. So lehnten die Monchsorden die Losung von Rom und die Scheidung des Konigs ab. Heinrich VIII. ließ darauf bis 1540 samtliche Ordensniederlassungen
auflosen
. Die Landereien der Orden sowie ein Großteil des Landbesitzes der Weltkirche ging in den folgenden Jahren unentgeltlich an die Krone und nachfolgend zu Schleuderpreisen an verdiente Gefolgsleute aus dem Kleinadel (
Gentry
) und an vermogende Großbauern (
yeomanry
).
[6]
Damit schuf sich Heinrich VIII. fur die Zukunft eine bedingungslos ihn gegenuber der Kirche unterstutzende Fuhrungselite, welche selber ein starkes Interesse am Erhalt der erlangten Vermogensvorteile und des damit verbundenen gesellschaftlichen Aufstiegs hatte.
[7]
Die Machtbasis der englischen Krone erfuhr damit deutliche wirtschaftliche sowie politische Verstarkung und Festigung.
[8]
Zahlreiche hochrangige Kleriker weigerten sich, die Suprematsakte per Eid anzuerkennen, unter ihnen auch Kanzler Thomas More, der dafur 1535 hingerichtet wurde. 1536 formierte sich in Nordengland unter der Fuhrung des Juristen
Robert Aske
die
Pilgrimage of Grace
, ein bewaffneter Pilgerzug mit schatzungsweise 35.000 Mitgliedern. Heinrich sagte zu, dass er uber die Forderungen der Pilger verhandeln werde, die weit uber den Protest gegen die konigliche Kirchenpolitik hinausgingen. Auf diese Versprechen hin loste sich der Zug auf, worauf der Konig den Anfuhrern den Prozess machen ließ.
Mit dem kirchenpolitischen Machtgewinn war das drangendste Problem Heinrichs VIII. nicht gelost: das Fehlen eines mannlichen Erben. Im Mai 1536 ließ er Anne Boleyn hinrichten, offiziell wegen mehrfachen Ehebruchs. Wenige Tage darauf heiratete der Konig die Hofdame
Jane Seymour
. Sie brachte am 12. Oktober 1537 den Thronfolger
Eduard
zur Welt und starb im Kindbett. Bei der Suche nach einer neuen Frau fur den Konig spielte die gesamteuropaische Religionspolitik eine zentrale Rolle. Thomas Cromwell machte sich fur ein Bundnis mit den protestantischen Kraften im Reich stark und vermittelte eine Ehe Heinrichs mit
Anna von Kleve
. Als die Braut in England ankam, war der Konig angesichts ihrer reizlosen Erscheinung entsetzt, ging aber aus Bundnisgrunden die Ehe ein. Allerdings fiel Cromwell dadurch in Ungnade und wurde am 28. Juli 1540 wegen Verrats und Ketzerei hingerichtet. Eine Hofpartei hatte sich bereits zuvor gegen Cromwell fur ein Bundnis mit Frankreich eingesetzt. Sie brachte nun entsprechende Verhandlungen auf den Weg und fuhrte Heinrich die attraktive
Catherine Howard
zu. Die Ehe mit Anna von Kleve wurde umgehend geschieden, und Heinrich heiratete am Tag der Hinrichtung Cromwells Catherine.
Gleichzeitig ging Heinrich VIII. militarisch gegen das mit Frankreich verbundete Schottland vor. In der
Schlacht von Solway Moss
schlug 1542 ein englisches Heer die schottischen Truppen vernichtend. Vermutlich aus Schrecken uber diese Nachricht starb der schottische Konig Jakob V. 1543 startete Heinrich von Calais aus einen Feldzug gegen Frankreich, der mit einem großen militarischen Aufgebot lediglich die Eroberung
Boulognes
zur Folge hatte und damit eine strategische Niederlage war. Am 28. Januar 1547 starb Heinrich VIII.
Heinrich VIII. gliederte als Konig von England 1534?1542 das
Furstentum Wales
ein, das damit seine Unabhangigkeit endgultig verlor. Da das englische Recht und die englische Sprache als Amtssprache von nun galt, wurden die
walisisch
sprechenden Einheimischen unter anderem von offentlichen Amtern ferngehalten.
Die Regierungsgeschafte fur den noch unmundigen
Eduard VI.
ubernahm der 16-kopfige
Privy Council
, in dem der
Protektor
Edward Seymour
, der Bruder von Eduards Mutter, rasch eine dominierende Stellung einnahm. Seymour musste sich mit mehreren Problemen auseinandersetzen: Im Krieg gegen Frankreich und Schottland verlangte die offentliche Meinung von ihm Erfolge, gleichzeitig belasteten die Feldzuge die Staatskasse schwer. Außerdem war der kirchenpolitische Kurs unter den Mitgliedern des Councils und den Magnaten umstritten. Wahrend einige einen Anschluss an die Reformation verlangten, gab es auch zahlreiche Stimmen fur eine weitgehende Beibehaltung alter Glaubenspraktiken trotz der Losung von Rom. Edward Seymour hob angesichts dieser Frage zahlreiche Zensur- und Haresiegesetze auf, so dass sich eine breite Debatte entfaltete und ihn der Notwendigkeit zentraler Regelungen enthob. Mit mehreren Detailgesetzen vor allem zur Liturgie begunstigte der Lord Protector allerdings den Protestantismus. Das Wichtigste war das
Uniformitatsgesetz
von 1549, das das erste
Book of Common Prayer
als verbindliche Gottesdienstordnung festschrieb.
Gleichzeitig spitzte sich die soziale Lage zu. Grund dafur waren die hohen Abgaben zur Finanzierung des Krieges, das Bevolkerungswachstum sowie Missernten und die Inflation. Diese Spannungen entluden sich 1549 in
Devon
und
Cornwall
in der
Western Rebellion
. Anlass fur die Erhebungen war allerdings die Kirchengesetzgebung. Kleriker, die sich gegen die Beschneidung der kirchlichen Macht und fur eine Beibehaltung alter Gottesdienstformen einsetzten, wurden zu Anfuhrern der Rebellion. 1552 folgte ein zweites
Book of Common Prayers
, mit dem die Anglikanische Kirche sich endgultig dem Protestantismus anschloss.
Ab 1551 verlor Edward Seymour seine Macht zunehmend an
John Dudley, 1. Herzog von Northumberland
, den Vorsitzenden des Privy Council. Dieser bemuhte sich, den Krieg zu beenden und die Massenarmut zu bekampfen. In dieser Situation erkrankte der wenig robuste Eduard VI. 1553 an Tuberkulose. Da sein Tod absehbar war, ruckte eine alternative Thronfolge in den Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung. Offiziell war
Maria I.
weiterhin erbberechtigt. Als bekennende Katholikin hatte ihre Regierung erhebliche Umwalzungen und wohl auch die Absetzung und Bestrafung des Protestanten Dudley bedeutet. Dieser versuchte darauf entgegen der Thronfolgeregelung
Jane Grey
, eine Großnichte Heinrichs VIII., zur neuen Konigin aufzubauen. Als Eduard VI. im Juli 1553 starb, beanspruchte Dudley den Konigstitel fur Grey, wahrend Maria sich gleichzeitig selbst zur Konigin ausrief. Ein Versuch Dudleys, Maria gefangen zu nehmen, scheiterte, da seine Truppen desertierten, weil sie, wie die Mehrheit der Bevolkerung, Maria unabhangig von ihrer Konfession als legitime Konigin ansahen. Bald unterstutzte auch der Council Maria. Dudley wurde hingerichtet.
Am Anfang ihrer Herrschaft setzte
Maria
auf eine integrative Politik. Sie ließ einen Großteil des alten Privy Councils in seiner Machtposition und erganzte das Gremium durch personliche, meist katholische Vertraute. Zunachst machte sich ihre Rekatholisierungspolitik vor allem durch die Absetzung weniger, ausgesprochen protestantischer Bischofe und die Einsetzung entschiedener Katholiken bemerkbar. 1553 wurde die alte, katholische Liturgie weitgehend wiederhergestellt und die religiose Zensur wieder verscharft. Jedoch fuhrte erst Marias Heiratspolitik zu einer Verscharfung der konfessionellen Auseinandersetzungen. Durch ihre Heirat mit
Philipp II.
von Spanien 1554 stellte sie eine Verbindung zur fuhrenden katholischen Macht dar, die von den Magnaten und großen Teilen der englischen Bevolkerung abgelehnt wurde. Zwar machte sie zahlreiche Zugestandnisse, die eine spanische Einflussnahme auf die englische Politik verhindern sollte, dennoch wuchs die Unzufriedenheit mit ihrer Herrschaft. Ebenfalls 1554 wurde die anglikanische Kirche wieder Rom unterstellt. Vorerst erklarten sich die Magnaten und der Hochadel damit einverstanden, weil sie ihre Erwerbungen aus Kirchengut behalten durften. Die im gleichen Jahr wiederhergestellten Ketzergesetze bildeten jedoch die Grundlage fur die Verfolgung der Protestanten ab dem folgenden Jahr, in deren Verlauf knapp 300 Menschen auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Ein durchschlagender Erfolg der Rekatholisierung blieb jedoch aus, vor allem weil Maria bereits 1558 starb, ohne einen Thronerben geboren zu haben. Lediglich außenpolitisch kam es zu einer Annaherung an Spanien, indem England sich ihm 1557 im Krieg gegen Frankreich anschloss, ein Unternehmen, das sich jedoch zu einem Desaster entwickelte, als am 7. Januar 1558 Englands letzter Bruckenkopf auf dem Kontinent, die Hafenstadt
Calais
, von Frankreich erobert wurde. Abgesehen davon gelang es Maria jedoch, die Krone durch eine Reihe von Reformen auf eine stabile finanzielle Basis zu stellen und ein
Flotte
nbauprogramm in die Wege zu leiten, das fur England in den folgenden Jahrhunderten
eine bedeutsame Rolle spielen wurde
.
Geistesleben im Spatmittelalter und in der Fruhen Neuzeit
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Die Sprache des Londoner Umlandes setzte sich zunehmend als gesamtenglische Hochsprache durch, wobei sie zahlreiche Lehnworter aus dem Franzosischen ubernahm. Nachdem die Literatur im Hochmittelalter fast ausschließlich einen kirchlichen Zusammenhang hatte, traten zum Ende des Mittelalters hin vermehrt Laien als Autoren auf. Das sich herausbildende englische Nationalbewusstsein schlug sich zunehmend auch in der in Landessprache verfassten Literatur nieder. Die Fahigkeit zum Lesen und Schreiben verbreitete sich zunehmend unter den stadtischen Handwerkern und Handlern. 1525 erschien die erste englische Ausgabe des Neuen Testaments, die direkt aus der
Vulgata
ubersetzt worden war. Allerdings machte sich beginnend mit der
Renaissance
im 15. Jahrhundert eine Ruckbesinnung auf die
Antike
im Zeichen des
Humanismus
bemerkbar. Ebenfalls in diesem Jahrhundert ist eine Welle von kirchenunabhangigen Schulgrundungen feststellbar. In den Lehrplanen der Universitaten von Oxford und Cambridge wurden im Rahmen der Reformation unter Heinrich VIII. die religiosen Facher aus ihren dominierenden Stellungen befreit. Ab 1500 stiegen die Zahlen der Studierenden deutlich an. Zunehmend nutzten adlige Sohne die Universitaten, da der Adel insgesamt hoheren Wert auf Bildung legte. Ebenfalls als Folge der Reformation loste Englisch Latein als Messsprache ab. Bildende Kunst und Architektur erlebten als Folge der religiosen Umbruche und der damit verbundenen Kirchenplunderungen im 16. Jahrhundert eine Phase, in der kaum neue Werke entstanden.
Der Thronfolgeregelung Heinrichs VIII. zufolge und auch nach den Zusicherungen, die Maria I. bei ihrer Heirat den Magnaten gemacht hatte, bestieg
Elisabeth I.
1558 den Thron. Die neue, protestantische Konigin wurde vom Volk begeistert aufgenommen. Vom Beginn ihrer Herrschaft an war eine mogliche Heirat der Konigin das bestimmende Thema. Mehrfach forderten Parlamente sie dazu auf, mit dem Ziel, einen mannlichen Thronfolger zu erhalten.
Zunachst wurde Elisabeth aber religionspolitisch fur den Protestantismus aktiv. Noch im Jahr ihrer Thronbesteigung hob sie die romische Hoheit uber die englische Kirche wieder auf. 1559 ließ sie samtliche Beamte, darunter alle Geistlichen, einen Eid auf sich als Oberhaupt der Kirche schworen. 17 Bischofe, die von Maria eingesetzt worden waren, verweigerten diesen Eid und wurden ihrer Amter enthoben. Die religiose Konformitat der einfachen Bevolkerung wurde im gleichen Jahr mit einer Pflicht zum Gottesdienstbesuch festgeschrieben. Theologisch wurde die Anglikanische Kirche 1563 mit den vom Klerus erstellten
39 Articles
endgultig auf den Protestantismus ausgerichtet, die 1571 Gesetzeskraft erhielten. Entschiedene Protestanten, denen dies nicht weit genug ging, sammelten sich in der Bewegung der
Puritaner
, von denen ein Teil sich ab 1570 unter der Bezeichnung
Presbyterianer
weiter radikalisierte. Elisabeth ließ gegen diese Stromungen scharf vorgehen, so dass es in der Anglikanischen Kirche ab 1590 praktisch keinen Widerstand gegen die konigliche Kirchenpolitik mehr gab. Rom reagierte auf die Hinwendung zum Protestantismus 1570 mit der
Exkommunikation
Elisabeths und einer gezielten
Gegenreformation
. Ab 1574 sickerten katholische Geistliche, bald auch
Jesuiten
, nach England ein. Insgesamt sollen wahrend der Regierungszeit Elisabeths 650 katholische Priester in England gewirkt haben. Sie wurden vor allem verdeckt in den Haushalten von Adel und Gentry aktiv, im einfachen Volk fand der Katholizismus keine Anhanger mehr. Elisabeth reagierte mit scharfen antikatholischen Gesetzen. Ab 1585 wurde die Todesstrafe gegen entdeckte katholische Priester verhangt. Insgesamt ließ Elisabeth 133 Priester und 63 katholische Laien hinrichten.
Elisabeths erste außenpolitische Aktivitaten konzentrierten sich auf Schottland. Dort hatte
Marie de Guise
, die Witwe Jakobs V., sich den massiven Unmut des Adels zugezogen, weil sie mit Hilfe zahlreicher franzosischer Berater und Soldaten regierte. Elisabeth unterstutzte einen 1559 ausbrechenden Aufstand protestantischer schottischer Adliger. Nach dem Tod Maries 1560 wurde der
Vertrag von Edinburgh
geschlossen, der den englischen Einfluss auf Schottland steigern und den franzosischen vermindern sollte. Kurz darauf kam jedoch
Maria Stuart
, die Witwe
Franz’ II. von Frankreich
, nach Schottland und machte ihre Anspruche auf den Thron geltend. Da sie erbrechtlich die legitime Thronfolgerin war, akzeptierten auch die protestantischen Adligen zunachst die katholische Konigin. Nachdem Maria jedoch 1567 ihren schottischen Gatten toten ließ, brach ein allgemeiner Aufstand gegen sie los, der sie dazu zwang, zu Gunsten ihres einjahrigen Sohnes
Jakob
auf die Krone zu verzichten und einen protestantischen Regenten anzuerkennen. Im Mai 1568 floh Maria Stuart nach England und begab sich unter den Schutz Elisabeths. Diese befand sich damit in einer politischen Zwickmuhle: Maria war eindeutig die legitime, durch einen Aufstand vertriebene Konigin Schottlands. Hatte Elisabeth diesen Anspruch aber unterstutzt, ware im Nachbarland wieder eine katholische Herrscherin auf den Thron gekommen. Obwohl die Parlamente wiederholt auf die Hinrichtung Maria Stuarts drangten, erfolgte diese erst am 8. Februar 1587.
Unterdessen hatte sich das Verhaltnis zwischen England und Spanien verschlechtert. Wahrend Spanien den Katholizismus in England unterstutzte, griffen englische Freibeuter mit Billigung Elisabeths spanische Schiffe im Armelkanal an und unterstutzte England die protestantischen Niederlande bei ihrem
Aufstand
gegen die spanische Herrschaft. Darauf reagierte Spanien mit Angriffen auf die englisch-niederlandischen Handelslinien. 1569 brach im Norden Englands ein von Spanien unterstutzter Aufstand los, den Elisabeth nur mit massiver Gewaltanwendung und dank der Unterstutzung durch die protestantischen Krafte Schottlands niederschlagen konnte. Elisabeth intensivierte darauf ihre Unterstutzung fur die inzwischen organisierten Aufstandischen in den Niederlanden um
Wilhelm von Oranien
. 1574 entspannte sich die Lage vorubergehend, als
Philipp II.
und
Elisabeth I.
ein Abkommen schlossen, das ihnen gegenseitig die Unterstutzung von Rebellen untersagte und den Handel zwischen beiden Reichen wieder anlaufen ließ. Dennoch wuchsen in England und Spanien jeweils die inneren Ressentiments gegen den anderen Staat. Schließlich beschloss Philipp 1585 eine groß angelegte Invasion Englands, bei der er vom Vatikan finanziell massiv unterstutzt wurde.
1588 besiegte die technisch uberlegene englische Flotte die
Armada
in einer Reihe von Seeschlachten im Kanal. Sturme vernichteten die fliehende spanische Flotte endgultig. Damit begann Englands Aufstieg zur See- und Kolonialmacht. Zwar hatte es bereits um 1500 erste englische Expeditionen nach Nordamerika gegeben, doch war zunachst keine gezielte Eroberungspolitik betrieben worden. Uberseehandel im großeren Umfang fand erst ab 1550 statt und beruhte vor allem auf den Initiativen einzelner englischer Handler. Im Verlauf der Auseinandersetzung mit den Spaniern unterstutzte die Krone zunehmend den Handel und die Freibeuterei im Einflussbereich Spaniens. Einen ersten Hohepunkt erreichte die Seefahrtnation England mit der Weltumseglung
Francis Drakes
1577 bis 1580. In der englischen Offentlichkeit propagierten mehrere Kampagnen die Kolonisierung und den Uberseehandel. Der
englisch-spanische Krieg
endete erst 1604.
Ab 1600 kam es in Irland, das noch uber einen großen katholischen Bevolkerungsanteil verfugte, zu einem von Spanien mit Truppen unterstutzten
Aufstand gegen die englische Herrschaft
. Bis 1607 schlugen die englischen Truppen die Bewegung aber nieder. Nach dieser Entscheidung begann die englische Kolonisierung, die zuvor nur in kleinen Schritten vorangegangen war, die ganze Insel zu umfassen.
Ab 1590 begann der Ruckhalt fur
Elisabeth I.
zu schwinden. Wichtigster Grund dafur war die wachsende Steuerlast. Bis zum Sieg gegen die Spanier hatte sie die Bevolkerung nur gering finanziell belastet. So musste sie in den 45 Jahren ihrer Herrschaft die Parlamente, deren Hauptaufgabe die Bewilligung neuer Steuern waren, nur 13 Mal einberufen. Da aber auf die Vernichtung der Armada fortgesetzte Kampfe mit Spanien folgten, wuchs der Geldbedarf des Staates rasch. Zudem hatte Elisabeth ein System aus Amtern am Hof, im Justizsystem und der Kirche sowie wirtschaftliche Privilegien geschaffen, mit der sie wichtige Magnaten belohnte. Dieses System verschlang in den Jahren vor ihrem Tod 1603 immer großere Summen und belastete den Haushalt zusatzlich.
Um 1550 war die englische Bevolkerung nach der Pest wieder auf rund drei Millionen angewachsen. Die Landbevolkerung stellte bei weitem die Mehrheit. Allerdings verfugte
London
um 1500 bereits uber 60.000 Einwohner und wuchs bis zum Ende des Jahrhunderts auf rund 215.000 Menschen an. Die um 1500 nachstgroßten Stadte waren deutlich kleiner:
Norwich
mit 12.000 und
Bristol
mit 10.000 Einwohnern. In London bildete sich auch eine einflussreiche Fernhandlerschicht, die vor allem die Route London-Antwerpen bediente und sich mit der Gilde der
Merchant Adventurers
um 1500 erstmals einen institutionellen Rahmen gab. Nicht zuletzt diese von den Konigen mit vielen Privilegien versehene Gilde fuhrte zum Aufstieg Londons und zugleich zum Verkummern des Fernhandels in den ubrigen Hafenstadten Englands.
Das starke Bevolkerungswachstum und die endgultige Durchsetzung der Geldwirtschaft in allen Lebensbereichen fuhrten zu einem erheblich wachsenden Bedarf an Munzgeld, der wiederum eine deutliche Verschlechterung des Munzmetalls und eine
Inflation
nach sich zog. Diese Entwicklung fuhrte zur Verelendung weiter Kreise der Arbeiterschaft, die auf die in Geld ausgezahlten Lohne angewiesen war. Gewinne machten dagegen sowohl adlige als auch bauerliche Grundbesitzer sowie Lebensmittelhandler und teilweise auch Pachter mit langfristigen Pachtvertragen. Insgesamt stieg die Bedeutung der Lebensmittelproduktion fur den Verkauf und nicht mehr nur fur den eigenen Unterhalt stark an, insbesondere zur Versorgung der stark wachsenden Metropole London. Dies zog auch technische Neuerungen nach sich, so die Erganzung der Dreifelderwirtschaft durch bodenverbessernde Futterpflanzen, gezielte Dungung und die zeitweise Beweidung von Ackerland, die die bisherige Brache weitgehend verdrangten. Als weitere Erwerbsquelle in der Winterzeit bildete sich fur die Landbevolkerung das
Verlagssystem
, vor allem in der Textilherstellung, heraus.
Die englische Bauernschaft der fruhen Neuzeit teilte sich in drei Gruppen. Am schlechtesten gestellt waren die Leaseholders (um 1500 rund ein Neuntel der Bauern). Sie verfugten uber Pachtvertrage mit begrenzter Laufzeit, die immer wieder neu ausgehandelt wurden. Sie wurden dadurch von der Inflation am hartesten getroffen. Die Copyholders stellten mehr als die Halfte der Bauernschaft. Ihre
Erbpachtvertrage
waren praktisch unkundbar und sahen auf sehr lange Frist festgelegte Zahlungen vor. Die Freeholders (etwa ein Funftel) waren zwar nominell dem Grundherren abgabepflichtig, traten im Prinzip aber als freie Bauern auf.
Durch das gesamte 16. Jahrhundert hindurch gab es immer wieder Auseinandersetzungen um die Privatisierung der
Allmenden
um die Bauerndorfer herum. Wahrend die Grundbesitzer versuchten, dieses Land in Privatbesitz umzuwandeln
(
Enclosure
)
, um die ertragreiche Lebensmittelproduktion zu steigern, waren die landlosen Arbeiter angesichts der Inflation zunehmend auf die Nutzung des Gemeinschaftseigentums angewiesen, um sich selbst versorgen zu konnen. Auch die Regierung erkannte diese Zusammenhange und versuchte die Privatisierung der Allmende mit Gesetzen zu verhindern, setzte sich damit aber nur teilweise gegen die Interessen der Grundbesitzer durch.
Im 16. Jahrhundert begannen in England, weitaus fruher als im ubrigen Europa, die gesellschaftlichen Schranken zwischen niederem Adel (
Gentry
) und Burgertum zu verschwinden. Einflussreiche, vermogende und gebildete Burgerliche konnten im Ansehen auf eine Ebene mit dem Adel gelangen. Umgekehrt war es fur nicht erbberechtigte jungere Sohne aus adligen Familien spatestens am Ende des 16. Jahrhunderts nicht ehrenruhrig, eine Karriere als Handler zu machen, obwohl bei weitem die Mehrheit sich fur eine klerikale oder militarische Laufbahn entschied.
Eng mit der Reformation verbunden und eine Bedingung fur den Wirtschaftsaufschwung in dieser Epoche war eine gewandelte Einstellung zu Erwerbsarbeit und Reichtum. In kaum einem anderen Land setzte sich die
protestantische Arbeitsethik
dermaßen konsequent durch wie in England. Erwerbsarbeit wurde als gottlich aufgegebene Pflicht des Menschen verstanden und der daraus erworbene Reichtum als Gradmesser fur die gottliche Gnade. Neben dem wirtschaftlichen Aufschwung zog diese Mentalitatsveranderung eine restriktive
Armengesetzgebung
nach sich, die offentliche Unterstutzung nur noch den Bedurftigen zukommen ließ, die als nicht arbeitsfahig angesehen wurden. Zum Unterhalt dieser Armen in den jeweiligen kommunalen Gemeinschaften wurden die besitzenden Burger ab 1563 gesetzlich unter der Androhung von Haftstrafen gezwungen. Auf der anderen Seite wurden arbeitsfahige Arme spatestens ab 1576 auch mit Zwangsmaßnahmen zur Arbeit verpflichtet. Daraus entwickelten sich die
Arbeitshauser
, bei denen es sich de facto meist um Zwangsarbeitslager handelte, in die Arme eingewiesen wurden, auch ohne eine Straftat begangen zu haben.
Im 16. Jahrhundert, insbesondere in seiner zweiten Halfte, kam es zu einer deutlichen Nationalisierung der englischen Kultur. Der Nationalcharakter und die Uberlegenheit des eigenen Landes wurden in der Literatur hervorgehoben, insbesondere in historischen und heimatgeografischen Werken. Als Projektionsflache dieses Verstandnisses diente haufig auch Elisabeth, was sich insbesondere im Aufschwung der Festkultur in Verbindung mit politischen Ereignissen (Thronjubilaen, Geburtstage, Sieg uber die Armada) zeigte.
Geradezu ein ?goldenes Zeitalter“ erlebte das
Theater
, insbesondere mit
William Shakespeare
an der Wende zum 17. Jahrhundert. Im Schauspiel schlug sich die
Renaissance
in England am deutlichsten nieder. In dieser Literaturform wird das
mittelalterliche Theater
durch die Orientierung an antiken Vorbildern ersetzt, wobei der selbstbestimmte und handelnde Einzelmensch in den Blickpunkt ruckt. Ab 1570 wurden große, offentliche Theaterhauser wie das
Globe Theatre
errichtet, wodurch die neuen Dramen eine große Breitenwirkung entfalteten. Als weitere bedeutende Literaturform kam das
Sonett
auf.
Daruber hinaus war das
elisabethanische Zeitalter
auch musikalisch außerst aktiv. Sowohl am Konigshof als auch an den Hofen machtiger Adliger und in den großen Stadten bildeten sich Instrumental- und Chorensembles, in burgerlichen Haushalten wurde ebenfalls musiziert. Besonders beliebt waren
Lauten
und fruhe Tasteninstrumente. Bei den Kompositionen mischten sich italienische Einflusse mit volkstumlicher englischer Musik, insbesondere in Tanzen und
Madrigalen
.
Elisabeths Nachfolge trat 1603
Jakob I.
an, der Sohn
Maria Stuarts
. Der 37-Jahrige hatte bereits Herrschaftserfahrung als Konig von Schottland gesammelt und vertrat eine fur seine Zeit ungewohnlich liberale Haltung in religiosen Fragen, aber ein bereits
absolutistisches
Herrschaftsverstandnis auf der Grundlage des
Gottesgnadentums
des Herrschers. Beim Parlament, das sich ohnehin in seiner Zeit zunehmend von der Krone emanzipierte, stieß er damit auf Ablehnung. Ab 1621 setzte das Parlament ein neues Mittel im Machtkampf ein: das
Impeachment
. Dabei handelte es sich um ein gelegentlich schon im Mittelalter verwendetes Anklageinstrument, mit dem beide Parlamentskammern in Kooperation einen außergerichtlichen Prozess gegen konigliche Beamte fuhren konnten. Im gleichen Jahr versuchte das Parlament auch, ein grundsatzliches Recht zu Beratungen uber alle Staat und Kirche betreffenden Themen durchzusetzen, konnte sich damit jedoch nicht gegen den Konig behaupten. Einstweilen blieb die Versammlung von der Vorgabe von Themen durch den Konig abhangig. Zusatzliche Macht wuchs dem Parlament zu, weil sich verschiedene
Hofparteien
je nach momentaner Interessenlage mit ihm verbundeten.
In der Bevolkerung war Jakob als ?Schotte“ ebenfalls wenig beliebt. Dass er im Gegensatz zu Elisabeth eine aufwandige und teure Hofhaltung pflegte und sich mit Katholiken und Spaniern umgab, machte ihn noch unpopularer. Verschiedene Projekte, wie die Vereinigung Englands und Schottlands, scheiterten am massiven Widerstand in beiden Landern.
Ahnlich gering war sein Erfolg in der Religionspolitik. Auf der Hampton Court Conference 1604 kam es zu keiner grundlegenden Einigung mit der puritanischen Bewegung. Jakob trat aber erfolgreich Forderungen nach einer erneuten Katholikenverfolgung nach dem
Gunpowder Plot
von 1605 entgegen. Einzelne Vertreter des aufkommenden
Arminianismus
forderte Jakob, ebenso verfuhr er mit kooperationsbereiten Puritanern. Die Schulden, die Elisabeth hinterlassen hatte, wuchsen durch Jakobs prunkvolle Hofhaltung, die Inflation und zunehmende Steuerhinterziehung deutlich an. Bemuhungen Jakobs um eine Reform des Steuerwesens und damit eine Verstetigung der Einnahmen scheiterten am Parlament. Die Finanzkrise konnte er nur dadurch mildern, dass er verstarkt Adelstitel verkaufte.
Gestaltungsspielraum eroffnete sich in
Irland
. 1607, nach dem Ende des von Spanien unterstutzten Aufstands, waren mehrere galische Adlige ins Exil geflohen, darunter auch mehrere Grafen. Im gleichen Jahr zog Jakob I. sechs der neun Grafschaften
Ulsters
ein und begann das Land an Auswanderer aus England und Schottland neu zu verteilen. Flankiert wurde diese Bevolkerungsverschiebungen mit dem Ausbau von Wirtschaft, Kirchenstruktur und eines protestantischen Schulsystems. Dennoch kam es haufig auch zur Ubernahme galischer Lebensweise durch die Siedler. Auch das irische Parlament wurde neu gegliedert und erwies sich im Gegensatz zum englischen in den folgenden Jahrzehnten meist als Unterstutzer der Stuart-Konige. Allerdings begann unter Jakob bereits der Entfremdungsprozess zwischen der Stuart-Dynastie und ihrem Ursprungsland Schottland. Die Abwesenheit des in Westminster residierenden Konigs fuhrte dazu, dass sich sowohl die Versammlung der Clanfuhrer als auch das gerade erst gebildete schottische Parlament verselbststandigten. Zudem konnte der Konig uber die presbyterianische und damit ?von unten“, also von der Gemeindeebene, organisierte schottische Kirche kaum Einfluss auf das Land ausuben.
Unmittelbar nach seinem Herrschaftsantritt beendete Jakob den Krieg gegen Spanien. Anschließend versuchte er durch Heiratsverhandlungen uber seine Tochter Elisabeth auch auf dem europaischen Kontinent maßigend in die Auseinandersetzungen zwischen den Konfessionen einzugreifen. Nachdem Elisabeth aber mit
Friedrich V. von der Pfalz
verheiratet worden war, drohte Jakob nach der umstrittenen Konigswahl seines Schwiegersohns selbst in den ausbrechenden
Dreißigjahrigen Krieg
hineingezogen zu werden. Letztendlich beschrankte er sich aber auf diplomatische Bemuhungen um eine Beilegung des Konflikts. Ebenfalls ab 1604 fuhrte Jakob Heiratsverhandlungen fur den Thronfolger
Karl
. Nachdem Elisabeth mit einem Protestanten verheiratet war, konzentrierten sich die Heiratsverhandlungen fur Karl schnell auf die katholische Hegemonialmacht Spanien, die auch wegen ihres Reichtums fur England interessant war. Jedoch lehnte das Parlament eine Bindung an Spanien ab, weil es eine Starkung des Katholizismus in England furchtete. Die Verhandlungen zogen sich uber Jahre hin. Nach einer Reise Karls nach Spanien 1622 wurden die Verhandlungen offiziell beendet und der Thronfolger trat fur einen erneuten Krieg gegen Spanien ein. Jakob willigte schließlich in einen Feldzug gegen die von Spanien besetzte Pfalz ein. In dieser außenpolitisch schwierigen Lage, die durch einen Heiratsvertrag mit Frankreich weiter verkompliziert wurde, starb Jakob I. 1625.
Karl I.
ahnelte in mancher Hinsicht seinem Vater: Auch er war an Kunst und Wissenschaft interessiert und betrieb eine prunkvolle Hofhaltung. Unmittelbar nach seiner Thronbesteigung begann das von ihm zuvor propagierte Eingreifen in den Dreißigjahrigen Krieg auf protestantischer Seite, die jedoch mit einer verheerenden Niederlage der Expedition in die Pfalz schnell scheiterte. Ebenfalls noch 1625 wurde die Ehe mit der franzosischen Prinzessin Henrietta Maria, der Tochter
Heinrichs IV.
, geschlossen.
Der militarische Misserfolg in der Pfalz hatte erhebliche Kosten verursacht, die Karl mit Steuern zu decken versuchte, die das Parlament, das ja ebenfalls den Kriegseintritt gefordert hatte, bewilligen sollte. Die Versammlung verweigerte dies jedoch und schrankte sogar die konigliche Verfugung uber die Zolleinnahmen weiter ein. Daruber hinaus leitete es 1626 ein Impeachment gegen
George Villiers
ein. Der Gunstling des Konigs war als Kommandeur einer Flotte bei einem Angriff auf
Cadiz
gescheitert. Karl loste darauf das Parlament auf, musste es aber 1628 wieder einberufen, weil alternative Versuche der Staatsfinanzierung durch Zwangsanleihen kaum Ertrag gebracht hatten. Das Parlament gewahrte dem Konig zwar letztendlich die Steuern, ließ sich jedoch mit einem betrachtlichen Ausbau seiner Macht vergelten: Mit der
Petition of Right
setzte es erstmals ein
Initiativrecht
fur Gesetze durch; zuvor hatte es lediglich koniglichen Gesetzen zugestimmt oder sie abgelehnt. Die Petition selbst enthielt eine Reihe von Anschuldigungen gegen den Konig, dass er seine Befugnisse gegenuber hergebrachtem englischen
Gewohnheitsrecht
und der
Magna Carta
uberschritten habe. Karl sagte mit seiner Zustimmung zur Petition zu, dass er ein solches Vorgehen in Zukunft unterlassen werde. Im folgenden Jahr gab es Auseinandersetzungen um die Interpretation des Gesetzes, in deren Verlauf der Konig das Parlament fur elf Jahre aufloste. Dies anderte jedoch nichts am Machtgewinn des Parlaments auf Kosten der Krone.
Ohne ein Parlament und damit ohne bewilligte Steuern war nicht nur der finanzielle Spielraum Karls I. beschrankt, sondern auch seine Moglichkeiten zum außenpolitischen Agieren. Deshalb schloss Karl schnell Frieden mit Frankreich und Spanien. In den folgenden Jahren verscharften sich die innenpolitischen Spannungen weiter. Der Konig erschien vielen Untertanen wie sein Vater als absolutistischer Herrscher. In den Augen der Bevolkerung war die Legitimitat der koniglichen Herrschaft ohne das Parlament fraglich. Vor allem die in vielen Fallen tatsachlich willkurliche Erhebung von zusatzlichen Abgaben, die Karl zum Regieren ohne Steuern dringend benotigte, fuhrte zu wachsendem Widerstand, ebenso Verwaltungsreformen und die Begunstigung der
Arminianer
durch den Konig. Daruber hinaus entstand auf Grund des Ehevertrags mit Henrietta Maria erneut eine starke katholische Partei am Hof. Positiv aus Sicht des Konigs entwickelte sich vor allem Irland. Unter der harten Regentschaft von
Thomas Wentworth
gedieh das Land wirtschaftlich. 1641 flammte allerdings der galische Widerstand wieder auf und entglitt schnell der Kontrolle seiner Anfuhrer, rund 12.000 protestantische Siedler kamen in ihrem Verlauf um. In Schottland hatte Karl I. bereits bei seinem Regierungsantritt Unmut unter den Adligen ausgelost, als er zahlreiche Privilegien aufzuheben versuchte. Versuche der Einflussnahme auf die schottische Kirche riefen ab 1637 eine breite Protestbewegung hervor, die den Konig zur Einberufung einer großen Kirchenversammlung zwang. Diese erklarte samtliche Bischofe fur abgesetzt und stellte ein eigenes Heer auf, das 1640 sogar in Nordengland einfiel.
Mit dem Krieg gegen die Schotten begann eine schwere Krise der englischen Monarchie. Um den Kampf im Norden finanzieren zu konnen, musste Karl I. wieder ein Parlament einberufen. Dessen Mitglieder waren aber wegen ihrer vorangegangenen elfjahrigen Ausschaltung zu keinen Zugestandnissen bereit. Nach nur einem Monat loste Karl das Parlament im Mai 1640 wieder auf. Im Sommer konnte der Konig die schottische Invasion nur beenden, indem er einer Zahlung von 850 Pfund taglich bis zu einem endgultigen Frieden zustimmte. Damit brachen die Staatsfinanzen endgultig zusammen. Am 3. November 1640 trat das
Long Parliament
zusammen, das bis 1660 bestehen sollte. Unter dem Wortfuhrer
John Pym
setzte das Parlament die Absetzung und teilweise Hinrichtung koniglicher Berater durch. Zahlreiche konigliche Privilegien wurden abgeschafft. Vor allem aber erkampfte sich das Parlament das Recht, nicht mehr ohne die eigene Zustimmung aufgelost werden zu durfen. Bald kam es aber uber allzu radikale Forderungen zur Spaltung des Parlaments. Eine royalistische Gruppe bildete sich heraus, die grundsatzlich Karl I. gegenuber verhandlungsbereit war. Zudem spielte die offentliche Meinung, vor allem die der Londoner Stadtbevolkerung, eine immer großere Rolle in der Auseinandersetzung zwischen Konig und Parlament. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, nach denen Karl im Januar 1642 London verließ.
In dieser Burgerkriegsstimmung riss das Parlament die Aushebung von Milizen an sich, was Karl wiederum damit beantwortete, dass er uber ein altes konigliches Recht seinerseits Truppen aufstellen ließ. Ende August 1642 brach der Burgerkrieg offen aus. Neben der Auseinandersetzung zwischen Monarchie und aufkeimendem Parlamentarismus lassen sich die Fronten auch anhand religioser, wirtschaftlicher und Generationsunterschiede ausmachen. Unter harten Kampfen stieß die konigliche Armee im Herbst 1642 bis auf London vor. Auf eine Belagerung oder einen Sturm verzichtete Karl, sondern strebte Verhandlungen an und unterbrach im Winter lediglich die Kohlezufuhr. Als die Verhandlungen keine Ergebnisse erbrachten, erließ das Parlament unter Pym weitgehende Zwangsmaßnahmen zur Kriegsfinanzierung. Dennoch brachte das Jahr 1643 weitere Siege der koniglichen Truppen. Auch in dieser Lage blieben Verhandlungen ergebnislos. 1644 wendete sich das Blatt: Schottische Truppen unterstutzten das Parlament und vertrieben die koniglichen Einheiten aus Nordengland. Gleichzeitig zerschlugen Parlamentstruppen unter
Oliver Cromwell
ein aus Irland ubergesetztes konigliches Heer. Dann folgten Auseinandersetzungen innerhalb des parlamentarischen Lagers, zunachst uber die zukunftige Struktur der Kirche Englands, dann uber die Heeresorganisation (
New Model Army
). Am 14. Juni 1645 wurde Karl I. bei Naseby vernichtend geschlagen und begab sich in die Gefangenschaft der Parlamentstruppen. In dieser Situation tat sich eine neue Spaltung auf: Die Parlamentsarmee begann uber gewahlte Sprecher als eigenstandiges politisches Gebilde mit eigener, auf dem Puritanismus aufbauender Ideologie zu agieren und sich dem Parlament zu widersetzen. Schließlich marschierte die New Model Army 1647 auf London. Es gab mehrere Verfassungsvorschlage, in denen Konig, Parlament und Armee jeweils verschiedene Rollen spielen sollte. Eine Einigung gab es nicht. Im November 1647 floh Karl I. auf die
Isle of Wight
. 1648 kam es zunachst zu einem royalistischen Aufstand gegen das Parlament und dann zu einem erneuten Einfall schottischer Truppen, diesmal allerdings mit dem Ziel, den Konig wieder einzusetzen. Bis zum Jahresende gelang es den Parlamentstruppen unter Oliver Cromwell allerdings, den royalistischen Widerstand endgultig zu brechen. Am 8. Dezember 1648 ubernahm die Armee endgultig die Macht: Sie ließ nur einen Teil der Parlamentsmitglieder an Sitzungen teilnehmen. Dieses Rumpfparlament loste entsprechend puritanischer Vorstellungen die Kirchenorganisation oberhalb der Gemeindeebene auf und leitete einen Prozess gegen Karl I. wegen Tyrannei ein. Am 30. Januar 1649 wurde der Konig in
Whitehall
hingerichtet.
Nach der Hinrichtung des Konigs gab das Rumpfparlament England eine neue Staatsordnung. Das
Commonwealth and Free State
, wie das Land nun hieß, besaß das Parlament als Legislative und den Staatsrat mit seinem Vorsitzenden
Oliver Cromwell
als Exekutive. Die versprochenen Wahlen schob das Parlament immer weiter hinaus, um den Royalisten keine Gelegenheit zum Erstarken zu geben. Cromwell wurde nach Irland geschickt, um den dortigen Aufstand niederzuschlagen, was er bis 1650 in einem blutigen, religios begrundeten Feldzug tat. Unterdessen hatten die Schotten
Karl II.
, Sohn von Karl I., zum Konig gewahlt, der mit dem Sammeln von Truppen zur Ruckeroberung des englischen Throns begann. Nachdem Cromwell das Heer Karls bei Dunbar besiegt, Edinburgh besetzt und den nach Nordengland einfallenden Konig bei Worcester endgultig geschlagen hatte, brach der Widerstand in Schottland schnell zusammen. Karl II. floh nach Frankreich. Unterdessen waren einige der 1648 ausgeschlossenen Parlamentarier wieder in das Rumpfparlament zuruckgekehrt. Eine Regelung der religiosen Fragen blieb aber aus. Zwar wurden einige puritanisch beeinflusste Verordnungen erlassen, doch setzten letztendlich die einzelnen Gemeinden ihre eigenen Regeln fest. Mit der
Navigationsakte
bekundete das Parlament 1651 den Seemachtsanspruch Englands und loste den
Ersten Englisch-Niederlandischen Seekrieg
aus. 1653 brachen die Konflikte zwischen dem Rumpfparlament und der aus Irland zuruckgekehrten Armee wieder aus. Am 20. April loste Oliver Cromwell schließlich das Parlament auf. Darauf bildete er das
Parliament of Saints
, das vor allem aus Kirchenvertretern mit
puritanischer
Ausrichtung und Vertretern der radikalen
Levellers
-Bewegung bestand. Uber Fragen des Kirchenzehnten spaltete sich das Parlament und es kam zu Auseinandersetzungen, in deren Verlauf Cromwell im Dezember 1653 das Parlamentsgebaude gewaltsam raumen ließ.
Nach diesem Misserfolg entwarf Oliver Cromwell eine Verfassung, die das unruhige Land stabilisieren sollte. Neben einem Parlament mit verbrieften Rechten und erstmals mit Abgeordneten aus England, Irland und Schottland war das neu geschaffene Amt des
Lordprotektors
, das Cromwell selbst ubernahm, das Machtzentrum dieser Verfassung. Die fortgesetzten religiosen Auseinandersetzungen versuchte Cromwell durch das weitgehende Abschaffen einer weisungsbefugten staatlichen Kirche zu beenden, was de facto sogar eine Art Religionsfreiheit fur Katholiken und Juden zur Folge hatte. Doch auch das neue Parlament geriet rasch in Konflikt mit der Armee und wurde bald wieder aufgelost. Als 1655 ein erneuter Krieg mit Spanien ausbrach, musste Cromwell zur Steuerbewilligung wieder ein Parlament einberufen, das eine Einschrankung der religiosen Toleranz forderte, zugleich Cromwell aber die Konigskrone anbot. Dieser lehnte zwar ab, in der folgenden Zeit entstanden durch die bessere Zusammenarbeit zwischen Oliver Cromwell und dem Parlament aber eine Reihe von Gesetzen, die dem Land wieder feste politische Strukturen gaben.
Als Oliver Cromwell am 3. September 1658 starb, wurde sein Sohn
Richard Cromwell
sein Nachfolger, den die Armee jedoch schnell wieder absetzte. Anschließend beriefen die dominierenden Generale das Rumpfparlament wieder ein, losten es dann aber nach erneuten Spannungen zwischen Parlament und Armee wieder auf. Nachdem diese Versuche gescheitert waren, gewann die Idee einer Monarchie Anhanger. Die Generale
George Monck
und
Thomas Fairfax
ubernahmen mit ihren loyalen Truppen die militarische Kontrolle uber das Land. Monck zog 1660 im Triumphzug in London ein. Dort trat das Rumpfparlament erneut zusammen und nahm alle 1640 ausgeschlossenen Mitglieder wieder auf. Dieses Parlament schrieb fur Marz 1660 Wahlen zu einer Ubergangsversammlung aus, die dadurch neu legitimiert wurde. Parallel wurden Verhandlungen mit
Karl II.
gefuhrt. Nachdem dieser eine Straffreiheit fur alle wahrend des Commonwealth begangenen Verbrechen sowie die Religionsfreiheit verkundete, wurde er mit Jubel als neuer Konig empfangen.
Karl II.
betrieb mit Hilfe des Parlaments und der Anglikanischen Kirche eine
Restaurationspolitik
. Mit mehreren Gesetzen wurden in Karls ersten Herrschaftsjahren die meisten presbyterianischen Geistlichen aus ihren Amtern vertrieben. Nach der relativen religiosen Liberalitat des Commonwealth setzte wieder eine Phase der rigiden Kirchenpolitik ein. Grundsatzlich wurden alle Gesetze widerrufen, denen Karl I. nicht mehr zugestimmt hatte. Insbesondere wurde das Parlamentswahlrecht wieder auf den Stand vor dem Commonwealth zuruckversetzt und an den Besitz gebunden. Die Macht des Konigs wurde noch uber dieses Maß hinaus gesteigert, indem er die Einnahmen aus verschiedenen Steuern fest zugesprochen erhielt, also ohne Notwendigkeit der wiederholten Bewilligung durch das Parlament. Irland und Schottland erhielten wieder eigene Parlamente, wobei das schottische kaum noch einberufen wurde und Irland insgesamt nahezu auf den Status einer Kolonie herabsank.
Ab 1665 verschlechterte sich die Stimmung in England zusehends. Die
Große Pest
(1665), der
Große Brand von London
(1666) und der erfolglose
Krieg gegen die Niederlande
(1665?1667) fuhrte zu steigender Unzufriedenheit mit dem Konig. Auch dass Karl im
Devolutionskrieg
die Seiten wechselte und nach einer engen außenpolitischen Bindung an Frankreich die Haltung gegenuber den englischen Katholiken lockerte, loste Ablehnung im Parlament aus. Im Rahmen einer allgemeinen Katholikenfurcht erließ das Parlament mehrere Gesetze gegen diese Glaubensgruppe, worauf Karl II. 1678 das Parlament aufloste. Die drei danach in kurzer Folge neu gewahlten Parlamente waren allerdings noch deutlich starker oppositionell zum Konig eingestellt. Schließlich berief der Konig uberhaupt kein Parlament mehr ein. In der Auseinandersetzung um einen geforderten Ausschluss von Karls katholischem Bruder
Jakob II.
von der Thronfolge bildeten sich in dieser Zeit die politischen Gruppen der
Whigs
und
Tories
, die sich massiv bekampften und England bis 1680 an den Rand eines Burgerkriegs brachten.
Unterdessen war Karl II. zunehmend senil geworden und Jakob II. spielte eine immer großere Rolle in der englischen Politik. Karl II. starb am 6. Februar 1685. Auf dem Sterbebett war er gemaß einem
Geheimvertrag
mit
Ludwig XIV.
zum Katholizismus ubergetreten.
Die Glorreiche Revolution fuhrte zur Abschaffung des koniglichen
Absolutismus
und der Grundung des modernen parlamentarischen Regierungssystems auf der Grundlage der
Bill of Rights
. Seit dieser Revolution ist das
englische Parlament
Trager der Staatssouveranitat. Nach dem Sturz des katholischen Monarchen
Jakob II.
bestiegen seine protestantische Tochter
Maria II.
und ihr Ehemann
Wilhelm von Oranien
gemeinsam den englischen Thron.
Jakob II.
berief wieder ein Parlament ein, geriet aber mit ihm und der Anglikanischen Kirche bald in scharfen Konflikt, weil er seine katholischen Glaubensbruder in staatlichen und kirchlichen Amtern forderte. Zudem erließ er 1687 mit der
Declaration of Indulgence
eine fast unbegrenzte Religionsfreiheit und loste im Herbst des Jahres das protestierende Parlament auf. Es folgte eine Sauberungswelle, die zahlreiche Katholiken und
Dissenters
in offentliche Amter brachte. Unmut loste auch die Tatsache aus, dass England schon seit Karl II. praktisch keine eigene Außenpolitik mehr betrieb, sondern sich absolut an Frankreich anlehnte. Als 1688 ein Thronfolger geboren wurde, drohte der Beginn einer katholischen Dynastie auf dem englischen Thron.
In dieser Lage forderte eine Gruppe englischer Lords
Wilhelm von Oranien
, den Ehemann von
Maria II.
, Jakobs Tochter aus erster (protestantischer) Ehe, zu einer Invasion Englands auf. Jakob unterschatzte die Bedrohung und zogerte einen Kampf hinaus, nachdem sein Schwiegersohn am 5. November 1688 im Sudwesten Englands gelandet war. Wilhelm gewann schnell die Sympathie der Bevolkerung, in Jakobs zunachst weit uberlegenem Heer kam es zu Desertionen, worauf Jakob panisch die Flucht nach Frankreich ergriff. Mitte Dezember zog Wilhelm kampflos und umjubelt in London ein.
Wilhelm von Oranien wurde, nachdem er die
Bill of Rights
unterschrieben hatte, vom Parlament legitimiert, die Regierungsgeschafte zu fuhren. Der Konig war also nicht mehr wie in anderen europaischen Staaten von Gottes Gnaden legitimiert, sondern direkt vom ?Volk“. Der Begriff ?Glorreiche Revolution“ ruhrt daher, dass der vorherige Systemwechsel durch Cromwell (Enthauptung
Karls I.
1649) blutig gewesen war. In den folgenden Jahren wurden weitere Gesetze erlassen, die die Stellung des Parlaments starkten, Neuwahlen spatestens alle drei Jahre vorschrieben und die Richter weitgehend unabhangig vom Konig werden ließen.
Wilhelm von Oranien konzentrierte sich in den ersten Herrschaftsjahren vor allem auf den Krieg gegen Frankreich, das den geflohenen katholischen Konig unterstutzte. 1690 besiegte er Jakob II., der in Irland einmarschiert und dort auf breite Unterstutzung gestoßen war, in der
Schlacht am Boyne
. Die mit dem Krieg verbundene Aufrustung brachte den Staatshaushalt schnell in Bedrangnis. Deshalb und weil Wilhelm immer mehr Amter verlieh, an die ein Parlamentssitz gebunden war, kam es schon ab 1690 zu neuen Konflikten mit dem Parlament. Dessen eingesessene Mitglieder befurchteten, dass der Konig uber die ihm loyalen Neumitglieder Einfluss auf die Versammlung nehmen wolle. Nach dem
Frieden von Rijswijk
drangte das Parlament massiv auf eine Reduzierung der Armee und gewahrte dem Konig im Gegenzug einen festen Betrag zur Finanzierung seines Hofes, der nicht immer wieder bewilligt werden musste. Auf religionspolitischer Ebene kam es wieder zu einer Liberalisierung. 1689 wurde die Pflicht zum sonntaglichen Gottesdienstbesuch aufgehoben und den Dissenters gestattet, eigene Gottesdienste abzuhalten, was zu einem Aufbluhen dieser protestantischen Stromungen fuhrte. In der Anglikanischen Kirche folgte auf die neuen Rahmenbedingungen eine umfassende Reform vor allem der Gemeindegliederung, die bis dahin noch weitgehend mittelalterlich gewesen war. Zahlreiche neue Gemeinden, vor allem in den Großstadten, wurden gegrundet. Auf Katholiken und Unitarier erstreckte sich diese Toleranz allerdings nicht. 1695 wurde schließlich die Pressezensur aufgehoben.
Wilhelm starb 1702 mitten in den Vorbereitungen eines neuen Krieges gegen Frankreich. Die Herrschaft ubernahm seine Schwagerin
Anne
. Sie erklarte sofort den unter Wilhelm vorbereiteten Krieg gegen Frankreich und Spanien. Unter
John Churchill, 1. Duke of Marlborough
, gelangen den englischen Truppen entscheidende Siege, was unter anderem zur Ubernahme
Gibraltars
fuhrte. 1712 wurde Ludwig XIV. schließlich gezwungen, von seiner Unterstutzung der Nachkommen Jakobs II. abzurucken und eine vom englischen Parlament vorgelegte Thronfolgeregelung fur England und
Schottland
zu akzeptieren. Daruber hinaus erhielt England einige koloniale Gebiete und Handelsprivilegien zugesprochen, was es endgultig zu einer der starksten Kolonialmachte machte. Die Religionspolitik blieb unterdessen das entscheidende innenpolitische Thema. In der Anglikanischen Kirche bildete sich die Unterscheidung zwischen der
High Church
, die den royalistischen Tories nahestand, und der
Low Church
auf Seiten der dem Landadel nahestehenden Whigs heraus. Die Auseinandersetzungen zwischen den sich immer mehr in Richtung moderner politischer Parteien entwickelnden Whigs und Tories bestimmten ab 1700 die politische Landschaft in England.
Bis 1650 setzte sich das stetige Wachstum der englischen Bevolkerung fort. Von 4,1 Millionen Menschen 1600 wuchs sie auf 5,2 im Jahr 1650, anschließend ging sie vor allem durch Pest, Typhus und Pocken leicht zuruck und erreichte erst 1714 wieder die Marke von 5,2 Millionen. Daruber hinaus gab es starke Wanderungsbewegungen, wobei sich die Auswanderung (vor allem nach Irland) und die Zuwanderung vom europaischen Kontinent in der Summe ausglichen. Ein wichtiger Grund fur das Bevolkerungswachstum war die ungewohnliche Tatsache, dass es zwischen 1597 und 1646 ungewohnlich lange keine
Missernte
gab. Zusammen mit dem Anstieg der Bevolkerung setzte sich auch die starke Teuerung bei Nahrungsmitteln aus dem 16. Jahrhundert fort. Durch das Uberangebot an Arbeitskraften sanken zugleich die Lohne, was die Verelendung breiter Schichten zur Folge hatte. Erst ab etwa 1650 sanken die Preise fur Getreide langsam. Gleichzeitig stiegen durch den Arbeitskraftemangel wegen der sinkenden Bevolkerung die Lohne deutlich. Betrachtet man einzelne Stadte, so machte in der ersten Halfte des 17. Jahrhunderts nur London das rasante Wachstum mit und verdoppelte bis 1650 seine Einwohnerzahl auf rund 400.000, was eine starkere Bebauung der zentralen Stadtviertel und das Entstehen großer Elendssiedlungen im Osten der Stadt zur Folge hatte.
Die Landwirtschaft blieb weiterhin der wichtigste Wirtschaftszweig. Ihre Modernisierung wurde vor allem von Glaubensfluchtlingen aus den Niederlanden vorangetrieben. Sie brachten Techniken wie den Anbau lukrativer Olfruchte, die
Grundungung
und das Trockenlegen von Anbaugebieten mit. In Nordengland begann ab 1600 der Aufstieg des Kohleabbaus. Die bereits im Mittelalter stark dezimierten Walder konnten den mit der Bevolkerung stark steigenden Bedarf an Brennmaterial zum Heizen und fur die Wirtschaft nicht mehr decken. In dieser Situation zeigte sich der Vorteil der englischen Verkehrsinfrastruktur: Uber die Kustengewasser und die Flusse konnten die Stadte bequem mit Kohle und anderen Rohstoffen beliefert sowie Fertigprodukte abtransportiert werden.
Der Einbruch der Wollpreise ab 1650 versetzt der bis dahin den Export dominierenden Tuchindustrie einen schweren Schlag. Sie verschwand aus der Flache des Landes und konzentrierte sich in einigen Regionen. An ihre Stelle trat der Getreideexport. England belieferte nicht nur das von Krisen geschuttelte Kontinentaleuropa, sondern zunehmend auch die uberseeischen Kolonien. In der zweiten Halfte des 17. Jahrhunderts loste der Uberseehandel den Kanalhandel als wichtigsten Exportweg ab. Insgesamt verdoppelte sich das Handelsvolumen in der Zeit von 1660 bis 1714. In dieser Zeit entstand auch der Dreieckshandel mit englischen Fertigprodukten nach Afrika, Sklaven von dort nach Amerika und exotischen Rohstoffen zuruck nach England. Als Finanzgeber fur dieses rapide ansteigende Handelsvolumen stieg die Londoner City spatestens mit der Grundung der
Bank of England
1694 zum bedeutendsten Bankenstandort der Welt auf. Zudem entwickelten sich die ab 1620 von englischen Religionsfluchtlingen gegrundeten Siedlungskolonien in Nordamerika wirtschaftlich außerst erfolgreich und trugen ab etwa 1650 spurbar zum Handel mit der Neuen Welt bei. Die 1664 gegrundete Kapkolonie war in Afrika ahnlich erfolgreich. Oliver Cromwell erließ 1651 den
Navigation Act
, ein Amerika-Handelsmonopol fur englische Schiffe, das die Seefahrt und den Schiffbau betrachtlich forderte.
Die Entwicklung zur wissenschaftlichen Rationalitat nach der Glorreichen Revolution wirkte sich auch auf das Wirtschaftsleben aus. Man begann Produktionsprozesse und Warenstrome wissenschaftlich zu analysieren und zu verbessern.
Unter Jakob I. begann sich eine eigene hofische Kultur zu entwickeln. Nachdem Elisabeth in ihrem Umfeld eine Kultur gefordert hatte, die weitgehend der der stadtischen Oberschichten Londons entsprach, schirmte Jakob den Hof entschieden ab. Die volkstumlichen Belustigungen spielten eine immer geringere Rolle, eine verfeinerte hofische Kultur, die sich vor allem in
Maskenspielen
ausdruckte, eine immer großere. Auch hatten in seinem Umfeld Gebildete eine wichtigere Stellung als Kriegshelden oder erfolgreiche Seefahrer, mit denen Elisabeth sich umgeben hatte. Die Zunahme an hofischem Prunk wurde bald sowohl von den Mitgliedern des hoheren als auch des niederen Adels kopiert. Besonders deutlich zeigte sich diese Entwicklung in der veranderten Architektur der
Herrenhauser
. Sie entwickelten sich von burgenahnlichen Wehrbauten zu reprasentativen Landsitzen. Pragend war der konigliche Architekt
Inigo Jones
, der den Architekturstil des
Palladianismus
anstieß. Auch die Malerei, insbesondere die
Portratmalerei
, erhielt nach der bilderfeindlichen Zeit des beginnenden Protestantismus einen Aufschwung, an dem zahlreiche auslandische Maler beteiligt waren. Die englische Literatur verdankt der Stuart-Epoche vor allem eine rege
poetische
Produktion, zunachst auf kirchlichem Feld, spater vor allem mit hofischer Dichtung.
Im Commonwealth erfuhr die hofische Kultur und mit ihr Musik sowie bildende Kunste einen jahen Ruckschlag. Insgesamt fuhrte der um sich greifende Puritanismus zu einem Ruckgang der kunstlerischen Produktion. Dafur kam es zu einem Anschub der Naturwissenschaften durch die neuen, burgerlichen und niederadligen Eliten unter der Herrschaft Cromwells. 1660 wurde in London die
Royal Society
gegrundet. Insgesamt kam es in der Burgerkriegszeit zu zahlreichen Schulgrundungen mit teilweise experimentellen padagogischen Ansatzen. In der englischen Literatur dieser Zeit fallen zahlreiche Tagebucher und Autobiographien auf. Mit dem Abklingen der religiosen Auseinandersetzungen nach der Glorreichen Revolution erfuhren Rationalitat und Wissenschaften einen Aufschwung. Man versuchte natur- und gesellschaftswissenschaftliche sowie wirtschaftliche Phanomene nicht mehr durch das Wirken Gottes zu erklaren, sondern suchte rational nach weltlichen Grunden.
Nach dem Ende des Commonwealth erlebten unterhaltende Kunstformen wie die Komodie geradezu einen Boom. Die Wiederbelebung der Musik ging nur zogernd voran und druckte sich vor allem in der Entdeckung der neuen Form der
Oper
aus, vorangetrieben insbesondere durch
Henry Purcell
. In der Architektur begann sich der neue Rationalismus durchzusetzen, indem pragmatische Losungen fur technische und gestalterische Probleme gesucht wurden. Bedeutendstes Bauwerk der Epoche ist die
St Paul’s Cathedral
. Die religiosen Auseinandersetzungen, die Parteibildung um Whigs und Tories sowie der Licensing Act von 1695 ließen ein aktives Zeitungswesen entstehen.
Ab 1706 drangte das englische Parlament Schottland massiv zu einer vollstandigen politischen Union mit England. Die Angst vor schlechteren, vor allem okonomischen, Bedingungen im Fall der Weigerung fuhrte zur Annahme des Angebots durch das schottische Parlament. England und Schottland wurden schließlich gemaß dem
Act of Union 1707
zum
Konigreich Großbritannien
vereinigt. Anne wurde erste ?britische“ Konigin, das
Haus Hannover
als gemeinsame Herrscherdynastie festgeschrieben, das Parlament Englands wurde in das Parlament Großbritanniens umgewandelt. Das Unterhaus wurde um 45 schottische Abgeordnete erweitert, das Oberhaus um 16. An der Grenze zwischen den beiden Staaten wurden keine Zolle mehr erhoben. Allerdings wurde das englische Recht nicht auf Schottland ubertragen und einige schottische Institutionen nicht mit ihrem englischen Gegenstuck fusioniert; dazu zahlen die
Bank of Scotland
und die
Church of Scotland
.
Nach der Vereinigung der Konigreiche von England, Wales und Schottland 1707 wird die historische Betrachtung unter der
Geschichte des Konigreiches Großbritannien
fortgesetzt.
Zu Personen der englischen Geschichte siehe die Eintrage im
Oxford Dictionary of National Biography
.
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online (PDF; 551 KB)
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, S. 289?302. (einfuhrender Fachartikel von der vorromischen bis zur fruhmittelalterlichen Geschichte Englands)
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