Gert Jonke

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Gert Jonke (r.) mit Andre Pohl ( Nestroy-Theaterpreis 2008 )

Gert Friedrich Jonke (* 8. Februar 1946 in Klagenfurt ; † 4. Janner 2009 in Wien ) war ein osterreichischer Lyriker , Dramatiker , Erzahler und Horspielautor .

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Gert Jonke besuchte das humanistische Gymnasium und das Karntner Landeskonservatorium in seiner Heimatstadt Klagenfurt. Nach Ableistung des Wehrdienstes studierte er ab 1966 Germanistik , Geschichte , Philosophie und Musikwissenschaft an der Universitat Wien und besuchte die Akademie fur Film und Fernsehen . 1970 war er Mitarbeiter in der Horspielabteilung des Suddeutschen Rundfunks . 1971 ging er mit einem Stipendium nach West-Berlin , wo er funf Jahre blieb. Es folgten ein einjahriger Aufenthalt in London und ausgedehnte Reisen in den Mittleren Osten und nach Sudamerika . Seit 1978 hielt sich Jonke wieder in Osterreich auf, er hatte seinen Wohnsitz in Wien, wo er als freier Schriftsteller tatig war. 1977 erhielt er den Ingeborg-Bachmann-Literaturpreis , 1987 den Osterreichischen Wurdigungspreis fur Literatur .

Jonkes Stil war ? ausgehend von der Sprachskepsis experimenteller Literatur ? beeinflusst von Techniken und Schreibweisen konkreter Poesie und gesellschaftskritisch . In seiner ersten Publikation, dem Geometrischen Heimatroman (1969), verband er immanente Sprachkritik und inhaltsorientiertes Schreiben, um zu einer adaquaten Analyse gesamtgesellschaftlicher Zusammenhange zu gelangen. Die Erzahlung Schule der Gelaufigkeit (1977) ist im Rahmen des asthetischen Prinzips starker inhaltlich ausgerichtet, geht uber die Sprachkritik hinaus auch von realen Geschehnissen aus. Jonke griff hier die Idee der Zusammenfugung von Erinnerung und Gegenwart auf: Ein Sommerfest soll identisch mit dem des Vorjahres inszeniert und dadurch die Zeit aufgehoben werden. Die Beziehung zwischen Fiktion und Wirklichkeit wird zum eigentlichen Thema der Erzahlung, die immer wieder durch eingeschobene Geschichten unterbrochen wird.

Wiener Zentralfriedhof ? Ehrengrab von Gert Jonke
Gedenktafel am Haus Stuckgasse 8 in Wien - Neubau

Jonke war an der Vienna Poetry Academy/Schule fur Dichtung (sfd) als Lehrer tatig und Mitglied verschiedener Interessenverbande, beispielsweise der Grazer Autorenversammlung und der Interessengemeinschaft Osterreichischer Autorinnen und Autoren . Sein Werk umfasste Erzahlungen , Romane , Essays , Theaterstucke , Drehbucher und Horspiele .

Seit dem Sommer 2008 soll Jonke von seiner schweren Krebserkrankung gewusst haben, dennoch nahm er bis zu seinem Tod Termine wahr. So ubernahm er in seiner Wirtschaftsfarce Platzen Plotzlich noch seine erste Schauspielrolle. Er erlag am 4. Janner 2009 im Alter von 62 Jahren seiner Erkrankung. Am 19. Janner 2009 wurde er in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 33G, Nr. 41) beigesetzt. [1]

In memoriam Gert Jonke haben das Land Karnten und die Stadt Klagenfurt 2010 einen Gert-Jonke-Literaturpreis gestiftet, der alle zwei Jahre vergeben werden soll.

Auszeichnungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Werke [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Geometrischer Heimatroman . Frankfurt am Main 1969, ISBN 3-518-03345-X .
  • Beginn einer Verzweiflung . Salzburg 1970.
  • Glashausbesichtigung . Frankfurt am Main 1970.
  • Musikgeschichte . Literarisches Colloquium, Berlin 1970, ISBN 3-920392-04-3 .
  • Die Vermehrung der Leuchtturme . Suhrkamp, Frankfurt am Main 1971.
  • Die Hinterhaltigkeit der Windmaschinen oder Ein Schluck Gras loscht jeden Durst im Inland und im Ausland auch . Suhrkamp, Frankfurt am Main 1972.
  • Im Inland und im Ausland auch . Suhrkamp, Frankfurt am Main 1974, ISBN 3-518-06656-0 .
  • Schule der Gelaufigkeit . Suhrkamp, Frankfurt am Main 1977, ISBN 3-518-03348-4 .
  • Der ferne Klang . Residenz-Verlag, Salzburg u. a. 1979, ISBN 3-7017-0228-4 .
  • Die erste Reise zum unerforschten Grund des stillen Horizonts . Salzburg u. a. 1980.
  • Erwachen zum großen Schlafkrieg . Residenz-Verlag, Salzburg u. a. 1982, ISBN 3-7017-0287-X .
  • Schwarzbuch . Klagenfurt 1984 (zusammen mit Sepp Schmolzer)
  • Der Kopf des Georg Friedrich Handel . Residenz-Verlag, Salzburg u. a. 1988, ISBN 3-7017-0534-8 .
  • Sanftwut oder Der Ohrenmaschinist . Residenz-Verlag, Salzburg u. a. 1990, ISBN 3-7017-0655-7 .
  • Opus 111 . Verlag der Autoren, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-88661-142-6 .
  • Stoffgewitter . Residenz-Verlag, Salzburg u. a. 1996, ISBN 3-7017-1034-1 .
  • Das Verhalten auf sinkenden Schiffen . Residenz-Verlag, Salzburg u. a. 1997 (zusammen mit Ilse Aichinger ), ISBN 3-7017-1101-1 .
  • Es singen die Steine . Residenz-Verlag, Salzburg u. a. 1998, ISBN 3-7017-1121-6 .
  • Himmelstraße ? Erdbrustplatz oder Das System von Wien . Residenz-Verlag, Salzburg u. a. 1999, ISBN 3-7017-1172-0 .
  • Insektarium . Jung und Jung, Salzburg 2001, ISBN 3-902144-03-3 .
  • Chorphantasie . Literaturverlag Droschl, Graz u. a. 2003, ISBN 3-85420-627-5
  • Redner rund um die Uhr . Jung und Jung, Salzburg u. a. 2003, ISBN 3-902144-48-3 .
  • Klagenfurt (zusammen mit Siegfried Gutzelnig), Heyn, Klagenfurt 2004, ISBN 3-7084-0012-7 .
  • Strandkonzert mit Brandung. Georg Friedrich Handel. Anton Webern. Lorenzo da Ponte. Salzburg: Jung und Jung, 2006.
  • Alle Stucke . Salzburg: Jung und Jung 2008.
  • Alle Gedichte . Salzburg: Jung und Jung 2010.
  • Erwachen zum Schlafkrieg . Neuauflage, Salzburg: Jung und Jung 2011.

Theaterstucke [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Damals vor Graz , Urauffuhrung Forum Stadtpark Graz 1989.
  • Die Hinterhaltigkeit der Windmaschinen
  • Sanftwut oder Der Ohrenmaschinist , Theatersonate, UA Styriate Graz 1990.
  • Weitere Auffuhrung der 'Theatersonate' Der Ohrenmaschinist mit Ulrich Wildgruber, Hamburger Kammerspiele 1993/94, TV-Aufzeichnung eines Gastspiels bei der Szene Salzburg im August 1994(Bildregie:Felix Breisach) in Koproduktion ORf, NDR und arte
  • Opus 111 , UA Volkstheater Wien 1993.
  • Gegenwart der Erinnerung , UA Volkstheater Wien 1995.
  • Es singen die Steine , UA Stadttheater Klagenfurt 1998.
  • Insektarium , UA Volkstheater Wien 1999 (Regie: Michael Kreihsl )
  • Die Vogel , UA Volkstheater Wien 2002.
  • Chorphantasie , UA Kulturhauptstadt Europas/Theater Graz, 2003.
  • Redner rund um die Uhr , UA Semper-Depot Wien, 2004
  • Seltsame Sache , UA Ruhrtriennale September 2005.
  • Die versunkene Kathedrale , UA Burgtheater September 2005.
  • Sanftwut oder Der Ohrenmaschinist , Erstauffuhrung in Gebardensprache mit dem gehorlosen Schauspieler Werner Mossler durch ARBOS ? Gesellschaft fur Musik und Theater im Theater des Augenblicks Wien Marz 2006

(jeweils Frankfurt am Main.: Verlag der Autoren)

Libretto [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Horspiele [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Der Dorfplatz , 1969.
  • Damals vor Graz , 1970.
  • Glashausbesichtigung , 1970.
  • Es gab Erzahlungen, Erzahlungen und Erzahlungen , 1971.
  • Die Schreibmaschinen , 1972.
  • Wiederholung eines Festes , 1975.
  • Schule der Gelaufigkeit , 1976.
  • Klavierstuck , 1976.
  • Horfunkenflug , 1979.
  • Im Schatten der Wetterfahne , 1986.
  • Sanftwut oder Der Ohrenmaschinist , 1992.
  • Opus 111 , 1993.

Herausgeberschaft [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Weltbilder . Munchen 1970 (zusammen mit Leo Navratil)

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Marina Correa: Musikalische Formgebung in Gert Jonkes Werk . Wien 2008, ISBN 978-3-7069-0484-1 .
  • Robert Hunger-Buhler (Hrsg.): Gegenwart der Erinnerung . Bonn 1988.
  • Materialien zu Gert Jonkes Theatersonate ?Sanftwurt oder Der Ohrenmaschinist“ . Graz 1990.
  • Ulrich Schonherr: Das unendliche Altern der Moderne . Wien 1994, ISBN 3-85165-110-3 .
  • Daniela Bartens (Hrsg.): Gert Jonke . Graz 1996, ISBN 3-85420-434-5 .
  • Klaus Amann (Hrsg.): Die Aufhebung der Schwerkraft . 1998, ISBN 3-85449-129-8 .
  • Frederik Schneeweiß: Medialitat und Musikopoetik. Grenzfalle der Sprache im Werk von Gert Jonke. Universitatsverlag Winter, Heidelberg 2019, ISBN 978-3-8253-6833-3 .

Film und Fernsehen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. knerger.de: Das Grab von Gert Jonke