Anna Schmidt (Schaustellerin)

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Motiv: Anna Schmidt (Schaustellerin)

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Anna Schmidt (* 5. Mai 1897 in Oberkotzau ; † 13. Januar 1931 ebenda) war eine deutsche 540 Pfund [1] (d. h. 270 kg) schwere Schaustellerin , die unter dem Kunstlernamen ?Rosa Debela“ [2] ganz Europa bereist hat und im Wiener Prater als ?dicke Rosl aus Munchen“ beruhmt war.

In den 1920er Jahren trat Anna Schmidt im Wiener Prater auf, wo sie als ?dicke Rosl aus Munchen“ beruhmt wurde. In der zweiten Halfte der 1920er Jahre tourte ihr Impresario Jakob Feigl , der als ? Barnum von Wien“ [3] bekannt war, mit ihr durch zahlreiche europaische Stadte. Kurz vor ihrem fruhen Tod gastierte ?Rosa Debela“ noch in Griechenland und der Turkei.

? Der Tod der ?dicken Rosl“. Tausende Wiener kannten die ?dicke Rosl“, eine junge Munchnerin von kolossalem Korperumfang die ? wie wir schon gestern berichteten ? Montag gestorben ist. Der Schausteller Feigl sen. vom Prater war der Impresario des Madchens mit dem er seit vier Jahren von Stadt zu Stadt reiste. Rosa, die mit ihrem Familiennamen Debela hieß, war im Vorjahr in Griechenland, in der Turkei und einige Zeit auch in Wien, wo sie im Prateretablissement Feigls auftrat. Die Dreiundzwanzigjahrige, deren Gewicht mit 270 kg angegeben wurde, hielt sich zuletzt in Prag auf. Dort erkrankte sie an Angina . Als sich ihr Zustand immer mehr verschlechterte, mietete Feigl ein Auto, in dem er die dicke Rosl in siebenstundiger Fahrt nach Ober-Kotzau bei Hof in Bayern ? dem Heimatort des Madchens ? brachte. Rosa Debela, die seit Jahren ein ruheloses Wanderleben fuhrte, starb im Frieden des Elternhauses.“ [4]

Wesentliche Teile dieses Nachrufes der ?Illustrierten Kronenzeitung“ wurden 1968 von Hans Pemmer , dem Grunder des Pratermuseums , und 1997 vom Wiener Historiker Marcello La Speranza in ihre einschlagigen Publikationen uber Artisten, Schausteller und Kuriositatenschauen ubernommen und damit gleichsam als Forschungsstand abgesegnet, obwohl weder Sterbetag, Sterbealter noch Familienname stimmen.

?In der Apolloschau (Prater Nr. 139), 1874 von Oskar Glas eroffnet, war so ziemlich das ganze Programm einer Praterschaubude zu sehen und so durften auch der Riese Willi Wood und das Riesenkind Luise Oppitz nicht fehlen. In den neunziger Jahren [sic!] trat hier die ?dicke Rosl‘ aus Munchen auf, die mit ihrem burgerlichen Namen Debela hieß und 270 kg wog. Man konnte sie spater auch in der ?Weltschau‘ bei Feigl bewundern, wo Jakob Feigl von 1897 bis 1933 Jahr fur Jahr ?Sensationen‘ brachte. Mit der dicken Rosl unternahm Feigl Reisen, die ihn bis in die Turkei fuhrten. 1931 starb Rosl an den Folgen einer Angina.“

? Hans Pemmer: Schaustellungen von Abnormitaten in Wien von der Mitte des 18. Jahrhunderts an. In: Wiener Geschichtsblatter . Herausgegeben vom Verein fur Geschichte der Stadt Wien . Nr. 1. 1968. S. 265?270. S. 268.

?Im alten Prater hatte es krankhaft dicke Menschen noch zu bestaunen gegeben, etwa die ?Dicke Rosl‘ und die ?Dicke Mitzi‘. Diese Damen hatten ein bedauernswertes Schicksal. An ihnen wurde nicht herummanipuliert. Sie waren echt. Sie litten unter ihrer Krankheit. Eine Unterfunktion der Schilddruse war fur den enormen Korperumfang verantwortlich. Mit der ?Dicken Rosl‘ unternahm Jakob Feigel [sic!], ihr Impresario, Reisen von Stadt zu Stadt. Im Prater war sie selbstverstandlich auch zu sehen. Rosa Debela, wie sie mit ihrem richtigen Namen hieß, bereiste auch die Turkei und Griechenland. Die 23jahrige Munchnerin [sic!] hatte ein schones Gesicht und schwarze Haare. Ihr Gewicht wurde mit 270 kg angegeben. Zuletzt hielt sie sich 1931 in Prag auf. Dort erkrankte sie an einer Angina. Als sich ihr Zustand verschlechterte, mietete Feigel [sic!] ein Auto, in dem er die dicke Rosl nach Ober-Kosau [sic!] bei Hof in Bayern ? dem Heimatort des Madchens ? brachte. Dort verstarb sie kurze Zeit spater.“

? Marcello La Speranza: Prater-Kaleidoskop. Eine fotohistorische Berg- und Talfahrt durch den Wiener Wurstelprater. Wien: Picus 1997. S. 58f.

Der Großteil der in diesen Berichten genannten biographischen Angaben (Prater-Auftritte in den 1890er Jahren, Sterbealter und -tag, Familien- und Ortsname) ist fehlerhaft. Manche dieser Angaben entstammen jenen Marketingmaßnahmen, mit denen Schmidts Auftritte beworben wurden: Als die 32-Jahrige im Winter 1929/30 in Slowenien und Serbien [5] tourte, wurde sie in der Pressearbeit teils als ?dickste Frau der Welt“, teils als ?das dickste Madchen der Welt“ vorgestellt und ihr Alter mit 23 Jahren angegeben. [6] Zudem wurde ihre Korpergroße mit 178 cm angefuhrt und lanciert, dass sie sich mit ?Friedrich Zilmann aus Wien verlobt“ habe und demnachst ihre Hochzeit stattfinde. [7]

Der Wiener Germanist Andreas Weigel fand 2012 dank gezielter Nachforschungen amtliche Dokumente, die nachweisen, dass ?Rosa Debela“ ( Nomen est omen [2] ) entgegen dem langjahrigen Forschungsstand kein burgerlicher Name, sondern der Kunstlername von Anna Schmidt war, die in ihrer Heimatgemeinde als die ?Riesendame“ [8] bekannt war: ?Als sie in Oberkotzau verstarb, musste ihr Leichnam durch das Fenster nach draußen gebracht werden“. [8] In diesem Sinne halt auch der Eintrag im amtlichen Sterbebuch eigens fest: ?war uber 400 Pfund schwer und bereiste als Schauobjekt ganz Europa.“ [9]

Weigels Interesse an der Klarung von Anna Schmidts Lebensdaten und Identitat wurde durch das Vorarlberger Kunstleroriginal Max Riccabona ausgelost, der behauptete, im Sommer 1932 den irischen Schriftsteller James Joyce in der ?Lowenschwemme“ in Feldkirch kennengelernt zu haben, wo ?damals“ unter anderem auch die ?Dicke Rosl aus Munchen“ Gast gewesen ware. Weigels Recherchen nach Anna Schmidts allfalligen Aufenthalten in Vorarlberg brachten ans Licht, dass sie Ende 1928 in Bregenz war:

?Der Vorarlberger Maler Rudolf Wacker , der als einer ?der bedeutendsten osterreichischen Vertreter der Neuen Sachlichkeit und des Expressionismus “ gilt, berichtet in seinem Tagebuch, dass die ?Dicke Rosl“ aus Munchen damals in Bregenz aufgetreten und ihm eigens Modell gestanden sei: ?Eine 'Dicke' war da. Die 540 Pfund schwere 'Rosl aus Munchen'. - Ich habe immer noch das alte Interesse. Eine fiebernde Lust solch Weib zu zeichnen.“
In einer Anmerkung erganzt Rudolf Sagmeister als Herausgeber von Wackers Tagebuchern folgende Zusatzinformationen: ?In Wackers 'Sex'-Mappe findet sich eine Photographie: 'Die dicke Rosl 540 Pfund'. Auf der Ruckseite von Wacker beschriftet: 'Bregenz, 30. Novb. 28. Plakat: Die dicke Rosl aus Munchen, 540 Pfund schwer, das muß man sehn auf 2 Sesseln sitzt sie in 2 Betten schlaft sie der Liebling aller Damen, Herren und Kinder!'“
Wacker, dessen Werke von Riccabonas Onkel Max Perlhefter gesammelt wurden, war in den 1920er und 1930er Jahren nachweislich auch ofters bei Max Riccabonas Familie in Feldkirch zu Besuch.“

? Andreas Weigel: Max Riccabonas James-Joyce-Munchhausiaden. Berichtigung seiner zweifelhaften Augen- und Zeitzeugenschaft. [10]

Anna Schmidt ist am 13. Janner 1931 im Alter von 33 Jahren gestorben: ?Auf den Tag genau zehn Jahre vor James Joyce, dem sie das wissenschaftliche Interesse an ihrer Identitat und ihren Lebensdaten verdankt.“ [10]

  • Die ?dicke Rosl“ gestorben. In: ? Illustrierte Kronen-Zeitung “. 15. Janner 1931.
  • Der Tod der ?dicken Rosl“. In: ?Illustrierte Kronen-Zeitung“. 16. Janner 1931. S. 5.
  • Hans Pemmer: Schaustellungen von Abnormitaten in Wien von der Mitte des 18. Jahrhunderts an. In: Wiener Geschichtsblatter . Herausgegeben vom Verein fur Geschichte der Stadt Wien . Nr. 1. 1968. S. 265?270. S. 268.
  • Max Riccabona: Epiphanien in der Lowenschwemme. James Joyce in Vorarlberg. In: Protokolle. Wiener Halbjahresschrift fur Literatur, bildende Kunst und Musik (1977). Heft 1. S. 133?141. S. 138f. - Behauptet, dass die ?dicke Rosl“ in der Feldkircher ?Lowenschwemme“ war.
  • Marcello La Speranza: Prater-Kaleidoskop. Eine fotohistorische Berg- und Talfahrt durch den Wiener Wurstelprater. Wien: Picus 1997. S. 58f.
  • Gabriele Edelmann: ?Zurschaustellungen von ,Abnormitaten‘ und ,Freaks‘ in Wien. Eine Untersuchung der Auffuhrungspraxis von Prodigien.“ (PDF-Datei; 2,06 MB) Diplomarbeit. 2009. Siehe S. 114. Abschnitt 8.2.5. Namensgebung: ?… Die Wiener Kolossaldamen griffen gerne zu Kosenamen wie ?Prater-Mizzi“ (Maria Zacharias) oder ?Die dicke Rosl“ (Rosa Debela). …“.
  • Andreas Weigel: Max Riccabonas erfundene Begegnung mit James Joyce . Erforderliche Korrektur einer zweifelhaften Zeitzeugenschaft. In: ? miromente “. Nr. 25. September 2011. S. 34?44. S. 38f. - Dieser Beitrag enthalt einen langeren Abschnitt uber Max Riccabonas Beschreibung der ?dicken Rosl aus Munchen“.
  • Andreas Weigel: Max Riccabonas James-Joyce- Munchhausiaden . Berichtigung seiner zweifelhaften Zeitzeugenschaft. In: Rheticus. Schriftenreihe der Rheticus-Gesellschaft . Nr. 55, 2012, S. 92?107, besonders S. 96?97. Dieser Beitrag enthalt erstmals die amtlich verburgten Lebensdaten der ?dicken Rosl aus Munchen“.
  • Andreas Weigel: Max Riccabonas erfundene Begegnung mit James Joyce. Berichtigung seiner zweifelhaften Augen- und Zeitzeugenschaft. - Die aktualisierte und wesentlich erweiterte Web-Version des ? Miromente “- und ?Rheticus“-Beitrages enthalt einen langeren Abschnitt uber Max Riccabonas Beschreibung der ?dicken Rosl aus Munchen“ sowie im ?Nachtrag: Erstmals amtlich verburgte biografische Details zu Rosa Debela.“
  • Lisbeth Kaupenjohann: ?Riesendame“ aus Oberkotzau. Als ?dicke Rosl“ ist Anna Barbara Schmidt einst beruhmt geworden. In: Frankenpost . 31. Juli 2012. Stadt und Landkreis Hof. S. 13.

Einzelnachweise

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  1. Ansichtskarte ?Die dicke Rosl, 540 Pfund“. ( Memento vom 30. Januar 2014 im Internet Archive )
  2. a b ?Debela“ bedeutet in der kroatischen, serbischen und slowenischen Sprache ?dick“ und ?fett“.
  3. "Jakob Feigl, von 1897 bis 1933 Besitzer der Schaubude mit dem Titel 'Feigls Weltschau' galt als der weithin beste Rekommandeur des Praters, mit dem schmuckenden und schmeichelhaften Beinamen 'der Barnum von Wien', in Anlehnung an den legendaren amerikanischen Impresario, Showman, Circuskonig und Meister des Humbugs. [...] Auch 'echte Abnormitaten' wurden hier prasentiert, wie z. B. Albinos oder die 'Dicke Rosl', mit der Feigl auch Gastspielreisen unternahm." Gerhard Eberstaller: (Fast) vergessen: Variete in Wien. In: Wiener Zeitung . 2. April 2002.
  4. Der Tod der ?dicken Rosl“. ?Illustrierte Kronen-Zeitung“. 16. Janner 1931. S. 5.
  5. Siehe die kommentierte Portratfoto-Dokumentation: 'Fat Rozika', sitting.
  6. Eine Weltsensation in Maribor . Das dickste Madchen der Welt. In: Mariborer Zeitung vom 16. Mai 1930.
  7. ?Die dickste Frau der Welt“ heiratet. In: Mariborer Zeitung vom 24. Dezember 1929.
  8. a b Mitteilung von Doris Rodel (Evangelisch-Lutherisches Pfarramt Oberkotzau) an Andreas Weigel. 23. Mai 2012.
  9. Sterbebuch des Evangelisch-Lutherischen Pfarramtes Oberkotzau.
  10. a b Andreas Weigel: Max Riccabonas James-Joyce-Munchhausiaden. Berichtigung seiner zweifelhaften Augen- und Zeitzeugenschaft. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfugbar) am 16. November 2012 ; abgerufen am 16. August 2013 .