Kanzelformiger Ambo aus dem 6. Jh. in
Sant’Apollinare Nuovo
,
Ravenna
Der
Ambo
(auch
Ambon
; Plural
Ambos
[1]
bzw.
Ambonen
;
[2]
von
altgriechisch
?μβων
amb?n
, deutsch
‚erhohter Rand (z. B. einer Schussel), [spater] Kathedra,
Kanzel
‘
zu
?ναβα?νειν
anabainein
, deutsch
‚hinaufgehen, hinaufsteigen‘
;
[3]
lateinische
Entsprechungen sind
gradus
und
mittellateinisch
lectorinum
,
lectorium
und
lectrinum
[4]
) ist in
orthodoxen
,
katholischen
und
lutherischen
Kirchen der erhohte Ort, von dem aus der
Lektor
,
Diakon
oder
Priester
die biblischen
Lesungen
oder das
Evangelium
vortragt. Das ,Hinaufsteigen’ findet eine Erklarung in einem Wort des Propheten Jesaia: ?Steige auf einen hohen Berg, Zion, du Botin der Freude“ (Jes 40,9). Man steigt zu dem erhohten Ambo, um den Menschen das Kommen des Erlosers zu verkunden.
Der Ambo stammt aus der
Alten Kirche
, kam aber im Mittelalter weithin außer Gebrauch. Stattdessen benutzte man seither fur die Bibellesung haufig ein Lesepult im Altarraum und fur die Predigt die
Kanzel
im
Kirchenschiff
.
Schon in der Spatantike wurden fur Ansprachen stehender Geistlicher (Gegensatz zum sitzenden Bischof auf der
Kathedra
) kanzelahnliche Vortragsorte geschaffen, wie der Ambo von
Sant’Apollinare Nuovo
aus dem 6. Jahrhundert in Ravenna.
[5]
Der
Ambo Heinrichs II.
(zuweilen auch ?Heinrichsambo“ oder ?Heinrichskanzel“) aus dem fruhen 11. Jahrhundert im
Aachener Dom
hat die Form einer Kanzel ohne
Schalldeckel
.
Es wurden aber auch immer wieder Ambonen geschaffen, die ? abgesehen von der reichen Dekoration ? nur wenig erhohte Stehpulte waren, so der aus dem 12. Jahrhundert in der Kathedrale von
Sarsina
oder jener aus dem 18. Jahrhundert in der
Wallfahrtskirche Mariahilf
zu
Freystadt
.
Aus dem 14. Jahrhundert gibt es Ambonen in Form vereinfachter Kanzeln, zum Beispiel die beiden an den Chorschranken der Kirche
Santa Maria in Cosmedin
in Rom.
[6]
Moderner Ambo
Fur anglikanische Kirchen typischer Ambo
In den
orthodoxen Kirchen
kann der Ambo die Form eines gerundeten Treppenpodestes vor der koniglichen Tur in der Mitte der
Ikonostase
haben oder ein Tisch vor der Mitte der Ikonostase sein. Auch ein ublicherweise umsetzbares, oft seitlich stehendes Pult ist moglich.
[7]
Vom Ambo aus betet der
Diakon
bei den
Litaneien
vor. Der Ambo ist der Ort des Vortrags des Evangeliums und der
Homilie
.
Im katholischen Kirchenbau kam es im Zuge der
Liturgiereform
nach dem
Zweiten Vatikanum
zu einer Wiederbelebung des Ambos.
Die Verwendung eines gesonderten Ortes fur die Verlesung der
Heiligen Schriften
soll die hohe Bedeutung des
Wortes Gottes
fur die christliche Gemeinde unterstreichen. Hier wird das
Evangelium
verkundet. Auch der
Antwortpsalm
und das Osterlob (
Exsultet
) werden am Ambo vorgetragen. Wahrend fur die Priester und die Diakone der Ambo der gewohnliche Ort fur die
Predigt
(
Homilie
) ist, haben die
Bischofe
die Wahl zwischen der
Kathedra
und dem Ambo.
Ambo (?Tisch des Wortes“) und
Altar
(?Tisch des Mahles“) sind die zentralen gottesdienstlichen Orte in und vor der
Apsis
. ?Tisch des Wortes“ ist jedoch keine Bezeichnung des Ambos, sondern bildlicher Ausdruck fur die gottesdienstliche Verkundigung des Wortes Gottes.
Ein besonderer Ort fur die Aufbewahrung der Bibel oder des
Evangeliars
ist das
Logophoron
.
[8]
- ↑
Ambo.
In:
Duden
.
Abgerufen am 23. Dezember 2020
.
- ↑
Ambo
. In:
Meyers Großes Konversations-Lexikon
. 6. Auflage.
Band
1
:
A?Astigmatismus
. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1905,
S.
414
(
zeno.org
).
- ↑
Wilhelm Pape
, Max Sengebusch (Bearb.):
Handworterbuch der griechischen Sprache
. 3. Auflage, 6. Abdruck. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1914 (
zeno.org
[abgerufen am 23. Dezember 2020]).
- ↑
Novum glossarium mediae Latinitatis ab anno DCCC usque ad annum MCC.
Bd. L. Kopenhagen 1957, S. 47, s. v.
- ↑
Sant’Apollinare Nuovo.
In:
web.romascuola.net.
Abgerufen am 28. Dezember 2015
(italienisch).
- ↑
Thomas Hope, A. Baron, Gaetano Imperatore:
Storia dell’architettura
, 1840 (lateinisch).
- ↑
Encyclopædia Britannica:
Ambo
- ↑
Martin Klockener, Bruno Burki, Arnaud Join-Lambert (Hrsg.):
Presence et role de la Bible dans la liturgie
. Saint-Paul, 2006,
ISBN 9782827110032
, S. 356.