Altirisch
(Goidelc)
|
Gesprochen in
|
Irland
, ca. 600?900 n. Chr.
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Sprecher
|
unbekannt, einst vielleicht einige 100.000
|
Linguistische
Klassifikation
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Offizieller Status
|
Amtssprache in
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entfallt
|
Sprachcodes
|
ISO 639
-1
|
–
|
ISO 639
-2
|
sga
|
ISO 639
-3
|
sga
|
Als
Altirisch
(altir.
Goidelc
, im
Neuirischen
Sean-Ghaeilge
, im
Schottisch-Galischen
Seann-Ghaidhlig
, im
Englischen
Old Irish
oder
Old Gaelic
) wird die
Sprachstufe
der irischen Sprache bezeichnet, die mit dem Einsatz der
Schriftlichkeit
in
lateinischer Schrift
beginnt und etwa mit dem Zerfall der altirischen Standardisierung endet. Die neuere Forschung setzt fur das Altirische den Zeitraum zwischen etwa 600 und 900 an.
Die unmittelbaren Quellen fur das Altirische sind im Vergleich zum
Latein
oder
Mittelirischen
recht sparlich, aber dennoch umfassend genug, um einen recht guten Eindruck von der Funktionsweise der Sprache zu erhalten.
Den ubergroßen Teil der direkten Belege bilden
Glossen
, die als Kommentare oder Ubersetzungen am Rand oder zwischen Zeilen auf dem Kontinent entstandener
Handschriften
eingefugt wurden. Am umfangreichsten und bekanntesten sind die Glossensammlungen, die heute in
St. Gallen
,
Wurzburg
und
Mailand
aufbewahrt und nach diesen Orten auch zitiert werden. Weitere wichtige Glossen werden u. a. in
Turin
,
Karlsruhe
und
Paris
aufbewahrt. Die Glossen selbst stammen aus dem
8.
und
9. Jahrhundert
, wobei die Wurzburger Glossen als die altesten gelten.
Weiterhin sind, ebenfalls meist am Rande großerer Texte, einige Gedichte und weitere Kurztexte erhalten. Als fruhester Beleg gilt dabei das
Amra Cholm Cille
, ein Loblied auf den 597 verstorbenen Grunder des Klosters
Iona
,
Columcille
. Das kurze Gedicht muss bald nach dem Tode des Besungenen, also um 600, entstanden sein. Etwas bekannter als das
Amra Cholm Cille
ist das Gedicht
Messe ocus Pangur Ban
, das wahrscheinlich im 9. Jahrhundert in
Suddeutschland
entstanden ist. Darin besingt ein Monch die traute Zweisamkeit zwischen ihm selbst und seinem weißen Kater Pangur.
Den weitaus großeren Teil der Quellen fur das Altirische bilden jedoch Belege aus spateren Zeiten, etwa vom
10.
bis zum
16. Jahrhundert
. Das Kopieren alter Handschriften bildete eine der Hauptaufgaben in den
Skriptorien
der mittelalterlichen
Kloster
. Die Schreiber gingen dabei unterschiedlich vor; zum Teil wurden altere Texte penibel abgeschrieben, zum Teil wurden sie in unterschiedlichem Maße redigiert, d. h., sie wurden sprachlich und inhaltlich an den modernen Gebrauch angepasst oder vermeintliche Fehler in den alten Manuskripten wurden beseitigt. Fur moderne Forscher ist die tatsachliche
Uberlieferung
eines
Textes
, der aus mehreren ?Zeitschichten“ besteht, dann haufig nur sehr schwer zu rekonstruieren. Solche Texte enthalten sehr haufig ein Gemisch aus mittelirischen und altirischen Passagen, in denen die altirischen Teile jedoch durch die Hande spaterer
Redakteure
gegangen und moglicherweise verandert worden sind. Bei der
philologischen
und
Textkritik
ist daher stets außerste Vorsicht geboten, da es sich selten um ?reines“ Altirisch handelt. Durch den Reichtum an solchen Texten (das Irische bietet das umfangreichste weltliche
Textkorpus
des
fruhmittelalterlichen
Westeuropa
) sind jedoch uber Vergleiche umfassende Aussagen uber
Grammatik
,
Phonologie
und
Wortschatz
des Altirischen moglich. Zudem sind offenbar einige
Textgattungen
, vor allem
Rechtstexte
, weit weniger verandert worden als andere. Wegen des recht hohen Alters vieler Rechtstexte (u. a. der Sammlung
Senchus Mar
aus etwa dem
7. Jahrhundert
) bilden sie daher trotz ihres meist erst spateren Aufzeichnungsjahres eine wesentliche Quelle fur das Studium des Altirischen (und der fruhen irischen
Gesellschaft
).
Wie viele andere altere
indogermanische Sprachen
war das Altirische eine außerst
flexionsreiche
Sprache. Insbesondere das
Verbalsystem
mit seinem vollstandig doppelten System von unabhangigen und abhangigen Formen sowie seinem Reichtum an
Suppletivstammen
bot eine sehr unubersichtliche Formenvielfalt. Aber auch die meisten anderen
Wortarten
wurden reich flektiert. Der grundlegende Satztyp war
VSO
(Verb-
Subjekt
-
Objekt
). Insbesondere in der Lyrik waren gewisse Varianten moglich, die sich spater vorwiegend zu
Topikalisierungsmitteln
entwickelten.
Auch in phonologischer Hinsicht war das Altirische eine komplexe Sprache, da sich hier erstmals (ein Resultat der Entwicklungen im archaischen Irisch vor 600) Merkmale wie
Palatalisierung
,
Anlautmutationen
und durch Mutation,
Synkope
und
Apokope
sowie Vereinfachung entstandene neue Laute zeigten.
Der Wortschatz des Altirischen ist vorwiegend
galischer
Herkunft, ist aber stark mit
lateinischen
und
britischen
(meist wohl
walisischen
) Wortern durchsetzt. Der lateinische Teil des Lexikons betrifft naheliegenderweise haufig Begriffe aus dem kirchlichen Bereich (
bendacht
<
benedictum
?Segen“;
ecl(a)is
<
ecclesia
?Kirche“;
o(i)frend
<
offerendum
?Messe“,
ifernn
<
infernum
?Holle“). Der Umstand, dass ein Teil des kirchlichen Vokabulars Spuren des Britannischen bzw. des britischen
Vulgarlateins
zeigt, weist darauf hin, dass zumindest ein Teil der
Christianisierung
von Briten durchgefuhrt wurde. So ist von
Patrick
aus seinen eigenen Schriften bekannt, dass er eigentlich Brite war.
Das rekonstruierte Konsonanteninventar des Altirischen wird in der folgenden Tabelle dargestellt.
/N/, /N?/, /L/, /L?/, /R/, /R?/
stellen
Fortes
dar, deren genaue Artikulation unbekannt ist, die aber vermutlich langer, gespannter und ganz allgemein mit mehr Druck artikuliert wurden als ihre
Lenis
-Gegenstucke
/n/, /n?/, /l/, /l?/, /r/, /r?/
.
Einige Details der altirischen
Phonetik
sind nach wie vor unbekannt.
/s?/
konnte
[
?
]
oder
[
?
]
gesprochen worden sein, wie im heutigen
Irisch
.
/h?/
konnte
/
h
/
und/oder
/x?/
darstellen.
/N?/
und
/L?/
konnten
[
?
]
bzw.
[
?
]
sein. Der Unterschied zwischen
/R(?)/
und
/r(?)/
mag der zwischen einem
Vibranten
und einem
Flap
gewesen sein.
Das rekonstruierte Inventar der altirischen
Vokale
besteht aus 5 kurzen und 5 langen
Monophthongen
sowie 12
Diphthongen
:
Monophthonge des Altirischen
|
vorne
|
zentral
|
hinten
|
lang
|
kurz
|
lang
|
kurz
|
lang
|
kurz
|
geschlossen
|
iː
|
i
|
|
uː
|
u
|
mittel
|
eː
|
e
|
|
oː
|
o
|
offen
|
|
aː
|
a
|
|
Die Verteilung der Kurzvokale in unbetonten
Silben
ist etwas kompliziert.
Alle Kurzvokale konnen wortauslautend in unbetonter offener Silbe nach velarisiertem oder palatalisiertem Konsonanten stehen. Die vorderen Vokale
/
e
/
und
/
i
/
werden nach velarisiertem Konsonanten meist
ae
bzw.
ai
geschrieben, was hier eine zuruckgezogene Zungenwurzel anzeigen konnte, etwa
[
?
]
bzw.
[
?
]
. Alle zehn Moglichkeiten werden hier durch Beispiele illustriert.
In
unbetonten geschlossenen Silben
hangt die Vokalqualitat der Kurzvokale von den sie umgebenden Konsonanten ab und ist in aller Regel vorhersagbar. Zwischen velarisierten Konsonanten steht der Vokal
/
a
/
, wie in
digal
/?d?iː?
a
l/
?Rache‘ (
Nominativ
). Zwischen palatalisiertem und velarisiertem Konsonanten steht
/
e
/
, wie in
dliged
/?d?l?i??
e
ð/
?Recht, Gesetz‘ (Nom.). Vor palatalisiertem Konsonanten steht
/
i
/
, wie in
digail
/?d?iː?
i
l?/
?Rache‘
Akk.
und
dligid
/?d?l?i??
i
ð?/
?Rechts, Gesetzes‘
Gen.
Abweichend von dieser Regel steht
/
u
/
wenn die folgende Silbe im
Urkeltischen
(urkelt.) ein langes
?
enthielt (Beispiel:
dligud
/?d?l?i?
u
ð/
?Rechte, Gesetze‘
Dat.
zu urkelt. *
dligit?-
). Daneben steht haufig
/
o
/
oder
/
u
/
nach velarisiertem
Labial
(Beispiel:
lebor
/?L?ev
o
r/
?Buch‘;
domun
/?do?
u
n/
?Welt‘).
Das Inventar der altirischen
Diphthonge
zeigt die folgende Tabelle:
Wie bei den meisten mittelalterlichen Sprachen war die
Orthographie
des Altirischen nicht fixiert, so dass die folgenden Ausfuhrungen als Generalisierungen zu verstehen sind. Einzelne
Manuskripte
konnen von den hier beschriebenen Prinzipien stark abweichen.
Das altirische Alphabet besteht aus den folgenden 18
Buchstaben
des
lateinischen Alphabets
: a, b, c, d, e, f, g, h, i, l, m, n, o, p, r, s, t, u.
Zusatzlich finden der
Akut
und ein uber dem Buchstaben geschriebener Punkt Verwendung.
- Der Akut zeigt einen langen Vokal an:
a
,
e
,
i
,
o
,
u
sind lange Vokale
- Der ubergeschriebene Punkt zeigt
Lenierung
von
f
oder
s
an:
?
ist stumm,
?
wird gesprochen als
/
h
/
- Der Punkt wird manchmal auch uber
m
oder
n
verwendet, um
Nasalierung
zu kennzeichnen:
?
,
?
.
Eine Anzahl von
Digraphen
wird ebenfalls benutzt:
- der Buchstabe
i
hinter einem Vokal, um anzuzeigen, dass der folgende Konsonant palatalisiert ist:
ai
,
ei
,
oi
,
ui
;
ai
,
ei
,
oi
,
ui
- der Buchstabe
h
hinter
c
,
t
,
p
, um einen Frikativ anzuzeigen:
ch
,
th
,
ph
- Die Diphthonge werden ebenfalls durch Digraphen reprasentiert:
ae
/
ai
,
ia
,
ui
,
au
,
oe
/
oi
,
ua
,
eu
,
ou
,
iu
,
au
,
eu
Wenn keine
Anlautmutation
stattgefunden hat, haben die Konsonantenbuchstaben in wortinitialer Position die folgenden Lautwerte, wobei die velarisierte Variante vor hinteren Vokalen (
a
,
o
,
u
) steht und die palatalisierte vor vorderen Vokalen (
e
,
i
):
- b:
/b/, /b?/
- c:
/k/, /k?/
- d:
/d/, /d?/
- f:
/f/, /f?/
- g:
/g/, /g?/
- h: vgl. die Diskussion unten
- l:
/L/, /L?/
- m:
/m/, /m?/
- n:
/N/, /N?/
- p:
/p/, /p?/
- r:
/R/, /R?/
- s:
/s/, /?/
- t:
/t/, /t?/
Obwohl das Altirische sowohl einen Laut
/
h
/
als auch einen Buchstaben
h
besitzt, gibt es keine konsistente Beziehung zwischen den beiden. Worter, die mit einem Vokal anlauten, werden manchmal mit stummen wortinitialem
h
geschrieben, vor allem, wenn sie sehr kurz sind (die Praposition
i
?in“ wurde manchmal
hi
geschrieben), oder wenn sie betont werden mussen (die Bezeichnung fur
Irland
,
Eriu
, wurde manchmal
Heriu
geschrieben). Auf der anderen Seite werden Worter, die mit /h/ anlauten, normalerweise ohne
h
geschrieben, z. B.
a or
/a hoːr/
?ihr Gold“. Wenn Laut und Schreibung korrespondieren, dann durch Zufall, wie in
ni hed
/N?iː heð/
?es ist nicht“.
Nach Vokal oder nach
l
,
n
, oder
r
konnen die Buchstaben
c, p, t
sowohl fur stimmhafte als auch fur stimmlose Plosive stehen; sie konnen auch doppelt geschrieben fur beide Varianten eintreten:
Nach Vokal stehen die Buchstaben
b, d, g
fur die Frikative
/v, ð, ?/
oder ihre palatalisierten Aquivalente:
Nach
m
ist
b
ein Plosiv, aber nach
d
,
l
und
r
ein Frikativ:
Nach
n
und
r
ist
d
ein Plosiv
Nach
n
,
l
und
r
ist
g
normalerweise ein Plosiv, aber in einigen Wortern auch ein Frikativ:
Nach Vokalen ist
m
normalerweise ein Frikativ, manchmal aber auch ein (nasaler) Plosiv und wird in diesem Fall haufig verdoppelt:
Die Digraphen
ch
,
ph
,
th
erscheinen nicht in wortinitialer Position, außer bei Lenisierung. Die Aussprache ist dann
/x/, /f/, /θ/
.
Die Buchstaben
l
,
n
und
r
werden doppelt geschrieben, wo sie gespannte
Sonoranten
darstellen und einfach, wo sie ungespannte darstellen. Wortinitial werden allerdings auch gespannte Sonoranten einfach geschrieben.
Das
Verb
bildet den komplexesten Teil der altirischen Grammatik. Historisch gesehen sind viele altirische Verben aus komplizierten Gebilden aus einem
Stamm
und mehreren Vorsilben (bis zu 6 nacheinander) entstanden, entfernt vergleichbar mit
dt.
sehen
/
vorsehen
/
versehen
/
ansehen
usw. Zudem herrschte im archaischen Irisch ? und nach Meinung der meisten Forscher auch im Altirischen ? eine sehr starke Betonung auf der ersten Silbe. Im archaischen Irisch hatte dies zur Folge, dass Worter mit mindestens drei Silben durch
Synkope
und
Apokope
stark verkurzt wurden. Im Altirischen war die Betonung auf der ersten Silbe moglicherweise nicht mehr ganz so stark akzentuiert, doch immer noch stark genug, um Verben, denen zu Negations- oder Fragezwecken eine Partikel vorangestellt wurde, ebenfalls ?schrumpfen“ zu lassen. So wurde beispielsweise aus
Im zweiten Beispiel wird aufgrund des Betonungswechsels (und der daher notwendigen starkeren artikulatorischen Kraft fur die erste Stammsilbe) statt des schwach artikulierten
do-
eine Form des ursprunglichen
Praverbs
to-
(hier als
ta-
) verwendet. Dieses Muster von ?absoluten“ und ?abhangigen“ (bei zusammengesetzten Verben ? wie oben, mit Vorsilbe ? ?deuterotonischen“ und ?prototonischen“) Formen durchzieht das gesamte Verbalsystem des Altirischen. Viele neuirische Verben leiten sich von den prototonischen Formen ab, so z. B.
tabhair
aus air.
(ni·)tabair
.
Hinzu kommt eine hohe Anzahl von Suppletivstammen, also Stammen innerhalb eines Paradigmas, die nicht auf die gleiche Wurzel zuruckzufuhren sind (vgl. dt.
sein
/
war
/
bin
).
Objektpronomen werden im Altirischen ins Innere der Verbform eingegliedert. Dies wird traditionell als ?Infigierung“ bezeichnet, es handelt sich genauer gesagt jedoch um pronominale
Klitika
,
[1]
also um Worter, die lautlich unselbstandig sind (vergleiche zu den folgenden Beispielen den heute ublichen Begriff des Infixes im Artikel
Infix (Linguistik)
). ? Beispiele:
- carat
?sie lieben‘ -
nitcharat
?sie lieben dich nicht‘ = ni - t - c(h)arat)
- do·beir
/do?ber´/
?er/sie/es gibt‘ >
dom·beir
/dom?ver´/
?er/sie/es gibt
mich
‘,
dot·beir
/dod?ver´/
?er/sie/es gibt
dich
‘,
da·beir
/da?ver´/
?er/sie/es gibt
ihn
‘,
da·beir
/da?ber´/
?er/sie/es gibt
sie
‘ usw.
Bei einfachen Verben ohne Vorsilbe wird zwecks Einbau der Pronomina die bedeutungslose Vorsilbe
no-
prafigiert
und die abhangige Verbform benutzt:
Das Altirische weist noch viele der aus dem
Indogermanischen
ererbten Auspragungsformen der Verbparadigmen auf. Alle Verbformen werden
synthetisch
gebildet, d. h., die Formen enthalten selbst per Suffix oder Lautwandel die Informationen zu Person, Zahl, Zeitform, Modus und Genus. Lediglich bei der Zeitform spielen auch Prafixe (
ro-
in Vergangenheitstempora) eine Rolle. Die Vielzahl von
Zeitformen
, mehreren
Modi
und drei
Genera
(
Aktiv
,
Passiv
,
Deponens
) ist jedoch nicht fur jedes einzelne Verb voll belegt und war moglicherweise auch nie vollstandig in Verwendung.
Im Allgemeinen sind
Adjektive
den dazugehorigen
Substantiven
nachgestellt. Beide
Wortarten
werden ublicherweise und ahnlich wie in anderen
indogermanischen Sprachen
in unterschiedliche Klassen eingeteilt, die vom
Stammvokal
der
Wurzel
bzw. der
konsonantischen
Bildung der Falle abhangen. Bei den Substantiven gibt es 13 Klassen (Stamme in
-o-
,
-?-
,
-io-
,
-i?-
,
-i-
,
-?-
,
-u-
,
Diphthong
,
Guttural
,
Dental
, Nasal,
-r
und
-s
), bei den Adjektiven nur 5 Klassen (Stamme in
-o-/-?-
,
-io/-i?-
,
-i-
,
-u-
, Konsonant ? letztere werden wegen zu weniger Beispiele zusammengefasst). Von diesen Klassen ist das jeweilige
Deklinationsmuster
abhangig.
Sowohl Substantive als auch Adjektive weisen
maskuline
,
feminine
und
neutrale
Formen auf und werden vollstandig nach
Kasus
und
Numerus
dekliniert. Die Falle wie die Numeri sind aus dem Indogermanischen ererbt:
Nominativ
,
Vokativ
,
Akkusativ
,
Genitiv
,
Dativ
(die irische Reihenfolge entspricht der englischen). Der Dativ ist jedoch als eigenstandiger Fall kaum vorhanden, er wird meist zusammen mit bestimmten
Prapositionen
gebraucht. Als Numeri werden
Singular
,
Plural
und
Dual
gebraucht, wobei der Dual nur noch in Resten erhalten ist. Das Besondere an der altirischen Deklination besteht wahrscheinlich darin, dass die ererbten Endungen nur zum Teil als eigentliche
Endungen
erscheinen. Durch Synkope und Apokope im archaischen Irisch sind die ererbten Anderungen meist verloren gegangen, außern sich jedoch weiterhin in der Qualitat des
Auslauts
.
Beispiel:
fer
/f´er/
, ?Mann‘, mask. -o-Stamm, < urkelt.
*wiros
. Vgl. lat.
vir
.
n-
weist lediglich darauf hin, dass das dem betreffenden Substantiv nachfolgende Wort
nasaliert
wird. Die Angaben zur Aussprache beruhen auf Ruckschlussen durch Sprach- und Sprachstufenvergleich.
|
Singular
|
Plural
|
Dual
|
Nominativ
|
fer
/f´er/
|
fir
/f´ir´/
|
da ?er
/daː er/
|
Vokativ
|
a ?ir
/a ir´/
|
a ?iru
/a iru/
|
?
|
Akkusativ
|
fer n-
/f´er/
|
firu
/f´iru/
|
da ?er
/daː er/
|
Genitiv
|
fir
/f´ir´/
|
fer n-
/f´er/
|
da ?er
/daː er/
|
Dativ
|
fiur
/f´ir/ od. /f´i
u
r/
|
feraib
/f´eriv´/
|
dib feraib
/d’iv´ f´eriv´/
|
An diesem Beispiel ist gut zu erkennen, dass die ursprunglichen Suffixe wie etwa
*-i
im Genitiv, die in Sprachen wie etwa dem
Latein
noch gut zu erkennen sind, im Altirischen teilweise nur als Reflexe erhalten sind (Qualitat des Stammvokals,
Palatalitat
des Auslauts). Auch die Endung
-(a)ib
im Dativ Plural ist eine entsprechende Verkurzung aus
*-ibis
(etwa
*-ibis
>
*-ibih
>
*-ivih
>
*-ivi
>
-iv´
). Vergleichbar mit etwa dem Latein tauchen in Konsonantenstammen die betreffenden Konsonanten nur in einigen Fallen auf:
Beispiel:
tene
/t’en´e/
, ?Feuer‘, mask. Dentalstamm, < urkelt. *
teφnet-
.
|
Singular
|
Plural
|
Dual
|
Nominativ
|
tene
/t’en´e/
|
tenid
/t’en´ið´/
|
da thenid, da thene
/daː θ´en´ið´/, /daː θ´en´e/
|
Vokativ
|
?
|
?
|
?
|
Akkusativ
|
tenid n-
/t’en´ið´/
|
teintea
/t’en´t’a/
|
da thenid, da thene
/daː θ´en´ið´/, /daː θ´en´e/
|
Genitiv
|
tened
/t’en´eð/
|
tened n-
/t’en´eð/
|
da thened
/daː θ´en´eð/
|
Dativ
|
tenid
/t’en´ið/, tein /t’en´/
|
teintib
/t’en´t’iv´/
|
dib teintib
/d’iv´ t’en´t’iv´/
|
Pronominalobjekte werden durch
Affixe
ausgedruckt, die bei absoluten Verbformen an die Endung, bei konjunkten Formen an den vortonigen Partikelkomplex angefugt werden; letztere werden in drei Klassen (A, B, C) eingeteilt, deren Verwendung sich nach der historischen lautlichen Umgebung richtet. Von den suffigierten Pronomina ist in klassisch altirischer Prosa nur das der 3. sg. m./f. verbreitet, die anderen werden bei einfachen Verben gewohnlich unter Zuhilfenahme des leeren Praverbs
no-
mit dem Infix der Klasse A ersetzt.
|
Pronominalsuffix
|
1. sg.
|
-um
|
2. sg.
|
-ut
|
3. sg.
|
m.
|
-i
|
f.
|
-us
|
n.
|
-i
|
1. pl.
|
-unn
|
2. pl.
|
-uib
|
3. pl.
|
-us
|
|
A
|
B
|
C
|
1. sg.
|
-m
L
|
-tom
L
,
-tum
L
,
-tam
L
|
-dom
L
,
-dum
L
,
-dam
L
|
2. sg.
|
-t
L
|
-tot
L
,
-tat
L
,
-t
L
|
-dat
L
,
-dit
L
|
3. sg.
|
m.
|
-a
N
|
-t
N
|
-d
N
,
-id
N
,
-did
N
|
f.
|
-s
(N)
|
-ta
H
|
-da
H
|
n.
|
-a
L
|
-t
L
|
-d
L
,
-id
L
,
-did
L
|
1. pl.
|
-n
|
-ton
,
-tan
|
-don
,
-dun
,
-din
,
-dan
|
2. pl.
|
-b
|
-tob
,
-tab
,
-dub
|
-dob
,
-dub
,
-dib
,
-dab
|
3. pl.
|
-s
(N)
|
-ta
H
|
-da
H
|
Als selbstandige Worter kommen Personalpronomina im Altirischen nur im Nominativ und im Genitiv vor; der Nominativ kann als Pradikatsnomen der
Kopula
oder ohne direkte zu einem Verb stehen.
|
kurz
|
emphatisch
|
1. sg.
|
me
|
messe, meisse, mese
|
2. sg
|
tu
|
tussu
|
3. sg
|
m.
|
e
|
esom
|
f.
|
si
|
sisi
|
n.
|
ed
|
(unattested)
|
1. pl.
|
sni
|
snisni
|
2. pl.
|
si, sib
|
sissi, sibsi
|
3. pl.
|
e
|
esom
|
Die Possessivpronomina stehen unmittelbar vor dem Bezugswort und werden nicht flektiert.
|
Pronoun
|
Examples
|
1. sg.
|
mo
L
,
m'
|
mo mathair
/mo ?aθ?r?/
?meine Mutter‘,
m'athair
/maθ?r?/
?mein Vater‘
|
2. sg.
|
do
L
,
t'
,
th'
|
do macc
/do ?ak/
?dein Sohn‘,
t'ingen
/t?in????n/
?deine Tochter‘
|
3. sg.
|
m.
|
a
L
|
a thech
/a θ?ex/
?sein Haus‘
|
f.
|
a
H
|
a tech
/a t?ex/
?ihr Haus‘,
a ainm
/a han?m?/
?ihr Name‘
|
n.
|
a
L
|
a chumtach
/a xu?d?x/
?seine Errichtung‘
|
1. pl.
|
ar
N
|
ar n-anmann
/ar nanmaN/
?unsere Namen‘,
ar tir
/ar d?iːr/
?unser Land‘
|
2. pl.
|
for
N
, far
N
, bar
N
|
for n-anman
/for nanmaN/
?eure Namen‘,
for cland
/for glaN(d)/
?eure Kinder‘
|
3. pl.
|
a
N
|
a tech
/a d?ex/
?ihr Haus‘,
a n-anmann
/a nanmaN/
?ihre Namen‘
|
Alle weiteren in indogermanischen Sprachen ublichen Wortarten sind belegt,
Artikel
,
Pronomina
,
Prapositionen
,
Numerale
,
Partikeln
,
Adverbien
,
Konjunktionen
,
Interjektionen
.
Entsprechend den drei
Genera
gibt es drei vollstandig
flektierte
, dem Substantiv vorangestellte Artikel, wobei diese jedoch in einigen Kasus zusammengefallen sind (Nominativ Singular: mask.
in
,
int
; fem.
ind
,
in
,
int
; neutr.
a
). Zum Teil unterscheiden sich jedoch auch anscheinend identische Artikel durch die
Anlautmutation
bzw. Nicht-Mutation des nachfolgenden Substantivs.
Demonstrativpronomina
werden hingegen zusatzlich zum Artikel dem Substantiv nachgestellt.
Da vorwiegend synthetische Verbformen gebraucht werden, die Informationen zur Person bereits enthalten, sind Vorkommen von
Personalpronomina
relativ selten. Sie konnen jedoch als Hervorhebung verwendet werden, und in diesem Fall in mehreren
Emphasestufen
:
me
(betont ?ich, mich‘) >
messe
(stark betont ?ich, mich‘). In der alteren Sprache werden Objektpronomen
suffigiert
(1. Pl. Sg. Akk. dann
-um
:
berthum
/b´erθum/
?er/sie/es tragt mich‘). Spater werden sie
infigiert
(s. o., ?Verben“), wobei je nach davor stehender Praposition/Partikel drei unterschiedliche Klassen von infigierten Personalpronomina gebraucht werden.
Die meisten Prapositionen sind einfach und verlangen jeweils den Dativ (
a
?aus‘,
di
?von‘,
do
?zu‘,
re
?vor‘) oder den Akkusativ (
cen
?ohne‘,
eter
?zwischen‘,
la
?mit‘), in einigen Fallen je nach Bedeutung (z. B. Ort/Richtung) auch beides. Sie verschmelzen, wie in den
inselkeltischen Sprachen
ublich, mit Personalpronomina zu den so genannten ?konjugierten Prapositionen“:
- i
?in‘,
indium
?in mir‘,
indiut
?in dir‘,
and
?in ihm, darin‘,
indi
?in ihr‘,
indiunn
?in uns‘,
indib
?in euch‘,
indib
?in ihnen‘.
Im Lauf der Zeit kommen daneben zusammengesetzte Prapositionen (aus Praposition und Substantiv, vgl.
dt.
anhand
, aus
an (der) Hand
) starker in Gebrauch. Diese verlangen dann meist den Genitiv.
Von den Numeralen werden nur
da
?zwei‘,
tri
?drei‘ und
cethir
?vier‘ dekliniert, dies jeweils aber nach Genus getrennt. Dabei verlangen verschiedene Flexionsformen die Lenierung bzw. Nasalierung des gezahlten Wortes (s.
Anlautmutation
). Die Zahlworter
coic
?funf‘ und
se
?sechs‘
lenieren ebenfalls, im Genitiv nasalieren sie (ohne spezielle Flexionsform). Die Zahlworter
secht
?sieben‘,
ocht
?acht‘ und
noi
?neun‘ nasalieren das gezahlte Wort.
Der neutrale Satz beginnt im Normalfall, wie in den
inselkeltischen Sprachen
ublich, mit dem Verb. Es folgen das Subjekt und danach alle folgenden Satzglieder. Fragen und Verneinungen werden mit Hilfe von
Partikeln
ausgedruckt. Auch
Relativbeziehungen
werden durch Partikeln gekennzeichnet, die jedoch nicht immer geschrieben (und wohl auch nicht immer gesprochen) wurden und sich dann lediglich durch die
Mutation
des nachfolgenden Wortes bemerkbar machen. Aber auch diese Mutation ist nur in manchen Fallen, und dann nicht immer eindeutig, gekennzeichnet. Beim Lesen des Altirischen ist daher eine gewisse Erfahrung mit den grammatischen Strukturen oder eine Erwartung des nachfolgenden Inhalts sehr hilfreich.
Pronominalobjekte
wurden nach dem Fruhaltirischen (ab ca. 750) im Normalfall ins Verb zwischen Vorsilbe und Wortstamm eingefugt, wie oben im Abschnitt ?Verben“ dargestellt.
Wahrend des gesamten
Mittelalters
bestanden enge wirtschaftliche und kulturelle Kontakte zwischen Irland und den benachbarten Regionen, vor allem mit den anderen
britischen Inseln
, aber auch mit der
Bretagne
. Durch die Expansion von Teilen der
Dal Riata
nach
Sudwestschottland
und die Ansiedlung von Iren auf der
Isle of Man
, deren jeweilige Zeitpunkte umstritten sind, wohl aber zwischen dem
5.
und
7. Jahrhundert
liegen, wurde das Altirische in die Kolonisierungsgebiete gebracht. Auch nach
Wales
gab es enge Beziehungen, das Irische konnte sich dort jedoch auf die Dauer nicht halten. Im Norden und Westen Schottlands sowie auf Man setzte sich das Irische dauerhaft durch und entwickelte sich (moglicherweise ab etwa dem
10.
bis
12. Jahrhundert
) jeweils eigenstandig. Als verlangsamender Faktor trennender Entwicklungen gilt dabei vor allem der Einfluss der wandernden
Dichter
(
filid
), die sowohl in Irland als auch in Schottland ihrer Arbeit nachgingen und zu einer weitgehenden und lang anhaltenden
Standardisierung
zumindest der
Schriftsprache
in beiden Gebieten beitrugen. Als hauptsachlichstes Element trennender Entwicklungen kann hingegen der linguistische Einfluss der
Wikinger
gesehen werden, der in Schottland und auf Man ungleich großer war. Das Resultat der dauerhaften Ansiedlung von Skandinaviern (die in diesem Maße in Irland nicht stattfand) bestand einerseits vor allem in einer bedeutenden Anzahl von
Lehnwortern
sowie
Orts-
und
Flurnamen
und
andererseits in der Vereinfachung der
grammatischen Strukturen
im Schottischen und im Manx.
Daher gehen einige Forscher von einer engeren Verwandtschaft des
Schottisch-Galischen
und des
Manx
untereinander als einer dieser Sprachen mit dem Irischen aus. Daher werden die ?Kolonialsprachen“ bisweilen als ?Ost-Galisch“ zusammengefasst, wobei das ?West-Galische“ nur das Irische umfasst. Diese Unterteilung ist jedoch umstritten, auch weil sie auf nachtraglichen Einflussen von außen (Skandinavier in Schottland und auf der Isle of Man) und nicht auf sprachinternen Entwicklungen beruht.
- Britta Sofie Irlinger:
Abstrakta mit Dentalsuffixen im Altirischen
. Universitatsverlag C. Winter, Heidelberg 2002.
- Kim McCone:
The Early Irish Verb
. Department of Old Irish, St. Patrick’s College, Maynooth 1987 (Neuausgabe 1997). ? Neuere und zusammenfassende Erkenntnisse zum komplexesten Aspekt des Altirischen.
- Kim McCone:
Towards a Relative Chronology of Ancient and Medieval Celtic Sound Change
. Department of Old Irish, St. Patrick’s College, Maynooth 1996.
- Kim McCone:
A First Old Irish Grammar and Reader. Including an Introduction to Middle Irish
. Department of Old Irish, St. Patrick’s College, Maynooth 2005.
- E. Gordon Quinn (allg. Hrsg.):
The Dictionary of the Irish Language. Compact Edition
. Dublin 1983. ?
Das
Worterbuch furs Altirische und Mittelirische wurde 1906 von
Kuno Meyer
begonnen und ab 1939 unter dem Titel
Contributions to a Dictionary of the Irish Language
in Einzelbanden herausgegeben.
- David Stifter:
Sengoidelc. Old Irish for Beginners
. Syracuse University Press, Syracuse NY 2006. ? Ausfuhrliches Lehrbuch mit 58 Lektionen, Ubersetzungsubungen, Glossar und annotierten Texten aus der altirischen Literatur.
- Whitley Stokes, John Strachan (Hrsg.):
Thesaurus Palaeohibernicus. A Collection of Old-Irish Glosses, Scholia, Prose, and Verse
. Dublin Institute for Advanced Studies, Dublin 1901?1903 (Neudruck 1987). ? Texte aller wichtigen Quellen.
- John Strachan, Osborn Bergin:
Old Irish Paradigms and Selections from the Old Irish Glosses
. Dublin 1949. ? Grammatiktafeln und Glossenauswahl.
- Rudolf Thurneysen
:
Handbuch des Altirischen. Grammatik, Texte und Worterbuch
. I. Teil:
Grammatik
; II. Teil:
Texte mit Worterbuch
. Universitatsverlag C. Winter, Heidelberg 1909. ? Die bis heute maßgebende Grammatik.
- ↑
David Stifter:
Sengoidelc. Old Irish for beginners
. Syracuse University Press, Syracuse NY 2006, S. 123