Papst
Alexander III.
(* um 1100 oder 1105 in
Siena
, vermutlich als
Rolando Bandinelli
; †
30. August
1181
in
Civita Castellana
bei
Viterbo
) amtierte vom
7. September
1159
bis zu seinem Tod als Oberhaupt der
romischen Kirche
. Fast zwanzig Jahre lang rang er mit dem
deutschen Kaiser
Friedrich Barbarossa
und dem englischen Konig
Heinrich II.
gegen das
Schisma
des Papsttums. Er gilt als einer der wichtigsten Papste des Hochmittelalters. In seiner Amtszeit fand 1179 das
dritte Laterankonzil
statt. Alexander III. war der einzige Papst in der Geschichte, der insgesamt mit vier Gegenpapsten hintereinander konfrontiert wurde.
In der alteren Forschung wurde Alexander III. in der Regel mit dem
Dekretisten
?Magister Rolandus“ von Bologna identifiziert. Diese Ansicht wurde jedoch von
John Noonan
(1977), von
Rudolf Weigand
(1980) und von Kerstin A. Jacobi (2003) in Frage gestellt.
Rolando Bandinelli entstammte einer vornehmen Sieneser Familie. Von seinem fruhen Bildungsweg sind kaum Details bekannt, jedoch lasst sich der Einfluss
Gratians
,
Petrus Abaelardus
’,
Bernhards von Clairvaux
,
Gilberts von Poitiers
und
Hugos von St. Viktor
auf ihn erkennen. Vermutlich in der Zeit vor 1142 war er Dozent fur Theologie in
Bologna
und lehrte dort vorwiegend
kanonisches Recht
, spater wurde er Mitglied des Domkapitels in
Pisa
.
Nachdem er bereits seit Ende 1148 in dessen Diensten stand, wurde er 1150 von Papst
Eugen III.
zum
Kardinal
erhoben und zum
Kardinaldiakon
von
Santi Cosma e Damiano
ernannt. 1151 stieg er zum
Kardinalpriester
von
San Marco
auf, und wurde schließlich 1153
Kanzler der Romischen Kirche
. Zugleich war er einer der wichtigsten Berater
Papst Eugens III.
sowie seiner Nachfolger
Anastasius IV.
und
Hadrian IV.
Im Jahr 1157 uberbrachte er als
papstlicher Legat
Kaiser
Friedrich I. Barbarossa
auf dem
Reichstag
zu
Besancon
das Schreiben von Papst Hadrian IV., das maßgeblich von ihm selbst verfasst worden war. Der erste
Eklat
wurde durch die Anrede ausgelost, in der es hieß, ?Es grußt Euch unser heiligster Vater, Papst Hadrian und die Gesamtheit der Kardinale der heiligen romischen Kirche, jener als Euer Vater, diese als Eure Bruder.“
[1]
Damit stellte das Schreiben die
Kardinale
auf die gleiche Stufe wie den Kaiser.
[2]
Dies widersprach der
sakralen
Vorstellung Friedrich Barbarossas vom Kaisertum und der Gleichrangigkeit von Kaiser und Papst zutiefst.
In dem Schreiben wurde die kaiserliche Wurde als papstliches
beneficium
bezeichnet. Dieser Begriff ist mehrdeutig und konnte sowohl als ?Wohltat, Vorrecht, Privileg“, aber auch als ?
Lehen
“, im Sinne von geliehen, ubersetzt werden. Um der Gefahr vorzubeugen, dass die papstliche Seite Fakten schuf, wenn die kaiserliche Seite diese Zweideutigkeit unwidersprochen hinnahm, wahlte Friedrichs Kanzler, der spatere Kolner Erzbischof
Rainald von Dassel
, die verscharfende Ubersetzung als Lehen. Die papstliche Absicht wurde offensichtlich, als Bandinelli der Ubersetzung durch Rainald nicht widersprach, sondern mit seiner Außerung ?Von wem hat der Kaiser sein Amt inne, wenn nicht vom Herren Papst?“ (A quo ergo habet, si a domno papa non habet imperium?)
[3]
noch Ol ins Feuer goss. Der Kaiser war emport. Es kam zum Eklat und der anwesende Pfalzgraf von Bayern,
Otto I. von Wittelsbach
, bedrohte Bandinelli gar mit dem Schwert. Auf Anweisung Friedrichs I. wurde dem Legaten jedoch freies Geleit fur die Heimreise gewahrt.
Nach dem Tod Hadrians IV. wurde Orlando (Rolando) Bandinelli am 7. September 1159 von einer deutlichen Mehrheit an
gregorianisch
gesinnten Kardinalen zu dessen Nachfolger gewahlt. Eine kaiserfreundliche Minderheit stimmte jedoch fur
Octaviano de Montecello
. Da zuvor Einstimmigkeit fur eine rechtmaßige Wahl vereinbart worden war, hielten sie Orlando fur nicht gewahlt. Als Orlandos Anhanger diesem dennoch den papstlichen Mantel umlegten, riss Octaviano ihm diesen wieder vom Leib. Es kam zu Tumulten, und Orlando fluchtete sich in die Vatikanfestung nahe St. Peter.
Am 18. September 1159 wurde Roland in
Cisterna
nahe Rom in einer Wahl von seinen Anhangern als
Papst Alexander III.
bestatigt. Zwei Tage spater erfolgte die Weihe durch Kardinalbischof
Hubald von Ostia
in
Ninfa
sudostlich von Velletri bei
Norma
. Auch wenn Alexander III. damit fur die Mehrheit der Kardinale als in vorgeschriebener Form gewahlter und geweihter Papst galt, wurde Octaviano am 5. Oktober 1159 durch Kardinalbischof
Imar von Tusculum
in
Fara
nordostlich von Rom
konsekriert
und damit zum
Gegenpapst
Viktor IV.
erhoben.
Im Jahr 1160 weigerte sich Papst Alexander III., auf der von Kaiser Friedrich I. einberufenen
Synode von Pavia
zu erscheinen, getreu dem Grundsatz
ein Papst lasst sich von niemandem richten
, wahrend sein Opponent, Viktor IV. sich personlich eingefunden hatte. Bereits in seinem Ladungsschreiben hatte der Kaiser erkennen lassen, wen er fur den rechtmaßigen Papst hielt und Octaviano de Montecello als Papst Viktor, Rolando Bandinelli jedoch als Kanzler Roland tituliert. Offenkundig war nicht an ein ergebnisoffenes Treffen gedacht.
[4]
Am 13. Februar 1160 wurde deshalb uber Alexander III. als Reichsfeind und
Schismatiker
die
Reichsacht
und der
Kirchenbann
ausgesprochen, nachdem die Synode zuvor am 11. Februar die Wahl des Gegenpapstes erwartungsgemaß bestatigt hatte. Ebenfalls am 13. Februar 1160
exkommunizierte
Viktor IV. Alexander III. nicht zuletzt wegen der Verschworung alexandrinischer Kardinale mit der Stadt Mailand gegen den Kaiser, uber die Friedrich Barbarossa die Reichsacht verhangt hatte und gegen die er seit 1153 mehrmals Krieg fuhrte.
Als Antwort exkommunizierte Alexander III. daraufhin am 24. Marz 1160 seinerseits den Kaiser und den Gegenpapst, verkundet durch seinen
Legaten
,
Kardinal
Johannes von Anagni
im Mailander Dom. Auf der im Oktober 1160 abgehaltenen
Synode
zu
Toulouse
wurde Alexander III. von
England
,
Frankreich
,
Irland
,
Norwegen
und
Spanien
als rechtmaßiger und einziger Papst anerkannt. In Deutschland gehorten
Welf VI.
, der Erzbischof von Mainz,
Konrad I. von Wittelsbach
, der Erzbischof von Salzburg,
Eberhard von Salzburg
und der große Theologe seiner Zeit,
Propst
Gerhoch von Reichersberg
[5]
zur Partei Alexander III. Da Friedrich I. aber im Jahr 1162
Mailand
eroberte, konnte sich Alexander III. in
Italien
nicht mehr halten und fluchtete uber Genua nach Frankreich. In einer Note an den franzosischen Kanzler, den Bischof von Soissons, protestierte Friedrich Barbarossa im Zenit seiner militarischen Macht gegen die Aufnahme Alexanders in Frankreich. Da Alexander einem der Sohne des englischen Monarchen einen Ehedispens erteilt hatte, womit er den Territorialinteressen der franzosischen Krone schadete, war Alexanders Verhaltnis zur franzosischen Monarchie auch nicht spannungsfrei.
[6]
Der franzosische Monarch
Ludwig VII.
und der deutsche Kaiser Friedrich Barbarossa hatten fur den 29. August 1162 ein Treffen an der Reichsgrenze in
Saint-Jean-de-Losne
an der
Saone
vereinbart, zu dem beide Papste vor ein paritatisch besetztes Schiedsgericht im Beisein einer großen Zahl von Reichsfursten vorgeladen waren, zu dem sich Alexander III. jedoch zu erscheinen weigerte, was den franzosischen Konig zu dupieren drohte. Das verspatete Eintreffen Friedrich Barbarossas am Verhandlungsort in Burgund verhinderte einen Gesichtsverlust des franzosischen Monarchen, der rechtzeitig an der Saone-Brucke nur in Begleitung eines Gesandten Alexander III. erschienen war und sich daraufhin nach
Dijon
zuruckzog. Der Kanzler des Kaisers, der
Kolner Erzbischof
Rainald von Dassel
hielt eine Rede in Lateinisch, Deutsch und Franzosisch, in der er kompromisslos den grundsatzlichen Anspruch des Kaisers auf die Besetzung des bischoflichen Stuhls im Mittelpunkt seines Imperiums, Rom, ohne Beachtung eventueller Einwande der ?Provinzkonige“ befinden zu konnen, erhob. Diese Rede beforderte die gewunschte Entscheidung der Versammlung zugunsten Viktor IV., stellte jedoch einen
Affront
fur die ubrigen reprasentierten abendlandischen Konigreiche dar.
[7]
Offensichtlich auf Drangen des franzosischen Konigs erschienen auf einem Hoftag im August 1163 Gesandte Alexander III. beim Stauferkaiser, die Verhandlungen einleiteten, die durchaus Anlass zu Hoffnungen auf ein gunstiges Ergebnis der Gesprache gaben. Infolge des Todes von Viktor IV. am 20. April 1164 in
Lucca
eilte Rainald von Dassel ohne Beratung mit dem Kaiser dorthin, um die Wahl Guidos von Crema zum neuen Gegenpapst
Paschalis III.
durchzusetzen. Dadurch verhinderte der Kolner Erzbischof jede Verstandigung mit Alexander III.
Schlimmer noch: Auf dem
Hoftag
zu
Wurzburg
im Mai 1165 gelang es dem Kolner
Metropoliten
, die
Wurzburger Eide
zu verkunden, nach denen der Kaiser sich ausdrucklich verpflichtete, niemals Alexander III., sondern ausschließlich Paschalis III. und von dessen Partei gewahlte Nachfolger als Papst anzuerkennen. Neben dem Kaiser und seinem Kanzler beeideten auch die anwesenden englischen Gesandten und die anwesenden geistlichen und weltlichen Fursten des Reiches den Eid auf den Gegenpapst.
Pralaten
und Laienfursten, die nicht an einer derartigen Zuspitzung der Kirchenpolitik interessiert waren, aber auch alexandrinisch gesinnte Kirchenfursten wie der
Wittelsbacher
Erzbischof
Konrad von Mainz
oder
Hillin von Fallemanien
gingen daraufhin auf Distanz zum Kaiser. Gegen die seit Beginn des Schismas proalexandrinisch gesinnten
Zisterzienser
ging der Kaiser sogar mit Waffengewalt vor.
[8]
Alexander III., der 1165 nach Italien zuruckkehrte und von
Benevent
aus agierte, beschrankte sich seinerseits auch nicht auf das Gebet und den geistlichen Disput: Barbarossas rigorose Politik in Oberitalien fuhrte Alexander III. neue Bundesgenossen zu.
[9]
Im Marz 1170 drohte er ganz machtpolitisch in der papstlichen
Bulle
Non est dubium
allen, die den Zusammenhalt der
Lombardischen Liga
storten, mit kirchlicher
Zensur
und Exkommunikation.
[10]
Er verbundete sich nicht nur mit dem kaiserlichen Gegner Mailand, sondern finanzierte sogar ein
Soldnerheer
.
[11]
Im Gegenzug benannte 1168 die Lombardische Liga die gegen Barbarossa und seine Bundesgenossen gerichtete Trutzburg nach ihm:
Alessandria
.
[9]
Durch einen Ausbruch der
Ruhr
, nach anderen Quellen der
Malaria
im kaiserlichen Heer, an der auch der Kolner Erzbischof Rainald von Dassel starb, der geistige Fuhrer des Widerstandes, vor allem aber durch die große Treulosigkeit seines Lehnsmannes
Heinrichs des Lowen
und der damit einhergehenden
Niederlage des Kaisers gegen die Lombarden bei Legnano
am 29. Mai 1176 triumphierte Alexander III. schließlich uber Kaiser Friedrich I.: Bereits gegen Ende des Jahres 1167 nahm Alexander III. uber die franzosischen Zisterzienserabte
Alexander von Citeaux
und
Pontius von Clairvaux
Kontakt mit dem Kaiser auf. Im Marz 1169 traf der Kaiser mit den Gesandten Alexanders zusammen, wobei er die Forderung stellte, Alexander III. moge seinen zum Konig zu wahlenden Sohn
Heinrich
als Mitkaiser salben, Heinrich wurde daraufhin Alexander als Papst anerkennen, wahrend Barbarossa seine Anerkennung bis zur Klarung der Frage schismatischer Priester-, Bischofs- und Abtweihen aufschieben wolle. Kurze Zeit spater erkannte Friedrich jedoch den von den Kardinalen des verstorbenen Gegenpapstes gewahlten Nachfolger
Calixt III.
an.
[12]
Die Kontakte zwischen dem staufischen Kaiserhof und ?seinem‘ Gegenpapst waren seit dem Tode Viktors IV., spatestens seit dem Paschalis’ III. rudimentar, da der Gegenpapst kaum noch uber großes politisches Gewicht verfugte. Seit 1170 bestand der Kaiser nicht mehr auf den Wurzburger Eiden. Die Stimmen bei Hofe, die auf einen Ausgleich mit Alexander III. drangten, nahmen zu; Abt
Hugo von Bonnevaux
wurde in die Lombardei geladen. Eine kaiserliche Delegation handelte mit der
Kurie
in Anagni einen vorlaufigen Vertrag uber die Beendigung des Schismas aus (?Vorfriede von Anagni“), der beidseitige Kompromisse in der Frage schismatischer Weihen und eine Ruckgabe der
Mathildischen Guter
an die Kirche vorsah. Alexander III. akzeptierte nahezu alle von Barbarossa investierten Bischofe, darunter so illustre Personlichkeiten wie den Mainzer Erzbischof und Reichskanzler
Christian I. von Buch
oder den Kolner Erzbischof
Philipp von Heinsberg
, die entgegen der papstlichen Exkommunikation des Kaisers im Investiturstreit zu diesem gestanden hatten.
[13]
Nach einer Einigung auf den Tagungsort der Friedensverhandlungen, der
Republik Venedig
unter dem Dogen
Sebastiano Ziani
, gelang es Friedrich Barbarossa durch Hinhaltetaktik, Alexander zu einem Verzicht auf die Ruckgabe der
heimgefallenen
Mathildischen Guter zu bewegen. Schließlich sohnten sich Alexander III. und Friedrich I. auf dem
Markusplatz
in Venedig in einer bewegenden Szene aus.
[14]
Am 24. Juli 1177 leistete Friedrich Barbarossa den
Stratordienst
; er kusste Alexander die Fuße und hielt dem Papst die
Steigbugel
. Im Frieden von Venedig erkannte der Kaiser Alexander III. am 1. August 1177 als rechtmaßigen Papst an. Der Reichskanzler und Mainzer Erzbischof Christian I. von Buch, einer von Alexanders langjahrig entschiedensten Gegnern, unterwarf sich Alexander im Zusammenhang mit dem Frieden von Venedig und stellte militarisch die Ordnung im Kirchenstaat (aus Sicht Alexanders) wieder her. Die romische Kommune vertrieb Alexander jedoch kurz nach dem Dritten Laterankonzil (5.?19. Marz 1179), so dass er seinen Lebensabend an verschiedenen Orten innerhalb des Kirchenstaates verbrachte.
[9]
Einen weiteren Triumph hatte Alexander bereits uber den zweitmachtigsten Mann seiner Zeit erringen konnen. Der englische
Konig
Heinrich II.
hatte um 1164 die Kirche dem
Staat
durch die
Constitutions of Clarendon
untergeordnet. Nach einem sechsjahrigen Streit wurde in diesem Zusammenhang
Thomas Becket
ermordet, der
Erzbischof von Canterbury
. Konig Heinrich II. von England musste im Streit mit Alexander III. einen Teil der
Constitutions of Clarendon
wieder aufheben und sich am 12. Juni 1174 in der
Kathedrale von Canterbury
einer Geißelung unterziehen sowie anschließend eine ganze Nacht am Grab des heiliggesprochenen Thomas Becket auf den Knien liegend beten.
Zur Vermeidung weiterer Schismen ließ Alexander III. das
Dritte Laterankonzil
einberufen. Im Marz 1179 beschloss das Konzil, dass zu einer gultigen Papstwahl die Zweidrittelmehrheit der Stimmen der
Kardinale
notig sei.
[9]
Als Jurist widmete sich Alexander III. den kanonischen
Ehegesetzen
. Er beschloss neue Kennzeichen von
Wucher
und verfugte damit neue Regeln fur
Preise
und
Zinsen
. Er bestatigte auch die alleinige Zustandigkeit des Heiligen Stuhls fur Heiligsprechungen.
[15]
Papst Alexander III. starb im Exil von
Civita Castellana
. Seine Gebeine wurden nach Rom uberfuhrt. Sein Grab wurde jedoch von romischen Burgern zerstort.
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