Abkommen uber die Rechtsstellung der Fluchtlinge

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Parteien des Abkommens uber die Rechtsstellung der Fluchtlinge:
  •  Parteien des Abkommens von 1951
  •  Parteien des Protokolls von 1967
  •  Parteien beider Vertrage
  •  Parteien keiner der beiden Vertrage
  • Ab­kom­men uber die Rechts­stel­lung der Flucht­linge
    Kurztitel: (in­of­fi­zi­ell)
    Genfer Flucht­lings­kon­ven­tion (deutsch)
    The 1951 Refugee Convention (eng­lisch)
    Convention de Geneve (fran­zo­sisch)
    Titel (engl.): Convention relating to the Status of Refugees
    Abkurzung: (in­of­fi­zi­ell)
    GFK (deutsch, BRD)
    FK (deutsch, Schweiz)
    Datum: 28. Juli 1951
    Inkrafttreten: 22. April 1954, in Uber­ein­stim­mung mit Ar­ti­kel 43
    Fundstelle: United Nations Treaty Series , vol. 189 , 1954, I Treaties and international agreements, p. 137?220 , No. 2545 . On­line in der United Nations Treaty Collection. (PDF-Do­ku­ment; 747 KiB)
    A/CONF.2/108/Rev.1 , 26 November 1952. United Nations Publications, Sales No.: 1951.IV.4. On­line im Official Documents System of the United Nations (PDF-Do­ku­ment; 3,26 MiB)
    Fundstelle (deutsch): Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land:
    BGBl. 1953 II S. 559 ,
    zum In­kraft­tre­ten des Ab­kom­mens:
    BGBl. 1954 II S. 619 ,
    zur ak­tuel­len Gul­tig­keit:
    juris : fl_abk FluAbk
    Osterreich:
    BGBl. Nr. 55/1955
    Schweiz:
    AS 1955 443
    0.142.30
    Vertragstyp: of­fen, multi­la­te­ral
    Rechtsmaterie: Menschen­rech­te , Flucht­linge
    Unterzeichnung: 19 Sig­na­tar­staaten
    Ratifikation : ein­schließ­lich Bei­trit­ten und Suk­zes­sion­en der­zeit 145 Ver­trags­par­tei­en

    Deutschland: Un­ter­zeich­nung: 19. No­vem­ber 1951,
    Hin­ter­le­gung der Ra­ti­fi­ka­tions­ur­kun­de: 1. De­zem­ber 1953,
    In­kraft­tre­ten: 22. April 1954 (un­be­scha­det des­sen ha­ben die Be­stim­mung­en des Ab­kom­mens be­reits mit Wir­kung vom 24. De­zember 1953 fur die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land Ge­setz­es­kraft er­hal­ten) .
    Liechtenstein: Un­ter­zeich­nung: 28. Ju­li 1951,
    Ra­ti­fi­ka­tion: 1. No­vem­ber 1954.
    Osterreich: Un­ter­zeich­nung: 28. Ju­li 1951,
    Ra­ti­fi­kat­ion: 8. Marz 1957.
    Schweiz: Un­ter­zeich­net am 28. Ju­li 1951.
    Von der Bun­des­ver­samm­lung ge­neh­migt am 14. De­zem­ber 1954 (AS 1955 441) .
    Schwei­zer­ische Ra­ti­fi­ka­tions­ur­kun­de hin­ter­legt am 21. Ja­nu­ar 1955.
    In Kraft ge­tre­ten fur die Schweiz am 21. April 1955.
    Das Ab­kom­men wurde von der United Nations Conference of Plenipotentiaries on the Status of Refugees and Stateless Persons an­ge­nom­men, die vom 2. bis 25. Ju­li 1951 in Genf ab­ge­hal­ten wur­de. Die Kon­fe­renz war ge­maß der Re­so­lu­tion 429 (V) [1] , an­ge­nom­men von der Ge­ne­ral­ver­samm­lung der Ver­eint­en Na­tion­en am 14. De­zem­ber 1950, zu­sam­men­ge­tre­ten.
    Bitte beachte den Hinweis zur geltenden Vertragsfassung .

    Die Genfer Fluchtlingskonvention (Abkurzung GFK ; eigentlich Abkommen uber die Rechtsstellung der Fluchtlinge ) ist das zentrale Rechtsdokument des internationalen Fluchtlingsrechts.

    Die Konvention enthalt unter anderem eine international verbindliche rechtliche Definition des Begriffs ? Fluchtling “ und ist die Rechtsgrundlage fur das Amt des Hohen Fluchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR).

    Sie wurde am 28. Juli 1951 auf einer UN -Sonderkonferenz in Genf verabschiedet und trat am 22. April 1954 in Kraft. Ursprunglich war sie darauf beschrankt, europaische Fluchtlinge direkt nach dem Zweiten Weltkrieg zu schutzen.

    Erganzt wurde die Konvention am 31. Januar 1967 durch das ? Protokoll uber die Rechtsstellung der Fluchtlinge “, das am 4. Oktober 1967 in Kraft trat und die zeitliche und geografische Einschrankung aufhob.

    Der GFK sind 146 Staaten beigetreten, [2] dem Protokoll 147, zuletzt Sudsudan am 10. Dezember 2018. [3] Am 25. Januar 2014 waren 143 Staaten sowohl der Konvention als auch dem Protokoll beigetreten. [4]

    Die Ereignisse, die zur Einigung uber die GFK fuhrten, lassen sich bis in die 1920er Jahre zuruckverfolgen, nachdem westliche Lander wahrend und nach dem Ersten Weltkrieg Einwanderungsbeschrankungen eingefuhrt hatten. Die humanitaren Notlagen von Fluchtlingen wurden schon zu dieser Zeit als Problem erkannt: Die ersten rechtlichen Entwicklungen fanden mit der Ernennung von Fridtjof Nansen zum Hochkommissar fur russische Fluchtlinge im Jahr 1921 und der Einfuhrung des Nansen-Pass -Systems statt, das russischen Fluchtlingen im Rahmen des Abkommens von 1922 eine Identitatsbescheinigung ausstellte und damit den Zugang zu Aufenthaltsrechten erleichterte. In der Zwischenkriegszeit wurde das Passsystem auch auf andere Fluchtlinge ausgedehnt, es wurde eine erste Definitionen des Begriffs Fluchtlings gefunden.

    Die internationalen Vereinbarungen, die zur Zeit des Volkerbundes getroffen wurden, waren auf bestimmte geographisch-zeitlich definierte Kategorien von Fluchtlingen beschrankt. [5] Die Bemuhungen des Volkerbundes betrafen zunachst vor allem russische Fluchtlinge, die infolge der Revolution und des Burgerkrieges aus ihrer Heimat flohen, sowie Fluchtlinge des griechisch-turkischen Krieges (1919?1922).

    Nachdem die Nationalsozialisten in Deutschland an die Macht gekommen waren, verscharfte sich die Lage, woraufhin sich der Volkerbund ab 1933 auch um rassisch und politisch Verfolgte aus dem Deutschen Reich bemuhte. [6] Es kam unter anderem zu Vereinbarungen vom 12. Mai 1926 [7] bezogen auf russische und armenische Fluchtlinge sowie vom 30. Juni 1928 bezogen auf turkische und assyrische Fluchtlinge. [8] [9] Zu den wichtigsten Abkommen, die im Rahmen des Volkerbundes geschlossen wurden, zahlten: [10]

    • Das Abkommen vom 28. Oktober 1933 uber die internationale Rechtsstellung der Fluchtlinge fur Fluchtlinge aus Russland und der Turkei; dieses verpflichtete die unterzeichnenden Staaten dazu, Fluchtlinge nicht in einen sie verfolgenden Heimatstaat zuruckzuschicken, jedoch begrundete es keine individuell einklagbaren Rechte. [10]
    • das Abkommen vom 10. Februar 1938 uber die Stellung der Fluchtlinge aus Deutschland , erganzt durch das Zusatzprotokoll vom 14. September 1939; das Abkommen blieb angesichts der Kriegssituation weitgehend wirkungslos.

    Dieser rechtliche Rahmen ? vor allem die Konvention von 1933 ? diente letztliche als Grundlage fur die spatere Formulierung der GFK. [11]

    Auf Betreiben der USA fand im Juli 1938 die Konferenz von Evian statt, die Aufnahmekontingente fur aus Deutschland fluchtende Juden festlegen sollte. Diese Konferenz blieb jedoch ohne Ergebnis und zeigte, dass Fluchtlingsfragen mit zwischenstaatlichen Abkommen nicht zu losen waren. In der Folgezeit breitete sich die Idee einer internationalen Konvention aus, die Fluchtlingen personliche Schutzrechte zubilligen sollte.

    Die fehlende Aufnahmebereitschaft der Ziellander und das Schicksal vieler judischer Fluchtlinge ? etwa im Zusammenhang mit der Irrfahrt des Schiffs St. Louis ? waren wesentliche Elemente der Uberlegungen, die 1951 in die GFK mundeten. Vor allem beeinflussten diese Erfahrungen die Aufnahme des Refoulement-Verbot in Artikel 33 der Konvention. [12]

    Als Erganzung zur GFK wurde im September 1969 die regionale Fluchtlingskonvention der Organisation fur Afrikanische Einheit in Addis Abeba von afrikanischen Staaten abgeschlossen. Darin wird aus den afrikanischen Erfahrungen mit Befreiungskriegen, Burgerkriegen, Staatsstreichen, religiosen und ethnischen Konflikten sowie Naturkatastrophen eine deutlich weitere Definition des Fluchtlings gewahlt und unter Schutz gestellt. [13]

    1984 verabschiedeten zehn lateinamerikanische Lander die damals nicht bindende Cartagena-Erklarung , die ahnlich der afrikanischen Konvention auf die lateinamerikanischen Besonderheiten eingeht und mittlerweile als angewendete Staatspraxis zum Gewohnheitsrecht zahlt. Alle drei Konventionen dienen als Grundlagen fur die internationalen Menschenrechte fur Fluchtlinge. [14]

    Bis ins Jahr 2000 unterzeichneten hundertvierzig Lander die Konvention und das Zusatzprotokoll von 1967, und das, obwohl, so kommentierte der ehemalige UNHCR Mitarbeiter Gilbert Jaeger 2003, die Konvention immer wieder das Ziel beachtlicher Kritik gewesen sei. [15]

    Inhalt der Konvention von 1951

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    Die GFK gewahrt kein Recht auf Asyl, begrundet also keine Einreiserechte fur Individuen, sie ist ein Abkommen zwischen Staaten und normiert das Recht im Asyl, nicht auf Asyl. [16] [17] Fluchtlinge im Sinne der Konvention werden als Personen definiert, die sich aufgrund einer begrundeten Furcht vor Verfolgung außerhalb des Staates aufhalten, dessen Staatsangehorigkeit sie besitzen, sowie Staatenlose , die sich deshalb außerhalb ihres gewohnlichen Aufenthaltsstaates befinden. Die Genfer Fluchtlingskonvention ist ? entgegen weit verbreiteter Annahme ? nicht pauschal auf Kriegsfluchtlinge anwendbar, außer bei den nachstehend aufgefuhrten spezifischen Fluchtgrunden, die sich fallweise auch aus Kriegen und Burgerkriegen ergeben konnen. Auch Fluchtbewegungen durch Naturkatastrophen und Umweltveranderungen stehen außerhalb des Schutzes durch die Konvention [18] .

    Anerkannte Fluchtlinge im Sinne der Konvention sind solche, die verfolgt werden wegen

    Ziel der Konvention ist ein moglichst einheitlicher Rechtsstatus fur Menschen, die den Schutz ihres Heimatlandes nicht mehr genießen. Allerdings enthalt die ursprungliche Genfer Fluchtlingskonvention eine zeitliche Einschrankung: So bezieht sie sich lediglich auf Personen, die ?infolge von Ereignissen, die vor dem 1. Januar 1951 eingetreten sind“ (Art. 1 A Nr. 2) zu Fluchtlingen wurden. Sie enthalt damit keine Regelungen fur die Rechte von spateren Fluchtlingen (diese Einschrankung wurde 1967 durch das Zusatzprotokoll aufgehoben).

    Die Konvention fuhrt einerseits Pflichten eines Fluchtlings auf, insbesondere:

    • Beachtung der Gesetze und der Rechtsvorschriften sowie der zur Aufrechterhaltung der offentlichen Ordnung getroffenen Maßnahmen (Art. 2)

    Die Konvention fuhrt ebenfalls u. a. folgende Rechte eines Fluchtlings auf:

    • Schutz vor Diskriminierung wegen Rasse, Religion oder Herkunftsland (Art. 3)
    • Religionsfreiheit (Art. 4) ? wobei hier nur das sog. Gebot der Inlandergleichbehandlung gilt, d. h. Fluchtlinge und Staatsburger werden in ihrer Religionsfreiheit gleichgestellt; Einschrankungen fur Staatsburger durfen dann auch fur Fluchtlinge gelten.
    • freier Zugang zu den Gerichten (Art. 16)
    • Ausstellung eines Reiseausweises fur Fluchtlinge (Art. 28)
    • Straffreiheit der illegalen Einreise, sofern der Fluchtling sich umgehend bei den Behorden meldet und er unmittelbar aus dem Fluchtland kam (Art. 31 Abs. 1)
    • Schutz vor Ausweisung (Art. 33, Non-Refoulement-Prinzip ? Grundsatz der Nichtzuruckweisung )
    • Insgesamt gewahren die Vertragsstaaten einem Fluchtling weitgehend die gleichen Rechte wie Auslandern im Allgemeinen; ein Fluchtling darf also nicht als ?Auslander 2. Klasse“ behandelt werden.

    Zusammen mit Art. 31 Abs. 1 [19] ist der Grundsatz der Nichtruckschiebung nach Art. 33 Abs. 1 zentraler Bestandteil des Abkommens. Diesem Grundsatz zufolge ist ein Fluchtling nicht ?auf irgendeine Weise uber die Grenzen von Gebieten auszuweisen oder zuruckzuweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehorigkeit, seiner Zugehorigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Uberzeugung bedroht sein wurde“. Er darf dabei nicht in ein Land zuruckgewiesen werden, ohne dass sein Fluchtlingsstatus vorher geklart worden ist. Zudem darf nach Art. 31 Abs. 1 ein Fluchtling, der unmittelbar aus einem Gebiet kommt, in dem sein Leben oder seine Freiheit im Sinne von Artikel 1 bedroht waren, nicht aufgrund einer illegalen Einreise oder illegalem Aufenthalt bestraft werden, sofern er sich umgehend bei den Behorden gemeldet hat ( Ponalisierungsverbot ).

    Artikel 33 enthalt das Refoulement-Verbot mit einer Ausnahmeregelung in Absatz 2. Da die Refoulement-Regelung in Artikel 3 der Europaischen Menschenrechtskonvention auf dem absoluten Charakter des Folterverbotes beruht, ist die praktische Relevanz des Art. 33 in Europa sehr gering. [20]

    Die Konvention erlaubt es den Vertragsstaaten, hinsichtlich der meisten Artikel Vorbehalte geltend zu machen. Auf diese Weise soll gewahrleistet werden, dass ein Staat, der eine einzelne, womoglich nebensachliche Regelung der Konvention ablehnt, ihr trotzdem beitreten kann und sich damit verbindlich zu den anderen Regelungen bekennen kann.

    Am 22. April 1954 trat die Konvention in den ersten sechs Unterzeichnerstaaten in Kraft ( Australien , Belgien , Bundesrepublik Deutschland , Danemark , Luxemburg , Norwegen ).

    Das Protokoll uber die Rechtsstellung der Fluchtlinge von 1967

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    Hauptkritikpunkt an der Konvention war ihre zeitliche Einschrankung auf Fluchtgrunde, die vor 1951 eintraten. Auch konnten sich die Vertragsstaaten darauf beschranken, nur europaischen Fluchtlingen die entsprechenden Rechte einzuraumen. Mit dem Protokoll uber die Rechtsstellung der Fluchtlinge wurde jegliche zeitliche und raumliche Einschrankung aufgehoben. Die Genfer Fluchtlingskonvention gilt nun fur Staaten, die sowohl die Konvention als auch das Protokoll ratifiziert haben, uneingeschrankt gegenuber allen Fluchtlingen, auch aus Staaten, die die Fluchtlingskonvention nicht ratifiziert haben. Auch die Moglichkeit, Vorbehalte gegen einzelne Artikel der Konvention geltend zu machen, wurde reduziert.

    Problematiken und Interpretationsspielraume

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    Bezuglich der Zugehorigkeit zu einer sozialen Gruppe nennt die Konvention nicht ausdrucklich das Geschlecht. In jungerer Zeit, vor allem seit der Veroffentlichung entsprechender UNHCR -Richtlinien [21] im Jahr 2002, wird die Genfer Konvention so ausgelegt, dass sie sich auch auf geschlechtsspezifische Verfolgung erstreckt.

    Unterschiedliche Auffassungen bestehen zur Frage, ob die Genfer Fluchtlingskonvention auch in extraterritorialen Gebieten gilt ? etwa auf hoher See und in den Transitbereichen von Flughafen. [22] Die deutsche Bundesregierung außerte diesbezuglich 2006 die Auffassung, dass ?nach ganz uberwiegender Staatenpraxis“ der in der GFK festgelegte Grundsatz der Nichtzuruckweisung ?erst bei territorialem Gebietskontakt, also an der Grenze und im Landesinnern“ anzuwenden sei; [23] 2008 erklarte sie: ?Die Anwendbarkeit der Genfer Fluchtlingskonvention auch außerhalb des Hoheitsgebiets der Vertragsstaaten, ist umstritten.“ [24] Im Fall Hirsi und andere gegen Italien urteilte der Europaische Gerichtshof fur Menschenrechte 2012, dass in Europa ein Schutz auf hoher See durch die Europaische Menschenrechtskonvention gegeben ist. [25] Daruber hinaus vertreten UNHCR, viele nationale Gerichte sowie große Teile der rechtswissenschaftlichen Forschung die Ansicht, dass eine extraterritoriale Anwendbarkeit jedenfalls besteht. [26]

    Ubernahme in europaische und nationale Regelungen

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    Die Genfer Fluchtlingskonvention fand Eingang in die Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) und in nationale Gesetze ? beispielsweise in Deutschland in Artikel 3 des Asylverfahrensgesetzes und heutigen Asylgesetzes ( § 3 AsylG). [27]

    Ein Forschungspapier fur das australische Parlament fasste im Jahr 2000 die Probleme des Abkommens folgendermaßen zusammen: [28]

    • Das Abkommen benutze einen veralteten Fluchtlingsbegriff und sehe ein Leben im Exil als Losung fur das Fluchtlingsproblem an.
    • Das Abkommen spreche den Fluchtlingen kein Recht auf Unterstutzung zu, solange sie kein Land erreicht haben, das zu den Unterzeichnern des Abkommens zahlt. Weder verpflichte es Staaten, ihre eigenen Burger nicht zu vertreiben und zu verfolgen, noch enthalte es Verpflichtungen zur Lastenverteilung.
    • Das Abkommen berucksichtige nicht die sozialen, gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen großer Zahlen Schutzsuchender auf die Aufnahmestaaten.
    • Das Abkommen fordere eine Ungleichbehandlung von Fluchtlingen, indem Fluchtlinge, die mobil genug seien, um Unterzeichnerstaaten zu erreichen, vor denjenigen bevorzugt wurden, die sich in Fluchtlingslagern außerhalb befanden.
    • Die Ausgaben der westlichen Lander fur die Uberprufung und Versorgung von Schutzsuchenden in ihrem Staatsgebiet betrugen ein Vielfaches dessen, was sie dem Fluchtlingshilfswerk UNHCR fur die Versorgung einer weit hoheren Zahl von Menschen in Fluchtlingslagern zur Verfugung stellen wurden.
    • Das Abkommen pflege den vereinfachten Ansatz, Asylbewerber entweder als politischen und damit ?echten“ Fluchtling oder aber als Fluchtling aus wirtschaftlichen Grunden zu sehen. Die meisten Asylbewerber kamen jedoch aus Herkunftsstaaten, in denen wirtschaftliches Versagen, politische Instabilitat, politische Verfolgung und Armut untrennbar miteinander verknupft seien.

    UNHCR-Vertreter sehen Bedarf fur eine bessere Lastenverteilung beim Umgang mit Fluchtlingen, streben aber keine neuen Verhandlungen uber die Rechtsstellung der Fluchtlinge an, da sie mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Verbesserung, sondern eine Verschlechterung des Fluchtlingsschutzes ergeben wurden. [29] [30] [31]

    Globaler Pakt fur Fluchtlinge

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    2016 wurde von den UNO-Mitgliedstaaten die New Yorker Erklarung fur Fluchtlinge und Migranten verabschiedet. In der nicht bindenden Erklarung verpflichteten sich die Staats- und Regierungschefs der 193 Unterzeichnerstaaten einstimmig, fur 2018 auf zwei globale Pakte hin zu arbeiten: den ? Globalen Pakt zu Fluchtlingen “ ( englisch Global Compact for refugees ) und den ? Globalen Pakt zu sicherer, geordneter und legaler Migration “ ( englisch Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration ; kurz: Globalen Migrationspakt). [32] Nach dem Entwurf fur die New Yorker Erklarung sollten beispielsweise die Menschenrechte von Migranten und der Schutz besonders schutzbedurftiger Migranten (einschließlich Frauen und Minderjahriger). [33] sowie die Kooperation beim Grenzschutz unter Achtung der Menschenrechte [34] verbessert werden. Entsprechende Ansatze wurden in die New Yorker Erklarung aufgenommen. [35]

    Im Dezember 2018 wurde der Globale Pakt fur Fluchtlinge in der UN-Vollversammlung mit 181 Pro-Stimmen, drei Enthaltungen und zwei Gegenstimmen ( Ungarn , Vereinigte Staaten ) verabschiedet. [36]

    Einzelnachweise

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    1. Official Records of the General Assembly, Fifth Session, Supplement No. 20 (A/1775), p.48.
    2. United Nations Treaty Collection. Abgerufen am 1. September 2021 (englisch).
    3. United Nations Treaty Collection. Abgerufen am 1. September 2021 (englisch).
    4. States Parties to the 1951 Convention relating to the Status of Refugees and the 1967 Protocol , Stand April 2011. Nauru ist der Konvention und dem Protokoll im Juni 2011 beigetreten, siehe Nauru signs UN refugee convention
    5. Anja Durr: Die Europaische Union und der Umgang mit ?Massenfluchten“. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwurde der Juristischen Fakultat der Eberhard-Karls-Universitat Tubingen . 2003, S.   28 ( uni-tuebingen.de [PDF; abgerufen am 12. Juni 2022]).
    6. Christine Bach: Erste Vollversammlung des Volkerbundes in Genf. In: kas.de. Konrad-Adenauer-Stiftung, abgerufen am 12. Juni 2022 .
    7. Arrangement of 12 May 1926 relating to the Issue of Identity Certificates to Russian and Armenian Refugees. In: League of Nations, Treaty Series Vol. LXXXIX, No. 2004. Volkerbund, abgerufen am 7. Juni 2023 (englisch).
    8. Glossary: statutory refugee. Europaische Kommission, abgerufen am 7. Juni 2023 (englisch).
    9. History of asylum and Ofpra. In: ofpra.gouv.fr. Office francais de protection des refugies et apatrides, abgerufen am 7. Juni 2023 (englisch).
    10. a b Zwischen den Weltkriegen ? Fluchtlinge und der Volkerbund. In: fluechtlingskonvention.de. Praetor Verlagsgesellschaft mbH, abgerufen am 12. Juni 2022 .
    11. Jakob Schonhagen: Ambivalentes Recht. Zur Geschichte der Genfer Fluchtlingskonvention In: Geschichte der Gegenwart , 11. Juli 2021, abgerufen am 13. Juli 2021
    12. Maximilian Pichl: Europas Werk und Deutschlands Beitrag. In: verfassungsblog.de. 15. Mai 2023, abgerufen am 24. Mai 2023 .
    13. Jamil Ddamulira Mujuzi: Rights of Refugees and Internally Displaced Persons in Africa . In: The African Regional Human Rights System . Hrsg.: Manisuli Ssenyonjo, Njihoff 2012, ISBN 978-90-04-21814-7 , S. 177 ff.
    14. Jennifer Moore: Humanitarian Law in Action within Africa . Oxford University Press 2012, ISBN 978-0-19-985696-1 , S. 158 f.
    15. Gilbert Jaeger: Opening Keynote Address The Refugee Convention At Fifty . In: The Refugee Convention at Fifty: A View from Forced Migration Studies . Lexington 2003, ISBN 0-7391-0566-3 , S. 17.
    16. Doris Dickel: Einwanderungs- und Asylpolitik der Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland . Springer, Wiesbaden 2002, doi : 10.1007/978-3-663-09892-8_4 . Kapitel ?III. Volkerrechtliche Grundlagen der Asyl- und Fluchtlingspolitik“, Fußnote 97, S. 41.
    17. Peter Meier-Bergfeld: ?Der große Irrtum im Asylrecht“ , Wiener Zeitung , 23. Dez. 2008
    18. Vgl. ?50 Jahre Genfer Fluchtlingskonvention: 'Wir schutzen Fluchtlinge, keine Wirtschaftsmigranten'. UN-Rechtsexperte Buchhorn weist den Vorwurf des Missbrauchs zuruck - ein Interview“ , Tagesspiegel, 27. Juli 2001
    19. Zur Rolle des Art. 31 Abs. 1 siehe: Andreas Fischer-Lescano , Johan Horst: Das Ponalisierungsverbot aus Art. 31 I GFK. Zur Rechtfertigung von Straftaten bei Fluchtlingseinreisen . In: Zeitschrift fur Auslanderrecht und Auslanderpolitik . ISSN   0721-5746 . 31. Jahrgang, 2011, Heft 3, S. 81?90.
    20. Volker- und menschenrechtliche Vorgaben fur Abschiebung von straffallig gewordenen Fluchtlingen . Wissenschaftlicher Dienst des Bundestags. S. 10 f.
    21. Richtlinien zum internationalen Schutz: Geschlechtsspezifische Verfolgung in Zusammenhang mit Artikel 1 A (2) des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 uber die Rechtsstellung der Fluchtlinge. (PDF; 163 kB) 7. Mai 2002, archiviert vom Original am 21. Januar 2013 ; abgerufen am 19. Mai 2013 .
    22. siehe z. B. Fußnote 33 in: Friedrich Arndt: Ordnungen im Wandel: globale und lokale Wirklichkeiten im Spiegel transdisziplinearer Analysen . transcript Verlag, 2008, ISBN 978-3-89942-783-7 , S.   310 ( eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche).
    23. siehe Antwort auf Frage 10 in: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Koln), Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BUNDNIS 90/DIE GRUNEN ( Memento vom 1. November 2013 im Internet Archive ) (PDF; 110 kB), Drucksache 16/2723, 25. September 2006, S. 6. Auch zitiert in: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Koln), Josef Philip Winkler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BUNDNIS 90/DIE GRUNEN (PDF; 109 kB), Drucksache 16/9204, 15. Mai 2008
    24. siehe Antwort auf Frage 1. in: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Koln), Josef Philip Winkler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BUNDNIS 90/DIE GRUNEN (PDF; 109 kB), Drucksache 16/9204, 15. Mai 2008, S. 5
    25. EU/Italien: Starkung des Fluchtlingsschutzes auf hoher See . Bundeszentrale fur politische Bildung, 1. Marz 2012, abgerufen 18. Marz 2018
    26. United Nations High Commissioner for Refugees: Refworld | Advisory Opinion on the Extraterritorial Application of Non-Refoulement Obligations under the 1951 Convention relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol. Abgerufen am 29. November 2020 (englisch).
    27. Victor Pfaff: Die Verrechtlichung des Auslander- und Asylrechts fordert die Anwaltschaft. (PDF) In: Anwaltsblatt 2/2016. 2016, abgerufen am 2. Dezember 2016 . S. 82?86.
    28. Adrienne Millbank: "The Problem with the 1951 Refugee Convention" Parliament of Australia, 2000
    29. Alexander Betts: "The Normative Terrain of the Global Refugee Regime" ethicsandinternationalaffairs.org vom 7. Oktober 2015
    30. "Has the Refugee Convention outlived its usefulness?" IRIN Johannesburg, vom 26. Marz 2012
    31. Kim Son Hoang: Sundenbock Genfer Fluchtlingskonvention. In: derstandard.at. 28. Juli 2016, abgerufen am 18. Marz 2018 .
    32. Der Globale Pakt fur sichere, geordnete und regulare Migration. In: 2030agenda.de. 24. November 2017, abgerufen am 28. Mai 2018 .
    33. Text des Entwurfs der Erklarung fur das Gipfeltreffen am 19. September. (PDF) 5. August 2016, abgerufen am 28. Mai 2018 (englisch): ?3.8 Effective protection of the human rights and fundamental freedoms of migrants, including women and children, regardless of their migratory status; the specific needs of migrants in vulnerable situations“
    34. Text des Entwurfs der Erklarung fur das Gipfeltreffen am 19. September. (PDF) 5. August 2016, abgerufen am 28. Mai 2018 (englisch): ?3.9 International cooperation for border control with full respect for the human rights of migrants“
    35. Siehe insbesondere den Teil ?II. Commitments that apply to both refugees and migrants“. Resolution adopted by the General Assembly on 19 September 2016. New York Declaration for Refugees and Migrants. In: A/RES/71/1. 5. August 2016, abgerufen am 3. Oktober 2016 (englisch).
    36. Uno-Fluchtlingspakt angenommen ? USA und Ungarn stimmen dagegen. In: spiegel.de. 17. Dezember 2018, abgerufen am 18. Juni 2023 .
    37. Im Bundesgesetzblatte Teil II 1953, Nr. 19, ausgegeben zu Bonn am 24. November 1953 auf S. 559?589 verkundet. Das Gesetz ist gemaß seinem Artikel 4 am Tage nach seiner Verkundung in Kraft getreten. Die Bestimmungen des Abkommens haben ? unbeschadet des Artikels 43 des Abkommens uber dessen Inkrafttreten ? gemaß Artikel 2 Absatz 1 des Gesetzes einen Monat nach der Verkundung dieses Gesetzes Gesetzeskraft fur die Bundesrepublik Deutschland erhalten. Das Abkommen ist nach seinem Artikel 43 am 22. April 1954 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Australien (einschl. Insel Norfolk, Naurau, Neuguinea und Papua), Belgien, Danemark (einschließlich Gronland), Luxemburg und Norwegen in Kraft getreten. Wie von Artikel 2 Absatz 2 des Gesetzes gefordert, wurde der Tag, an dem das Abkommen gemaß Artikel 43 des Abkommens in Kraft getreten ist, im Bundesgesetzblatt bekannt gegeben. Siehe: Bekanntmachung uber das Inkrafttreten des Abkommens vom 28. Juli 1951 uber die Rechtsstellung der Fluchtlinge. Vom 25. Mai 1954. ( BGBl. 1954 II S. 619 ) Aktueller Eintrag zum Abkommen uber die Rechtsstellung der Fluchtlinge im Juristischen Informationssystem fur die Bundesrepublik Deutschland .
    38. Im Bundesgesetzblatte Teil II 1969, Nr. 46, ausgegeben zu Bonn am 17. Juli 1969 auf S. 1293?1297 verkundet. Das Gesetz ist gemaß seinem Artikel 3 am Tage nach seiner Verkundung in Kraft getreten. Das Protokoll ist nach seinem Artikel VIII Absatz 2 fur die Bundesrepublik Deutschland am 5. November 1969, dem Tag der Hinterlegung der deutschen Beitrittsurkunde, in Kraft getreten. Wie von Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes gefordert, wurde der Tag, an dem das Abkommen nach seinem Artikel VIII Absatz 2 fur die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten ist, im Bundesgesetzblatt bekannt gegeben. Siehe: Bekanntmachung uber das Inkrafttreten des Protokolls uber die Rechtsstellung der Fluchtlinge. Vom 14. April 1970. ( BGBl. 1970 II S. 194 ) Aktueller Eintrag zum Protokoll uber die Rechtsstellung der Fluchtlinge im Juristischen Informationssystem fur die Bundesrepublik Deutschland .