Ol-fur-Lebensmittel-Programm

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Das Ol-fur-Lebensmittel-Programm ( englisch Oil-for-Food Programme , OFFP ) wurde von den Vereinten Nationen 1995 lanciert. [1] Das OFFP sollte es dem Irak trotz der 1990 von der UNO verordneten Wirtschaftssanktionen ermoglichen, auf dem Weltmarkt Ol gegen humanitare Guter (insbesondere Lebensmittel und Medikamente) einzutauschen. Bis zum Ende des OFFP 2003 flossen auf diese Weise ungefahr 64 Milliarden US-Dollar und 5 Milliarden US-Dollar als Zinsertrage und Wechselkursgewinne [2] auf ein von einem UN-Buro (engl. Office of the Iraq Programme Oil-for-Food , OIP [3] ) verwaltetes Treuhandkonto. Davon wurden mehr als 38 Milliarden US-Dollar fur den Kauf humanitarer Guter bewilligt. Fur Reparationszahlungen an Geschadigte aus der Besetzung von Kuwait wurden 18 Milliarden US-Dollar und fur weitere diverse Aktivitaten (inkl. Waffeninspektionen im Irak und Deckung der Verwaltungskosten) 3 Milliarden US-Dollar verwendet. Die verbliebenen Erlose in der Hohe von fast 10 Milliarden US-Dollar wurden in den irakischen Entwicklungsfonds transferiert (engl. Iraqi Development Fund ). [4] Der deutsche UNO-Diplomat Hans-Christof von Sponeck leitete die Umsetzung des Ol-fur-Lebensmittel-Programms vor Ort von 1998 bis 2000 in Bagdad.

Aufgrund von Korruptionsvorwurfen setzte Kofi Annan 2004 eine unabhangige Untersuchungskommission (engl. Independent Inquiry Committee;IIC) unter Leitung von Paul Volcker und den weiteren Kommissionsmitglieder Richard Goldstone und Mark Pieth ein. Die Volcker-Kommission stellt in ihrem Schlussbericht vom 27. Oktober 2005 [5] fest, dass außerhalb des OFFP der Irak fur knapp elf Milliarden US-Dollar illegal Ol verkaufen konnte [6] . Zudem verdachtigte sie 2200 international tatige Unternehmen, Kick-backs in der Hohe von 1,8 Milliarden US-Dollar an die irakische Regierung gezahlt zu haben. Aus diesem Grund gilt das OFFP als einer der großten bekannten Korruptionsfalle der letzten Jahrzehnte. Trotzdem wurden nur in wenigen Staaten gestutzt auf die von der Volcker-Kommission aufgelisteten Dokumente Strafuntersuchungen gegen Personen oder Firmen eingeleitet oder sogar Strafurteile ausgesprochen.

Das Programm wurde 1995 von der US-amerikanischen Regierung unter Bill Clinton vorgeschlagen, um dem Vorwurf zu begegnen, vor allem die Zivilbevolkerung leide unter den Wirtschaftssanktionen gegen den Irak. Diese wurden infolge des Zweiten Golfkriegs verhangt und sollten eine Entwaffnung von Saddam Hussein und dem Irak bewirken. Die Sanktionen endeten mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen und der Machtubernahme der Koalitions-Ubergangsverwaltung .

Lieferanten von Waren im Rahmen des Programms wurden regelmaßig genotigt eine ?Sales and after Sales services charge“ in Hohe von ca. 10 % des Warenwertes an die irakische Regierung zu entrichten, damit Lieferungen die Grenzen zum Irak passieren durften. Diese Regelung wurde auf Anordnung des irakischen Vizeprasidenten vom August 2000 eingefuhrt.

Es handelte sich dabei um sogenannte Kick-Back-Zahlungen , welche gegen die Resolution 986 verstießen. Nach deutschem Außenwirtschaftsrecht handelte es sich dabei um eine Straftat nach § 34 Abs. 4 AWG ( Außenwirtschaftsgesetz ) in Verbindung mit § 69e AWV ( Außenwirtschaftsverordnung ) ( Zeitgesetz ). Auf Grund der im Volcker-Bericht der IIC dargelegten Feststellungen wurden auch in der Bundesrepublik Deutschland zahlreiche Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der involvierten Unternehmen eingeleitet. Es kann nach diesen Erkenntnissen davon ausgegangen werden, dass ein nicht geringer Anteil der fur Nahrung und Waren aufgewendeten Summen als Kick-Backs zweckentfremdet wurden, insbesondere da die beteiligten Unternehmen diese Aufschlage in ihrer Preiskalkulation regelmaßig berucksichtigten.

Es handelte sich bei solchen Zahlungen nicht um Bestechungsgelder bzw. ? Schmiergelder “ im Sinne des Strafrechts, da es sich nicht um Zahlungen zur Erlangung einer unrechtmaßigen Diensthandlung eines Amtstragers im Sinne der §§ 334 ff. StGB handelte und auch keine unlautere Bevorzugung durch einen Vertreter oder Angestellten des Vertragspartners im Sinne der Bestechlichkeit und Bestechung im geschaftlichen Verkehr ( § 299 Abs. 2 und 3 StGB). Die Zahlungen verblieben laut den Erkenntnissen der IIC nicht bei den mit der Abfertigung der Lieferungen oder der Auftragsvergabe betrauten Amtstragern, sondern kamen direkt dem Haushalt der irakischen Regierung zugute. Die irakische Regierung ware jedoch als ?Geschaftsinhaber“ des die Auftrage vergebenden Handelspartners anzusehen und dieser kann nicht bestochen werden, da er vom Tatbestand der Bestechungsdelikte ausgenommen ist (vgl. auch Trondle/Fischer zu § 299, RdNr. 11). Auslandische Amtstrager sind zwar gemaß Art. 2 § 1 des Gesetzes zur Bekampfung internationaler Bestechung (IntBestG) den inlandischen Amtstragern im Sinne der §§ 334 ff. StGB gleichgestellt, jedoch handelten die irakischen Amtstrager auf Weisung der irakischen Regierung und somit ihres Dienstherren. Sie erfullten also im Gegensatz zu korrupten Beamten, welche gegen die Weisung des Dienstherren handeln, ihre Dienstpflicht, indem sie der irakischen Regierung halfen in den Besitz von Geldmitteln zu gelangen. Eine Ahndung dieser Kick-Back-Zahlungen als Korruptions delikte nach deutschem Strafrecht ist somit nicht moglich.

Weltweit stehen oder standen ca. 2.000 Unternehmen im Verdacht diese Aufschlage gezahlt zu haben.

  • Denis Poncet, Remy Burkel: Erdol, Brot und Korruption . Frankreich, 2008, 90 Min. ARTE, F. Der Dokumentarfilm von Burkel und Poncet geht den Vorwurfen nach, die 2004 eine irakische Tageszeitung erhob, dass im Rahmen dieser Geschafte des Programms fur zahlreiche Personen und Unternehmen Schmiergelder geflossen seien (In der Summe nennen sie uber 30 Mrd. US-$). Sie zeigen u. a. Beteiligte der Walker-Kommission in der UN-Untersuchung.
  • Per Fly: Backstabbing for Beginners . Danemark/Kanada 2017, 108 Min. Mit Theo James, Ben Kingsley, Jacqueline Bisset. Der Politthriller basiert auf den Memoiren von Michael Soussan, der in den 90er Jahren fur die UN in dem Programm arbeitete und in einem Buch den Korruptionsskandal aufdeckte.
  1. UN Resolution S-RES-986 vom 14. April 1995 ( Memento vom 21. Oktober 2012 im Internet Archive ) (PDF; 17 kB)
  2. Oil-for-Food Facts ( Memento vom 1. Januar 2010 im Internet Archive )
  3. www.un.org Office of the Iraq Programme ? About the Programme Oil-for-Food. Aufgerufen am 3. Januar 2014.
  4. Angaben auf der offiziellen Webseite der OIP
  5. Report on the manipulation of the Oil-for-Food Programme, 27 october 2005 ( Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive )
  6. Pressemitteilung der ICC vom 27. Oktober 2005 ( Memento vom 10. Marz 2009 im Internet Archive ) (englisch, PDF, 48 kB)